Sonic the Hedgehog 4: Episode I14.10.2010, Paul Kautz
Sonic the Hedgehog 4: Episode I

Im Test:

16 Jahre mussten Fans des blauen Blitzes warten. 16 lange, lange Jahre. 16 Jahre, in denen es zwar auch tolle Jump-n-Runs wie Sonic Rush oder schöne Spin-Offs wie Sonic Chronicles gab, die aber in erster Linie von grauenhaften 3D-Abenteuern des schnellsten Igels des uns bekannten Universums geprägt waren. 16 Jahre - und endlich gibt’s ein echtes Sonic 4!

Ich habe dich im Visier

Wenn ein blauer Igel zwei Mal durchs Bild flitzt und dabei »SeeeeeeeGAAAAAAAAAA« erschallt, wird der Retro-Fan hellhörig: So begannen in der Vergangenheit einige der besten Jump-n-Runs! Okay, einige der schlimmsten auch, aber der Verdrängungsmechanismus wird zugunsten eines hoffnungsvollen Optimismus ja

Da flitzt er endlich wieder so, wie er flitzen sollte: Sonic The Hedgehog ist zurück!
gerne mal benutzt. Und da ist er auch im Hauptmenü: Sonic. Blau, grinsend, den Zeigefinger schwingend - hach, wie damals.

Die letzte Woche veröffentlichte iPhone-Version (hier unser Test) machte es bereits deutlich: Sonic 4 Episode 1 (S4) ist ein lang erwarteter Schritt zurück für die Serie, eine Hommage an frühere Mega Drive-Großtaten, ein längst überfälliges Abschneiden lästiger Zöpfe. Das Spiel hat seine Schwächen, im Falle der mobilen Version war es vor allem die Steuerung - ein virtuelles Pad kann nun mal in Sachen Präzision nicht mit seinem physikalischen Gegenstück mithalten, obwohl es bei S4 schon zu den besten seiner Art gehörte. Das ist auf 360 und PS3 natürlich kein Problem: Die Kontrolle über den linken Analogstick funktioniert auf den Punkt genau und pixelperfekt. Als ob das noch nicht genug wäre, haben die Entwickler noch eine Vereinfachung in Form der Homing-Attacke eingebaut: Jeder Gegner, jeder Sprungblock, jeder Bonus-Container und jedes kleinere zerstörbare Objekt bekommt in Sonics Nähe ein Fadenkreuz verpasst. Drückt man in diesem Moment den Knopf (es gibt, Tradition ist Tradition, nur eine Taste für alle Aktionen), zischt Sonic mit Überblaugeschwindigkeit hin und macht es kaputt. Das hat mehr als nur vereinfachende Wirkung: So kann man z.B. von Gegner zu Gegner hopsen und lange Kombos aufbauen - oder auch anderweitig nicht erreichbare Orte aufsuchen.

Blaue Psychopharmaka

Genau wie seine frühen 2D-Brüder ist auch S4 eine Mischung aus wahnwitziger Geschwindigkeit und Erkundungsfreude. Natürlich kann man einfach den Stick nach rechts gedrückt halten und Vollgas genießen, man kommt so problemlos ans Ziel und durch das Spiel. Das ist aber a.) ein sehr kurzes und b.) wenig befriedigendes Vergnügen, denn es gibt verdammt viel zu entdecken! Wer die Augen nach erwähnten Kombo-Möglichkeiten, sich bewegenden Plattformen und ungewöhnlichen Sprungmöglichkeiten aufhält, der bekommt ganz neue Bereiche zu Gesicht, deren Besuch normalerweise in dicker Ringzahl oder mit sonstigen Boni belohnt wird. Sehr viele Wege führen zum Levelabschluss, und an dessen Ende wartet, wenn man mindestens 50 Ringe dabei hat, der große goldene Kringel, der zur Bonuswelt führt.       __NEWCOL__

 

Video: Die 16 Level orientieren sich an Sonics frühen Abenteuern - und natürlich wartet am Ende jeder Welt Dr. Robotnik auf seine verdiente Abreibung!Von der gibt es sieben Varianten, jede einzelne enthält einen der guten alten Chaos-Diamanten - hat man alle sieben, darf man sich in den gelben Flitzer »Super Sonic« verwandeln. Vorher muss man allerdings die Levels schaffen, was zwar leichter ist als noch z.B. bei Sonic 2 und 3, aber trotzdem eine gute Herausforderung. Grafisch und spielerisch orientieren sich diese Levels an den Zusatzrunden aus Sonic 1, man kugelt also durch drehbare Labyrinthe aus der Draufsicht. Hier sammelt man Ringe, von denen man eine bestimmte Anzahl benötigt, um Sperren auf dem Weg zum Diamanten aufzulösen. Das ist aufgrund der trägen Kontrolle (was nicht negativ gemeint ist) schon anspruchsvoll genug, allerdings sitzt einem noch ein teilweise ziemlich fieses Zeitlimit im Nacken. PS3-Spieler dürfen diese Abschnitte auch per Sixaxis steuern, aber das machen nur Leute, die Spiele hassen und demonstrieren wollen, warum sie das tun. Mit dem Stick geht's weitaus besser.

Vertrautes in Schön

Dieses Sonic versteht sich nicht nur als neues Abenteuer, sondern auch als Best-of der frühen Teile. Von daher ist es kaum verwunderlich, dass die Entwickler nicht nur beim Spiel-, sondern auch beim Leveldesign auf bewährte Elemente zurückgreifen. Die Abschnitte, 16 an der Zahl, orientieren sich mit ihren vier Welten an den Klassikern - auch wenn die Green Hill Zone jetzt Splash Hill heißt, die Wurzeln sind mit den Karobergen, den Palmen, den bissigen Fischen und den ballerfreudigen Geckos unverkennbar. Auch Casino Street, Lost Labyrinth und Mad Gear sollten jedem Sonicologen vertraut vorkommen. Am Ende jeder Welt wartet Dr. Robotnik (jaja, Eggman, bwäch!) auf seine verdiente Abreibung, wobei sich auch er an früheren Inkarnationen orientiert. Kurz gesagt: Das Spiel kommt einem im Großen und Ganzen bekannt vor, bietet aber genug Eigenständiges (wie das Kugel-Rollen, die Lorenfahrt oder die Kartendreh-Minigames), um nicht ganz als Selbstklau durchzugehen. Genau wie seine Mega Drive-Vorbilder ist S4 nicht besonders lang, mehr als eine gute Stunde dürfte ein Pad-Kenner kaum brauchen - was auch daran liegt, dass das Spiel etwas zu leicht ist. Zwar gibt es einige gemeine Stellen, an denen man fast unweigerlich

Einige frische Ideen bereichern das Retro-Erlebnis - wie die Lorenfahrt, die Homing-Attacke oder die Kartendrehereien. Allerdings ist das Spiel insgesamt etwas zu leicht.
seine Ringe verliert, auch kommt es mir so vor, als ob ich ein paar Mal öfter als eigentlich nötig in den Tod gefallen bin. Aber es regnet Extraleben am laufenden Band (es winkt sogar ein Achievement bzw. eine Trophäe, wenn man 99 davon anhäuft), was das Spiel insgesamt zu einfach macht. Allerdings wird die Spielzeit nicht nur durch die vielen Erkundungsmöglichkeiten gestreckt, Perfektionisten haben mit den Online-Ranglisten (für jeden einzelnen Level) auch genug Möglichkeiten, sich mit Blauflitzern aus aller Welt zu messen und ihnen zu zeigen, wo der Zweischwanzfuchs die Locken hat!

Das Spiel sieht verdammt gut aus: Auf dem iPod gab's ja noch auflösungsbedingt Einschränkungen und gelegentliche Slowdowns, aber auf 360 und PS3 erstrahlt der neue alte Sonic in den schönsten Farben. Nicht das geringste Ruckeln weit und breit, teilweise wunderschön designte Welten (Highlights: die farbenprächtige »Casino Street Zone« sowie die wunderbar psychedelischen Bonuslevels), Unmassen verspielter Vorder- und Hintergrundobjekte, weiches Parallax-Scrolling - das Einzige, was da aus dem Rahmen fällt, ist erstaunlicherweise Sonic selbst. Ich finde ihn mit seinen langen Armen und Beinen sowie dem bösen Gesichtsausdruck irgendwie uncool.

        

Fazit

Die iPod-Fassung hatte noch ein paar Schwächen, welche die Freude über den neuen alten Sonic doch spürbar dämpften: Solala-Steuerung, krümelige (und gelegentlich ruckelige) Grafik, keine Online-Ranglisten und mehr. Auf 360 und PS3 gehört all das der Vergangenheit an - und die Freude ist groß! Sonic ist hier (von seinem schlaksigen Äußeren mal abgesehen) ganz der Alte: Wunderschöne Grafik, perfekte Steuerung, große, clever designte Levels, abgefahrene Bonuslevels, toller Soundtrack. Ja, es ist mal wieder sehr kurz, das waren die früheren Abenteuer auch - aber die waren auch deutlich anspruchsvoller als der im Großen und Ganzen etwas zu einfache Neustart. Nichtsdestotrotz bin ich über diese Richtung meine bevorzugten Igelkumpels sehr glücklich: Zwar ist davon auszugehen, dass Sega auch in Zukunft weitere 3D-Ausflüge mit ihm fabrizieren wird, aber so lange es auch noch Entwickler gibt, die der Pixelfreude treu bleiben, soll’s mir recht sein. Bitte mehr davon!

Pro

rasend schnelle Grafik
teilweise wunderschönes Leveldesign
wunderbar veraltetes Spielprinzip
präzise Steuerung

Kontra

zu leicht
sehr kurz

Wertung

360

Rasend schnell, farbenfroh, toll spielbar und ziemlich kurz - Sonic ist wieder da!

PlayStation3

Rasend schnell, farbenfroh, ideenreich, toll spielbar und ziemlich kurz - Sonic ist wieder da!

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