Monkey Island 2: LeChuck's Revenge - Special Edition07.07.2010, Paul Kautz
Monkey Island 2: LeChuck's Revenge - Special Edition

Im Test:

Der garstige Geisterpirat ist besiegt, das Herz der liebreizenden Gouverneurin erobert - das Leben ist gut für den jungen Guybrush Threepwood. Aber was wäre ein echter Seebär, wenn er sich nach einem solchen Erfolg direkt zur Ruhe setzt? Nix da, das Abenteuer ruft, außerdem wächst langsam eine Art Bart heran - der muss natürlich raus in die Welt! Und dann ist da noch dieser gigantische Schatz namens  »Big Whoop«, der jeden anständigen Piratenjungen ziemlich neugierig macht...

Mehr Voodoo, mehr Freude

Video: Aus Alt mach Neu mach Alt mach Neu - das generalüberholte Monkey Island 2 erlaubt erneut den fliegenden Wechsel zwischen Original und Special Edition.Das ist Monkey Island 2: Albern, phantasievoll, bekloppt, ideenreich, voller unerwarteter Wendungen und abgefahrener Figuren. Also genau wie der legendäre erste Teil - nur in größer, besser und mehr. Das hat man nicht nur an den elf Disketten gesehen, die seinerzeit gebraucht wurden, sondern auch an der Auswahl, vor die man direkt zum Spielstart gestellt wurde: »I've never played an adventure game before. I'm scared.« für die Wasserratten und »I want it all! All the puzzles! All the work!« für den bärtigen Augenklappler - ein Adventure mit zwei Schwierigkeitsgraden, die zu zwei deutlich unterschiedlichen Spielerlebnissen führten! Wo gibt's denn sowas? Nicht in der Special Edition, denn hier existiert nur eine Stufe für alle - die schwerere. Da die zum Teil ein echter Kopfknacker ist, gibt es dieses Mal zur Unterstützung nicht wie beim Vorgänger nur eine, sondern gleich zwei Hilfe-Funktionen auf den Weg. Da wären zum einen die bekannten Tipps: Hält man die Hilfe-Taste gedrückt, schüttelt den iPod oder hält drei Finger gleichzeitig auf dem iPad gedrückt, gibt es einen allgemeinen Tipp zur weiteren Vorgehensweise. Das gleiche nochmal, wird der Hinweis schon spezifischer. Ein Mal geht noch, dann wird man mit der Nase auf die Lösung des aktuellen Puzzles gestoßen. Theoretisch kann man damit das gesamte Spiel durchqueren, praktisch sollte man sich in so einem Fall aber besser das Geld sparen - denn wo bleibt da bitteschön der Grübelspaß?

Für alle, die etwas Hilfe benötigen, aber nicht direkt vorgebetet bekommen möchten, was sie tun sollen, ist die zweite Funktion hilfreich: Ein Druck auf die Taste zur Objektmarkierung (iPod & iPad: zwei Finger gleichzeitig auf den Screen), und schon werden alle im Bild befindlichen Gegenstände, die man benutzen kann, farblich hervorgehoben. 

Ein klassischer Monkey Island-Dialog in der Original-Fassung...
Das ist subtiler, funktioniert allerdings nur im Special-Modus, nicht in der klassischen Ansicht.

Dies waren die Pixeltage

Wie schon beim ersten Teil darf man auch hier jederzeit zwischen Alt und Neu wechseln: Ein Druck auf die entsprechende Taste bzw. ein doppelfingriger Wischer auf den iGeräten, und schon verwandeln sich die hochauflösenden Figuren und Hintergründe in die VGA-Freunden von 1991. Der Übergang ist nahtlos und nach wie vor höchst beeindruckend, kaum ein anderes Spiel schafft es derart perfekt, den Glanz der 320x200-Pixeltage mit der HD-Verliebtheit der modernen Zeit zu kombinieren. Um das Seitenverhältnis zu wahren (die Originalversion lief in 4:2,5, die neue Fassung bietet ein 16:9-Bild), wird das Inventar bei der Special Edition vom unteren Bildschirmrand verbannt - stattdessen verbirgt es sich hinter einer Taste, und kann jederzeit aufgerufen werden. Bleibt das klassische Point-n-Click-Konzept in der Originalfassung erhalten, gibt es in der frischen Version mehrere Möglichkeiten der Interaktion: Zum einen kann man auch hier mit der Maus bzw. dem linken Analogstick den Cursor direkt steuern; will man mit einem Objekt hantieren, drückt man die entsprechende Taste und bekommt eine Auswahl möglicher Aktionen serviert - keine Sorge, Freunde alberner Parser, es sind nicht nur sinnvolle dabei.

...und in der komplett aufgemöbelten Special Edition. Nicht nur die Grafik wurde verbessert, auch der Sound erfuhr eine beeindruckende Runderneuerung.
Außerdem darf man Guybrush neuerdings auch direkt steuern, was aber nicht so präzise wie die Alternative funktioniert. iPod und iPad nehmen eine Sonderrolle ein: In der modernen Version kann man seinen Lieblingspiraten per direktem Batscher auf dem Touchscreen zum gewünschtem Objekt schicken - in der klassischen Variante geht das leider nicht. Hier muss man, wie schon beim Vorgänger, das Fadenkreuz etwas umständlich über den Bildschirm wischen, nicht mal die Verben darf man direkt anwählen.

Das Umschalten zwischen Old Monkey Island und New Monkey Island betrifft nicht nur die Grafik - auch die Musik wird gewechselt, und zwar ebenso weich überblendend. Die klassischen Karibik-Weisen wurden aufwändig neu eingespielt, das Resultat weckt ratzfatz den Wunsch nach einer separaten Audio-CD. Außerdem gibt es in der neuen Version wie gewohnt weitaus mehr Soundeffekte zu hören. Die alten Stücke sind dagegen eine Enttäuschung: Nicht aufgrund der Kompositionen, die Themen von Michael Land, Clint Bajakian und Peter McConnell sind absolut zeitlos. Nur klingen sie hier zum einen weitaus dumpfer und weniger dynamisch, als man es damals von einem PC mit MT-32-Soundkarte gewohnt war.         

Leider nicht im Bild: Der unterhaltsame Audio-Kommentar der drei Original-Designer. So etwas ist im Spielebereich bis heute eine Seltenheit.
Zum anderen wurde das legendäre iMUSE-System scheinbar über Bord geworfen: Das sorgte seinerzeit dafür, dass Musikstücke nicht einfach nur sanft ineinander übergehen, sondern sich auch grundverschiedene Themen ineinander verweben, Spur für Spur - das Resultat war eine akustische Sensation, welche die Musiklandschaft der LucasArts-Spiele auf Jahre hinaus definierte. Hier ist davon nichts zu hören: Die Stücke faden zwar auch ineinander, aber weitaus holpriger, als man es kennt - was umso ironischer ist, da das iMUSE-System gleich zu Beginn im Audiokommentar so hervorgehoben wird.

Audiokommentar?

Jup, Audiokommentar! Im DVD-Bereich schon lange Normalität (und da oft genug auch bestenfalls Grund zum Gähnen), in der Spielelandschaft nach wie vor eine absolute Seltenheit. Für die Monkey Island 2-Special Edition haben die Entwickler die drei ursprünglichen Designer Tim Schafer, Ron Gilbert und Dave Grossman ins Studio gezerrt, sie auf bequeme Couchen platziert und viele Szenen kommentieren lassen. Das Resultat ist angesichts des legendären Humorgehalts des Trios nicht ganz so lustig wie gehofft, aber nichtsdestotrotz ein fantastischer Bonus, den man sich keinesfalls entgehen lassen sollte. Falls man das doch möchte, kann man ihn auch in den Optionen abschalten - und iPod-Spieler müssen ganz darauf verzichten.

Neben den drei Meistern kommen auch alle anderen Figuren im Spiel zu Wort - und die Sprecher sind einmal mehr grandios, selbst Vorgänger-Schlaftablette Stan hat hörbar dazugelernt. Je nach Systemeinstellung gibt es wahlweise deutsche Texte, die Sprachausgabe bleibt in jedem Fall Englisch. Und in jedem Fall erhalten, denn anders als im Vorgänger wird jetzt auch munter weiter gequasselt, wenn man zur Originalversion wechselt - wer das als unerwünschten Stilbruch empfindet, kann just diese Möglichkeit in den Optionen deaktivieren. Der Spielstand wird aller paar Minuten automatisch gesichert, außerdem darf man auch selbst jederzeit speichern.

Die Schere auf der Schulter

Der Vorgänger  war bereits ein 2D-Meisterwerk, der neue Teil steht diesem hohen Anspruch in nichts nach: Die Hintergründe sind teilweise zum Niederknien schön, sachte schwappt das Wasser, es gibt weitaus mehr Details zu sehen (wie man schön beim Umschalten erkennen kann), es scrollt 

In der neuen Fassung verschwindet das Inventar ganz vom Bildschirm. Zusätzlich zur bekannten Hilfe-Funktion gibt es eine zweite, mit der man Objekte farblich hervor heben kann. Das dürfte auch gebraucht werden, denn im Gegensatz zu früher gibt es nur noch einen Schwierigkeitsgrad - den schwereren.
butterweich in alle Richtungen - und die Animationen der Figuren wurden komplett überarbeitet, und beschränken sich nicht mehr nur auf die vorgegebene Animationszahl. Halbwichtiges Detail: Guybrushs Frisur sieht dieses Mal weitaus besser aus. Was allerdings mysteriös ist, ist die komplette Abwesenheit von Vor- und Abspann: Im Original ärgert sich Guybrush zu Beginn mehrfach mit tanzwütigen Affen herum, diesen Job übernimmt jetzt zumindest kurzzeitig das LucasArts-Logo - die Einstiegscredits mit den schönen Piratenbildern fehlen allerdings komplett. Auch der Abspann, in dem man grandiose Tipps erhielt, was man tun könne, nachdem man das Spiel gemeistert hat, fehlt zur Gänze. Auf iPad und iPod muss man außerdem mit weniger Grafikdetails leben - das Wasser bleibt hier z.b. reglos. Auf dem iPod herrscht außerdem schon wieder das Problem vor, dass die Grafik der Originalversion nicht korrekt auf dem kleinen Bildschirm dargestellt wird: Das ursprüngliche Monkey Island sieht hier etwas zerfusselt aus.

Mit Ausnahme des iPods gibt es in allen Versionen Artworks freizuspielen, in denen die ursprünglichen Grafiker einige ihrer Werke präsentieren - leider relativ niedrig aufgelöst und nicht zoombar. Auf PC, 360 und PS3 gibt es außerdem Online-Ranglisten, in denen man sich mit Piraten aus aller Welt messen kann - auf iPod und iPad wird ebenfalls die »Piraten-Performance« gemessen, Online-Vergleiche sind aber nicht möglich.   

Fazit

Monkey Island 2 hat alles, was einen Nachfolger auszeichnet: Es sieht toller aus, klingt schöner, hat bessere Puzzles, teilweise noch abgedrehtere Jokes und bietet mehr Spiel fürs Geld - aber irgendwie hat es mich damals schon nicht ganz so aus den Socken gehauen wie der erste Teil. Ein fantastisches Adventure, aber mir fehlte die Leichtigkeit des Originals. Das trifft bei der Special Edition gleich doppelt zu, denn hier wurde der einfache Schwierigkeitsgrad wegrationalisiert, was zu einem sehr anspruchsvollen Abenteuer führt - wer sich nicht gerade die Achievements versauen will, dürfte oft die Hilfe-Funktionen bemühen. Schade ist auch, dass gerade beinharte Fans einige unschöne Überraschungen erwarten: Der Verlust der Original-Vor- und Abspänne ist genau so ärgerlich wie das Verschwinden der iMuse-Funktion im Original-Soundtrack. Verlässt man aber die Retro-Pfade und wendet sich der Special Edition zu, geht die Sonne über Scabb Island auf: Das Spiel ist wunderschön, wirklich wunderschön - sowohl optisch als auch akustisch. Die verbesserte Steuerung geht locker von der Hand, die englische Sprachausgabe ist meisterlich, der Audiokommentar zwar nicht großartig, aber dennoch eine wertvolle Bereicherung, die im Spielebereich nach wie vor viel zu selten vorkommt. Kurz gesagt: Ein weiteres Mal bietet Lucas Arts einen prachtvollen Knobelurlaub auf die bekloppteste Insel der Welt. Wenn bei Gelegenheit noch die Indy-Abenteuer sowie Day of the Tentacle eine ähnlich liebevolle Behandlung erfahren, haben wir euch ganz arg lieb. Wirklich!

Pro

herausfordernde, clevere Puzzles
toller Audiokommentar
einfache Steuerung
teilweise wundervolle Grafik
glorreiche Umschaltung zwischen alter und neuer Präsentation

Kontra

unpräzise Direktsteuerung
kein wählbarer Schwierigkeitsgrad
sehr niedrig aufgelöste Hintergrundbilder (iPod)

Wertung

360

Albern, clever, anspruchsvoll - eines der besten Adventures aller Zeiten erstrahlt im neuen Glanz!

PlayStation3

Albern, clever, anspruchsvoll - eines der besten Adventures aller Zeiten erstrahlt im neuen Glanz!

PC

Albern, clever, anspruchsvoll - eines der besten Adventures aller Zeiten erstrahlt im neuen Glanz!

iPhone

Grafisch und technisch muss das Spiel auf iPod und iPad einige Federn lassen - aber der Inhalt bleibt unverändert großartig!

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