Test Drive Unlimited 211.02.2011, Michael Krosta
Test Drive Unlimited 2

Im Test:

Mit Test Drive Unlimited sorgte Atari 2006 für das erste M.O.O.R. (Massively Open Online Racing) und führte die traditionsreiche Marke damit gleichzeitig in eine neue Richtung: Anstatt nur auf abgesteckten Kursen zu rasen, stand dem Spieler mit Oahu der digitale Nachbau einer kompletten Hawaii-Insel als Spielplatz zur Verfügung. Im Nachfolger startet jetzt auf Ibiza die PS-Party. Gibt es einen Grund zum Feiern?

Traumhafter Einstieg

Was würde ich wohl sagen, wenn mich meine Freundin von einer Pool-Party in meinem eigenen Luxus-Anwesen auf Ibiza in die Garage bitten und mir dort einen nagelneuen Ferrari California zum Geburtstag schenken würde? "Das kann doch alles nur ein Traum sein!" Richtig. Und genau diesen Traum darf ich am Anfang von Test Drive Unlimited 2 (ab 29,64€ bei kaufen) etwa fünf Minuten lang leben, bevor ich unsanft geweckt werde und knallhart in der Realität lande: Nein, ich bin kein Multi-Millionär und Super-Rennfahrer, der einfach nur sein Leben im Rausch der Geschwindigkeit und schicken Anwesen genießt. Stattdessen bin ich der arme Kerl, der im Hotel seine Brötchen mit dem Einparken von Autos verdient und wegen des kleinen Nickerchens kurz davor ist, selbst diesen Job zu verlieren. Doch wie es der Zufall will, bekomme ich eine letzte Chance: Sollte ich es schaffen, die verägerte Besitzerin meines letzten vierrädrigen Betts rechtzeitig zu ihrem PR-Termin zu kutschieren, wird sie mich als Ersatzfahrer beim prestigeträchtigen Event "Solar Crown" einsetzen - einer Rennserie, bei der man auf Straßen, im schroffen Gelände und auf abgesperrten Strecken um Siege und Punkte kämpft. Gesagt, Gas gegeben, getan und schon kurz Zeit später finde ich mich beim Händler wieder, wo ich mir meinen ersten Gebrauchtwagen kaufen darf. Meine Rennkarriere kann beginnen...

Zurück in die Vergangenheit

Zunächst muss man allerdings einen gewaltigen Technik-Schock verdauen, denn verglichen mit dem Vorgänger hat sich in dieser Richtung nicht gerade viel getan: Die riesige Spielwelt bietet zwar enorm viele Freiheiten, doch werden diese mit matschigen Texturen, massig Pop-ups und einer gerade noch erträglichen Framerate erkauft, die vor allem auf den Konsolen immer wieder von Rucklern gestört wird. Auf dem PC macht der Ausflug auf Ibiza (und später auch Oahu) grafisch deutlich mehr her, denn neben der höheren Auflösung, Anti-Aliasing, vertikalen Synchronisation und der besseren Zeichentiefe machen auch die Fahrzeugmodelle von namhaften Herstellern wie Ferrari, Dodge, Chevrolet, Audi oder Volkswagen einiges mehr her als ihre matten Konsolen-Pendants. Die aufpoppenden Lackspiegelungen sehen aber auch am PC nicht besonders schön aus und das

Ein Auto, das wie gemacht ist für wohl betuchte Ibiza-Bewohner: Der Audi R8 Spyder.
optische Schadensmodell ist mit seinen wenigen Kratzern auf allen Plattformen ein schlechter Witz, der an das anfängliche Gran Turismo 5-Debakel in diesem Bereich erinnert. Schade, dass man kein volles Schadensmodell anbietet - angesichts der vielen Rampensäue, die sich in der (Online-)Spielwelt herum treiben, aber durchaus verständlich, denn sonst würde man vermutlich mehr Zeit in der Werkstatt verbringen als beim Erkunden der Insel.

Technisch scheint es also, als wäre die Zeit bei Entwickler Eden im Jahr 2006 stehen geblieben. Immerhin gibt es zwei neue Features, die den ernüchternden Eindruck zumindest etwas aufhellen können: Da wäre zum einen der dynamische Tag-/Nachtwechsel, der neben den Sonnen-Ausflügen (im Idealfall mit offenem Verdeck) auch Rennen bei Dunkelheit bzw. in der Dämmerung ermöglicht. Zum anderen bietet TDU 2 ein dynamisches Wettersystem, das der warmen Sommer-Idylle auch schnell mal einen hamburgischen Regen-Stempel aufdrücken kann. In den einzelnen Wettbewerben findet sich allerdings immer eine Voreinstellung - vermutlich auch deshalb, um nicht die Bestzeiten vom Wetter durcheinander wirbeln zu lassen. Beim freien Erkunden, das einen nicht unerheblichen Teil der Spielerfahrung ausmacht, muss man dagegen mit wechselnden Witterungsbedingungen rechnen.

Jedem das Seine

Diese wirken sich selbstverständlich auch auf die Fahrphysik aus, die im Vergleich zum Vorgänger aufgewertet wurde. Klar, denn unter nassen Bedingungen geraten die Boliden halt schneller ins Rutschen. Kein Grund, in Panik zu geraten, den Anfängern greifen auf Wunsch zig Fahrhilfen unter die Arme, während die Sporteinstellung einen Kompromiss zwischen Arcade und Simulation bieten soll. Wer die Fahrhilfeneinstellung in den Optionen auf die seltsame Bezeichnung ausgezeichnet stellt, soll dagegen ein realistisches Fahrerlebnis ohne ABS, Traktioskontrolle & Co geboten bekommen. Ja, ohne die genannten Hilfen wird es anspruchsvoller, die Boliden auf der Piste zu halten - vor allem mit späteren PS-Schleudern von Ferrari & Co kommt man bei Nässe schon mal in Schwitzen. Von einer Simulation ist man hier dennoch so weit entfernt wie ein Monkey Island vom Duke, denn dafür reagieren die Flitzer noch zu gutmütig und gerade bei Kollisionen sowie Sprüngen

Am Anfang ist der Besitz eines Ferraris nur ein Traum. Später wird er (virtuelle) Realität!
nicht immer nachvollziehbar. Insgesamt werden beim Rasen über die beiden Inseln Erinnerungen an World Racing (von Synetic) wach, bei dem sich die Boliden ähnlich angefühlt haben. Während man mit dem 360-Controller, der auch am PC unterstützt wird, relativ gut die Kontrolle behält, bereitet das PS3-Pad mehr Probleme, das richtige Gefühl zu entwickeln. Zumindest darf man auf allen Plattformen Feineinstellungen bezüglich Dämpfung und toten Zonen vornehmen - auch beim Controller. 

Mit einem entsprechenden Lenkrad werden sogar Funktionen wie H-Schaltung und Kupplung unterstützt, wobei das Spiel genau das beim Porsche Turbo S-Wheel auf der 360 nicht erkennen wollte. Dafür hat man die Boliden im Vergleich zur etwas schwammigen Controller-Steuerung deutlich besser im Griff, doch muss man dafür Abstriche bei der Avatar-Navigation in Kauf nehmen. Mittlerweile ist es nämlich möglich, sich mit seiner Figur völlig frei durch seine Häuser, Garagen, in Klamotten-Boutiquen, beim Autohändler, Friseur oder anderen Orten zu bewegen. In den eigenen vier Wänden darf man gegen Aufpreis sogar ausgewählte Möbelstücke oder Bodenbeläge verändern, während diverse Emotions-Icons die Kommunikation mit anderen Spielern erleichtern, falls man gerade mal kein Headset zur Hand hat.     

Abwechslungsreiche Karriere?

Bevor man sich in die Wettbewerbe von Solar Crown stürzt, muss zunächst die Schulbank gedrückt werden, denn für jede der drei Fahrzeugklassen muss in diversen Prüfungen die entsprechende Lizenz erworben werden. Neben der Klassiker- und Asphalt-Klasse

Es sind Momente wie dieser, in denen TDU 2 durchaus Charme versprüht.
stehen neuerdings auch Offroad-Fahrzeuge zur Verfügung, mit denen man sich in entsprechenden Events abseits befestigter Wege und Straßen durch die Pampa schlägt - ein schöner Zusatz. Die Wettbewerbe bestehen in der Regel aus sechs Einzelveranstaltungen, darunter das Standardrennen, Zeitfahren sowie Ausscheidungsrennen, bei denen der jeweils Letztplatzierte einer Runde rausgeworfen wird. Zu den etwas ungewöhnlicheren, wenn auch bekannten Variationen zählen die Radarfallen-Events, bei denen man sich bei einer möglichst hohen Geschwindigkeit an den Stationen blitzen lassen muss. Schnell sollte man auch bei den Tempo-Wettbewerben sein, in denen man erst ab einer bestimmten Mindestgeschwindigkeit die nötigen Punkte bekommt. Hat man den Wettbewerb einer Klasse gewonnen, folgt in der Regel noch eine Elite-Herausforderung mit etwas anspruchsvolleren Gegnern und Zielen - ein Schwierigkeitsgrad für jedes einzelne Event lässt sich leider nicht festlegen. Ist man auch hier siegreich, kommt es zum Duell mit dem jeweiligen Klassen-Champion, der im Fall einer Niederlage auch gleich noch seinen fahrbaren Untersatz verschenkt. Schön: Dieser ist meist schon voll getunt, so dass man sich den Besuch in der Werkstatt sparen kann, in der man alternativ aber Standard-Boliden in den Bereichen Motor (Geschwindigkeit), Bremsen und Antrieb (Beschleunigung) aufmöbeln kann. Wer dagegen hauptsächlich am Aussehen seines Fahrzeugs arbeiten will, bekommt im Sticker-Shop eine große Auswahl an Aufklebern und Decals, mit denen man das Auto zu einem kleinen Kunstwerk machen kann. Die kreativen Möglichkeiten bleiben hier allerdings deutlich hinter Vertretern wie Forza Motorsport 3 zurück.

Von OPs und Waschanlagen

Autonarren wollen ihr bestes Stück bekanntlich blitzeblank vor der Tür stehen haben. Deshalb hat man auch hier die Möglichkeit, die Flitzer in der Waschanlage gegen 500 Dollar von leicht bekleideten Damen auf Hochglanz polieren zu lassen. Wer dagegen mit dem Aussehen seines Avatars unzufrieden ist, stattet der Schönheitsklinik einen Besuch ab, in der man nach Lust und Laune am Gesicht herumschnibbeln kann. Die Körperform lässt sich hier allerdings nicht editieren - auch eine nachträgliche Geschlechtsumwandlung ist nicht drin. Witzig: Hat man sich zu einer OP entschlossen, fährt man anschließend eine ganze Zeit lang im Mumien-Stil mit Gesichtsverband durch die Gegend. Neben den Haupt-Events kann man sich außerdem in zig kleinen Herausforderungen versuchen, die im Gegensatz zum Vorgänger jetzt dynamisch auf der Inselkarte verteilt werden und nur für eine begrenzte Zeit zur Auswahl stehen. Darunter befinden sich die üblichen Aufträge wie Taxifahrten, das Überführen von Fahrzeugen oder spezielle Aufgaben, bei denen man z.B. eine vorgegebene Mindestgeschwindigkeit nicht länger als zehn Sekunden unterschreiten darf. Für alles, was man in der Spielwelt erledigt, bekommt man Punkte aus den Bereichen Wettbewerb, Entdeckung, Sozial und Sammlung,

Im Cockpit kann man sich frei Umsehen. Die störenden Kopfbewegungen während des Fahrens lassen sich leider nicht abschalten.
die wiederum den globalen Rang bestimmen. Sobald man die Stufe zehn erreicht, darf man am Flughafen das Ticket nach Hawaii lösen, wo mit Oahu der Schauplatz des Vorgängers mit neuen Herausforderungen wartet.

Chaotische Koop-Rennen

Und dann gibt es ja noch die schnellen Rennen gegen andere Spieler, die sich frei in der Welt bewegen - eine Lichthupe reicht schon aus, um das Interesse zu signalisieren. Kommt es zum Duell, darf man sich bei Wetten auch noch einen kleinen Zusatz verdienen. Daneben stehen selbstverständlich auch die normalen Online-Wettbewerbe zur Verfügung, in denen sich bis zu acht Spieler untereinander messen. Neben den Standardrennen findet man auch hier Radarfallen- und Tempoherausforderungen. Ungewöhnlich ist dagegen der kooperative Ansatz, bei dem nur ein Fahrer der Gruppe den nächsten Checkpunkt sieht und seine Verfolger dorthin leiten muss. Sind alle durch, wird ein anderer Spieler per Zufall zum neuen Führer erkoren. Ja, das ist mal etwas anderes, allerdings sorgt der Koop-Modus mehr für Chaos als echte Begeisterung und der Sinn dahinter will sich mir auch nicht offenbaren. Schön dagegen, dass sich alle Spieler vor Rennstart in einer interaktiven Lobby finden, in der man sich frei bewegen, miteinander kommunizieren und die Boliden seiner Mitstreiter begutachten kann. Wer will, darf sogar als Beifahrer einsteigen und sich durch die Gegend chauffieren lassen. Das Aufsetzen eigener Lobbys ist neben Ranglisten-Spielen ebenfalls möglich - hier lassen sich auch Fahrzeugbeschränkungen und die Verkehrsdichte regeln. Um Rempeleien vorzubeugen, lassen sich sogar Kollisionen deaktivieren. Der zugängliche Strecken-Editor erlaubt das Erstellen eigener Herausforderungen, die man öffentlich anbieten kann. Selbst in Clubs darf man sich zusammenfinden und gegen andere Online-Gemeinschaften antreten - zumindest in der Theorie, denn es gibt ein gewaltiges Problem...      

Katastrophale Online-Zustände

Im Onlinebereich läuft der Motor einfach nicht rund. Jetzt haben wir uns schon das Wochenende und die Hälfte dieser Woche die Zeit für weitere Testfahrten gelassen, aber bei Atari hat man die massiven Server-Probleme offensichtlich immer noch nicht im Griff. Selbst heute (Mittwoch) Morgen kam wieder die Einblendung, die mich auch schon die letzten Tage ständig begleitet hat: "Die TDU2-Server sind momentan offline. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch mal". Nein, mir reicht es jetzt! Für ein Rennspiel, das neben der Offline-Karriere und dem Erkunden auch die Onlineanbindung mit ihren Events und nicht zuletzt die sozialen Komponenten (wie den Autoclub) als fundamentale Säule in den Vordergrund rückt, sind die bisherigen Ausfälle fatal und wirken sich entsprechend auch auf unsere Wertung aus. Dazu ein Zitat aus dem Beischreiben des Publishers zu unserem Testmuster: "Auf Grund des starken Fokus auf den MMO-Aspekt des Spiels, wird eindringlich darum gebeten, die Wertungen mit einem entsprechenden Fokus auf das Mehrspieler-Erlebnis zu basieren und NICHT (oder hauptsächlich) auf das Einzelspielererlebnis." Genau das haben wir hiermit getan. Wer vornehmlich offline unterwegs

Beim Tuner verschafft man seinem Baby mehr Leistung.
ist und auf die Mehrspielergeschichten pfeift, kann dagegen ca. 15-20 Prozent auf die Wertung draufschlagen. In der Theorie hören sich die Online-Pläne so gut an, doch nach jetzigem Stand ist das alles eine totale Katastrophe und es ist fraglich, ob und wann Atari die Probleme in den Griff bekommen wird!

Gummiband-KI mit Beam-Technologie

Eine ähnliche Bezeichnung hat sich auch die KI verdient, die nicht nur mit ihrem z.T. starken Gummiband-Effekt negativ ausfällt, sondern sich außerdem einige Schnitzer leistet: Gerade bei den Radarfallen-Rennen passiert es gerne mal, dass die Wegfindung komplett aussetzt und die Mitbewerber einfach in eine Mauer abbiegen, um kurze Zeit später wie durch ein Wunder auf einen anderen Teil der Strecke gebeamt zu werden. Dieses Phänomen erlebt man außerdem oft genug am Start, wenn plötzlich eine transparente Karosserie im Stil eines Ghost-Cars vor dem eigenen Auto auftaucht. Daneben neigen die KI-Kollegen zu Rempeleinlagen und gehen bei den freien Radarfallen-Events sogar direkt auf Konfrontationskurs - so macht das keinen Spaß! Dazu kommt der extrem schwankende Schwierigkeitsgrad bei den Wettbewerben: Fühlt man sich am Anfang noch völlig unterfordert, sind die späteren Herausforderungen von einem ständigen Hin und Her geprägt, bei dem man entweder mit links und einem gewaltigen Zeitvorsprung gewinnt oder sich die Zähne an den Gegnern oder Zeitvorgaben ausbeißt. Dabei bekommt man häufig das Gefühl, als komme es mehr auf den gewählten Boliden als auf das fahrerische Können an. Dass sich ein bis zwei KI-Fahrzeuge so deutlich vom restlichen Pulk absetzen, lässt sich ebenfalls nicht immer nachvollziehen. Es wäre sinnvoller gewesen, dem Spieler von Anfang an eine Auswahl an Schwierigkeitsgraden vor jedem Event zur Verfügung zu stellen und dabei z.B. die Preisgelder entsprechend anzupassen. Auch die Wahl der Fahrphysik hätte man diesbezüglich berücksichtigen können, doch tatsächlich spielt es für die Prämie keine Rolle, ob man mit Fahrhilfen oder der Profi-Einstellung unterwegs ist - schade. Bei den Lizenzprüfungen geht es

Aufregende Rennen? Nein, denn Gummiband-KI und Probleme beim Balancing verhindern spannende Positionskämpfe.
ähnlich zu: Hier gibt es nur "bestanden" oder "nicht bestanden". Warum hat man nicht wie bei GT5 ein motivierendes Medaillen- oder Pokalsystem integriert?

Lange Reisen

Mir ist klar, dass die Erkundung der Insel einen wichtigen Aspekt von TDU 2 darstellt. Und es macht durchaus Spaß, einfach nur vom sonnigen Strand ins Landesinnere zu cruisen und dabei der Musik aus dem Radio zu lauschen - auch wenn es leider nur zwei Radio-Sender gibt, deren Programm sich zu schnell wiederholt. Das Importieren eigener Songs ist übrigens nicht möglich. Ich habe auch kein Problem damit, ein paar Meter zum nächsten Friseur oder Autohändler zu fahren. Doch wenn es um die Karriere-Events geht, will ich alternativ die Möglichkeit haben, mit einem Klick sofort dorthin zu springen - und nicht erst, wenn ich die Location schon mal besucht habe. Gerade wenn man noch nicht viel entdeckt hat, quält man sich ziemlich lange mit der Anfahrt durch die Pampa herum. Besonders nervig: Immer wieder klingelt auf der Fahrt das Handy mit irgendwelchen Vorschlägen, was man besuchen sollte. Und selbst wenn man ablehnt, hält es die Nervensägen nicht davon ab, ein paar Minuten später schon wieder den gleichen Vorschlag zu unterbreiten. Erst wenn die Karte langsam mit Icons gefüllt ist, kann man die bereits entdeckten Orte zum Glück als Abkürzungen missbrauchen.   

Hot Pursuit?

Wem die langen Fahrten zu langweilig werden, kann aber auch selbst für etwas mehr Action sorgen, indem er die örtlichen Gesetzeshüter mit ein paar Rempeleinlagen auf sich aufmerksam macht. Wer sich jetzt aber spannende Verfolgungsjagden im Stil von Need for Speed: Hot Pursuit erhofft, liegt leider daneben: In TDU 2 ist der Schlagabtausch mit den Cops weder rasant noch spannend, sondern einfach nur frustrierend. Anstatt mich als Raser dingfest zu machen und einzukeilen, bekomme ich den verdienten Strafzettel schon dann, wenn sich die Uniformierten nur eine Zeit lang in meiner Nähe aufhalten. Fluchtversuche abseits der asphaltierten Straßen sorgen dafür, dass ich wenige Sekunden später von einem Polizeihubschrauber gejagt werde. Auch hier reicht es offensichtlich schon aus, dass dieser über meinem Dach kreist, um mich dingfest zu machen. Und als ob das alles nicht schon unfair genug wäre, dürfen Cops auch EMP-Angriffe gegen die Raser einsetzen, die dem Gesetz damit noch wehrloser gegenüberstehen. Ich frage mich ernsthaft, wie man hier überhaupt auf der Fahndungsliste nach oben rutschen soll& Also beschränkt man sich besser darauf, während der freien Fahrt durch waghalsige Manöver wie Sprünge, Driften oder Beinahe-Kollisionen ein paar Dollar mit Hilfe des neuen F.R.I.M-Systems abzugreifen,

In der Garage kann man stolz seinen angesammelten Fuhrpark betrachten - freies Umhergehen inklusive.
das solche Aktionen mit einer kleinen Finanzspritze "on the fly" belohnt. Das Geld wird dabei auf Knopfdruck überwiesen: Wer mehr absahnen möchte, kann den Betrag mit Kombos in die Höhe treiben, bei einem Unfall aber auch alles verlieren.

Synchro aus der Hölle

Kommen wir zu einer Sache, die neben dem verkorksten Online-Geschehen den endgültigen Tiefpunkt markiert: die deutsche Lokalisierung. Ich frage mich, wie man in nur einem Spiel so unendlich viel Mist unterbringen kann! Wer auch immer für die Sprachaufnahmen und Texte verantwortlich war, kann sich jetzt voller Sto...ähhh quatsch...voller Scham auf die Schulter klopfen und sich sagen "Ja, ich hab es geschafft!". Hier werden Bezeichnungen wie stümperhaft, unprofessionell, billig oder "unter aller Sau" endlich an praktischen Beispielen greifbar gemacht, denn es wird so ziemlich alles falsch gemacht, was man bei einer Lokalisierung falsch machen kann. Das geht schon bei den Texten los, bei denen eine Wiederholung (im englischen Original als Video Replay bezeichnet) einfach mal zur "Zeitlupe" gemacht wird. Doch erst die Stimmen setzen dem Ganzen die Krone auf: Wenn man mir jetzt sagen würde, dass man sich wahllos irgendwelche Passanten von der Straße geschnappt und sie in einem kleinen Hinterhof vor ein Mikrofon zum Runterrattern der Texte gestellt hat, hätte ich kein Problem damit, dieser Aussage Glauben zu schenken. Wieso auch nicht? Die Arbeit der Sprecher ist durch die Bank eine Katastrophe - aber dadurch auch ungewollt lustig. Der Hammer ist aber die Frauenstimme, die am Anfang einige der Features erklärt: Wahrscheinlich um Kosten zu sparen, hat man hier offensichtlich einfach eine der Sprecherinnen genommen und ihre Stimme gepitcht - mit dem Ergebnis, dass sie so klingt, als hätte sie einen Helium-Ballon verschluckt. Das ist einfach nur peinlich, was bei der Lokalisierung abgeliefert wurde! Zum Glück lässt sich die Sprache auf das erträgliche englische Original umschalten, auch wenn man dafür umständlich den Weg über den Startbildschirm gehen muss. Aber es ist die Sache wert...

Im Bereich der Soundeffekte bekleckert man sich mit einigen Motorenklängen wie aus der Konservendose und mäßigen Kollisionsgeräuschen ebenfalls nicht mit Ruhm. Außerdem ist es mir unerklärlich, warum die PS3-Fassung im Gegensatz zur 360-Version keine Dolby Digital-Abmischung bietet. Egal ob über HDMI oder optischen Ausgang: Über die Sony-Konsole kamen lediglich analoge Klänge an meinem AV-Receiver an, die nur für einen schwachen Raumklang sorgten, obwohl diesbezüglich auch auf den anderen Plattformen nicht besonders viel geboten wird.

Fazit

Der Vorgänger konnte mich damals mit seinem frischen Ansatz noch begeistern - die Wertung von 85% kommt nicht von ungefähr. Auch in Test Drive Unlimited 2 macht es durchaus Spaß, über die beiden idyllischen Inseln zu cruisen und dabei den Tag-/Nachtwechsel sowie das dynamische Wettersystem zu genießen. Wenn man am Strand dem Sonnenuntergang entgegen rast, sind das die Momente, in denen man die vielen Probleme des Spiels kurz vergessen kann. Doch diese Momente sind kurz: In Anbetracht solcher Perlen wie Midnight Club: Los Angeles oder einem Burnout Paradise wird schnell klar, dass TDU 2 vor allem technisch, aber auch in Sachen Spielspaß und Inszenierung den Mitbewerbern hilflos unterlegen ist. Die enorm große Spielwelt ist eine Entschuldigung, die ich nur zum Teil für die veralteten Kulissen und Grafikfehler akzeptieren kann - hier hätte nach all den Jahren einfach mehr Fortschritt drin sein müssen! Vor allem die PS3-Version bewegt sich mit ihrer gerade noch akzeptablen Framerate sowie matten Fahrzeugmodellen auf dünnem Eis und fährt 360- und PC-Spielern deutlich hinterher. Letztere bekommen dank höherer Auflösung, V-Sync und einer höheren Weitsicht eindeutig die schönste und eine technisch halbwegs ausgereifte Version, obwohl die KI-Mängel und massiven Online-Probleme auch hier zum Wertungsabsturz führen. Ein Hersteller, der seinen Fokus auf das Mehrspieler-Erlebnis legt, aber dann auch nach fast einer Woche immer noch nicht die Server stabil zum Laufen bringt? Nein, das darf nicht sein! Wer dagegen ohnehin lieber abgetrennt von der Online-Welt seine Runden dreht und den meisten Spaß beim Erkunden oder Häuserkauf hat, bekommt hier ein ähnlich gutes Paket wie vor fünf Jahren, denn inhaltlich hat sich bis auf die verbesserte Steuerung ähnlich wenig getan wie auf der Technik-Seite. TDU 2 hat durchaus seine Augenblicke, in denen Qualität und Fahrspaß aufblitzen. Die grottige deutsche Lokalisierung trägt allerdings zu keinem Zeitpunkt etwas dazu bei und markiert neben dem Online-Debakel einen weiteren Tiefpunkt dieses Nachfolgers, der in vielerlei Hinsicht zu billig für ein aktuelles Vollpreisspiel wirkt!

Bewegte Testbilder aus Uahu und Ibiza? Hier geht's zum Videofazit!

Pro

großer Umfang (Ibiza & Oahu)
freie Spielwelt
abwechslungsreicher Fuhrpark
verbesserte & anpassbare Steuerung
Tag-/Nachtwechsel
Wettersystem
gute Mischung aus Erkunden, Rennen & Lifestyle
Event-Editor
soziale (Online-)Komponenten
optionale englische Sprachausgabe enthalten
kaum / kurze Ladezeiten
ordentliche Lenkrad-Steuerung

Kontra

massive Serverausfälle und Abbrüche (online)
grottige Lokalisierung
unfaire Verfolgungsjagden
veraltete Technik
kein Dolby Digital (PS3)
Gummiband-KI
vereinzelte KI-Aussetzer oder "Beamen"
furchtbare Inszenierung der öden Story
lächerliches Schadensmodell
schwache Soundeffekte
nerviges Telefon-Feature
nur zwei Radio-Sender mit geringer Song-Auswahl

Wertung

360

Im Kern besitzt TDU 2 viele Qualitäten des Vorgängers, doch die mäßige KI, veraltete Technik und allen voran die katastrophalen Online-Probleme sorgen für einen Wertungsabsturz.

PlayStation3

Die PS3-Fassung von TDU 2 ist technisch einen Tick schwächer als die 360- und PC-Pendants.

PC

Im Kern besitzt TDU 2 viele Qualitäten des Vorgängers, doch die mäßige KI, veraltete Technik und allen voran die katastrophalen Online-Probleme sorgen für einen Wertungsabsturz.

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