Im Test:
Licht am Ende des Tunnels
Gleich zu Beginn trifft man als frisch Ermordeter auf eine seltsame Lampe, die einem Tricks beibringt, um vergangene Ereignisse zu verändern: Man kann nicht nur die Gedanken von Menschen lesen und mit Verstorbenen sprechen, sondern die Zeit vier Minuten vor den Todeszeitpunkt eines Opfers zurück spulen. Dann darf man als blau leuchtender Geist einige Gegenstände manipulieren. Warum nicht in einen Schalter fahren, um Licht zu machen? Oder in ein Fahrrad, um zu klingeln? All das könnte einen Täter irritieren...
Das auf den ersten Blick Knifflige ist, dass man sich als Geist nicht frei in einem Level bewegen kann und ein Zeitlimit von vier Minuten im Nacken hat: Man kann immer nur eine kurze Distanz von Objekt zu Objekt zurücklegen, indem man seine Kugel quasi mit dem Finger weiterzieht. Also heißt es genau aufzupassen und gut zu planen. Falls der Weg vom Kühlschrank zur Lampe zu lang ist, könnte man z.B. versuchen, den Schrank zu öffnen und damit breiter zu machen. Dazu ergreift man Besitz von dem Gegenstand, wechselt dann von der Geisterwelt in die echte Welt und führt dort einen "Trick" aus - zack, geht die Klappe auf oder öffnet sich der Regenschirm!
Der kombinierte Geistertrick
Schon im Tutorial wird jedoch das Rätselpotenzial deutlich, später wächst das Arsenal an Gegenständen immerhin weiter an auf Spiegel, Pistolen, Scheinwerfer, Räder, Kerzen, Uhren, Vorhänge. Und auf dem Weg zum Ziel wird man manchmal angenehm überrascht: Hey, da ist ja eine Geheimtür! Aber hat man sich erstmal an die Spielmechanik gewöhnt, vermisst man auf den zweiten Blick noch kniffligere Situationen und Kombinationen. Man darf etwas zu einfach kombinieren, um sich als Geist vorwärts zu bewegen und das Richtige auszulösen.
Dabei ist immerhin auch das rechtzeitige Hin- und Herschalten zwischen echter und spiritueller Welt entscheidend, was dank der präzisen Stylus-Steuerung jedoch kein Problem ist. Auch die Übersicht geht trotz größerer Abschnitte, in denen man den Bildschirm scrollen muss, nicht verloren: Aus der Perspektive des Geistes leuchten alle Gegenstände bzw. Personen auf, mit denen man interagieren kann. Und hier kann man dann abschätzen, in welche Richtung man seine Geistkugel weiter bewegen muss - dann beginnt das kleine Grübeln: Aha, ich muss also nach oben? Aber da ist bloß eine Lampe, ach so, da ist auch eine Fahne, aber die liegt doch am Boden...
Das Schicksal umkehren
Das Ganze wird im Stile von Phoenix Wright & Co in charmanter Comicgrafik mit zig Dialogen und vor allem feinen 2D-Animationen inszeniert: Es macht einfach Spaß, den kunterbunten, butterweich bewegten Figuren zuzusehen. Im letzten Drittel des Spiels darf man übrigens auch einen zweiten Charakter steuern, der Objekte vertauschen kann - allerdings kann er nichts manipulieren; hier muss man also effizient wechseln. Zwischendurch wird automatisch ein Protokoll über alle Personen, Orte und Nachrichten angelegt, so dass man in der verzwickten Story auf dem Laufenden bleib. Es gibt nur einen Speicherplatz, aber das ist kein Ärgernis, denn es gibt keine alternativen Routen. Und wenn man mal das Zeitlimit überschreitet, kann man endlos erneut versuchen bzw. die dann auftauchenden Hinweise zu Rate ziehen.
Fazit
Kurzweilig, witzig, ansehnlich! Ghost Trick ist ein cleveres Adventure, das mich auch auf iPhone und iPad richtig gut unterhält. Obwohl ich angesichts von Gedächtnisverlust (schon wieder?) und Grafikstil (Sprechblasen-Overflow!) zunächst skeptisch war, entwickelt sich eine interessante und ausgezeichnet animierte Mystery-Story mit überraschenden Wendungen. Zwar kommt der blonde Held Sissel nicht an das Charisma von Phoenix Wright heran, aber die Knobelei bei der Spurensuche macht Laune: Hier blitzt an einigen Stellen auf, welches Rätselpotenzial in der originellen Idee steckt - man reist in die Vergangenheit von Toten und manipuliert Gegenstände, um seinen eigenen Todesfall aufzuklären. Leider besteht die Schwierigkeit auf Dauer eher im Zeitlimit sowie dem Timing des Dimensionswechsels, so dass etwas zu oft Trial & Error in der Routen- bzw. Lösungsfindung anstatt vertrackte Rätsel den Spielfluss beherrschen - also heißt es häufig zurück zum Checkpoint. Mir kam das Spiel auch etwas zu leicht vor, was den Anspruch an Kombination und Logik angeht, zumal es keine alternativen Lösungen bzw. Routen gibt. Etwas weniger Linearität und mehr Offenheit hätten Gold möglich gemacht. Aber im letzten Drittel steigt die Kopfnusskurve nochmal an, wenn man investigative Gesellschaft bekommt. Ich kann dieses sympathische Adventure wärmstens empfehlen!
Wertung
iPad
Tolle Rätsel, cleveres Spieldesign - ein unterhaltsames Knobelabenteuer für das iPad!
iPhone
Gute Umsetzung: Auch auf dem iPhone macht das morbide Knobeln Spaß!
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