Im Test:
Kampf um die Thronfolge
Die Götter Gaias Aenna, Herrscherin der Meere, Epothos, Wächter des Feuers, Durlock, Meister der Erde, und Helamis, Königin der Winde, liegen im Zwist. Und zwar will jeder den Thron der nach einem gewaltigen Kataklysmus in Trümmern liegenden Welt besteigen. Warum also nicht ein Turnier veranstalten, um den Stärksten und Würdigsten zu ermitteln, der dann über die anderen herrschen soll? Die vier Götter scheinen jedenfalls einverstanden und die Entwickler können das Story-Kästchen auf ihrer Checkliste abhaken. Na ja, wie ihr seht hat die mythologisch angehauchte Hintergrundgeschichte von Wrath Unleashed leider nur Alibi-Charakter und bedient sich ungeniert völlig ausgelutschter Fantasy-Klischees und Charakter-Stereotypen, die einem in mäßig inszenierten Storysequenzen in die Action-Strategie-Suppe geworfen werden.
Auf Archons Spuren
Lassen wir die laue Handlung also außen vor und widmen uns gleich der spielerischen Seite. Diese baut wie gesagt auf dem Spielprinzip von Archon auf, bei dem zwei Parteien auf einer Art Schachbrett rundenweise ihre Figuren ziehen und bei Aufeinandertreffen einen Echtzeitkampf austragen. Allerdings besteht das Spielfeld bei Wrath Unleashed nicht aus Quadraten, sondern aus Sechsecken und statt zwei können bis zu vier Kontrahenten in die Schlacht ziehen. Der Spielablauf ist aber nach wie vor derselbe, auch wenn es sowohl bei den Einheiten als auch bei den Spielfeldern eine ganze Reihe zusätzlicher Besonderheiten gibt.
Vielseitiges Terrain
So existieren neben den vier elementargebundenen Götterarmeen allein neun Gelände- und sechs Gebäudearten. Gerade das Terrain sollte man bei seinem Feldzug stets im Auge behalten, da vermeintlich schwächere Gegner auf vertrautem Untergrund nicht zu unterschätzende Boni genießen. Ein Feuerdrache läuft z.B. am Fuße eines Vulkans zur Höchstform auf, was einen Eisriesen ganz schön in Bedrängnis bringen kann. Bei den Gebäuden sind die Nutzen jedoch für alle Beteiligten gleich: So dienen Tempel und Zitadellen nicht nur zur Regenerierung von Lebensenergie und Gewinnung von Mana, sondern auch zum Schutz vor Zauberangriffen; Mana-Wats generieren hingegen ausschließlich Mana und Magieverstärker erlauben selbst magieunfähigen Kreaturen Zauber zu wirken. Farbige Tore dienen wiederum als schnelle Teleportationsverbindungen, während Nexus-Punkte nach ihrer Besetzung besondere Ereignisse wie Landveränderungen oder Gebäudeentstehungen auslösen.
Religiöser Wettlauf: Welcher Spieler zuerst sieben Tempelfelder besetzt hält, gewinnt diese Partie (PS2).
Die Macht der Magie
Der Mana-Gewinnung kommt dabei ein ganz besonderer Stellenwert zu, denn nur mit ausreichend Mana sind magiebegabte Kreaturen in der Lage so spielentscheidende Zauber wie Teleportation, Heilung, Wiederbelebung, Fesselung oder Transformation einzusetzen. Mit Letzterem kann man beispielsweise jedes Zielgelände in vorteilhafteres Terrain umwandeln. Zudem solltet ihr stets bedenken, dass es sowohl fliegende teleportierende als auch ganz gewöhnlich laufende Einheiten gibt. Gerade Letztere brauchen für die Fortbewegung stets ausreichend Platz, während flugtaugliche Einheiten auch über andere hinwegsegeln und teleportationsbegabte Kreaturen sogar bodenlose Abgründe überwinden können.
Eins, zwei, drei - Kampagne vorbei!
Ziel des Spiels ist meist entweder die Vernichtung des bzw. der gegnerischen Feldherren oder die Besetzung einer bestimmten Anzahl an Tempeln und Zitadellen. Im Einzelspielermodus müssen hin und wieder zwar auch spezielle Gegenstände erbeutet werden, aber meist bedeutet auch das lediglich den stärksten Gegner zu besiegen. Überhaupt ist die Solokampagne trotz immer schwierigerer Herausforderungen viel zu kurz und unspektakulär. Ihr entscheidet euch für eine der vier Gottheiten, bekommt eine Universalsequenzen zu sehen, bestreitet je drei Einzel- und ein Team-Match und avanciert anschließend zum neuen Thronfolger. Gute Strategen haben das an einem Nachmittag mit allen vier Parteien geschafft und müssen sich fortan mit schnell öde werdenden Standardkämpfen auf gut einem Dutzend Karten gegen die in drei Stufen regulierbare CPU begnügen.
Schnelle Abnutzungserscheinungen
Gruppenspieler haben es aber auch nicht viel leichter, da gerade die für drei und vier Spieler verfügbaren Spielfelder jeweils an einer Hand abgezählt werden können. Einen Zufallsgenerator oder Map-Editor haben sich die Entwickler nämlich fatalerweise genauso gespart wie einen langfristig motivierenden Online-Modus. Als Ausgleich könnt ihr euch dafür ein paar eingescannte Konzeptgrafiken und eine verbesserte Charakterklasse freispielen... Ansonsten erwartet Einsteiger noch ein knappes Tutorial, während sich Beat‘em-Up-Fans in strategiefreien Versus- und Team-Battle-Duellen messen können. Angesichts des vergleichsweise primitiven und trägen Kampfsystems werden die meisten aber wohl eher von der Funktion Gebrauch machen, den Prügel- anstelle des Strategie-Parts zu deaktivieren, was in den Optionen genauso möglich ist wie das Verändern der Mana-Füllrate sowie diverser Runden- und Zeitlimits. In der Arena hagelt es nach Ablauf der Zeitvorgabe beispielsweise so lange Blitze, bis einer der beiden Kontrahenten das Zeitliche segnet.
Simple Hau-drauf-Action
Ansonsten habt ihr in den Arenen sowohl die Möglichkeit leichte und schwere Nahkampf- als auch Magieangriffe vom Stapel zu lassen, einfache Combos zu verketten, Angriffe zu blocken oder auszuweichen. Terrainabhängige Hindernisse und Fallen können ebenfalls ins Kampfgeschehen miteinbezogen werden, aber viel dynamischer werden die wenig facettenreichen Schlagabtausche dadurch auch nicht. Immerhin sind die insgesamt 32 Monsterkreationen recht aufwändig gestaltet und animiert. Die Arenen und Effekte sind ebenfalls ganz ansehnlich, der Rest aber eher zweckmäßig, wobei die von The Collectives Slayer-Engine angetriebene Grafik-Engine auf der PS2 teils deutlich abgespeckte Texturen, Effekte und Animationen ausspuckt. Zudem müssen Sony-Strategen mit flimmernden Texten, dicken PAL-Balken und Einbrüchen in der mangels 60Hz-Modus ohnehin schon niedrigeren Bildrate leben. Auch die vielen nervigen Ladezeiten sind auf der PS2 deutlich länger.
Kampf gegen die Zeit: In sieben Sekunden entscheidet ein Blitzregen, wer die Arena als Sieger verlässt (Xbox).
Unverständliche Tonprobleme
Besonders gravierend ist auch der akustische Versionsunterschied: Während auf der Xbox kristallklarer Surround-Sound aus den Boxen schallt, erzeugt die PS2-Fassung nicht einmal ordentliches Stereo-Niveau. Selbst die an sich gelungene deutsche Sprachausgabe, die teils sogar besser als das über die Systemsprache aktivierbare englische Original rüber kommt, klingt auf der Sony-Konsole verrauscht. Ansonsten sind FX und Soundtrack ordentlich, aber weitestgehend unspektakulär, wobei die Einbindung eigener Soundtracks nicht möglich ist. Dafür werden eure Fortschritte bequem per Autosave festgehalten und laufende Partien können jederzeit pausiert und gespeichert werden. Auch individuell gebastelte Armeen können unter eurem Profil angelegt und verwaltet werden und selbst bei Vierer-Partien reichen dank flexibler Controller-Zuordnung zwei Pads aus - was euch Geld und Kabelsalat erspart...
Beschränkung aufs Wesentliche: Auf Wunsch lässt sich das Spielfeld in eine 2D-Karte umwandeln (Xbox).
Fazit
Trotz seines Alters wirkt das von Archon abgekupferte Spielprinzip auch heute noch erstaunlich frisch und unverbraucht. Doch obwohl der Mix aus Rundenstrategie und Echtzeitkämpfen in Wrath Unleashed passabel umgesetzt wurde, ist es am Ende dennoch befriedigender abwechselnd zwei reinrassige Genrevertreter wie Soul Calibur 2 und Gladius zu spielen. Das liegt vor allem daran, dass weder der Beat‘em-Up- noch der Strategie-Part von Wrath Unleashed mit aktuellen Genre-Highlights konkurrieren kann. So wirken vor allem die sicher nicht grundlos deaktivierbaren Arenakämpfe zu primitiv und träge, während Hexfeldstrategen einfach zu wenig Spielfelder und Missionen zur Auswahl haben. Zwar kommt gerade in geselliger Runde dennoch Stimmung auf, aber auch hier fehlt es auf Dauer an Abwechslung, was ein Spielfeldgenerator oder -editor sowie ein Onlinemodus leicht hätten vermeiden können. Wen das nicht stört, der sollte nach Möglichkeit aber auf jeden Fall zur flotteren, besser aussehenden und klingenden Xbox-Fassung greifen.
Pro
Kontra
Wertung
XBox
Etwas abwechslungsarme Hexfeld-Strategie mit Prügeleinlagen à la Archon.
PlayStation2
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