Superstars V8: Next Challenge22.03.2010, Michael Krosta
Superstars V8: Next Challenge

Im Test:

Nicht mal ein Jahr ist es her, seitdem die Racing-Spezialisten von Milestone ihre vertrauten Superbikes gegen V8-Boliden von BMW, Audi & Co eingetauscht haben. Trotzdem fahren die Italiener mit Superstars V8: Next Challenge (ab 4,95€ bei kaufen) schon mit dem Nachfolger zu ihrer mittelmäßigen Möchtegern-Simulation aus der Box. Hat die neue Engine die nötigen PS, um sich in der großen Startaufstellung des Genres weiter vorne zu positionieren?

Harte Konkurrenz

Es gehört schon eine gute Portion Mut und Selbstbewusstsein dazu, wenn man im Bereich der Rennsimulationen mitmischen will und dabei auf der Verpackung mit Begriffen wie "fotorealistische Kulissen" oder "unglaubliche Fahrzeugmodelle" um sich wirft. Vor allem wenn man bedenkt, welche inhaltliche und technische Klasse 360-Fahrer bei Forza Motorsport 3 vorfinden, was auf der PS3 mit Gran Turismo 5 angerast kommt und was der PC mit GTR oder rFactor an hochklassigen Titeln zu bieten hat. Dreht man dagegen seine ersten Runden mit den virtuellen V8-Boliden made in Italy, kann man angesichts der vollmundigen Versprechungen eher von Wahnsinn und gnadenloser Selbstüberschätzung sprechen. Die tristen

Ein Großteil des Fuhrparks stammt aus Bayern.
Kulissen erinnern mit ihren wenigen Details und Pappkameraden auf den Tribünen eher an die letzte Konsolengeneration als an ein modernes Rennspiel. Gerade bei Schauplätzen wie Mugello, die man auch in anderen Rennspielen wie Forza 3 findet, wird deutlich, dass qualitativ Welten zwischen den V8 Superstars und der Spitze liegen.

Wenig Autos, wenig Strecken

Davon abgesehen fällt auch die Quantität bescheiden aus: Eine magere Auswahl von gerade mal elf Strecken reißt heute niemanden mehr vom Hocker, obwohl man ihr wenigstens zugute halten kann, dass neben alten Bekannten wie Monza oder Imola mit Magione, Adria oder Kyalami einige Pisten enthalten sind, die man nicht in jedem Rennspiel findet - es sei denn, es kommt von Milestone. In der Garage zeichnet sich ein ähnliches Bild ab, denn es finden sich lediglich elf mäßig modellierte Boliden, von denen die meisten aus dem Hause BMW stammen (550i, M5, M3 E92, M3 E90). Zusätzlich kämpfen auch Jaguar, Chrysler, Cadillac, Maserati, Chevrolet und Mercedes mit jeweils einem Fahrzeug mit, wobei Audi mit dem RS4 den einzigen Allrad im Feld stellt - alle anderen genannten V8-Exemplare sind mit einem Heckantrieb ausgestattet und folglich etwas anspruchsvoller zu steuern. Im Gegensatz zum Vorgänger hat man es endlich auch geschafft, eine Cockpitansicht zu spendieren - und das sogar in zweifacher Ausführung. Während man in der ersten Variante auch Innen- und einen der Außenspiegel im Blick hat, ist man bei der zweiten näher an der Strecke dran, muss dafür aber auf die Übersicht durch die Spiegel verzichten. Alternativ hilft aber auch der Blick zurück auf Knopfdruck. Viel Mühe bei der Modellierung der Cockpits hat man sich allerdings nicht

Vom versprochenen Fotorealismus fehlt jede Spur: Die tristen Kulissen erinnern viel mehr an die letzte Konsolengeneration.
gegeben - tatsächlich wirken sie alle austauschbar, da es kaum Unterschiede gibt. Dabei ist auch das lahme Umsehen mit dem rechten Analogstick deutlich eingeschränkt, so dass man nicht mal einen Blick durch den rechten Außenspiegel werfen kann.

Mittelmäßige Fahrphysik

Dafür, dass man mit den V8-Superstars in Simulationsgefilden wildern und sich damit Größen wie Forza Motorsport 3 entgegenstellen will, fällt die Fahrphysik enttäuschend flach aus: Selbst ohne Fahrhilfen wie ABS, Traktionskontrolle und ESC liegen die Boliden erstaunlich gut auf der Strecke. Zwar braucht man in Kurven vor allem auf nassem Asphalt etwas Feingefühl im Umgang mit Gas und Bremse, doch geht es hier sehr viel anspruchsloser zur Sache als man es von einer Simulation erwarten würde. Die Krone setzt der RS4 auf, denn Audis Allrad-Maschine scheint zu jeder Zeit über einen erstaunlich guten Grip zu verfügen. Selbst wenn die Reifen nach einem Langstreckenrennen von 20 Runden bereits abgefahren sind, liegt er immer noch wie ein Brett auf der Straße. Problematisch wird es, wenn man mit einem Lenkrad fahren will, da im Spiel selbst keine Feineinstellungen hinsichtlich der toten Zone etc. durchgeführt werden können. Das Force Feedback geht zwar in Ordnung, aber seltsamerweise scheint vor allem an der Xbox 360 die Bremse nicht mehr so gut zu funktionieren, sobald man ein Wheel an die Konsole angeschlossen hat. Mit dem Controller in den Händen verschieben sich die Bremspunkte spürbar nach hinten& Eine Kupplung wird ebenfalls nicht unterstützt - schade für alle, die das entsprechende Equipment zu Hause haben und ein weiterer Beweis dafür, dass der Titel als Simulation doch einige Wünsche offen lässt.  

Nass oder trocken? Egal!

Schon im Vorgänger merkte man kaum einen Unterschied zwischen nasser und trockener Fahrbahn. Diese Tradition behält man bei: Zwar muss man sich in Kurven auf der Regenpiste etwas gefühlvoller anstellen, doch sind die Bremspunkte identisch zur trockenen Variante und man erzielt nahezu die gleichen Rundenzeiten. Realistisch? Unwahrscheinlich, wenn man sich im realen Motorsport die Zeitunterschiede anschaut. Die KI scheint mit den verschiedenen Witterungsbedingungen dagegen etwas mehr zu kämpfen zu haben und fährt bei Nässe gut vier Sekunden langsamer. Dabei stehen ihre Qualifikationszeiten allerdings in keiner Relation zur Leistung im Rennen, wo sie es im Durchschnitt noch mal gut zwei Sekunden gemütlicher angehen lassen. Zudem treten sie selbst auf der höchsten der vier Stufen vor Kurven oft etwas vorschnell

Zwar gibt es ein paar Beulen und Kratzer zu sehen - insgesamt ist das Schadensmodell aber eine Enttäuschung und wirkt sich kaum auf die Fahrphysik aus..
auf das Bremspedal. Auf der anderen Seite rempeln sie sich übertrieben aggressiv durch oder ziehen bei einer Boxenausfahrt oder vor Kurven plötzlich auf die Ideallinie, obwohl ich gerade von hinten mit Vollgas angerauscht komme - Kampflinie schön und gut, aber nicht so.

Zum Glück bleiben die Unfälle trotz vorhandenem Schadensmodell meist ohne große Folgen, denn es muss schon ordentlich krachen, um die Karre kaputt zu bekommen. Ein paar Kratzer hier, ein paar Beulen dort - mehr gibt es nicht zu sehen, denn die Karosserieteile wie Stoßstangen oder Spoiler scheinen untrennbar mit dem Chassis verbunden zu sein, während sich auch die Auswirkungen auf die Fahrphysik in Grenzen halten. Das (optionale) Strafsystem wirkt ebenfalls sehr unausgegoren und inkonsequent, denn während die Stewards bei einigen Schikanen und Abkürzungen wohlwollend beide Augen zudrücken, wird an anderen Abschnitten schnell für ein paar Sekunden die Drehzahl des Motors gedrosselt, sobald man sich abseits des Asphalts bewegt. Die Boxengasse bleibt dagegen immer geschlossen, denn selbst bei langen Rennen muss bzw. darf man weder nachtanken noch die Reifen wechseln.

Vorgefertigte Setups

Wenigstens ist das Herumschrauben nicht verboten, so dass man seinen Boliden mit Einstellungen am Fahrwerk, Getriebe, Spoiler sowie den Bremsen optimal für die jeweiligen Strecken anpassen kann. Oder man macht es sich einfach und greift auf die vorgefertigten Setups zurück: Zur Auswahl stehen sechs Typen, darunter Muster für die Qualifikation, das Rennen sowie für schnelle oder lange Kurven. Problem: Bei manchen Autos lassen sich zumindest zwischen dem Qualifikations- und Renn-Setup kaum Unterschiede feststellen. Tatsächlich war ich mit der Renneinstellung in der Qualifikation oft minimal schneller unterwegs als mit der eigentlich dafür vorgesehenen Einstellung. Bei anderen Wagen spürt man den Unterschied dagegen deutlich und holt mit dem passenden Setup tatsächlich die eine oder andere Zehntelsekunde raus. Wer seinen Fahrstil genauer analysieren möchte, darf die aufgezeichneten Telemetriedaten unter die Lupe nehmen und diese sogar abspeichern. Die richtige Wahl der Reifen ist ebenfalls von Bedeutung - immerhin stehen neben Pneus für trockenes und nasses Wetter drei Härtemischung zur Verfügung, die für das Grip-Niveau entscheidend sind.

Im letzten Jahr fehlte noch die Lizenz - dieses Mal ist Mercedes mit an Bord.
Leider fallen die Hilfstexte zu den Einstellungen insgesamt zu allgemein aus. Gerade im Bereich der Federung dürften sich Anfänger auch nach eingängigem Studium der Tipps noch fragen, welche Folgen bestimmte Veränderungen am Setup nach sich ziehen.

Veränderungen der Strecke - wo denn?

Eines der großen neuen Features sollte die dynamische Veränderung der Strecke werden. Je länger ein Rennen geht, desto besser müsste aufgrund des zunehmenden Gummis auf dem Asphalt theoretisch die Bodenhaftung werden. Gleiches gilt für eine nasse Strecke, bei der sich nach einigen Runden die spürbar trockenere Ideallinie abzeichnen sollte. Die Idee dahinter ist an sich lobenswert - die Umsetzung dagegen nicht. Man spürt kaum einen Unterschied, ob man abseits der Ideallinie unterwegs ist oder nicht. Überhaupt macht sich eine Veränderung der Streckenbedingungen nicht bemerkbar, so dass man das Feature schnell unter dem Motto "gut gedacht, aber schlecht gemacht" abhaken kann.  

Herr der Rundenzeiten

Inhaltlich spult Milestone im Prinzip das gleiche Programm ab wie in den letzten Jahren - einschließlich der üblichen Boni in Form von Videos oder Fotos. Herausforderungen warten unter dem Menüpunkt "Superstars-Lizenzen" u.a. in der Fahrschule und Rennakademie. Deren Anzahl ist jedoch ähnlich gering wie beim Vorgänger und die Aufgaben sind alle recht einfach zu meistern. Daneben hat man die Wahl, sich gleich in ein schnelles Rennen zu stürzen, ein komplettes Rennwochenende inklusive Training und Qualifying zu absolvieren oder seine Rundenzeiten beim Zeitfahren gegen den (nicht abschaltbaren) Ghost zu unterbieten. Im Mittelpunkt steht jedoch die Meisterschaft, wobei man auf die vorgefertigten Läufe zurückgreifen oder sich selbst einen Rennkalender zusammenstellen kann. Die Stimmung auf und abseits der Strecke ist hier aber genau so dröge wie in den anderen Modi: Siegerehrungen gibt es genau so wenig wie Feedback aus der Box, wenn man unter durchschnittlichen Motorengeräuschen seine Runden dreht. Nicht mal ein Siegerpokal wird eingeblendet. Stattdessen geht man nach der Ergebnistabelle im Excel-Stil und den nicht speicherbaren Replay-Höhepunkten direkt zum nächsten Rennen über. Nervig

Die KI agiert sehr aggressiv und setzt vor allem auf unfaire Rempel-Aktionen.
ist zudem die automatische Speicherfunktion, die sich nicht deaktivieren lässt. Auf dem PC und der 360 mag es aufgrund der schnellen Ladezeiten noch okay sein, aber auf der PS3 nervt es gewaltig, wenn ständig das Speichersymbol auf dem Bildschirm blinkt und man in dieser Zeit nichts machen kann.

Stern am Onlinehimmel?

Im Vergleich zum Vorgänger hat man beim Mehrspielermodus etwas zugelegt: Endlich ist es neben Einzelrennen auch möglich, eine komplette Meisterschaft (auch mit eigenem Rennkalender) zu absolvieren. Allerdings muss man hier auf das freie Training und die Qualifikation verzichten. Letztere wurde mit dem Zeitrennen quasi in einen eigenen Onlinemodus ausgegliedert - immerhin. Schön zudem, dass bis zu 16 Raser an den Start gehen dürfen und der Netzcode dabei überwiegend lagfrei ist. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass so gut wie niemand mit dem Spiel auf den Online-Pisten unterwegs ist& Offline wird man mit den V8-Boliden dagegen keinen Spaß haben, wenn man gegeneinander antreten will, denn es gibt weder eine Splitscreen-Option noch darf man im LAN bzw. via System Link Gas geben, was gerade am PC ein Unding ist. Hinzu kommt, dass PC-Besitzer erst mit einem (kostenlosen) Gamespy-Konto den Zugang in die Online-Rennwelt bekommen.

  

Fazit

Verglichen mit Höhepunkten wie einem Forza 3 wirkt Superstars V8: Next Challenge so, als würde man in einem Citroen 2CV einen Bugatti Veyron zu einem Duell herausfordern und sich dabei auch noch echte Siegchancen ausrechnen. Vielleicht sollte man in Italien langsam darüber nachdenken, lieber mehr auf Qualität zu setzen anstatt wie am Fließband ein Rennspiel nach dem anderen zu produzieren. Ja, im Vergleich zum Vorgänger gibt es Verbesserungen: Die Fahrphysik ist längst nicht mehr so fragwürdig, aber vor allem auf nasser Strecke ist man immer noch so weit von einer ernsthaften Simulation entfernt wie beim schwachen Schadensmodell. Die vorgefertigten Setupmöglichkeiten sind nett, aber wirken sich bei manchen Fahrzeugen zu wenig aus. Davon abgesehen herrscht Stillstand - sowohl technisch als auch inhaltlich, denn von dem revolutionären Feature der veränderbaren Streckencharakteristik merkt man genau so wenig wie vom angepriesenen Fotorealismus bei Kulissen und Boliden. Zumindest die Online-Meisterschaft kann noch lobend erwähnt werden. Aber ansonsten ist Superstars V8: Next Challenge das gleiche, durchschnittliche Rennspiel, das in Zeiten von Forza 3, Gran Turismo und GTR niemand braucht.

Pro

lizenzierte Fahrzeuge & Fahrer
reale Rennpisten
überwiegend stabiler Netzcode
viele Setup-Möglichkeiten
Presets...
verschiedene Witterungsbedingungen
(optionale) Reifenabnutzung
(optionale) Fahrhilfen
Cockpitansicht…
Auswahl an Online-Spieloptionen

Kontra

(zu) simple Fahrphysik
lächerliches Schadensmodell
wenige Strecken
kleiner Fuhrpark
...die bei manchen Autos kaum Wirkung zeigen
inkonsequentes Strafsystem
triste Kulissen
durchschnittliche Soundeffekte
...die nicht viel hermacht
kaum ein Unterschied zwischen nasser & trockener Strecke
kein Splitscreen
keine Feineinstellungen am Lenkrad möglich
Rempel-Aktionen der KI
schwächere Bremsen (360-Lenkrad)
oft seltsame Kollisionsphysik
keine Boxenstopps (auch nicht bei Langzeitrennen)
Qualifying-Zeiten stehen in keinem Verhältnis zur KI-Leistung im Rennen

Wertung

360

Durchschnittliches Rennspiel mit wenig Inhalt und schwacher Präsentation.

PlayStation3

Durchschnittliches Rennspiel mit wenig Inhalt und schwacher Präsentation.

PC

Durchschnittliches Rennspiel mit wenig Inhalt und schwacher Präsentation.

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