Galaxy on Fire 216.12.2010, Benjamin Schmädig
Galaxy on Fire 2

Im Test:

Den Verlust der Flugsimulationen kann ich verschmerzen. Selbst den Wegfall von Rail-Shootern wie Rebel Assault oder Cyberia konnte ich wegstecken. Ganz ehrlich: Sogar den Beinahe-Tod der Point&Click-Adventures hatte ich verkraftet. Ich muss allerdings immer dann eine Träne runterschlucken, wenn ich das Schattendasein sehe, mit dem das Leben im Cockpit eines Raumschiffs vor sich hin siecht...

Die raumfahrende Elite

Natürlich gibt es X3 , die Wiederbelebung von Darkstar One sowie eine Handvoll Modifikationen älterer Spiele. Ein echtes X-Wing fehlt aber ebenso wie Freespace oder Independence War. Kein Wunder, dass mein Joystick meist müde im Regal döst. Aber vielleicht hat der alte Knüppel einfach nur ausgedient. Vielleicht ist es an der Zeit, das Universum zu wechseln und die Weiten des tragbaren Weltraums zu erforschen. Ich könnte mich ja Keith Maxwell anschließen. Den verschlägt es schließlich nicht nur ans andere Ende der Galaxie, sondern auch 35 Jahre in die Zukunft. Was er dort findet? Sein Raumschiff, Piraten - und eine ganze Welt voller Planetensysteme!

Galaxy on Fire 2 (ab 59,96€ bei kaufen) ist dabei kein Wing Commander, in dem Keith ein packendes martialisches Epos erlebt. Es gibt zwar eine Handlung, in der sich vier raumfahrende Völker einer Bedrohung durch die übermächtig scheinenden Void erwehren müssen.

Gerade auf iPad kommt die stimmungsvolle Weite hervorragend zur Geltung.

Und die wird in profillosen Dialogboxen zwar nicht spannend, aber unterhaltsam erzählt. Im Grunde kann man die Geschichte aber vernachlässigen, denn hier dreht sich alles um die Handlungsfreiheit: Ich kann auf Asteroiden Mineralien abbauen, gegen Bezahlung Kopfgelder jagen oder Personen transportieren Ich beschaffe Drogen oder kaufe Weltraumschrott, um ihn teuer zu verhökern. Galaxy on Fire 2 ist nicht Wing Commander, es tritt in den Fußspuren von Elite.

Der freie Weltraum?

Der Umfang ist enorm! Es gibt mehr als 100 Raumstationen und auf jeder warten mehrere Aufträge. Jedes Planetensystem gehört zudem einer der vier Fraktionen an und falls Keith mit einer auf Kriegsfuß steht, darf er nur gegen Gebühr auf deren Basen landen - sollte er die Überfälle der davor »geparkten« Raumschiffe überleben. Von Auftraggebern einer befreundeten Fraktion gibt es außerdem einen finanziellen Bonus. Ich sollte also aufpassen, auf welche Schiffe ich das Feuer eröffne und welche Missionen ich überhaupt annehme. »Diplomatie? Weltklasse!« Könnte man denken. Denn so gut das Wechselspiel gedacht ist, so unbedeutend ist es in der spielerischen Realität. Hat es sich Keith mit einem Volk verscherzt, muss er ihr lediglich ein, zwei Gefallen erledigen und die Sache ist Schnee von gestern. An feindlichen Fliegern kommt er zu schnell vorbei und die erhobenen Andock-Gebühren sind zu niedrig, als dass ihm eine solche Feindseligkeit ernsthaft schaden könnte.

Die Illusion des freien Weltraums ist ohnehin nicht vorhanden. Schließlich besteht die gesamte Galaxie aus Stationen, die durch Ladebildschirme voneinander getrennt sind. Wegpunkte, dazu zählen auch geheime Piratenverstecke, befinden sich höchstens ein paar Sekunden von der Basis entfernt. Vor fast jeder Station liegt noch dazu ein Asteroidenfeld; besser kann man die große Freiheit nicht einkerkern! Dabei sieht das All fantastisch aus:

Leider findet das gesamte Geschehen in Sichtweite der Stationen statt - spielerisch ist die unendliche Weite sehr begrenzt.

Nebelschwaden ziehen durch den luftleeren Raum, die Kamera schwenkt an gleißenden Sternen vorbei und ich darf das Spiel jederzeit anhalten, um ein Foto zu knipsen. Geschenkt, dass die Designs sämtlicher Raumschiffe und Stationen wie ein uninspiriertes »Best Of Space Opera« wirken.

Drehen im All

Nur spielerisch wirkt diese unendliche Weite irgendwie leer. Wozu soll ich mir ein neues Schiff kaufen und mit stärkeren Waffen, Schilden oder gar einem Geschützturm bestücken? Um stärkere Gegner zu besiegen, mit gefährlicheren Aufträgen noch mehr Zaster zu scheffeln - natürlich. Und immer dann, wenn ich mir endlich die lang ersehnte Ausrüstung leisten kann, schwingt die Motivationskurve steil nach oben. Der reine Selbstzweck ist mir aber zu wenig. Ich würde gerne selbst Basen ins All setzen, Flotten einkaufen und ein Imperium aufbauen. Hier darf ich zwar Mineralien abbauen und Handel treiben. Ich kann aber keine Lagerfläche mieten, um Habseligkeiten zu verstauen oder ein zweites Vehikel abzustellen. Stattdessen trage ich stets sämtlichen Besitz in meinem einzigen Schiff bei mir.

Wenn es schon keine offene wirtschaftliche Entwicklung gibt, müssten mich wenigstens die Missionen innerhalb der Geschichte dazu auffordern, mein Raumschiff mächtig aufzurüsten - aber selbst das geschieht kaum, weil sich das Spiel offenbar einfach meiner Erfahrungsstufe anpasst.

Preis: 5,49 Euro (Stand 14.12.10)

getestete Version: 1.03

Inzwischen ist übrigens Version 1.04 erhältlich, die einige Fehler, u.a. Probleme mit der Kollisionsabfrage, behebt. Ab 18.12.10 wird das Spiel außerdem statt 5,49 Euro 7,99 Euro kosten.

Ohnehin gibt sich ausgerechnet der Kern, das Fliegen und Kämpfen, leidlich spannend. Die Steuerung mit virtuellem Stick oder kippendem iNgabegerät ist für schnelle Gefechte viel zu ungenau und taktische Finessen hören dort auf, wo die Geschwindigkeit automatisch eingestellt wird. In vielen Fällen fehlt sogar eine Kollisionsabfrage, so dass Schiffe immer wieder durch ihre Gegner oder Asteroiden hindurch rauschen. Warum hat man keine taktischen Kämpfe inszeniert wie man sie aus verschiedenen Star Trek-Spielen oder Eve Online kennt. Gerade auf iPad könnte es verdammt cool sein, den totschicken Weltraum zu drehen und wie auf der Enterprise per Fingerzeig Anweisungen zu erteilen!

Fazit

Auch wenn sie derzeit Pause machen: Joysticks haben noch lange nicht ausgedient! Galaxy on Fire 2 zeigt jedenfalls, dass die alternative Plattform der Apple-Geräte noch kein gutes Pflaster für traditionelle Weltraumforschung ist. Muss sie auch nicht - immerhin könnte cleveres Spieldesign die Vorteile der Touch-Handhelds nutzen, anstatt das Bekannte zu kopieren. Wie weit man hier davon entfernt ist, wird in den müden Weltraumgefechten allerdings mehr als deutlich. Höhepunkt ist vielmehr die weitläufige Galaxie, in der sich Entdecker frei bewegen dürfen. Sie treiben Handel, bauen Erze ab und buhlen um Sympathiepunkte für erledigte Aufträge. Weil sich das Geschehen aber durchgehend in ausgesprochen engen, stets gleich aufgebauten Arealen abspielt und weil die wirtschaftliche Entwicklung ausschließlich dem Ausbau des eigenen Schiffes dient, rücken bald enge Mauern um die vermeintliche Freiheit. Ja, Galaxy on Fire 2 gibt einen vielversprechenden Einblick in die inhaltliche Zukunft der tragbaren Weltraumoper - die spielerische Vision muss aber anders aussehen.

Update vom 7.3.2013 zur Android-Version:

Technisch schlägt sich die für Tegra-Geräte optimierte App gut: Der Glanz auf der rauen Oberfläche lässt z.B. Asteroiden räumlicher erscheinen als im iOS-Original. Auf unserem Nexus 7 läuft das Spiel flüssig mit rund 30 Bildern pro Sekunde.

Pro

große Galaxie
Erwerb und Aufrüsten neuer Schiffe
diplomatisches Tauziehen um vier Fraktionen
Anheuern von Flügelmännern...
große Handlungsfreiheit
sehr stimmungsvolle Weltraumansichten
Anzeigen von Handelspreisen aller bereits besuchter Stationen

Kontra

ungenaue Raumschiffsteuerung
träge, unspektakuläre Gefechte
kein eigener Weltraumhafen
 ... nur in bestimmten Situationen
Schiffe fliegen oft durch andere Flieger, Asteroiden oder Stationen
ausschließlich automatisches Ziel-Aufschalten
nur ein Schiff, das sämtlichen Besitz beherbergt
Stationen gleichen sich sehr
winzige Areale um Stationen statt freier Weltraum
Aufträge wiederholen sich sehr schnell
umständliche Reisen zwischen mehreren Systemen

Wertung

Android

Stimmungsvolle Weltraumoper in einer großen Galaxie, die spielerisch allerdings zu wenig Freiräume bietet.

iPhone

Stimmungsvolle Weltraumoper in einer großen Galaxie, die spielerisch allerdings zu wenig Freiräume bietet.

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