Blood Drive15.12.2010, Mathias Oertel
Blood Drive

Im Test:

Man nehme 2cl des Klassikers Carmageddon, füge 2cl Twisted Metal hinzu, garniere das explosive Gemisch mit Untoten und was erhält man? Blood Drive (ab 37,00€ bei kaufen). Die Zutaten machen neugierig. Dass der Titel nur im Ausland zu bekommen ist, ebenfalls. Ein erstes Indiz, dass vielleicht doch irgendwas nicht mit dem Action-Racer stimmt, könnte der Preis sein: In UK steht das Spiel für etwa 20 Euro in den Regalen. Ein gutes oder schlechtes Omen?

Am Puls der Zeit

Untote liegen gerade wieder voll im Trend: Im Fernsehen (auch hierzulande) läuft gerade die Comic-Umsetzung von The Walking Dead als TV-Serie. In Comics, Büchern oder Filmen gehören die lebenden Toten ohnehin zum guten Ton und sind seit George Romeros über 40 Jahre alten "Night of the Living Dead" ein außerhalb Deutschlands anerkannter Bestandteil der Kultur. Auch die Spielewelt hat sie wiederentdeckt: Dead Rising 2, der Überlebenskampf in Call of Duty Black Ops, Splatterhouse oder jüngst Dead Nation geizen nicht mit Wiederauferstandenen. Insofern schwimmt das von Sidhe entwickelte Blood Drive (BD) auf einer potenziellen Erfolgswelle.

Twisted Carmageddon Rising

Hier wird scharf geschossen. Doch trotz interessanter Ansätze bietet die Fahrzeug-Keilerei nur biedere Action.
Bei der Story (braucht ein Zombiespiel überhaupt eine Story?) fühlt man sich leicht an Elemente aus Dead Rising 2 erinnert: Man ist Überlebender einer Zombie-Epidemie und Teilnehmer einer Fernsehshow, die in der Wüstenstadt Las Ruletas stattfindet. Hier tritt man in sechs Zonen nicht nur gegen sieben andere durchgeknallte Fahrer an, um die virtuellen Zuschauer vor den Bildschirmen zu unterhalten, sondern sieht sich auch Zombiehorden gegenüber.

Wobei Horden ein dehnbarer Begriff ist. Denn wenn man die schiere Anzahl an Untoten sieht, mit denen sich Frank West in Fortune City herumschlagen muss und dann betrachtet, was hier in den weitläufigen Gebieten auf einen zu taumelt, schlägt die "Hordenwaage" klar in Richtung Capcom aus.  Das bedeutet nicht, dass man hier nur vereinzelt Zombies findet. Doch das Vergnügen, die Untoten mit seinem Vehikel oder mit Waffengewalt ihrer ewigen Ruhe zuzuführen, steigt proportional zur Anzahl. Und das bedeutet bei BD im Umkehrschluss, dass man irgendwo im Unterhaltungs-Mittelmaß steckenbleibt.

Es gibt genug, dass man nicht minutenlang fahren muss, um einen zu erledigen. Aber zu wenige, um  eine Bedrohung darzustellen oder sich gar zu einem ernst zu nehmenden Motivationsfaktor zu entwickeln. Um das zu kompensieren bedient man sich bei Sonys Twisted Metal-Serie und hetzt einem zusätzlich noch KI-Fahrer auf den Pelz, die in den sieben Match-Variationen bei den Turnieren gegen mit um die Krone und den Siegpokal kämpfen.

Alternativ kann man sich als Solist an Herausforderungen versuchen, die auf Elementen der Turniere aufbauen. Oder man versucht, in der weiten Welt von Xbox Live oder dem PlayStation Network Kontrahenten zu finden - was sich allerdings als schwieriges Unterfangen herausstellt. Denn selbst die auf vier reduzierte Maximal-Teilnehmerzahl erreicht man nur selten. Meist hat man nicht einmal Glück genug, um auch nur einen Gegner zu finden.

Unfall-Einerlei

Ob das daran liegt, dass BD mechanisch und technisch maximal biedere Durchschnittskost abliefert? Durchaus denkbar. Denn so motiviert man anfangs noch mit Bleifuß durch die Gebiete jagt und dabei sowohl Zombies als auch die mitunter unfair agierende KI aufs Korn nimmt, so rasant nimmt der Spaß spätestens beim dritten Turnier ab. Und das, obwohl man sich bemüht, mit einigen Elementen für Abwechslung zu sorgen. Im Falle des Streckendesigns gelingt dies sogar: Es gibt überall versteckte bzw. schwer erreichbare Areale, in denen besonders potente Waffen liegen.

Und auch die Möglichkeit, vor jedem Wettbewerb eines von zehn Setup mit Vor- und Nachteilen zu wählen, ist eine gute Idee, die einen Hauch Taktik auf den Asphalt bringt. Allerdings bleibt man wie so oft an der Oberfläche:  Egal für was man sich entscheidet, ändert das erschreckend wenig an der Art und Weise, wie man das Rennen/den Wettbewerb angehen muss - alles bleibt beliebig.

 

Blood Drive könnte auf den ersten Blick ein Twisted Metal-Ableger sein, macht aber nicht einmal ansatzweise so viel Spaß wie das Vorbild.

Ähnliches lässt sich auch über die Fahrerauswahl sagen. Es macht zwar einen Unterschied, ob man mit Natalyas "Big Iron"-Truck über die Untoten walzt oder mit Bedlams "Doom Buggy" versucht, den Feinden davonzueilen, doch abseits der Geschwindigkeit gibt es zu wenig Differenzierung. Zumal sich alle Fahrzeuge eine höchst fragwürdige Fahrphysik teilen, die nicht nur die Kontrolle über das Vehikel unnötig erschwert, sondern darüber hinaus gelegentlich ins Unberechenbare abgleitet. Zwar kann man mit etwas Übung den Wagen immer wieder abfangen, doch der Spielfluss fällt durch diese unberechenbaren Momente immer wieder in ein kleines Tal. Und obwohl man mit zahlreichen Waffensystemen und letztlich doch immer wieder passabel funktionierender Fahrzeug-Action mit Zombie-Garnierung auch immer wieder kleine Spielspaß-Hügel erklimmt, zeigt sich BD unter dem Strich in sowohl technischer als auch inhaltlicher Hinsicht als biedere Durchschnittskost, bei der mehr Potenzial verschenkt als ausgenutzt wird. 

 

Fazit

Wenn es einen Sonderpreis für verschenktes Potenzial gäbe, würde Blood Drive zu den viel versprechendsten Kandidaten zählen. Wenn man sich vorstellt, dass man bei diesen Fahrzeug-Kämpfen im Kern auf die besten Elemente einschlägiger Vehikel-Action sowie bekannter Zombiejagden setzt, sollte Action-Fans eigentlich warm ums Herz werden. Doch beim Verrühren der Zutaten haben sich die Köche zu wenig Mühe gegeben. Mal klumpt es wie bei der Fahrphysik, die mitunter unberechenbare und damit frustrierende Momente produziert. Dann wiederum wird nicht gut genug gemischt wie im Falle der Zombies, die als Würzmittel nicht gut genug genutzt werden. Denn von Horden zu sprechen, die auf einen zustürmen, wäre vermessen - kleine Grüppchen trifft es schon eher. Immerhin gibt sich die Technik keine Blöße, was aber angesichts der maximal durchschnittlichen Kulisse ein Armutszeugnis wäre. Wer gehofft hat, dass hier ein modernes Zombie-Carmaggedon mit Volldampf angerast kommt, wird ebenso enttäuscht wie all jene, die gehofft haben, dass sich Blood Drive als untotes Twisted Metal etablieren könnte. Leider hat sich die Befürchtung bewahrheitet, dass hinter dem im europäischen Ausland für nur etwa 20 Euro erhältlichen Titel ein "billiges" Spiel steckt.

Pro

Mischung aus Carmageddon und Twisted Metal...
abwechslungsreiche Wettbewerbe
acht Fahrer mit spezifischem Gefährt...
große Areale mit versteckten Gimmicks

Kontra

- ... deren einzelne Komponenten aber nicht ausgereizt werden
Fahrphysik leistet sich mitunter haarsträubende Aussetzer- ... die sich im Wesentlichen sehr ähnlich steuern
schwache bis unfaire KI

Wertung

360

Die Mischung aus Carmageddon, Untoten und Twisted Metal hat einige Probleme - sowohl technisch als auch inhaltlich.

PlayStation3

Mitunter kann es von Vorteil sein, wenn ein Titel nicht hierzulande erscheint. Für die umgerechnet etwa 20 Euro Importkosten bekommt man einen "billigen" Twisted Metal-Verschnitt mit Zombies.

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