Hunted: Die Schmiede der Finsternis03.06.2011, Mathias Oertel
Hunted: Die Schmiede der Finsternis

Im Test:

Action und Fantasy: Diese beiden klassischen Spielelemente zu verbinden, haben nur wenige abseits des Hack&Slay à la Diablo oder Sacred versucht. Und noch weniger hatten Erfolg damit, obwohl The Wheel of Time oder Hexen gezeigt haben, dass es auch anders geht. Das Team von inXile versucht nun, mit Hunted -Die Schmiede der Finsternis diese Lücke zu schließen und nebenbei der Zweierarmee Salem und Rios den Kampf anzusagen.

Alles schon gesehen

Zwei Söldner, die bei ihrem Job plötzlich ihrem Gewissen statt dem Ruf des Geldes folgen und gegen das personifizierte Böse antreten - koste es, was es wolle. Haufenweise schwer bewaffnete Gegner. Bosskämpfe. Ein rudimentäres Deckungssystem. Kooperatives Spielen. Schaut man sich einen Großteil der Mechanik an, gewinnt man den Eindruck, dass man den nächsten Teil der Army of Two-Serie spielt.

Und machen wir uns nichts vor: Wenn man die Kulissen von Hunted austauschen würde, die Grafiksets der Feinde anpassen, die Elfendame E'lara mit mehr Muskeln versehen und ihr sowie dem Schwertschwinger Caddoc Masken geben würde, hätte man Salem und Rios. Naja, so ähnlich.

Denn auch wenn man, und das ist durchaus positiv zu sehen, immer wieder an die kooperative Action von EA erinnert wird, vergisst man irgendwann das offensichtliche Vorbild. Denn trotz einiger Schwächen, die vor allem im kosmetischen Bereich zu finden sind, die aber auch vor Mechaniken nicht halt machen, zeigt das Fantasy-Abenteuer auch einige solide Stärken.

Banale Geschichte, interessante Chemie

Die Story gehört allerdings nicht dazu. Zu abgegriffen, zu stereotyp zeigt sich die Mär um Verrat und Rache, als dass man überrascht Atem holen oder vor Spannung nervös an den Fingern nagen würde. Auch die fragmenthaften Erzählungen, die man über den so genannten "Todesstein" von den über 50 gut in den linearen Abschnitten verteilten (und mitunter versteckten) Verstorbenen bekommt, helfen nur eingeschränkt weiter.

Ähnlich den Tonbändern in BioShock geben sie zwar einen vertieften Eindruck in die Geschehnisse und die Welt, in der man sich Schwert schwingend und Pfeile verschießend herumtreibt. Doch trotzdem mag sich kein bleibender Eindruck einstellen.

Ganz anders bei dem ungleichen Paar, das man bei seinem Abenteuer begleitet. Anfänglich noch ebenso stereotyp wie die Geschichte, lernt man über die Elfin und den Menschen bald einige Hintergründe kennen. Und wie Salem und Rios ist es auch für E'lara und Caddoc ein Zeitvertreib, sich gegenseitig anzufrotzeln und Kommentare zum gegenseitigen Schicksal abzugeben.

Von Zeit zu Zeit wird die Klischeekiste zwar etwas zu sehr bemüht, doch im Großen und Ganzen werden sowohl die Figuren als auch ihre Beweggründe gut gezeichnet. Dabei kommt auch der Humor nicht zu kurz, wobei die Lokalisierung abgesehen von gelegentlich unsauberer Abmischung gelungen ist. Aber da Witz- ähnlich wie Film- und Musik-Geschmack stark vom Individuum abhängt, werden einige der Gags nicht bei jedem zünden. Doch die zumeist altkluge Elfin ist mit dem tumben und verbal mitunter unbeholfen scheinenden Menschen ein durchaus interessantes Duo, das von mir aus gerne ein weiteres Abenteuer erleben darf.

Kooperative Taktik und passable KI

Denn die Action, die sich zu einem Großteil eher an klassischen Varianten wie Drakan orientiert und diese mit moderner Ballerei im Stile der Army of Twos anreichert, anstatt sich an einschlägigem Hack&Slay wie Sacred oder Titan Quest entlangzuhangeln, weiß zu unterhalten.  

Okay: Mit glaubwürdiger Fantasy haben die Pfeil-Gatlings nichts zu tun, die man hin und wieder bemannen darf und die in einem mörderischen Stakkato ihre unendlich scheinenden Geschosse über die Schlachtfelder jagen. Doch die Genugtuung, auch die größten und im normalen Gefecht schwer zu erledigenden Feinde im Pfeilhagel fallen zu sehen, ist nicht zu unterschätzen.  

Doch der Rest der Auseinandersetzungen, die die beiden Söldner ausfechten müssen und die man im Idealfall mit einem menschlichen Spieler an seiner Seite erlebt, sind im weitesten Sinne klassisch. Da die KI einen größtenteils guten Job macht und es für Solisten und Duett-Krieger keine jeweils eigenständigen Abschnitte gibt, kann man auch alleine in den Kampf ziehen, ohne allzu viel Spaß einbüßen zu müssen.

An den Konsolen kann man auch per Splitscreen ins Gefecht ziehen. Ansonsten stehen auch Online- und LAN- bzw. System-Link zur Verfügung.
An den Konsolen kann man auch per Splitscreen ins Gefecht ziehen. Allen Fassungen stehen Online- und LAN- bzw. System-Link zur Verfügung.
Was das Koopspiel (auf Konsolen neben LAN/System Link und Online auch per Splitscreen möglich) jedoch deutlich aufwertet, ist die Möglichkeit, sich absprechen zu können und die dafür prädestinierten Arenen, durch die man geschleust wird, taktisch auszunutzen. Vor allem das Zusammenspiel verschiedener Angriffe und Zauber ist mit einem menschlichen Partner deutlich besser umzusetzen als mit der KI, der man leider nur im Zusammenhang mit Schalterrätseln einen Befehl geben kann. Ansonsten ist man solo eher in der reaktiven Rolle und versucht, sich so gut es eben geht auf die Aktionen des KI-Partners abzustimmen, der nur selten mit seinen Zaubern und Spezialangriffen vollkommen danebenliegt und auch bei notwendiger Reanimation des Spielers gut reagiert, während man wie bei Gears of War 2 auf den Partner zu kriecht und der Bildschirm sich zunehmend rot verfärbt.

Gewöhnliche Action

Doch egal, ob man jetzt solo in den Kampf zieht oder zu zweit die Truppen des Gegners dezimiert: Die Schlagkombos sind überschaubar und leicht zu erreichen. Die Distanzwaffe lässt sich ebenfalls einfach einsetzen und kann optional von einer Zielhilfe zum besseren Anvisieren unterstützt werden. Mit der unkompliziert aufzurufenden Magie sowie dem Block, dem rudimentären Deckungssystem und der Ausweichrolle wird das offensive bzw. defensive Repertoire komplettiert.  

Das Problem bei all dem: Die Action ist nicht nur gewöhnlich, sondern nach etwa einer Stunde Spielzeit auch vorhersehbar. Das liegt nicht nur daran, dass trotz verschiedener Fokuspunkte (E'laras Stärke ist der Distanzkampf, während Carroc vor allem im Nahkampf glänzt) beinahe egal ist, wen man steuert, bzw. wer beim dualen Spiel wen kontrolliert. So greifen z.B. beide Recken auf das gleiche Kampfmagierepertoire zurück, das aus drei Zaubern in je drei Stärken besteht; einzig die waffenabhängigen Zauber unterscheiden sich. Es liegt auch daran, dass die Abschnitte meist nach Schema F aufgebaut sind: Es beginnt mit einer Ruhephase, in der man an Obelisken die Figuren wechseln oder an bestimmten Portalen die Fähigkeiten weiterentwickeln kann. Dann kommt es meist zu ersten kleinen Scharmützeln, bevor es in einer mal mehr, mal weniger großen Arena zu einem größeren Gefecht kommt, bevor die nächste Ruhephase einsetzt und der Kreislauf von vorne beginnt.

Man kann seinen Feinden auch mit Magie enormen Schaden zufügen.
Man kann seinen Feinden auch mit Magie enormen Schaden zufügen - oder seinen Partner kurzzeitig stärken.
Auflockerung bringen die taktisch geprägten Bosskämpfe, bei denen das Koop-Spiel seine Stärken ausspielt, von denen einige allerdings dadurch entwertet werden, dass der Endgegner in einer leicht variierenden Form später als "Normalfeind" auf dem Schachtfeld auftaucht.

Auch die immer wieder eingestreuten Rätsel, bei denen man auch zumeist zusammenarbeiten und gelegentlich sogar sein Gehirn anstrengen muss, wenn man die Tür öffnen möchte, hinter der sich seltene Waffen oder Rüstungsgegenstände befinden, sorgen für Abwechslung.

Selbstbau-Arenen

Hat man nach gut zwölf bis 15 Stunden die Kampagne hinter sich gebracht, kann man sich (ebenfalls vorzugsweise zu zweit) die Zeit im so genannten "Crucible"-Modus vertreiben. Dahinter verbirgt sich eine vom Spieler editierbare Ansammlung von Arenakarten. Hier kann man nicht nur z.B. die Art der Gegnerwellen festlegen, sondern auch Modifikatoren wie z.B. "nur Nahkampf" oder "nur Distanzwaffen verfügbar" einstellen.

Der Ansatz ist zwar löblich und mit wenigen Schritten hat man im Handumdrehen eine Hand voll Karten zusammengeschustert, mit Modifikatoren versehen und schließlich sogar online gestellt und damit Nachschub für die Jäger und Sammler angefertigt. Doch mehr als ein kurzfristiges Vergnügen dürfte hier nicht entstehen - ohne Storyhintergrund wirkt die Action noch generischer und austauschbarer.

Gewöhnliche Kulisse

Das Problem von Hunted ist in erster Linie aber nicht einmal die Belanglosigkeit der Gefechte, die mit all ihrer Einfachheit und dem Sammelprinzip bei der Ausrüstung eine Grundmotivation entfacht, die der einschlägiger Hack&Slay-Spiele nicht unähnlich ist.  

Es ist vielmehr die Kulisse, die dem ambitionierten Projekt immer wieder einen Knüppel zwischen die Beine wirft. Zwar nutzt Hunted Unreal-Technologie, doch so ganz schien das Team von inXile (Bard's Tale) die Engine nicht im Griff zu haben.

Auch wenn die Elfin E'lara vorrangig mit dem Bogen hantiert, versteht sie auch mit Schild und Schwert umzugehen.
Auch wenn die Elfin E'lara vorrangig mit dem Bogen hantiert, versteht sie auch mit Schild und Schwert umzugehen.
Das betrifft weniger die Kampfchoreografien, die mit wuchtigen Schlägen, blutbesudelten Helden, und passablen Magieeffekten punkten, sondern eher die Umgebungen (vor allem Außenareale fallen negativ auf) und noch viel mehr die Zwischensequenzen. Während erstere mit einigen im Detail stark verwaschenen Texturen sowie einem uninspirierten Allerweltsdesign auf sich aufmerksam machen, fallen Letztere durch grobschlächtige Mimik und lippenasynchrone Sprachausgabe, nichtssagende stocksteife Gesten und schwache Kameraführung auf. Zudem zeigt sich auch immer wieder das typische Problem der Unreal-Engine mit dem Textur-Nachladen, das vor allem die Konsolenversionen betrifft und sowohl auf PS3 als auch 360 eine Zwischensequenz komplett ruiniert hat: Während die Konsole noch mit dem Streamen der Texturen beschäftigt war, war die Szene auch schon vorbei - schade.

Die PC-Fassung ist von dieser Problematik nicht nur weniger betroffen, sondern wirkt im direkten Vergleich auch sauberer – ohne sich jedoch so weit von den Konsolenbrüdern absetzen zu können, dass es sich auf die Wertung auswirken würde.

Fazit

Hunted zeigt, dass kooperative Action nicht nur in der Gegenwart oder Moderne stattfinden muss. Beim genauen Hinsehen sind die inhaltlichen Unterschiede zu Titeln wie Army of Two zwar eher gering: Beide setzen auf geläuterte und sich ständig im verbalen Clinch liegende Söldner. Bei beiden ist die Story vernachlässigbar. Beide bieten ein eher rudimentäres Deckungssystem und leicht zugängliche Action. Beide entfalten trotz passabel reagierender KI erst mit einem zweiten menschlichen Spieler ihr gesamtes Potenzial. Allerdings hat inXile mit seinem Fantasy-Abenteuer vor allem in den Zwischensequenzen, aber auch in den linearen Abschnitten deutlich mehr Probleme mit der verwendeten Unreal-Technologie als die Kollegen von EA Montreal, die seinerzeit Salem und Rios auf die Spieler losgelassen haben. Und abseits der Kulisse und Dramaturgie hat man es leider nicht geschafft, dauerhaft aus dem letztlich vorhersehbaren Kreislauf von Ruhephasen und Arenakämpfen auszubrechen. Auch wenn das Team  mit taktischen Bosskämpfen, gelegentlichen Rätseleinlagen, zahlreichen versteckten Geheimnissen sowie dem nett gemeinten, aber belanglosen Crucible-Modus viel versprechende Versuche unternimmt. Als Zeitvertreib für zwischendurch ist Hunted dennoch brauchbar, doch der große Fantasy-Wurf ist inXile hier nicht gelungen.

Pro

passable Coop-Action à la Army of Two
gute Lokalisation
brachiale Gefechte
Rätseleinlagen
eingängige Steuerung
Bosskämpfe fordern taktisches Vorgehen

Kontra

technisch bieder
schwache Mimik
hölzerne Gestik
Sprachausgabe mitunter unsauber abgemischt
vorhersehbarer Spielverlauf
wenig Gegner-Variation

Wertung

360

Ambitionierte sowie kurzweilige Coop-Action mit Fantasy-Hintergrund, die allerdings mit technischen und inhaltlichen Schwächen zu kämpfen hat.

PlayStation3

Ambitionierte sowie kurzweilige Coop-Action mit Fantasy-Hintergrund, die allerdings mit technischen und inhaltlichen Schwächen zu kämpfen hat.

PC

Ambitionierte sowie kurzweilige Coop-Action mit Fantasy-Hintergrund, die allerdings mit technischen und inhaltlichen Schwächen zu kämpfen hat.

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