Supremacy MMA23.09.2011, Mathias Oertel
Supremacy MMA

Im Test:

Vor beinahe zwei Jahren wurde Supremacy MMA (ab 12,90€ bei kaufen) angekündigt und auf der E3 präsentiert. Die Prämisse: Zurück zu den Wurzeln. Zurück zu schonungslosen Käfigkämpfen, weg vom Simulationsansatz, den THQ und EA verfolgen, hin zum unkomplizierten Arcade-Prügeln. Jetzt ist es Zeit für das Team von Kung Fu Factory, den Worten Taten folgen zu lassen.

MMA Kombat

Wie jetzt? Noch ein Mixed Martial Arts-Spiel? Reichen denn MMA (Electronic Arts) und UFC Undisputed (THQ) nicht? Wenn es nach Kung Fu Factory geht, ist die Welt reif für wenigstens einen weiteren Käfigprügler. Und auf dem Papier stehen die Chancen nicht schlecht, dass sich Supremacy MMA (SMMA) als ambitionierter und vor allem konzeptionell anders ausgerichteter Konkurrent behauptet. Denn statt wie die mit starken Lizenzen ausgestatten Kämpfer auf einen Simulationsansatz zu setzen, geht man in die Arcade-Richtung. Angesichts der Historie des Teams keine schlechte Wahl. Immerhin haben einige z.B. für Midway an Mortal Kombat Armageddon gearbeitet, andere waren in die Entwicklung von UFC Undisputed 2009 involviert oder haben mit den ersten UFC-Spielen (zu Dreamcast-Zeiten bei Crave Entertainment) ihre Sporen verdient. Sprich: Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass die Entwickler einiges von der Materie verstehen.

Miserables Schauspiel

In der Umsetzung hat man aber irgendwann den Sinn für das Wesentliche verloren. Und das äußert sich nicht nur in den "Karriere"-Geschichten, die man mit jedem der zehn Kämpfer (darunter der erste UFC Leichtgewichts-Champion Jens Pulver) umfassenden Riege erleben darf. Denn während man stilistisch mit den gelblich-orange gehaltenen Comic-Sequenzen eine interessante Wahl getroffen hat, bleibt man inhaltlich einiges schuldig. Tief aus der Klischee-Kiste geholt und sich häufig auf die gleichen Elemente besinnend, könnte jede einzelne dieser Geschichten Grundlage für einen der berühmt-berüchtigten "Straight-to-DVD"-Filme von Jean Claude Van Damme sein. Und die schauspielerische Leistung der englischen Sprecher fällt sogar noch unter die des belgischen Kickbox-Stars, der es mittlerweile wenigstens geschafft hat, seine Karriere zum Guten zu wenden.

Neben diesen Geschichten, die es in sehr stark verkürzter Form auch für die zwei vernachlässigbaren weiblichen Kämpfer (Femmes Fatales) gibt, kann man sich noch in Turnieren versuchen, seine Fähigkeiten in der Trainingshalle verfeinern sowie online oder offline menschliche Kontrahenten zum Duell herausfordern.

Das Problem dabei ist jedoch nicht einmal, dass man lange warten muss, bis man einen Mitspieler im PlayStation Network oder auf Xbox Live findet. Denn dass sich kaum einer mit SMMA beschäftigt oder beschäftigen wird, hat seine Gründe.

Ziel verfehlt

Man kann auch mit zwei MMA-Kämpferinnen antreten...
Man kann auch mit zwei MMA-Kämpferinnen antreten...
Und die liegen in der grundlegenden Mechanik. Von einem Team, das sowohl mit Prüglern im Allgemeinen als auch mit anderen Mixed Martial Arts-Spielen Erfahrung hat, hätte ich mehr Konzept erwartet. Dass man sich entschlossen hat, die dritte Dimension zu entfernen und die Kämpfer wie in Street Fighter auf einer Ebene gegeneinander antreten lässt, ist eine gute Entscheidung, da sie hilft, sich von den anderen MMA-Titeln abzugrenzen, während gleichzeitig der Arcade-Charakter unterstrichen wird. Das Problem ist jedoch, dass man sich nun einer ganz anderen Konkurrenz gegenüber sieht. Denn auf einmal steht man im Wettbewerb mit Titeln wie Tekken, Soul Calibur oder dem bereits erwähnten Street Fighter. Und wenn es dann Fehler in der Mechanik, Kontrolle oder Kollisionsabfrage gibt, zieht man automatisch den Kürzeren - so auch hier.

Dabei liefert man technisch ein durchaus beachtliches Ergebnis ab: Die Figurenmodelle können sich sehen lassen, dank Motion Capturing sind die Bewegungen geschmeidig. Beim Schadensmodell wird mit viel Pixelblut, dargestellten Prellungen oder blauen Flecken bis hin zu Knochenbrüchen zwar schonungslos das gesamte Spektrum abgebildet. Doch angesichts von z.B. Mortal Kombat ist daran weder Provokantes noch Schockierendes zu finden.

Und spätestens, wenn es um die Kontrolle der Figuren sowie die Umsetzung des Schlag-Repertoires geht, beginnt der Lack zu blättern. Es  gibt  zwei Angriffsknöpfe, einen für Konter sowie einen für Würfe bzw. Transitions und Aufgabegriffe (im Bodenkampf). Das ergibt auf den ersten Blick nicht viele Möglichkeiten, ist aber mehr als ausreichend,

Der Bodenkampf ist sehr mächtig und bevorteilt den Angreifer.
Der Bodenkampf ist sehr mächtig und bevorteilt den Angreifer.
wenn man bedenkt, dass es einige Kombos gibt und die Kämpfer je nach Spezialisierung (z.B. Boxen, MMA, Judo, Ringen, Kickboxen) Zugriff auf unterschiedliche Angriffsketten haben.

Volltreffer?

Das Problem ist jedoch, dass die Steuerung längst nicht so schnell und akkurat arbeitet, wie man es sich wünscht. Und schon gar nicht so, wie man es von vergleichbaren Spielen kennt. Kombos führen häufig zu ungewünschten Ergebnissen (Wieso schlägt der jetzt, obwohl ich "Tritt" gedrückt habe?), der Block (linker Stick nach oben bzw. unten) wirkt willkürlich, ist nicht intuitiv und überhaupt hat man im "Stand-Up" ohnehin nur selten das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben.

Im Bodenkampf sieht es schon anders aus. Dort ist zwar auch das Komboprinzip (Wieso tritt der jetzt, obwohl ich "Schlag" gedrückt habe?) nicht ganz durchschaubar, doch die Eingaben werden schneller und akkurater verarbeitet. Und man macht am Boden deutlich mehr Schaden als bei den "stehenden" Gefechten. Vor allem gegen die auf "Normal" und höher fordernde KI ist der Bodenkampf ein mehr als probates Mittel. Aufgabegriffe können schnell initiiert werden und benötigen weder Timing noch Ausdauer, sondern nur ein stabiles Pad, da man wie wild den rechten Stick rütteln muss, um ein großes Stück der gegnerischen Gesundheitsleiste abzuknabbern. Hier muss man sich eigentlich nur der sporadischen Konter erwehren und kann dann wieder loslegen, den Gegner mit Schlägen und Aufgabegriffen zu traktieren. Im Bestfall verstärkt durch Aktivierung von Adrenalin, das durch erfolgreiche Offensiv- und Defensivaktionen angesammelt wird.

Keine Spannung und Dynamik

Die Kämpfe sind brachial - keine Frage. Doch Spannung und Dynamik sucht man lange vergebens...
Die Kämpfe sind brachial - keine Frage. Doch Spannung und Dynamik sucht man lange vergebens...
Ein spannendes Hin und Her, wie man es von guten Prüglern kennt, stellt sich hier nur in Ausnahmefällen ein. Man spürt, welche zugegeben gute Intention die Entwickler ursprünglich im Sinn hatten. Doch bei der Umsetzung ist Nachvollziehbarkeit und vor allem Dynamik zu sehr verloren gegangen. Vieles wirkt zu beliebig, nicht akkurat genug  und im schlimmsten Fall zu schlecht umgesetzt. Was sich auch daran zeigt, dass die unterschiedlichen Kampfstile nicht spürbar genug sind. Bei dieser höchst überschaubaren Zahl an Kämpfern hätte man vieles retten können, indem man die Unterschiede der einzelnen MMA-Disziplinen betont. Doch unter dem Strich spielen sich alle zu ähnlich - egal, ob sie ihre Wurzeln im Submission Wrestling oder Muay Thai haben. Klar: Ein Wrestler oder BJJ-Kämpfer hat mehr Aufgabegriffe zur Verfügung als ein Boxer. Aber trotzdem reicht es meist, nach Schema F vorzugehen, die Gegner auf den Boden zu bringen und dort systematisch zu vernichten; wenn es sein muss auch nur mit Schlägen.

Da passt es auch, dass das integrierte Erfahrungssystem (für jeden Sieg bekommt man Punkte) mit seinen Levelaufstiegen sehr oberflächlich bleibt. Man bekommt beim Erreichen einer neuen Stufe neue Klamotten und erweitert sein Move-Repertoire. Dies findet jedoch nach vorgegebenen Listen statt, man hat keine zur Verfügung stehenden Optionen, um die Kämpfer auch nur ansatzweise nach eigenen Wünschen zu verbessern.

Fazit

Ich mag Mixed Martial Arts und bin auch klassischen Prüglern nicht abgeneigt. Und doch will Supremacy MMA bei mir nicht zünden. Liegt es vielleicht an dem rudimentären Umfang mit gerade mal zehn Kämpfern plus zwei Quoten-Mädels, die man nur aus Publicity-Gründen integriert hat? Nicht nur, aber auch! Schwerwiegender ist jedoch die Kampfmechanik: Zwar mit ausreichenden Kombo-Möglichkeiten und einer leicht zugänglichen Steuerung versehen, ist die Umsetzung halbgar. Dynamik und ein spannendes Hin und Her sucht man meist vergebens, die Eingaben werden nur selten nachvollziehbar umgesetzt und der Bodenkampf ist auf lange Sicht viel zu mächtig. Was konzeptionell und hinsichtlich des Potenzials ein interessanter Konkurrent für Street Fighter & Co hätte werden können, ist letztlich ein meist oberflächlicher Versuch, von der stetig steigenden Popularität des Mixed Martial Arts zu profitieren.

Pro

Arcade-Prügler mit MMA-Hintergrund
brachiale Kämpfe inkl. Verletzungen
Erfahrungssystem mit Figuren-Aufstieg...
fordernde KI
Trainingsmodus mit zahlreichen Einstellmöglichkeiten

Kontra

nur ein gutes Dutzend Kämpfer
mitunter alberne Karriere-Geschichten aus der Klischee-Kiste
... das man sich auch hätte schenken können
oberflächliche Kampfmechanik
Bodenkampf ist zu mächtig
träges Kampfsystem

Wertung

360

Man wollte sowohl den klassischen MMA-Titeln als auch modernen Arcade-Prüglern à la Tekken Paroli bieten. Das ambitionierte Projekt scheitert jedoch u.a. an der schwachen Kampfmechanik.

PlayStation3

Supremacy kann weder als MMA-Umsetzung noch als Arcade-Prügler überzeugen. Vor allem die schwache Kampfmechanik macht dem ambitionierten Projekt zu schaffen.

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