skate 312.05.2010, Paul Kautz
skate 3

Im Test:

Tony Hawk war nicht nur im richtigen Leben, sondern auch virtuell einst der Größte; seine Spiele waren der Maßstab für Funsport. Danach passierte allerdings irgendetwas Tragisches, die Spiele wurden immer schlechter, zuletzt sorgte Tony Hawk: Ride für Tränen auf dem Brett. Eine bessere Gelegenheit für die Konkurrenz, dem Birdman die Flügel zu stutzen, kann es eigentlich kaum geben. Auftritt: Skate 3 (ab 11,99€ bei kaufen).

Herr und Frau Brett

Video: Skate 3 ist Skate 2 in besser: Es gibt nur wenige Neuerungen, dafür viele Verbesserungen im Detail.Und alle so: Yaaaaaaaaaay! Danke, EA! Danke, danke, dank! Ein einfaches kleines Menü, bestehend aus sechs Punkten, zeigte mir von Anfang an, dass Skate 3 kein schlechtes Spiel sein kann. Denn einer der Punkte lautete »English« - ja, man kann in Skate 3 endlich der Sprache seiner Wahl lauschen und ist nicht mehr auf Gedeih und Verderb dem Pseudocoolslang der Eindeutschungs- und Streetwise-Abteilung von Electronic Arts ausgeliefert wie noch im zweiten Teil . Jedenfalls auf der 360; auf der PS3 richtet sich die Sprache nach der in den Systemoptionen eingestellten. Nichtsdestotrotz: Danke, oh danke!

Direkt nach dieser freudigen Nachricht lauert gleich die zweite: Das Intro, in dem alle im Spiel vorkommenden Skater vorgestellt werden, ist super - locker so super wie die Krankenhaus-Geschichte des ersten Teils, und tausend Mal besser als die Knacki-Story des zweiten. Ich verrate jetzt mal nichts von der »Story«, aber der Verlauf von karohemdigen Holzfällern zum Sprung von der Megaramp ist nicht nur witzig inszeniert, sondern vor allem herrlich bescheuert. Danach wählt man einen von drei Schwierigkeitsgraden, die jedem Anspruch entgegen kommen: »Easy« macht Ollies luftiger, Airs weicher und das ganze Spiel generell wesentlich großzügiger, was Fahr- und Haltungsfehler angeht. Die Tricks gehen einfacher von der Hand, die Physik schaltet gähnend in den Arcade-Modus. »Normal« ist... nun... normal, so wie man skate eben kennt. Anspruchsvoll, aber nicht übertrieben hart. Das kommt mit »Hardcore«, denn hier sind Ollies pixelgenaue Hüpferchen, hier muss jede FlickIt-Bewegung sitzen, hier kennt die Physik keinerlei Pardon. Danach kennt die Optionswut immer noch kein Ende, denn man hat noch die Wahl unter einer Board-nahen Kameraperspektive (dem Skate-Standard) sowie einer weiter vom Skater entfernten Ansicht, wie man sie von den Tony Hawk-Spielen gewohnt ist. So, das war's aber erstmal wirklich mit dem Einstellkram, jetzt ist mein Skater fällig: Wie im zweiten Teil darf man Männlein und Weiblein erschaffen, wobei letztere zwar

Port Caverton ist eine neue Stadt mit neuen Möglichkeiten. Spielerisch ändert sich dadurch allerdings nichts. Auch technisch bleibt EA seiner Linie treu: Schlecht sieht's nicht aus, aber auch nicht so richtig gut.
immer noch etwas maskulin daherkommen, aber wenigstens nicht mehr ganz so nach der bulgarischen Kugelstoßermannschaft aussehen. Ein bisschen mehr Hautfarbe da, frisch gezupfte Augenbrauen hier, eine längere Nase vielleicht noch - dann geht's an Klamotten, Ausrüstung und Board. Die Auswahlmöglichkeiten sind hier zu Beginn stark eingeschränkt, zusätzliches Material wird erst im Laufe des Spiels freigeschaltet.

Drauflosgekillt!

Spielerisch hat sich in Skate 3 im Vergleich zum Vorgänger nicht viel getan: Die Stadt ist jetzt eine neue (Port Caverton ihr Name), aber den grundsätzlichen Aufbau kennt man. Es gibt ein Uni-Viertel, Wohngegenden, diverse Skate-Parks inkl. Megaramps, Industrieviertel oder die Innenstadt - alle unterscheiden sich nicht nur optisch, sondern auch von der Art der Skater-Herausforderungen. Von denen gibt es eine ganze Menge, die nach und nach freigeschaltet werden: Mal muss man Tricks für Fotos oder Videos machen, mal Rennen gewinnen, mal sich für die ebenfalls wieder anwesende »Hall of Meat« möglichst viele Knochen brechen, mal Skate-Wettbewerbe für sich entscheiden (was angesichts der lästigen Konkurrenten-KI immer wieder unnötig verkompliziert wird). Die meisten Herausforderungen können entweder »geownt« oder »gekillt« werden: Ersteres ist die Normalversion, letzteres etwas herausfordernder. Z.B. muss man einen bestimmten Sprung einfach nur schaffen, um die Aufgabe zu »ownen« - um sie dagegen zu »killen«, muss man zusätzlich zum Sprung beispielsweise eine Drehung um 360 Grad machen. Man kommt im Spiel problemlos weiter, indem man einfach nur drauflosownt, das Killen ist im Grunde eine Extra-Herausforderung für ambitionierte Pad-Profis. Zusätzliche Punkte gibt es, wenn man eine Herausforderung online meistert, aber dazu kommen wir gleich noch.

Gerade innerhalb der Wettbewerbe verflucht man die Konkurrenten-KI wieder und wieder - die künstlichen Saboteure fahren einem gerne in den Weg.
 Falls jemand vergessen haben sollte, oder gar nie wusste, was zur Hölle ein Ollie sein sollte, der kann sich zu Spielbeginn ein Tutorial gönnen - unter der Leitung des reichlich durchgeknallten Coach Frank, in der englischen Fassung synchronisiert von Skate-Profi und Schauspieler Jason Lee. Der Serienkenner darf ruhigen Gewissens darauf verzichten, die paar neuen Moves (u.a. Darkslides und Underflips) kann man auch in der Trickfibel nachschlagen. Ansonsten gibt es alle aus dem zweiten Teil gewohnten Bequemlichkeiten: Man kann sich zu jeder Herausforderung teleportieren lassen, falls man keine Lust auf die Fahrt hat. Die praktischen »Session Markers« feiern ein Wiedersehen; eine Art Quicksave und -load-System, das automatisch vor jede Herausforderung gelegt wird. Man kann von Anfang an frei herumskaten und nach Aufgaben suchen, die Stadt ist nicht eingeschränkt. Es gibt allerdings zwei wichtige Neuerungen zu verzeichnen: Wie gewohnt darf man vom Brett absteigen und zu Fuß herumlaufen - was aufgrund der mistigen Steuerung in Skate 2 eine Qual war. Die ist mittlerweile viel besser; zwar steuert sich der Skater auf den Füßen nicht so präzise wie auf dem Brett, aber deutlich weniger frustbeladen als vorher. Die andere gute Nachricht: Keine Pseudo-Nazi-Symbole weit und breit, Skate 3 ist online komplett international spielbar.    

Online ist ein gutes Stichwort, denn...

Man darf jetzt komplette Skateparks bauen und mit der Welt teilen. Allerdings gilt das nur für Erstkäufer, Gebrauchtzuschlager müssen dafür nachzahlen.
...EA Black Box hat diesem Aspekt mehr Aufmerksamkeit als je zuvor gewidmet. Wie gewohnt erfolgt die Anmeldung über das EA-eigene EA Nation-System, danach steht einem die Online-Welt offen: Neben dem üblichen Spiel mit- oder gegeneinander, inkl. einer Hand voll neuer Modi, wird auch mehr Wert auf Community-Bildung gelegt. »Skate.Feed« ist ein Kanal, in dem alle möglichen Neuigkeiten gesammelt werden: Welche Erfolge ein Freund gesammelt hat oder welche neuen Download-Sachen es gibt. Man darf Online-Teams anlegen und sich mit anderen Skate-Clans messen. Außerdem ist ein Großteil der Offline-Herausforderungen auch online absolvierbar - und gibt da sogar noch ein paar Punkte mehr als »Online-Bonus«. Außerdem darf man hier gespeicherte Videos, Fotos und Skate-Parks mit dem Rest der Welt teilen, vorausgesetzt, dass man den der Spieleschachtel beiliegenden Code für das »Skate Share-Pack« eingegeben hat: Das ermöglicht das Teilen eigener Inhalte mit anderen Leuten, und ist ein Teil von EAs Anti-Gebrauchtspiele-Politik. Denn der Code ist nur ein Mal nutzbar, wer sich das Spiel gebraucht zulegt, muss für diese Möglichkeit separat zahlen (600 MS-Points, oder 7,50 Euro). Apropos Editor: Der Replay-Editor ist standardmäßig wie schon beim zweiten Teil nur sehr rudimentär - sehr viel mehr als Perspektiven wählen, Geschwindigkeit einstellen oder Fotos machen darf man damit nicht, für alles weitere (Effekte, Wasserzeichen, zusätzlicher Speicherplatz, etc.) muss separat gezahlt werden.

Mal sehen, ob das in Zukunft auch für den Park-Editor gilt, denn der wirkt in Skate 3 noch recht vollständig: Man kann aus einer großen Reihe von Bauteilen (die im Laufe der Karriere erweitert wird) den Park seiner Träume basteln, die Steuerung ist übersichtlich und einfach gehalten. Die kreierten Meisterwerke dürfen fleißig verteilt werden, wobei es Belohnungen hagelt, wenn andere Leute auf dem eigenen Gut fahren: Verkaufte Skateboards. Das ist die spielinterne Währung in der Karriere. Jede

Der Online-Aspekt war den Entwicklern wichtiger als je zuvor: Es gibt jetzt mehr Spielmodi, einen News-Kanal sowie die Möglichkeit, Skate-Teams zu gründen.
geschaffte Herausforderung resultiert nicht in Punkten, sondern in Brettverkäufen, die wiederum in Meilensteine unterteilt sind. Nach und nach kommen so neue Teammitglieder und Herausforderungen ins Spiel. Wieso Bordverkäufe? Weil sich das Spiel darum dreht, dass man selbst ein Skate-Label eröffnet.

Holzfäller auf Board

Technisch waren die Skate-Spiele noch nie das, was man Vorzeigetitel nennen würde - der dritte Teil ist da keine Ausnahme. Die Stadt sieht einigermaßen realistisch aus, aber nicht hübsch. Alles ist leicht verwaschen und dezent comichaft, keine Beleidigung fürs Auge, aber auch keine Schönheit. Stefan Raab als Stadt, wenn man so möchte. Auch die Skater erinnern wieder einmal eher leblose Schaufensterpuppen als an wilde Straßenakrobaten, besonders im Editor sieht man die matschigen Texturen deutlich. Aber das spielt keine so große Rolle, denn im Spiel zählen vor allem die Animationen, und die sind einmal mehr erste Sahne, außerdem werden Verletzungen deutlich sichtbar auf der Haut und wird Dreck auf den Klamotten getragen. Schade nur, dass das Spiel auch dieses Mal nicht völlig ruckelfrei ist: Unspielbar wird's nie, aber immer wieder schleicht sich ein dezent spürbares Zucken ins Bild, auf der PS3 wieder einmal öfter als auf der 360. Richtig lästig sind dieses Mal allerdings die Ladezeiten: Lang waren sie ja schon immer, aber in den vorherigen Teilen durch coole Trick-Nahaufnahmen gut getarnt - dieses Mal gibt es nicht Vergleichbares, sondern nur kurze Tipps von Coach Frank.

   

Fazit

Skate 3 ist das bessere Skate 2. Nein, wirklich. Viele Dinge, die am zweiten Teil so nervten, gehören auf einmal der Vergangenheit an: Die nervende deutsche Sprachausgabe? Ist immer noch da, aber man darf jetzt auch andere Sprachen wählen. Die missratene Fußgänger-Steuerung? Auf einmal flutscht sie! Die steile Lernkurve? Auch Skate 3 ist kein Spiel für Grind-Kletten, aber dank der drei Schwierigkeitsgrade kommt man Einsteigern zumindest einen Schritt entgegen. Die nervende Kameraführung? Zwei Perspektiven stehen zur Wahl! Online-Spiel auf Deutschland beschränkt? Nicht die Bohne! Also alles super? Leider nicht, denn die spielerischen Unterschiede zum zweiten Teil kann man an einer Hand abzählen: Die Zusammenstellung von Teams ist nett, aber auch nur online tatsächlich zu etwas nutze - und selbst da will ich eigentlich keine Mini-Clans bilden, sondern einfach nur gegen meine Freunde skaten. Parks bauen mag für so manchen Pioniergeist eine grandiose Sache sein, aber auch hier verweise ich darauf, dass das Spiel »Skate« und nicht »Build« heißt. Und in Sachen Präsentation kriegt EA Black Box einfach keine schöne Stadt hin: Wie auch schon in den Vorgängern ist die Umgebung realistisch bis zweckmäßig, aber wirklich nicht hübsch. Spielerisch hingegen bleibt die Action um das FlickIt-System über alle Zweifel erhaben: Skate ist auch im dritten Aufguss noch ein faszinierendes, motivierendes und unterhaltsam irritierendes Vergnügen, das den zweiten Teil problemlos hinter sich lässt. Aber wie auch bei Altmeister Tony Hawk schmeckt der einst so erfrischende Kaugummi mittlerweile dezent abgestanden.

Pro

tolle Trick-Steuerung
glaubwürdiges Spielgefühl
motivierende Online-Verknüpfung
großartige Animationen
einfach zu bedienender Park-Editor
gute Soundkulisse
sehr große, intelligent designteStadt
herausfordernde Missionen

Kontra

insgesamt nur durchschnittliche Grafik
hölzerne Figuren
gelegentliches Ruckeln
sehr lange Ladezeiten
nervende Konkurrenten-KI

Wertung

360

Skate 3 ist so, wie Skate 2 hätte sein sollen: Echte Neuerungen sind rar, es gibt massig Verbesserungen im Detail - und macht immer noch verdammt viel Spaß!

PlayStation3

Skate 3 ist so, wie Skate 2 hätte sein sollen: Echte Neuerungen sind rar, es gibt massig Verbesserungen im Detail - und macht immer noch verdammt viel Spaß!

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.