Denn obwohl die Kampagne mit sieben Kapiteln plus Prolog scheinbar kurz ausfällt, ist sie mit guten Ideen vollgestopft. Schon in den ersten zwei Stunden fackelt People Can Fly ein Feuerwerk an Wahnwitz ab: Mal klettert man mit Gravitationsschuhen an einer Hochhausfassade herunter, dann wiederum muss man auf einem Zug einem riesigen Schaufelrad entkommen, macht sich die Feuerkraft eines ferngesteuerten Riesenroboters zu Nutze oder flieht beinahe wie Han Solo mit dem Millenium Falcon in Das Imperium schlägt zurück aus der Höhle eines riesigen Wesens - allerdings in einem Mini-Helikopter, der kaum Schutz vor Beschuss bietet. Im Laufe der Kampagne normalisiert sich das Missionsdesign zwar auch immer wieder, bietet aber weiterhin interessante Ausschläge und lebt innerhalb der banalen Story von einem großen Schuss Humor. Und von der brachialen Akustik im Allgemeinen, die sich auf die grandiose englische Sprachausgabe, das gute deutsche Pendant, die knackigen Explosionen und die treibende dynamische Musikuntermalung erstreckt. In einem Punkt hätte man aber durchaus mehr aufhübschen können: Die Mimik war seinerzeit akzeptabel, wirkt aber mittlerweile nur noch hölzern und starr.
Neue und alte Inhalte mit alten und neuen Problemen
Wie vor sechs Jahren ein grandioser Moment: Die Verfolgungsjagd durch das riesige Schaufelrad.
Und nirgendwo wird dies deutlicher als bei "Duke Nukem's Bulletstorm Tour". Hier darf man statt mit der angestammten Hauptfigur mit dem Duke höchstpersönlich ins Gefecht ziehen und sich an für ihn angepassten Dialogen erfreuen. Diese gibt es allerdings nur in Englisch mit deutschen Untertiteln. Ein geringer Preis, den man zu zahlen bereit sein sollte, da der Original-Duke-Sprecher Jon St. John hier unnachahmlich seine Einzeiler und Zoten zum Besten gibt, die mal vorzüglich, mal gar nicht in den Story-Kontext gebracht wurden. Das Problem: Duke Nukems Mimik ist noch puppenhafter und so weit von Lippensynchronität entfernt wie Bulletstorm vom Preis als Kinderspiel des Jahres. Das mag zwar als Stilmittel für den jenseits aller Technik attraktiven King des Retro-Shooters beabsichtigt sein, macht aber deutlich, dass Bulletstorm visuell in manchen Bereichen nicht ganz zeitgemäß wirkt. Das gilt aber allgemein auch für bestimmte mechanische Elemente, die mittlerweile angestaubt wirken. Das Knopfdrücken zum Überwinden mancher Hindernisse stört die aufkommende Dynamik, während Kurven beim Laufen einen viel zu hohen Radius haben und man durch das nötige Abbremsen ebenfalls den Fluss zerstört, der sich während der Jagd auf Skillshots entwickelt.
In der Umgebung warten zahlreiche Elemente, die man für Skillshots einsetzen kann.
Denn in der Zwischenzeit haben Titel wie
Doom oder
Shadow Warrior 2 den dynamischen Arena-Shooter für sich ebenfalls gut neu interpretiert und Bulletstorm unter dem Strich etwas der ursprünglichen Faszination abgegraben. Dafür stehen in der Full Clip Edition nicht nur die Add-Ons zur Verfügung, die seinerzeit veröffentlicht wurden, sondern auch ein paar ganz frische Inhalte wie z.B. der Duke als spielbare Figur. Außerdem hat man u.a. bei den auf Höchstpunktzahlen samt Ranglisten fokussierten Echoes sechs komplett neue und damit insgesamt 30 Karten zur Verfügung, auf denen man sich austoben kann. Oder man probiert sich am frischen Overkill Kampagnen Modus im New Game + mit uneingeschränktem Waffen- und Skillshotzugang. Und selbstverständlich darf man auch weiterhin im an eine Horde-Variation erinnernden Wellenmodus mit bis zu vier Spielern gemeinsam um Skill-Punkte kämpfen. Zwölf Karten stehen hier zur Verfügung, um die Gegner im wahrsten Sinne des Wortes nach allen Regeln der Kunst zu erledigen. Denn nur, wenn am Ende genug Skill-Punkte angesammelt wurden, geht es mit der nächsten Welle weiter. Schade, dass es bei diesem einen Mehrspieler-Modus geblieben ist.