Michael Jackson: The Experience29.04.2011, Michael Krosta
Michael Jackson: The Experience

Im Test:

Der King of Pop ist zwar tot, aber mit Michael Jackson-The Experience will Ubisoft dem Ausnahmekünstler nach dem Auftritt auf Wii im letzten Jahr auch auf PS3 und Xbox 360 ein digitales Denkmal setzen. Also streift den weißen Glitzerhandschuh über, fasst euch in den Schritt und ölt die Stimmbänder...

Tanzen & Singen

Aufgrund der Ähnlichkeiten zwischen Remote und Move-Controller dürfte es kaum überraschen, dass sich die PS3-Umsetzung des Spiels am Wii-Vorbild orientiert. Man schwingt also zu knapp 30 bekannten Jackson-Songs den "Leucht-Dildo" und schlüpft dabei in die Rolle des Mega-Stars oder ahmt die Bewegungen der Background-Tänzer nach.

Im Gegensatz zur Wii-Version funktioniert das hier allerdings mehr schlecht als recht: Vor allem bei schnellen Tanzeinlagen in flotteren Songs werden die Bewegungen des Controllers kaum erkannt - entsprechend schlecht fällt die Bewertung am Ende aus. Ein Grund dafür könnte sein, dass es hier im Gegensatz zu den meisten anderen Move-Titeln (darunter auch SingStar: Dance) keine Kalibrierung des Controllers gibt. Einziges Indiz für die richtige Position ist ein kleines Bild im Bild in der oberen linken Ecke, in dem man sich selbst (und die farbige Move-Kugel) sehen kann. Während des Auftritts werden wie bei SingStar & Co diverse Fotos und Video-Schnipsel aufgenommen, die man auf Wunsch sofort aus dem Spiel heraus mit der Welt auf Facebook teilen kann.

Kein Training

Neben der mangelhaften Bewegungserkennung ist der fehlende Trainingsmodus ein weiteres großes Problem der Michael Jackson-Erfahrung auf der PS3: Genau wie bei SingStar: Dance wird man auch hier ins kalte Wasser geworfen und soll die z.T. komplexen Choreographien durch Nachahmen erlernen. Gerade bei einem Tanztalent wie es Michael Jackson war, ist das zu viel verlangt! Die freischaltbaren Videos der Dance Academy helfen kaum: Zwar zeigen real gefilmte Tänzer neben Aufwärm-Übungen auch die typischen Bewegungen des King of Pop (inkl. des berühmten Moonwalk), doch hat man keine Möglichkeit, sie interaktiv mit Fehleranalyse und Verbesserungsvorschlägen einzustudieren, denn es gibt kein Feedback! Schade, denn hier verschenkt das Spiel viel Potenzial. Welcher Jackson-Fan würde sich nicht wünschen, die Performance seines Idols in kleinen Trainingslektionen erlernen zu können? Doch da man aufgrund der katastrophalen Steuerung ohnehin selten mehr als einen Stern für seine Tanzleistungen verdient, bleiben die meisten Videos der Akademie gesperrt, da man zur Freischaltung eben genau diese Sterne benötigt.

SingStar inklusive

Die einzige

Habt ihr das Zeug zum Moonwalker?
Habt ihr das Zeug zum Moonwalker?
Sache, bei der sich die PS3-Version vom Wii-Pendant absetzen kann, ist das zusätzliche Gesangs-Feature, mit dem man das Tanzspiel zu einem SingStar-Klon erweitern kann. Hat man mindestens ein Mikrofon zur Hand, darf man sämtliche Hits mitträllern. Dabei funktioniert die Erkennung besser als beim Tanzen, aber lässt sich auch leicht durch einfaches Summen austricksen. Im Gegensatz zu Sonys dominierender Karaoke-Serie gibt es hier außerdem nur einen Standard-Schwierigkeitsgrad und Wiederholungen lassen sich weder komplett anhören noch abspeichern. Zumindest dürfen dank der Kombination aber bis zu vier Spieler gleichzeitig auf die Bühne, wobei maximal zwei von ihnen das Tanzbein schwingen. Original-Musikvideos gibt es im Rahmen der Dance Academy nur ausschnittsweise zu sehen, doch wirken viele der animierten und wechselnden Hintergründe während des Auftritts extrem stylisch. Leider muss man den Blick allerdings mehr auf die Bewegungen der Akteure sowie die kleinen Icons am rechten Rand richten, die verraten, welche Tanzfigur als nächstes gefragt ist.

Kinect - die andere Erfahrung

Auf der Xbox 360 ist Michael Jackson - The Experience im Zusammenspiel mit Kinect ein völlig anderes Spiel als auf Wii und PS3. Genau wie bei Dance Central ist hier voller Körpereinsatz gefragt, wenn man selbst auf die Bühne gestreamt wird und zusammen mit Background-Tänzern für eine gute Show sorgen will. Die Technologie hat man bei Ubisoft offensichtlich vom hauseigenen YourShape übernommen - auch die stylischen Menüs sprechen dafür. Die Bewegungserfassung funktioniert zwar nicht perfekt, ist aber um Welten besser als bei Move. An Dance Central reicht sie aber dennoch nicht heran, denn völlig falsches Gehampel wird hier zu oft mit einem "Perfekt" honoriert. Im Gegensatz zur PS3-Version bekommen 360-Tänzer sogar einen Trainingsmodus spendiert, auch wenn dieser nur sehr halbherzig

Die Live-Atmosphäre kommt bei den Auftritten recht gut rüber.
Die Live-Atmosphäre kommt bei den Auftritten recht gut rüber.
umgesetzt wurde. Zwar kann man verschiedene Sektionen eines Songs üben und bekommt am Ende eine Auswertung, doch genaue Hinweise auf Fehler oder eine Zeitlupen-Funktion gibt es hier im Gegensatz zu Dance Central nicht.

Abgesehen von den Menüs wirkt die Präsentation auf PS3 und Wii vor allem im Rahmen der Auftritte stimmungsvoller sowie kreativer. Auf der 360 wird man dagegen oft nur auf eine große Bühne verfrachtet, sieht im Hintergrund ab und an Auszüge aus den Original-Musikvideos oder sich selbst. Schön ist allerdings, dass hier das Publikum durch Mitsingen oder Zwischenrufe gut mitgeht und dadurch für eine tolle Live-Atmosphäre sorgt.

Entweder oder...

Sänger kommen auch hier auf ihre Kosten - mehr oder weniger. Entweder trällert man wie bei der PS3 in ein separates Mikrofon oder überlässt die Erfassung des Gesangs Kinect. Doch egal für welche Variante man sich entscheidet: Die Erkennung funktioniert ähnlich schlecht wie bei der SingStar-Konsole und einfaches Summen führt schon zum Erfolg. Ich habe sogar absichtlich mal völlig schräg gesungen, doch selbst diesem Gejaule wurde meist noch ein "gut" attestiert. Was sauer aufstößt: Nicht alle Songs lassen sich singen - bei anderen (vornehmlich langsamen) Stücken herrscht dagegen Tanzverbot, während man auf der PS3 bei jedem die Wahl hatte, ob man lieber zum Mikrofon oder Move-Controller greift. Halbwegs interessant ist die Kombination aus Singen und Tanzen, die bei einigen Songs zur Auswahl steht. Hier wechseln sich beide Varianten allerdings ab - man muss also niemals gleichzeitig tanzen und singen.

Dummerweise sieht man nie im Vorfeld, welche Songs welche Optionen bieten - hier hilft nur lästiges Ausprobieren, das mit einigen Enttäuschungen verbunden ist. Wer z.B. eine Tanz-Choreographie zu "Heal the World" sucht, wird enttäuscht. Bezüglich des Schwierigkeitsgrad gibt die Kinect-Fassung eine ähnlich düstere Vorstellung wie PS3- und Wii-Versionen: Zwar hat man manchmal die Wahl zwischen einer normalen und einer anspruchsvolleren Meister-Performance, doch werden Anfänger oft schon bei Standardauftritten von den komplexen Bewegungen abgeschreckt, die sich - wie bereits erwähnt - auch im Trainingsmodus oder der überflüssigen Akademie nicht ordentlich einstudieren lassen.

Die kleinen Piktogramme am Bildschirmrand sind ebenfalls keine Hilfe, da sie umständlich mit einem Countdown eingeleitet werden und sich darüber hinaus oft zu ähnlich sehen. Im Eifer des Tanzgefechts hat man

Gesangs- und Bewegungserkennung lassen auf beiden Plattformen zu wünschen übrig.
Gesangs- und Bewegungserkennung lassen auf beiden Plattformen zu wünschen übrig.
einerseits kaum Nerven, sich auf einen Countdown zu konzentrieren noch andererseits keinen Plan, welche Tanzfigur jetzt überhaupt gefragt ist. Bei Dance Central wird das - auch bedingt durch den deutlich besseren Trainingsmodus - sehr viel eleganter und eingängiger gelöst.

Schwacher Multiplayer

Lassen die Auftritte auf Wii und PS3 mit bis zu vier Teilnehmern zumindest einen Funken von Gesangs- und Tanzspaß aufblitzen, geht es auf der 360 eher hektisch zu. Zwar dürfen auch hier bis zu vier Spieler ran, doch müssen sie sich abwechseln und dürfen nur nacheinander auf die Bühne. Das ist eigentlich nicht schlecht - zumindest hat es bei Dance Central gut funktioniert. Hier haben die Spieler im Koop-Modus jedoch kaum Zeit, sich abzuklatschen, so dass der Wechsel unnötig hektisch abläuft. Das Gegenteil ist beim Battlemodus der Fall, bei dem zwei Teams gegeneinander antreten und jeweils den gleichen Song hintereinander aufführen. Da die Lieder von Michael Jackson im Durchschnitt zwischen vier und fünf Minuten lang sind, dreht das gegnerische Team gelangweilt die Däumchen, während die anderen beiden abzappeln. Und wer will den gleichen, langen Song schon zwei Mal hintereinander hören?

Fazit

Michael Jackson würde sich im Grab umdrehen, wenn er sehen würde, was Ubisoft da unter seinem Namen fabriziert hat. Vor allem auf der PS3 ist das Tanzspiel aufgrund des fehlenden Trainings sowie der furchtbaren Move-Erkennung eine Katastrophe, die nur dank der mittelmäßigen Karaoke-Erweiterung und des Koop-Auftritts für vier Spieler nicht noch weiter im Wertungskeller versinkt. Deutlich besser schlägt sich die 360-Version mit Kinect, die sich mehr an Dance Central orientiert, ohne dabei aber an die Qualität des derzeit besten Tanzspiels für das Microsoftsche Kamerasystem heran zu erreichen. Dafür sind die Piktogramme der Bewegungsabläufe zu umständlich und verwirrend implementiert, das Training zu oberflächlich und die Gesangs- sowie Bewegungserkennung zu fehleranfällig. Im Mehrspieler-Modus fällt man sogar hinter der PS3 zurück. Allen Versionen gemeinsam fehlen neben einer ordentlichen Tanzschule zudem unterschiedliche Schwierigkeitsgrade. Bei den geforderten Moves verliert man aufgrund des von Anfang an hohen Anspruchs schnell die Lust und Motivation, sich auf die Michael Jackson Experience einzulassen.

Pro

gute Songauswahl
ansprechende Choreographien...
stimmungsvolle Inszenierung
Singen & Tanzen möglich
Partymodus für bis zu vier Spieler (PS3)

Kontra

Bewegungs-Erkennung funktioniert kaum (PS3)
...aber manche Songs nur zum Singen (360)
schwächelnde Gesangserkennung
keine Trainingsmöglichkeiten ((PS3)
schlechter Trainingsmodus (360)
nur ein vorgefertigter Schwierigkeitsgrad (PS3)
kaum Auswahl an Schwierigkeitsgraden (360)
keine Online-Funktionen
schreckliche Tanz-Diagramme (360)
enttäuschender Mehrspieler-Modus (360)

Wertung

360

Besser (und anders) als auf der PS3, aber keine ernst zu nehmende Konkurrenz für Dance Central.

PlayStation3

Michael Jackson würde sich im Grab umdrehen! Das ist eine Tanzerfahrung, die man niemandem zumuten möchte.

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