Risen 2: Dark Waters01.08.2012, Jörg Luibl
Risen 2: Dark Waters

Im Test:

2009 erschien ein Rollenspiel namens Risen sowohl auf dem PC als auch Xbox 360. Damals musste man allerdings einen großen Bogen um das technisch schwache Konsolen-Abenteuer machen: Ruckler, Pop-Ups, Tearing. Drei Jahre später erscheint der Nachfolger nicht nur für Microsofts Konsole, sondern auch für PlayStation 3. Wird das Spiel diesmal professionell umgesetzt?

Aus Fehlern gelernt?

Mittlerweile sind vier Monate vergangen, seit man sich auf dem Rechner als Pirat beweisen konnte. Mit Augenklappe und Säbel  am Mann sowie Titanen vor Augen avancierte man in einem soliden Abenteuer (Wertung: 69%) vom desillusionierten Säufer zum tapferen Helden. Es gab viel gewöhnliches Holen und Bringen sowie einige dramaturgische Story- sowie KI-Schwächen, aber dieses Rollenspiel konnte mit seinem Südsee-Flair und vielen idyllischen Momenten überzeugen. Die komplette inhaltliche Analyse gibt es im Test.

Das Kampfsystem war primitiv und bleibt es auch: Man kann nahezu alles blind ohne Taktik weghauen, denn die Kamera richtet sich automatisch auf den nächsten Feind aus - selbst dann, wenn man so nichts mehr vom Helden sieht. Im Mai erweiterte ein Patch die stupiden Gefechte für PC-Spieler um eine bessere Parade und Ausweichen, aber davon ist hier nichts zu spüren.

Festival an technischen Defiziten

Pop-Ups, Clippings, Tearing, Schattenfehler - die Liste der technischen Unzulänglichkeiten ist lang.
Pop-Ups, Clippings, Tearing, Schattenfehler - die Liste der technischen Unzulänglichkeiten ist lang. Das Spiel lässt sich auf der PS3 übrigens nicht installieren.
Jetzt hätte man zumindest annehmen können, dass Deep Silver und Piranha Bytes aus den Fehlern des ersten Risen gelernt und endlich in eine professionelle Umsetzung für Konsolen investiert haben. Immerhin punktete das knapp 30-stündige Abenteuer vor allem mit seiner Kulisse. Aber das, was auf PlayStation 3 und Xbox 360 über den Bildschirm flimmert, ist angesichts der Vorgeschichte fast schon unglaublich: Schon wieder gibt es ein technisches Debakel. Schon wieder zeichnet das französische Studio von Wizarbox verantwortlich. Sind die so billig, Koch Media?

Immerhin schreiben sie auf ihrer Webseite noch nicht mal euren Namen richtig: „The company provides services on 6 different platforms (XBOX360, PC, Wii, NINTENDO DS, PSP and PS3) and works worldwide with international prestigious partners such as Ubisoft, DTP-AG, Atari, Jowood, Kock Media, etc.“ Spätestens wenn JoWooD für Prestige herhalten muss, könnte man ja mal misstrauisch werden. Und Kock klingt sehr erbaulich. Jedenfalls haben die Franzosen weder die englische Sprache noch die Xbox 360 oder gar die PlayStation 3 im Griff - Letztere feiert ein grausames Debüt als Umsetzungsopfer.

Südsee? Bugsee!

Schon nach wenigen Minuten will man seinen Augen nicht trauen, denn es ruckelt, flackert und hakt an allen Ecken und Enden. Was steht da noch? "Through our many partnerships we have gained the confidence and the trust of many well-known companies." Also das ist mal ein Selbstbewusstsein! Schließlich hat man 2009 schon Risen auf 360 verbockt.  Kann natürlich auch sein, dass das große Vertrauen des Produkt-Managers in dieses Studio mit seiner Kurzsichtigkeit zusammen hängt. Aber selbst wenn, müssten ihm bei den Bildrissen zumindest die Augen tränen. Man bekommt regelrecht Kopfschmerzen beim Spielen.

Inhaltlich bleibt alles beim Alten: Primitives Kampfsystem, langweilige Story, viele, aber kaum kreative Quests.
Inhaltlich bleibt alles beim Alten: Primitives Kampfsystem, langweilige Story, viele, aber kaum kreative Quests.
Der Dschungel wirkt an einigen Stellen total überbelichtet, es entstehen ganz neue Schattenformen, die an die Sprüh-Funktion von Paintshop erinnern, der schöne Himmel der PC-Version ist hier eine grob aufgelöste Decke, das Tearing zerreißt die Kulisse immer wieder beim Umsehen - schrecklich. Hinzu kommt das ständige automatische Speichern, so dass man kaum mal über mehrere hundert Meter in Ruhe die Insel erkunden kann. Kurz gesagt: Man hat die Piratenschnauze schon während des Einstiegs gestrichen voll. Hier entsteht kein Südsee-Flair, hier taucht man ab in ein Bug-Meer. Unser Video-Redakteur wusste gar nicht, wo er was schneiden sollte - also hat er einfach draufgehalten. Übrigens steht unter dem Bereich "Skills" bei Wizarbox noch Folgendes: "We exploit entirely all the ressources of each system."

Immerhin: Das seltsame Botanikverhalten der PC-Version (hier im Video) taucht tatsächlich nicht mehr auf! Dafür ist nahezu alles andere eine Zumutung. Mal abgesehen davon, dass die Regentropfen vor lauter Kollisionsängsten schon ein, zwei Meter in der Luft platzen: Manchmal passen Texturfarben der Rinde nicht zu den Ästen der Bäume, Monster verschwinden beim Umsehen ganz plötzlich oder das komplette Bild gerät ins Zittern, wenn man an der falschen Stelle stehen bleibt. Auf der PlayStation 3 bauen sich die Objekte noch später auf als auf der Xbox 360. Wenn man sich einem Steg nähert, wird er quasi Stück für Stück zusammen gesetzt, wie bei Bridge Builder - dabei sieht er aus wie ein verschwommenes Streifenhörnchen mit Sägezähnen. Manche Texturen begleiten einen auf der PS3 übrigens beim Spazieren, wenn sie wie eine fließende Tünche auf einer Mauer für Schärfe sorgen. Diese Mängel springen einem derart ins Gesicht, dass man schnell den virtuellen Suizid über einen gepflegten Sprung von der Klippe sucht.

Fazit

Was soll das denn sein? Ein medizinischer Test für Tränenresistenz? Oder will Koch Media einen Reklamationsrekord brechen? Wir haben unseren Augen nicht getraut, als diese Piraten plötzlich die Bildschirme von Xbox 360 und PlayStation 3 enterten – autsch, autsch und nochmal autsch. Wer auf der Suche nach technischen Problemen auf Konsolen ist, kann hier ab der ersten Minute eine nicht enden wollende Strichliste machen: Ruckler? Check. Tearing? Check. Pop-Ups? Check. Texturmatsch? Check. Schattenfehler? Check. Grafikfehler? Check. Clippings? Check. Kollisionsprobleme? Check. Ständige Unterbrechungen? Check. Zwar ist das Ganze auf der PS3 noch gravierender, aber auch auf 360 will kein Spielfluss aufkommen. Die Qualitätssicherung hat sich wirklich Mühe gegeben, keinen Fehler außer Acht zu lassen und sie von Beginn an so clever zu verflechten, dass einem alles gleichzeitig ins Gesicht springt. Ist ja auch bloß so ein Rollenspiel aus Deutschland von Piranha Bytes. Da muss man die Bug-Tradition doch pflegen! Was steht noch auf der Webseite des französischen Studios, das laut eigenen Angaben mit einer Firma namens „Kock Media“ zusammen arbeitet? "We guarantee on time satisfaction! All our projects are finished on time and on the fairest conditions." Zumindest ist diese Umsetzung in einer Hinsicht konsequent: Sie ist wirklich billig.

Pro

große Anzahl an Quests
gelungene Architektur
nette Voodoo-Zauber
Diebstahl wird bestraft
angenehm offenes letztes Drittel
knapp 30 Stunden Spielzeit

Kontra

grafisch grausame Konsolenumsetzung
immer noch primitives Kampfsystem
ohne PC-Patch-Verbesserungen
biedere Story ohne Höhepunkte
dümmlich-nervige Begleiterin
kein Piraten-Flair für Erwachsene
kein freies Fraktionssystem
nervige KI-Bugs & unlogische Momente
hölzerne Gestik und Mimik
sehr inkonsequentes Figurenverhalten
zu viel billige Hol
und Bringdienste
unfreiwillig komische deutsche Sprecher
kaum verschachtelte Dialoge

Wertung

360

Was ist das denn? Ruckler, Tearing, Pop-Ups...Schon wieder versaut Koch Media einen Konsolenport.

PlayStation3

In einem Wort: mangelhaft! Auf der PS3 sind Pop-Ups und Tearing noch gravierender - technisch desolat.

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