Im Test:
Feuer frei, der Schrecken naht!
Der Zauberstab mit dem leuchtenden Kopf liegt gut in der Hand. Wenn ich ihn bewege, ahmt der freche Jungspund alles brav nach. Die Welt um den windschiefen Turm wirkt ebenso witzig wie märchenhaft und dieser übermütige Finn könnte auch in Fable oder Trine unterwegs sein. Wobei seine magischen Künste recht beschränkt sind: Da grast ein Schaf? Zack, einmal drauf gezuckt und es wird ein Schwein! Da steht eine Kiste? Zack, jetzt bist du Kleinholz! Aber weil sein Meister ausgeflogen ist, lässt er sich nach ein paar Zielübungen in ein gefährliches Abenteuer locken. Angeführt von einer überaus frechen Katze, die ihn veralbert und nicht ganz das zu sein scheint, was ihr weißes Fell vorgibt. Aber Finn hat nur explosive Flausen im Kopf – dabei beherrscht er mit dem Arkanblitz gerade mal einen von sechs Zaubern.
Voller Übermut stürzt sich der naive Jüngling in eine sechs- bis siebenstündige Schlacht, die zwar von wunderschönen Bilderbuchanimationen begleitet wird, aber zwischendurch weniger wie ein rätselhaftes Märchen, sondern wie ein Stabshooter anmutet. Man muss sich den Weg immer wieder freiballern: Fünfmal, sechsmal, siebenmal - das Handgelenk zuckt und die Blitze fliegen wie aus der Pistole geschossen. Im Vergleich zu den wenigen leicht gelösten Rätseln kommt man hier auch deshalb ins Schwitzen, weil man die Kamera sehr oft manuell nachjustieren muss. Das ist also kein Fantasy-Kinderkram auf Schienen: Es gilt gleichzeitig über den Analogstick in Bewegung zu bleiben, Angriffen mit einer Rolle auszuweichen oder sie über den arkanen Schild rechtzeitig zu blocken, denn die orkähnlichen Feinde zaubern oder schießen nicht nur aus der Distanz – manche heilen sich auch wieder, wenn man sie nicht in einer Serie vernichtet.
Die Taktik der Elemente
Wer überleben will, muss seinen aufladbaren Heldenrundumschlag einsetzen und seine Zauber ständig wechseln. Also heißt es zum einen, nur mit Feuerstößen gegen den Frostschamanen, nur mit Eisblitzen gegen die Feuersylphen vorgehen. Sehr schön: Wer seine Feinde über drei, vier Treffer komplett vereist, kann sie anschließend über einen Schildstoß zersplittern. Und wenn Skelettkrieger mit blockenden Schilden auftauchen, sollte man diese erstmal mit einem Erdstoß beseitigen. Neben diesen einfachen Regeln des manchmal fummeligen, weil nur über Drehungen des Move-Controllers ausgelösten Zauberwechsels, muss Finn später auch Kombinationen beherrschen: Erst eine kleine Feuerwand, dann einen Wirbelwind hinein und schon tanzt eine brennende Säule über das Schlachtfeld, die sich mit kleinen Luftstößen weiter dirigieren lässt. Wenn man in sie zusätzlich seine Blitze schleudert, spucken zig Funken aus ihr und sorgen für Schaden im weiten Rund.
Wo sind die cleveren Rätsel?
Abseits der explosiven Gefechte werden Abenteurer von den anderen Spielelementen eher enttäuscht. Denn obwohl es immer wieder ruhige Phasen der Erkundung in teilweise idyllischen Schauplätzen gibt, ist man dort eher mit dem Sammeln von Gold und Zutaten über das ständige Zerdeppern von Vasen, Kisten sowie Steinen als dem Suchen oder Experimentieren beschäftigt. Finn kann nur an bestimmten Pilzen klettern und wird häufig von unsichtbaren Levelgrenzen aufgehalten, obwohl dahinter ein Raum zu sehen ist. Wird man zu Beginn noch mit kleinen Aufgaben neugierig gemacht, wenn man seinen Arkanblitz z.B. wie einen Curveball schleudern muss, damit er einen Felsbrocken richtig trifft, oder wenn man Flüsse vereist, um sich einen Weg zu schaffen, halten sich diese logischen Kombinationen in Grenzen. Meist geht es darum, offensichtliche Hindernisse über simple, aber dennoch fehleranfällige Bewegungen des Zauberstabs aus dem Weg zu räumen, zerstörte Brücken über ebenso schnöde Aktionen zu reparieren oder gar Schlüssel einfach vorwärts zu bewegen und zu drehen.
Charakterentwicklung über Tränke
Richtig ernüchternd bis enttäuschend sind die Verwandlungen in Ratte oder Eule: In Gestalt des Nagers kann man zwar durch enge Tunnel schlüpfen und weitere Kisten finden, aber all das nur an vorgegebenen Punkten und nahezu auf Schienen –die spätere Gefahr durch Spinnen oder das Ausweichen von Säure können nur andeuten, was mit etwas mehr Freiheit und Kreativität möglich gewesen wäre. Noch schlechter als diese Einbahnstraße ist allerdings, dass man als Vogel nicht selbst fliegen, sondern nur zuschauen kann; und das, obwohl sich Move dafür angeboten hätte.
Immerhin gibt es auf der alchemistischen Ebene wenigstens etwas Abwechslung, zumal man den Zauberlehrling damit verstärken kann. Es gibt acht Zutaten, die man finden oder bei einem sporadisch auftauchenden Händler kaufen kann. Aus drei Zutaten lassen sich zig Tränke erforschen, die Finn nach der Einnahme permanent stärken: Man kann man allgemein die Lebenspunkte, die Stärke der Zauber oder spezieller den Schaden des Feuers, die Dauer der Frostfalle oder des Wirbelwinds erhöhen. Man kann den Erdstoß mit einer Lähmung versehen oder die Resistent gegen Elemente verbessern. Man kann die Ausschüttung von Gold, die Heilwirkung oder den Rabatt beim Händler erhöhen.
Fazit
Sorcery hat mich als eines der wenigen Spiele für PlayStation Move etwas neugierig gemacht. Die charmante Story wird wie ein Märchen erzählt, der Fantasystil erinnert an eine Mischung aus Trine und Fable. Ich habe allerdings nicht damit gerechnet, dass ein vollwertiges Action-Adventure daraus wird: Das ist kein Casualgefuchtel für Kids, sondern ein fordernder Zauberstab-Shooter gegen Feinde mit Immunitäten, die man nur über den rechtzeitigen Elementwechsel oder Kombinationen besiegen kann. Aber warum hat man innerhalb der Gefechte so sehr auf die Masse gesetzt? Warum zwingt man mir die automatische Zielaufschaltung auf? Dadurch und aufgrund der nervösen Kamera entsteht manchmal mehr Hektik als nötig. Meist muss man Wellen an Feinden wegballern, so dass die Präzision der Bewegung in den Hintergrund gerät – das fühlt sich zwischendurch an wie ein arkaner D-Day. Angesichts der hübschen Kulisse ist es zudem ärgerlich, dass das explosive Geschehen so oft ins Stocken gerät. Das Kombinieren der Zauber macht ja Laune, aber es sind recht wenige und gerade in den ruhigen Phasen der Erkundung fehlen dem Abenteuer mehr clevere Rätsel sowie kreative Herausforderungen für den Einsatz der Magie. Stattdessen muss man in elender Monotonie aktiv Tränke zusammen schütteln, Schlösser wie ein Idiot über eine Vorwärtsbewegung öffnen, Hindernisse hinweg wischen oder hundertfach Kisten für Gold und Zutaten zertrümmern. Warum so viel banales Fuchteln? Denn sowohl über angeschnittene Blitze als auch mehrstufige Aufgaben wird teilweise angedeutet, was möglich gewesen wäre! Sorcery ist über sechs Stunden durchaus unterhaltsam, denn es wird liebevoll präsentiert und teilweise witzig erzählt. Aber hier ist letztlich zu viel simple Zerstörung, zu wenig kreativer Zauber drin.
Wertung
PlayStation3
Sorcery ist ein charmant präsentiertes Abenteuer. Letztlich ist zu viel hektische Zerstörung, zu wenig rätselhafter Zauber drin.
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