Test: Dragon Age 2 (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Electronic Arts
Release:
10.03.2011
10.03.2011
10.03.2011
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Das erste Gemetzel

Der Prolog ist genau so hässlich wie der Hurlock: Man traut seinen Augen kaum.
Das liegt nicht am rötlichen Brusthaar des zwielichtigen Informanten Varric, der die Sucherin zunächst zum Narren hält und als Charakter zu den interessantesten des Spiels gehört. Er schmückt seine Erinnerungen an den mysteriösen Mann so plump aus wie es ihm passt. Man spielt also den kommenden Champion namens Hawke, der nach Schlacht um Ostagar mit seiner Familie und einigen anderen auf der Flucht nach Kirkwall ist. Man erlebt ein blutiges, überaus schwach inszeniertes Gemetzel inklusive aufgesetzt wirkender Dialoge, Ogerauftritt und Drachenflug. Wenn Kitsch und Klischee der Fantasy folgen, dann kleben sie hier wie Harz am Einstieg. Wer hat den bloß durchgewunken? Oder noch schlimmer: Wer fand den auch noch gut?

Aber Schnitt in die Zukunft: Cassandra durchschaut dieses Märchen, regt sich immer öfter auf und fordert den Zwerg auf, die wahre Geschichte zu erzählen. Genau die kann man dann selbst interpretieren. Und dann wird aus dem schnell verschwundenen Drachen plötzlich eine alte Bekannte. Na also, es geht doch etwas mysteriöser und stimmungsvoller! Das war übrigens Ironie. Denn obwohl man Kennern des Vorgängers hier ein durchaus interessantes Wiedersehen spendiert, will angesichts der plump wirkenden Action und offiziell verwandten, aber fremd wirkenden Figuren auch beim zweiten Mal keine Freude aufkommen.

Das ist nicht die Mutter, sondern die Schwester - die Oberweite teilt sie sich mit allen weiblichen Charakteren des Spiels.
Im Gegenteil, man muss den Kopf schütteln: Das soll der zweite Teil von Dragon Age sein? Das soll die Weiterentwicklung der hauseigenen Rollenspielwelt sein? Keine Angst: Es geht hier nicht um Bugs oder Abstürze, es geht hier nicht um den dunklen Keller der Fantasy, nicht um JoWooD, sondern um BioWare. Hier erwartet man jedoch eine über Jahre gewachsene Genreklasse, hier erwartet man qualitative Fortschritte. Aber noch nie sind mir so viele Ernüchterungen und Schlampigkeiten innerhalb des Designs begegnet. Die Kanadier setzen hier eine oberflächliche Duftmarke, die nach Actionanbiederung riecht und leider viel zu lange in der Luft hängt.

Überall Windpocken

Ich habe nichts gegen Gewalt in Rollenspielen - im Gegenteil: Wenn man Fantasy für Erwachsene inszenieren will, gehört sie dazu. Aber es kommt immer darauf an, wie man sie darstellt. Es geht also nicht um eine moralische, sondern um eine ästhetische Frage. Hier wird einfach billig Blut über die Figuren gespritzt. Nicht etwa nur bei besonders brachialen Schlägen, nicht etwa nachvollziehbar oder je nach Waffentyp dosiert, sondern von Beginn an nahezu immer und überall. Warum hat man das nach Dragon Age nicht verbessert, also an Situationen angepasst und bereichert? Warum sind die Designer so unfassbar plump?

Schwache Texturen, karge Landschaft: Schon zu Beginn wird klar, dass BioWare seine Fantasy erneut technisch stiefmütterlich behandelt.
Manchmal sehen die Charaktere so aus, als hätten sie Windpocken; selbst einzelne Zähne sind dann blutrot. Aber was ist mit Staub, Dreck und Schweiß? Das wäre eine qualitative Entwicklung gewesen! All diese natürlichen Kampfspuren sind nie zu sehen. Es geht sogar so weit, dass manche Beteiligte eines Gefechts komplett sauber sind, während andere von oben bis unten besprenkelt sind. Angesichts in der Mitte zerteilter Hurlocks und sonstigem Körperteilregen kommt einem neben Diablo auch noch Splatterhouse in den Sinn. Man fühlt sich wie in einem Hack`n Slay.

Immerhin kann ich etwas Entwarnung an alle geben, die mit einem Rollenspiel mehr verbinden als Splatter: Es wird besser. Es wird taktischer. Es wird sogar anspruchsvoller. Der Prolog und die Demo sind kein Spiegel des kompletten Abenteuers. Aber sie deuten leider an, was man in satten ersten zehn Stunden so erlebt. Und sie sind ein Indiz für die Philosophie eines Spieldesigns, das nicht mehr den leidenschaftlichen Hardcore-Rollenspieler anspricht, der sich in eine Welt voller Geheimnisse hinein wühlen will, sondern den Mainstream-Rollenspieler, der mal schnell was Cooles erleben will.
  

Kommentare

Nichtswisser schrieb am
Ah, ich erinnere mich, Dragon Age 2. War das nicht das Abenteuer von Hawke im Copy&Paste Land? Ne, das war ja wohl nur grausam. Dragon Age 1 war durchaus noch verbesserungswürdig, der zweite Teil aber so vermurkst das ich nicht mal wüste wo man da mit dem Verbessern anfangen sollte.
Was kann man auch erwarten bei solch einer Designphilosophie!?!
http://www.youtube.com/watch?v=SV97ozaD4vs
FuerstderSchatten schrieb am
Wenn ihr mit mir diskutiert, ich spiele im Moment nur Blood Bowl. Schon länger kein Dragon Age 2 mehr, habs aber trotzdem sehr liebgewonnnen.
TheLaughingMan schrieb am
Ach ja, Dragon Age 2....ich erinnere mich noch an den schönsten Moment mit dem Game. Das war als ich zusammen mit Gebrauchtwert von DA2 (Das es überhaupt einen hatte...) gerade genug Kohle dabei hatte um damit in meinem Lieblingsladen Dark Souls zu kaufen. Good Times. :mrgreen:
Im Ernst, das Game war bestenfalls Mittelmaß. Das schlimmste war der Kampf mit dem Arishok. Als hätten sie es mit Absicht schlecht gemacht.
SamSoNight1 schrieb am
Xris hat geschrieben:
sollen sie endlich nen selbstentwerfbaren Protagonisten einführen, so schwer kann das doch nicht sein.
Das Aussehen von Geralt hat alles mit der Story zu tun und wer Geralt als Person nicht ab kann, ist ein Weichei 8)
Zu DA2: Ja, Konsolen-Müll halt. Wobei selbst die meisten Konsolenspieler es wohl scheisse finden (?)
Aber Bioware hat sich nun mal komplett an EA verkauft. Bei DA:O hat man ja schon fast den Kampf zwischen den EA Schlipsträgern und den ambitionierten Entwicklern bei Bioware gespürt. Aber bei DA2 ist alles verloren. Das Spiel ist Grabbeltisch Trash und nichts weiter.
Xris schrieb am
Wegen den Konsolen. Weil Bioware das KS aus DA: O nicht ordentlich auf Konsolen porten konnten oder wollten. Und weil Bioware seit sie bei EA sind auch nur noch Markenausschlachtung betreiben. Mich hat die Demo schon abgeschreckt. Konsoliges Dialogsystem von Mass Effect, KS wie aus einem unterdurchschnittlichen JP HnS, ein Schlauch wie in CoD, nur w/m Mensch als Char, Texturbrei etc.
sollen sie endlich nen selbstentwerfbaren Protagonisten einführen, so schwer kann das doch nicht sein.
Du weist das der Witcher auf einem Taschenbuch basiert? Erstens dürfte das aus lizenzrechtlichen Gründen nicht möglich sein und zweitens gibts dann da noch die Fans. :ugly:
schrieb am