Test: WRC - FIA World Rally Championship (Rennspiel)

von Michael Krosta



Entwickler:
Publisher: Black Bean Games
Release:
08.10.2010
08.10.2010
08.10.2010
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Spielinfo Bilder Videos
Altbackene Präsentation

Doch das ist nicht der einzige Punkte, in dem das Spiel rund um den verunglückten Schotten der Milestone-Rally um Längen voraus ist: Wenn ich einem unwissenden Zuschauer bei einer Vorführung von WRC erzählen würde, dass der Titel mittlerweile fünf Jahre auf dem Buckel hat, würde er mir diese Aussage wahrscheinlich abkaufen. Warum? Weil die Präsentation
In Schweden ist scheinbar immer Winter...aber Schnee fällt im Spiel nie.
genau diesen Eindruck vermittelt. Schon die biederen Menüs bieten einen ersten Vorgeschmack, doch wenn man erst hinter dem Steuer sitzt und die Ampel am Start auf Grün schaltet, nimmt das Technik-Drama seinen Lauf. Vor allem auf den Konsolen glaubt man zunächst an einen versehentlich aktivierten Retro-Filter: Augenfeindliches Kantenflimmern, matschige Texturen, grobe Flacker-Schatten und eine nicht enden wollende Aneinanderreihung von Pop-ups sowie Fade-ins sind nicht unbedingt Indizien, die für ein modernes Rennspiel sprechen. Am PC hinterlässt der motorisierte Kampf gegen die Natur dank höherer Auflösung und zuschaltbarem Anti-Aliasing sowie kürzeren Ladezeiten technisch einen besseren Eindruck, doch kommt man auch hier nicht über das Mittelmaß hinaus. Wenn man dann noch bedenkt, dass aufgrund des einsamen Zeitfahrens keine Polygone für KI-Fahrzeuge verschwendet werden müssen, ist das, was Milestone hier auffährt, ein kleines Armutszeugnis. Zumindest eines kann man der angestaubten Engine nicht vorwerfen: Slowdowns treten plattformübergreifend nur sehr selten auf - alles andere wäre angesichts der mangelnden Details auch eine Farce! Außerdem gibt es jubelnde Fans am Streckenrand, von denen aber keiner den Mumm hat, auch mal die Fahrbahn zu kreuzen und damit der Sterilität der Pisten etwas entgegen zu wirken. Auch Unfälle oder Liegenbleiber sieht man keine - im Gegensatz zum zeitversetzten Start der realen WRC ist man hier immer nur komplett alleine in den Wertungsprüfungen unterwegs. Ärgerlich: Kommt man nur wenige Meter von der Strecke ab, wird man automatisch wieder zurückgesetzt. Dadurch entgeht man zwar manchen Unfällen, doch etwas mehr Freiheit wäre wünschenswerter und gleichzeitig auch realistischer gewesen.

Anspruchsvolles Rasen?

Zumindest kann die Fahrphysik überwiegend überzeugen, denn während Codemasters mit seinen letzten Dirt-Einsätzen den Rallye-Sport eher zu einer flippigen Arcade-Veranstaltung verwandelt, setzt man bei Milestone eher auf ein anspruchsvolles Handling der 300 PS starken Boliden. Den Realismusgrad der Vorzeigesimulation Richard Burns Rally (2004) erreicht man zwar nicht, doch muss man auch hier ohne Fahrhilfen viel Feingefühl im Umgang mit Gas und (Hand-)Bremse unter Beweis stellen, um dem Untersteuern und rutschigen Bodenbelägen erfolgreich entgegen zu wirken. Es kommt ein gewisser Fahrspaß auf, wenn man gekonnt durch die Kurven driftet oder beim Beschleunigen und Bremsen mit den Kräften kämpft, die auf das Auto einwirken. Nur bei Sprüngen wirkt die Fahrphysik zu inkonsequent, denn genau wie eine Katze immer auf ihren Pfoten landet, finden hier auch die vier Reifen problemlos (und scheinbar gleichzeitig) den Weg zum Boden, während ein "Zauberfahrwerk" dafür sorgt, dass man nicht ins Schleudern kommt. Trotzdem bleibt das Risiko hoch, durch Fahrfehler einige Unfälle zu bauen, deren Konsequenzen relativ gut im Schadensmodell widergespiegelt werden. Das ist nämlich mit abfallenden und zerbeulten Karosserieteilen nicht nur von optischer Natur, sondern bietet auch Auswirkungen auf die Fahrphysik. Zwar muss es schon heftig krachen, doch zieht der Bolide als Folge eines Aufpralls schon mal ungewollt in eine Richtung oder das Getriebe sowie der angeschlagene
Nach Sprüngen zeigt die solide Fahrphysik Schwächen.
Motor bereiten Probleme. Das spürt man nicht nur, man hört es auch, wenn jeder Schaltvorgang von einem heftigen Krachen begleitet wird und die höheren Drehzahlbereiche mit quälenden Schreien deutlich machen, dass da etwas im Herzen der Maschine nicht stimmt.

Keine Gänsehaut

Allerdings vermisst man vor allem im gesunden Zustand die kernigen Motorenklänge, die die WRC-Boliden eigentlich auszeichnen und bei PS-Freunden für eine Gänsehaut sorgen. Im Spiel hören sich die Fahrzeuge viel zu brav an und auch bei den dürftigen Soundeffekten, etwa bei Kollisionen, bekleckert sich Milestone nicht mit Ruhm. Gemischte Gefühle hinterlassen die Ansagen des Beifahrers, deren Timing man in den Optionen sogar festlegen kann: Schön ist, dass man sich auf das Vorlesen aus dem "Gebetsbuch" meistens verlassen kann, so dass man sich gut auf den Streckenverlauf einstellen kann. Dass der Sitznachbar auch Reaktionen zeigt (z.B. bei Unfällen), ist ebenfalls eine tolle Sache. Das Problem ist nur, auf welche Weise diese Kommentare aus den Boxen kommen, denn vor allem bei der Entscheidung für einen weiblichen Beifahrer spürt man in jeder Silbe die Langeweile, mit der die Sprecherin die Sätze ins Mikrofon gegähnt haben muss. Das männliche Gegenstück ist also auf jeden Fall die bessere Wahl, obwohl auch hier vieles gekünstelt und teilweise schlichtweg unsinnig oder falsch wirkt. Da beschwert sich der Kerl doch z.B. manchmal, ich wäre zu langsam unterwegs, obwohl ich den Vorsprung gerade ausgebaut habe. Und wie kann ich jemanden ernst nehmen, der schon in der zweiten von 13 WM-Läufen davon spricht, dass wir mit dem Sieg der aktuellen Rallye eigentlich schon die komplette WM sicher im Sack haben? Die Darstellungen der Zeiten bzw. des Vorsprungs ist auch nicht immer nachvollziehbar, wenn man die Anzeige der insgesamt fünf Sektoren der Etappen am linken Bildschirmrand betrachtet. Ein Beispiel: Ich rase mit Vollgas am Ende des vorletzten Sektors der Lichtschranke entgegen. Jawohl, ich habe Zeit gut gemacht, was mir durch eine grüne Sektormarkierung bestätigt wird. Trotzdem liege ich nur auf dem vierten Platz, also düse ich weiter dem Ziel entgegen. Beim Überqueren der Linie bin ich allerdings verwirrt: Der letzte Sektor wird zwar rot markiert, aber trotzdem bin ich...Erster...und das mit einem relativ komfortablen Vorsprung - ein Paradoxon.  

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Kommentare

Agitari schrieb am
Also als riesiger Loeb-Fan hab ich WRC sehnlichst erwartet und dann kommt so ein Mist. Nein, nur wegen der Lizenz spiele ich es nicht. Ja, DIRT 2 spiele ich im Halbschlaf, aber besser als gar nichts. DIRT2 ist für mich die Referenz bei den Rallye-Spielen, es ist halt keine Simulation, da kommt nichts an RBR ran!
Herr Vaginal-Architekt schrieb am
warte immernoch auf ein gutes rally-spiel...
die colin mc-rae serie ist für mich schon seit jahren gestorben, der grösste arcade-dreck...
doelli schrieb am
Finde auch das "Colin McRae 04" einfach das beste Rallye-Spiel ist. Spiele es selbst heute noch ab und zu. Besonders der Expertemodus wo man nur die Helmperspektive zu Verfügung stehen hat, ist genial.
Probierts aus!!!
Da kommt echtes Rallye-Feeling auf.
Richard Burns Rallye war auch gut, obwohl es mir nicht so lange gefesselt hat. Habe es auf allen Schwierigkeitsstufen durchgespielt und dannach nie wieder eingelegt.
Colin 2005 fand ich persönlich schlecht, obwohl der Karrieremodus toll war. Ich fand es aber nicht so fordernd.
Dirt 1 & 2 sind zwar besser aber, es es sind keine Rallysimulationen mehr, sonder Rally-Cross. Macht Spaß, sind aber nicht ziemlich schwer.
Die WRC Teile habe ich noch nie gekauft, nur ausgeliehen, da sie nie gegen COLIN anstinken konnten. Dachte dies wird mit den neuen Teil endlich besser, da ich endlich wieder eine Rallye-Simulation wollte.
Aber das ist leider nur wunschdenken, da sich solche Spiele in der heutigen Zeit nicht mehr so gut verkaufen wie frühen. Kids stehen doch eher auf Action und somit auf Shooterspiele.
Man fährt ja nur gegen die Zeit!!!
Anmerkung: Wie wär's mit einem neuen Rallye-Game mit dem Titel "Sebastien Loeb Rallye"!?
nogg3r schrieb am
Schade.. Ein gutes, aufregendes Rally-Game mit aktueller Technik, das wär's..
Colin 04 habe ich ewigst gezockt, Richard Burns Rallye war auch super (allerdings auch sehr anspruchsvoll)
DIRT ist ein Witz..
Da kommt ja wohl nichts mehr..
xen0n schrieb am
Bei der Demo mußt man F1 drücken um das Spiel zu verlassen
Zum Test:
+ volles Schadensmodell...
Bei der Demo kann man mit High Speed in ein Felsen/Baum o.a. fahren ohne das man die Ettape beenden muß.Das Auto läuft und fäuft .....
+anspruchsvolle Fahrphysik...
OMG siehe Vorschau
-> http://www.4players.de/4players.php/di ... ship.html
Bei der Fahrphysik will man einerseits den Simulationsfan glücklich machen, aber auf der anderen Seite auch Anfängern mit zuschaltbaren Fahrhilfen eine Chance bieten. Zudem soll man in der Rallye-Akademie in die Welt der Drifts und waghalsigen Sprünge heran geführt werden. Wirklich überzeugend war das Fahrverhalten bei unserem Ausflug allerdings nicht: Zwar untersteuerte der Bolide spürbar, doch wirkte das Auto noch etwas zu leicht, was vor allem bei unerwünschten Begegnungen mit Hindernissen deutlich wurde, bei denen außerdem die Kollisionsabfrage etwas bescheiden wirkte. Momentan scheint man sowohl von einer anspruchsvollen Simulation im Stil von Richard Burns Rally als auch von einem guten Kompromiss-Modell wie bei Colin McRae: Dirt 2 weit entfernt zu sein.
Kam mir vor wie in einem Schlauchboot,hatte nicht das Gefühl wie in RBR oder Dirt2 in einem Rally-Auto zu sitzen.
In schnellen bis mittleren Kurven fuhr das Auto wie auf Schnee
(das mattschige auf der Strecke ist wahrscheinlich auch Schnee)
Lahmer Motor.
+ Fahrzeug-Setup...
?
hat kaum auswirkung
z.B Fahrzeughöhe (ist egal ob niedrig oder hoch im Rennen immer gleiche Höhe)
Stossdämpfer das Gleiche,einzig Getriebe Übersetztung wirkt sich aus.
Nix für Rally Fans, eher für Spieler die gerne Arcade-Renngames lieben.
Schade um die WRC-Lizenz,hoffe das noch irgendwann noch ne ähnliche Rally-Sim wie RichardBurns Rally (RBR) kommt.
schrieb am