Im Test:
Flucht im Angesicht des Drachen
Kaum ist man dem Henker am Boden entkommen, sorgt ein anderer aus der Luft für Chaos: Ein fauchender Drache reißt Türme ein und speit Feuer, während Wachen, Einwohner und Gefangene in Panik fliehen. Was ist hier los? War das einfach nur Zufall oder etwa Schicksal? Der dramatische Einstieg lässt keine Zeit für Fragen. Man stolpert entweder in Egosicht oder Schulterperspektive über verkohlte Leichen und hat nicht mal eine Klinge in der Hand! Und wem soll man bloß folgen? Dem kaisertreuen Krieger in Rotbraun oder dem Rebellen in Blaugrau? Beide rufen nach mir…
Gefangenschaft verbindet und ich folge dem blonden Kämpen, der zum Widerstand der „Sturmmäntel“ gehört. Ob das später eine Auswirkung hat? Er weiht mich in die Steuerung und einige Hintergründe ein. Zusammen schlagen wir uns durch die Gemäuer der Garnison, steigen hinab in einen düsteren Kerker, bewaffnen uns, kämpfen gegen kaiserliche Wachen, knacken Schlösser, sammeln Vorräte, hetzen weiter durch eine verschlungene Höhle voller Spinnen und gelangen schließlich hinaus in die Wildnis – endlich, die Freiheit!
Heroisches Orchester und prächtige Landschaft
Hier draußen begrüßt sie einen, diese eindringliche, angenehm ruhig fließende Musik: Sie kann lieblich und episch zugleich sein, kann ebenso friedlich wie zwielichtig klingen – oder von schnellen Rhythmen getragen einen Kampf vorbereiten. Und damit beschreibt sie auch die wechselhafte Landschaft, die in frostigen Höhen mit ihren wütenden Schneewehen bei zwei Metern Sicht nahezu lebensfeindlich wirkt, während sie im Tal am Lagerfeuer bei Met und Wild fast romantisch anmutet. Diese Reihe hat schon immer akustische Zeichen gesetzt und Skyrim führt die hohe orchestrale Qualität fort.
Schöner rauer Norden: Das Wetter wechselt ständig in der Provinz Himmelsrand. |
Ein weiteres Markenzeichen der Elder Scrolls-Reihe offenbart sich nach den ersten Schritten: Kaum hat man die Flucht hinter sich, liegt es in seiner ganzen Pracht vor einem, diese schroffe Land namens Himmelsrand - die uralte Heimat der Nord, deren neun Provinzen gerade in einem blutigen Bürgerkrieg versinken. Laut Karte befindet man sich mittendrin, tief im zentralen Jarltum Weißlauf, an deren Rändern acht weitere ausgegraute Wappen auf die Provinzen anderer Jarle deuten – von Markarth im Westen bis Rifton im Osten. Hat man deren Herrschersitze oder kleinere Orte wie Höhlen, Dörfer und Festungen einmal entdeckt, kann man später über einen Klick schnell dorthin reisen. Aber angesichts der wilden, unheimlich authentisch wirkenden Natur um einen herum, will man am liebsten alles zu Fuß erkunden, jeden Stein umdrehen und jede Pflanze mitnehmen.
Nordische Weite in Tamriel
Man ist in einer skandinavisch anmutenden Terra incognita auf sich allein gestellt und hat ein unbekanntes Reich mit all seinen Städten und Fraktionen, Katakomben und Kreaturen vor sich. Man startet quasi als unbefleckter Held auf einer unbeschriebenen Karte. Die politische Neugier hält sich angesichts der idyllischen Kulisse zunächst in Grenzen – auch wenn es technische Defizite en detail gibt: Schatten flackern insbesondere auf Konsolen unnatürlich und wenn man näher ran geht an Böden oder Wände, ernüchtert die Technik mit grob aufgelösten Texturen vor allem auf der Xbox 360 (siehe Bilder), wo sie im Vergleich zur PlayStation 3 (siehe Bilder) oder dem körnigen PC-Bild sichtbar an Schärfe verlieren. Das, obwohl wir nach Hinweis von Bethesda auf Microsofts Konsole sowohl von der Disc als auch von der Festplatte gespielt haben - Ersteres sollte angeblich zu ansehnlicheren Texturen führen, aber selbst diese waren schwächer als auf Sonys Konsole; vgl. auch dieses Video. Hinzu kommen aber auf allen Systemen Rollrasen und Pop-ups in der Distanz - wobei die Sichtweite auf dem PC höher ausfällt.
Aber all das verblasst zu peniblem Technikfetischismus angesichts des Panoramas: Noch nie sah eine Wildnis in einem Rollenspiel so gut aus! Freut euch auf Nachtwanderungen unter tanzendem Polarlicht, auf Nebel umwaberte Megalithen oder auf prächtige Festungen, die sich im Abendrot aus einem Berg heraus schälen.
Schon nach ersten Ausflügen hinaus zwischen Fels und Tanne, nach weiteren Blicken über die überwucherten Waldhänge oder auf den grauweiß gezackten Horizont mit seinen fernen Gipfeln, ist es wieder da: Dieses Kribbeln im Nacken, das Veteranen aus Morrowind und Oblivion kennen. Wie groß ist die Welt? Was verbirgt sich darin? Welche Abenteuer warten auf mich? Eine weite, unheimlich idyllisch und wild anmutende Landschaft wartet nur darauf, entdeckt zu werden: Einfach rein in diesen schummrigen Wald, rauf auf diesen verschneiten Berg oder dem laut rauschenden Fluss folgen? Norden, Westen, Süden, Osten? Alles kein Problem. Und trotz der Tatsache, dass es sich um eine Provinz handelt, gibt es genug landschaftliche sowie klimatische Abwechslung zwischen Tiefmooren, Wald, Hochland und Gebirge.
Hunderte Orte und Geheimnisse
Im Angesicht der Frostspinne: Schon früh begegnet man größeren Kreaturen. |
Himmelsrand ist zwar nur ein Reich in der Fantayswelt von Tamriel, im Westen von Hochfels und Hammerfell, im Osten und Süden von Cyrdodiil und Morrowind umrahmt, während im Norden das schroffe Geistermeer zwischen Eisschollen dampft. Aber Bethesda lässt es wie ein nordisches Imperium wirken, in dem Urzeitwesen wie Mammuts oder Säbelzahntiger neben haushohen Riesen wandeln.
Offene Fantasywelt
Es gibt keine unsichtbaren Grenzen nach wenigen Metern, sondern freie Sicht und freie Wege – inklusive lebendiger Flora und Fauna bei fließendem Tag- und Nachtwechsel sowie stimmungsvollen Wettereinflüssen. Lobenswert ist auch, dass man ein Flucht- und Jagdverhalten der Tiere beobachten kann: Da verfolgen Wölfe schon mal einen Elch, Füchse jagen Hasen hinterher. Weniger lobenswert ist, dass Bethesda einem auch einzelne Wölfe ohne ihr Rudel unrealistisch auf den Hals hetzt. Trotzdem halten sie Illusion einer üppigen Natur lange aufrecht. Egal ob Blumen, Kräuter, Pilze oder Moose, egal ob flatternde Schmetterlinge, flüchtende Hasen, Füchse oder Elche: Man kann alles pflücken, fangen, jagen und später in hunderte Tränke, Gifte und Rezepte verwandeln. Alles hat eine Wirkung, alles lässt sich verarbeiten.
Man kann dieses Sammelhandwerk, das mögliche Schmieden von Waffen oder Anfertigen von Rüstungen, das Giftmischen oder Verzaubern auch lassen, denn man bestimmt den Rhythmus, die Aktivität und die Route seines Abenteuers selbst – das ist die reizvolle Ausgangslage einer offenen Welt.
Komfort und Fluch: Der Kompass
Bei den Streifzügen durch die prächtige Landschaft wird man von wilden Tieren attackiert - hier im Rudel. |
Die ersten Ruinen, die sich aus einem Berg heraus schälen wie das Gerippe eines riesigen Ungeheuers, machen trotz grauem Symbol in der Kompassleiste neugierig. Ist das ein alter Tempel? Und liegt in seiner Nähe das erste Dorf namens Flusslauf, auf das der Rebell verwies? Wenn man ihm folgt und zuhört, erfährt man vielleicht mehr über das verfluchte Hügelgrab und seine Heimat. Eine der großen Stärken des Spiels ist diese passive Erzählweise: Es lohnt sich, den Charakteren zu lauschen oder ihnen zu folgen, denn man erfährt von ihnen nicht nur mehr über lokale Geschehnisse, sondern kann so weitere Quests aufschnappen. Manche bieten sogar Führungen durch kleine Museen oder Akademien an.
Die Qual der Völkerwahl
Die Charaktererstellung? Die hat Bethesda elegant in den Einstieg integriert, denn als einen die Wachen zum Richtblock riefen, musste man seine Herkunft und einen Namen angeben. Es gibt keine Klassen, aber man hat die Wahl zwischen knapp einem Dutzend Völker: Von den magiebegabten Bretonen über drei Elfenarten, die einheimischen Nord, die kampfstarken Rotwardoner und Orks bis hin zu den agilen Katzenkhajiit oder den echsenartigen Argoniern. Geschlecht und Aussehen ließen sich individuell bis hin zu Frisuren und Narben anpassen. Die Figuren sehen – bis auf die vergleichsweise hölzerne Mimik - klasse aus, jede Änderung an Ausrüstung & Co wird später dargestellt. Und jedes Volk besitzt eine einzigartige Fähigkeit wie etwa die Nachtsicht, den Kampfrausch oder die Tierfreundschaft, die einmal pro Tag nutzbar ist.
Wer eine Stufe aufsteigt, hat die Qual der Wahl zwischen dutzenden Fähigkeiten. |
Findlinge und Bücher
Recht früh wird man auf die ersten Findlinge treffen, von denen es über ein Dutzend gibt: Dort kann man z.B. die Symbole des Kriegers, des Diebes oder des Magiers aktivieren – je nach Wahl steigt man in den betreffenden Fähigkeiten schneller auf. Später kann man über diese Steine auch spezielle Zauber wie die Erweckung von Leichen aktivieren oder gezielt Gesundheit & Co unterstützen.
Neben der Praxis kann man sich auch über die Lektüre der 50 versteckten Skillbücher oder bei einem Trainer gegen Gold verbessern – Letztere gibt es in allen Fürstentümern in mehreren Qualifikationen. Da hat Bethesda allerdings einen Bug übersehen, den man schamlos ausnutzen kann: Denn man darf einen Gefährten mitnehmen und wenn dieser gleichzeitig ein Trainer ist, kann man sich von ihm ausbilden lassen und sich das Geld über den Tausch mit ihm gleich wieder einstecken – autsch! So kann man nicht nur gratis bis zur maximalen Stufe des Trainers (es gibt Adepten und Meister), sondern auch allgemein aufsteigen.
Der klassenfreie Aufstieg
Zwar kann man mit den Bewohnern nicht immer komplexe Dialoge führen, aber sie reagieren überraschend natürlich; auch die Frauenfiguren sind weit weg vom Babe-Kitsch. |
So motivierend das klassenfreie System auf lange Sicht ist, offenbart es zwischendurch kleine Tücken: Dass man von Beginn an alles kann, ist nicht das Problem – sowohl das Führen von zwei Klingen als auch das Verzaubern oder Schmieden muss nicht erst gelernt, sondern „nur“ gemeistert werden. Aber dass man einige Situationen auch ohne entsprechend entwickelte Fähigkeit bewältigen kann, wirkt manchmal etwas unglaubwürdig. Obwohl man bei der „Redekunst“ nur 15 von 100 Punkten besitzt und sogar noch ein Fremder ist, kann man eine Wache am Stadttor oder einen misstrauischen Charakter schon mal auf einen Klick rhetorisch überzeugen. Und obwohl man im „Schlösser knacken“ noch ein blutiger Anfänger mit 20 von 100 Punkten ist, kann man mit etwas mehr Dietrichverschleiß und Glück schon Expertenschlösser öffnen. Diese Situationen sind nicht die Regel – man scheitert sehr häufig sowohl in der Rhetorik als auch an Meistertruhen, wenn man dort kaum investiert hat. Es wäre aber besser gewesen, wenn man bei zu hohem Unterschied zwischen Fähigkeit und Anspruch einfach mal „Kein Erfolg möglich!“ oder „Talent reicht nicht aus!“ gehört hätte.
Offene Fragen und Ziele
Sehr hilfreich: Der zweihändige Kampf - links die Flammen, rechts die Klinge. |
Man kann die Ereignisse in Himmelsrand nicht übersehen, denn der Bürgerkrieg ist überall: Patrouillen ziehen mit Gefangenen durchs Land und ermahnen einen scharf, bloß weiter zu gehen (befreit man sie?), Krieger werden zusammen gezogen, der Handel stagniert und wenn man das Blaugrau der Rebellen trägt, wird einem der Missmut der Kaisertreuen offen ins Gesicht geflucht. Bethesda gelingt es sehr gut, die äußeren Umstände glaubhaft darzustellen. Das geht so weit, dass man mit etwas Neugier und Eigeninitiative in laufende Entwicklungen eingreifen kann: Denn es passieren an bestimmten Orten interessante Dinge, wenn man denn rechtzeitig dort ist – diese Aussicht auf Ereignisse, in die man hinein stolpert, ist sehr motivierend.
Mehr als nur Gerüchte?
Lust auf leise Schritte und Klingen aus dem Schatten? Auch Diebe und Meuchler kommen in eigenen Questreihen auf ihre Kosten |
Viele Fragen tun sich nach Gesprächen oder dem einfachen Zuhören auf: Stimmt es, dass die Sturmmäntel rassistisch sind? Man kann dem nachgehen – inklusive spezieller Quests. Wenn man als Elf, Khajiit, Argonier oder Ork unterwegs ist, wird man auch tatsächlich beschimpft. Stimmt es, dass die Kaiserlichen die Nord und ihren Glauben an die elfischen Thalmor verkauft haben? Auch diese brisante Frage lässt sich beantworten und wird von einer Entführungsquest eingeleitet, die wiederum mit den verfeindeten Clans des Bürgerkriegs zusammen hängt – Bethesda versteht es meisterhaft, nicht nur Fäden zusammen zu führen, sondern auch mehrere zu verbinden.
Wer sich viel umhört und liest, wird sich immer ein eigenes Bild machen können, das manchmal differenzierter ausfällt als es scheint – Skyrim mag zunächst klar aufgeteilt und vielleicht sogar kitschig wirken, aber man wird des Öfteren von komplexeren Zusammenhängen überrascht. Im Laufe des Spiels kann man sich aber auch gezielt auf eine der beiden Seiten schlagen, kann dazu beitragen, dass Festungen für die kaisertreuen oder die rebellischen Nord erobert werden. Man kann sich auch neutral verhalten und politisch zurückhalten; so wie z.B. die Diebesgilde oder die Kriegergilde, die nur für die Ehre des Einzelnen auszieht.
Alleine als Drachenblut Oder soll man ganz alleine weitergehen, sein eigenes Ding durchziehen? Sich keinen Deut um die Rebellion scheren? Kein Problem: Man kann diesen Rebellen ignorieren, kann alleine den rauschenden Fluss überqueren und entdeckt in der Wildnis erste Lebenszeichen: Eine alte Frau lebt einsam in einer Hütte und hat scheinbar nichts zu verbergen. Aber warum liegt ein paar Meter weiter eine Leiche? Hat sie etwas damit zu tun? Die Notiz bei seiner Ausrüstung besagt, dass der tote Mann auf der Suche nach einem magischen Schwert war – fast unterschwellig entdeckt man so eine Quest, obwohl man vielleicht woanders hin wollte. Und das wird einem im Laufe des Abenteuers immer wieder passieren. Man überquert einen einsamen Bergkamm, entdeckt einen Grenzstein, dann eine Hausruine und in ihr ein Tagebuch. Was ist hier passiert? Bethesda versteht es, einen mit neuen Orten oder Hinweisen in der Landschaft auf weitere Ziele zu lenken. Man hat nicht das Gefühl „Gebiete zu säubern“, obwohl man in jeder der neun Provinzen theoretisch so viel für den Jarl erledigen kann, dass er einen zu seinem Thane befördert. Aber selbst danach, hat man noch lange nicht alles gesehen und bleibt neugierig.
Es macht immer wieder Spaß, die skandinavisch anmutende Landschaft zu erkunden - man entdeckt ständig neue Kreaturen oder Katakomben. |
Und all diese Kleinigkeiten und Nebensächlichkeiten unterhalten trotz der Tatsache, dass da im wahrsten Sinne des Wortes ein großes Ganzes wie ein unheilvolles Feuer über einem schwebt: Die Drachen. Diese uralten Wesen, die eigentlich auch bei den Nord als ausgestorben galten, aber die wieder da sind; und zwar sehr plötzlich, wie man im Einstieg erkennt. Es lässt sich darüber streiten, ob Bethesda sie nicht viel zu früh auf die Welt los lässt. Wenn man der Hauptstory nur ein wenig folgt und dem Jarl von Weißlauf hilft, wird man sein besonderes Schicksal nach einem ersten Gefecht gegen die fliegenden Kreaturen erkennen – es werden viele weitere unterschiedlicher Art und Stärke folgen, die manchmal plötzlich über Städten fauchen oder in ihren Horten irgendwo in der Wildnis lauern. Man kann sie manchmal bei ihrem majestätischen Flug beobachten, auf dem sie weite Kreise ziehen und auch schon mal auf der Stelle akrobatisch zu tanzen scheinen. Sie attackieren sowohl aus der Luft mit Feuer als auch am Boden kriechend.
Kampf gegen Riesenechsen
Im Angesicht des Drachen: Zu Beginn kann man sie noch relativ leicht besiegen. |
Oben angelangt erfährt man: Man ist selbst ein Drachenblut und kann nicht nur die Seele gestorbener Drachen aufnehmen, sondern auch ihre Sprache einsetzen, um Magie zu wirken. Diese so genannten Schreie, die jeweils aus bis zu drei Worten bestehen können, lassen sich wie eine Spezialfähigkeit einsetzen – an die zwanzig kann man erlernen. Zunächst hat man nur das einfache Brüllen zur Verfügung, das Feinde etwas zurückwirft. Man kann später Feinde mit seinem Schrei vereisen und neben zerstörerischen kommen auch interessante passive Fähigkeiten hinzu, wie etwa die Befriedung aller Tiere im Umkreis oder der Wirbelwind, der einen in null Komma nichts wie ein Blitz kurze Strecken überwinden lässt – auch Abgründe, was man in Dungeons nutzen kann.
Höhlen und Katakomben
Apropos: Die knapp fünfzig Höhlen, Grabstätten und Katakomben von Skyrim sind nach all den sterilen Endloslabyrinthen anderer Spiele ein atmosphärischer Genuss. Wenn zwischen Särgen leichter Nebel wabert oder Erde verräterisch von der Decke rieselt, kommt umgehend Stimmung auf. Nicht nur, dass sie sich architektonisch und hinsichtlich der Struktur markant unterscheiden, dass sie oftmals kleine Geheimnisse wie etwa versteckte Bereiche unter Wasser oder nur über Sprünge zugängliche Areale anbieten: Vor allem bieten sie spielerisch viel Abwechslung. Man trifft nicht nur auf Feinde, sondern auch auf diverse Fallen, die mal über Bodenplatten ausgelöst oder nur über Hebel angehalten werden können – Giftpfeile, scharfe Beile, nadelbespickte Türen, hölzerne Rammen.
Aber sie werden je nach Art aggressiver und deutlich stärker. |
Das Spiel belohnt nicht nur magisch interessierte Charaktere mit cleveren Schutz-, Verwandlungs- und Illusionszaubern, sondern auch schleichende Naturen mit einem Bonus auf hinterhältige Attacken; egal ob per Klinge oder Bogen. Je nach Rüstungstyp und Fähigkeit im leisen Vorgehen wird man früher oder später entdeckt – wer es lautlos in den Rücken eines Gegners schafft, hat enorme Vorteile. Wer sich auf die große Questreihe der Diebesgilde einlässt, darf sich auf viele interessante Charaktere und Herausforderungen freuen, die den Einbruch, das Schlösser knacken und den Taschendiebstahl fordern, ohne dass man die Opfer töten darf. Auch hier inszeniert Bethesda eine interessante Ausgangslage: Die Gilde ist nur noch ein Häufchen Elend und gilt als Abschaum – man kann ihr allerdings über viele gefährliche Aufträge zu altem Glanz verhelfen. Erst wenn man für die Dunkle Bruderschaft unterwegs ist, wird auch das subtile Meucheln honoriert. Auch diese Questreihe bietet spannende Unterhaltung.
Natürliche und unnatürliche Begegnungen
Alchemie- und Zaubertische laden zum Experimentieren ein: Man kann seine eigenen Gifte mischen und magische Waffen herstellen. |
Aber es gibt andererseits auch viele Situationen an relevanten Schauplätzen, die unheimlich natürlich wirken und die hervorragend inszeniert werden: Wer sich der Magiergilde anschließt, darf sich vom ersten Kontakt über die Führung bis hin zur Darstellung der inneren Konflikte und vor allem der gemeinsamen Ausgrabung auf eine wunderbare Questreihe freuen. Man bekommt quasi einen älteren Tutor, der einen zusammen mit anderen Novizen wie ein tattriger Lehrer durch uralte Katakomben führt – immer vorsichtig mahnend. Man lernt hier nicht nur den sinnvollen Einsatz der Magie, die auf subtile Art scheinbar schwierige Rätsel lösen kann, sondern wird von Regie sehr gut unterhalten. Hier wirkt Skyrim plötzlich offener und auch in der Dialogführung interessanter als Dragon Age.
Immersion, Netz aus Quests
Wie viele Spiele sind schon daran gescheitert, eine offene Welt mit innerer Glaubwürdigkeit und spannendem Inhalt zu füllen? Nicht nur im Einstieg der ersten Stunden, sondern über zwanzig, dreißig, fünfzig oder mehr als hundert Stunden? Gerade die Fantasy der letzten Jahre konnte nicht so begeistern wie man das angesichts der Tradition des Genres und der neuen Möglichkeiten erwarten könnte – viele Waffen, Monster, Talente, Erfahrung und Aufstiege können alle. Aber Abwechslung, Immersion und Abenteuer über einen langen Zeitraum können nur wenige. Skyrim gehört dazu. Bethesda spannt ein regelrechtes Netz aus Aufträgen. Man versinkt in einem Meer aus Hinweisen und Aufgaben.
Die Städte sind wesentlich lebendiger als in Oblivion: Alle Bewohner gehen ihrem Tagwerk nach. |
Wer mit offenen Ohren durch die Städte wandert, wird einiges über die Hintergründe erfahren und damit auch so manche Quest erhalten. Natürlich kann das manchmal auch etwas plump wirken, wenn Leute einfach so auf offener Straße über teilweise heikle Dinge wie die Anrufung der Assassinen schwätzen, aber in vielen Szenen sorgen genau diese vom Spieler nicht aktiv eingeleiteten Gespräche für das Gefühl einer aktiven Gesellschaft. Dazu gehört natürlich auch der geregelte Tagesablauf: Geschäfte machen um acht auf, Männer und Frauen trotten zur Arbeit, Kinder spielen und abends gehen (fast) alle zu Bett.
Leben in den Städten
Auch die Katzenwesen stromern als gewiefte Händler durch Himmelsrand. |
Sehr schön ist auch, dass sich Ereignisse herum sprechen, an denen man beteiligt war: Kaum hat man der Magiergilde bei einer Ausgrabung geholfen, fragen sich die misstrauischen Nord in einer benachbarten Stadt, was die Zauberer da überhaupt zu suchen hatten. Und es gibt manchmal noch direktere Konsequenzen, wenn es Zeugen gibt oder sich Dinge rumsprechen: Ich helfe einem Clan gegen den anderen, indem ich sensibles Material beschaffe und werde einen Tag später auf offener Straße von Schlägern überfallen – die Notiz verrät mir, dass sie beauftragt wurden. Ich benutze aus Versehen (!) einen Drachenschrei in der Magiergilde, weil ich mich mit der Sprinttaste vertue, und ein paar Minuten später hält mich ein Kurier auf, der mir eine Notiz übergibt; darin geht es darum, dass meine „Machtdemonstration“ nicht unbeobachtet blieb und ich mich bitte an einem bestimmten Ort einfinden soll – sehr schön.
Kopfgeld und Kerker
Die Findlinge ermöglichen die temporäre Verbesserung einer Fähigkeit oder ganz neue Zauber. |
Ansonsten kann man nur der Bestrafung entgehen, wenn man alle Zeugen eines Verbrechens eliminiert: Wer eine Patrouille angreift, sollte also auf Flüchtende achten. Wer in ein Haus einbricht, zu viel Lärm macht und nicht in den Kerker will, muss alle Bewohner töten. Noch eine gute Designentscheidung: Wer es sich mit den Gesetzen verscherzt, muss nur in dem entsprechenden Fürstentum mit Verfolgung rechnen – einmal über die Landesgrenze und schon hat man wieder eine weiße Weste. Man kann natürlich auch aus dem Gefängnis fliehen.
Die gezückte Waffe
Kampf gegen Untote: Leider kann man Feinde nicht fixieren, so dass die Übersicht manchmal verloren geht. |
Schade ist, dass weder die Bewohner mit Angst noch die Wachen mit aktiven Zurechtweisungen auf gezückte Waffen reagieren – und das, obwohl sich das Land gerade im Bürgerkrieg befindet, obwohl es Morde und Drohungen gibt und obwohl die Nichtspielercharaktere sogar gezückte Waffen oder Zauber erkennen und gezielt ansprechen: „Ihr scheint eine Vorliebe für Stahlschwerter zu haben“ oder „Passt mit dem Feuer auf!“ kann man im Vorbeigehen hören – sehr gut! Aber warum darf man trotzdem beidhändig bewaffnet bis zum Jarl vordringen? Man kann auf den Tisch springen und mit der Klinge vor seiner Nase wedeln.
So viele Jahre nach Gothic, das mit diesem Figurenverhalten heute wahrlich nicht mehr einzigartig ist, ist das auch deshalb ärgerlich, weil Skyrim auf anderer Ebene genau dieses Gefühl der schwelenden Konflikte und des Misstrauens vermittelt: Wenn man das erste Mal in die Halle des Jarls Balgruuf kommt, wird man von seiner dunkelelfischen Leibwächterin mit gezückter Waffe aufgefordert, sofort stehen zu bleiben. Wenn man sich einer fremden Patrouille nähert, wird man aufgefordert, sich um seinen eigenen Kram zu kümmern. Wenn man ungefragt einen Keller betritt, wird man attackiert. Es gibt viele Situationen, in denen all das angenehm authentisch wirkt.
Aber Bethesda lässt in anderen die Konsequenz vermissen, denn schon ein Fürstentum weiter kann man als Fremder einfach so, ohne dass man von der anwesenden Leibwache aufgehalten wird, zu einem ganz besonderen, weil in Gefahr befindlichen Jarl gehen: Zum flüchtigen Anführer der Rebellen. Warum lassen mich seine Wachen so nah ran? Hier wäre es besser gewesen, wenn man beim ersten Zücken der Waffe von seinem Huskarl zurechtgewiesen würde. Es geht hier um Nuancen, die manchmal im Figurenverhalten fehlen. Schön ist, dass Leute einen ermahnen, wenn man zu rüpelhaft durch ihr Haus poltert oder dass sie einen beobachten und sogar die Treppe mit hinauf gehen, wenn man sich als Langfinger absetzen will – und sobald man sich dann im Schleichmodus befindet, gibt es einen misstrauischen Kommentar.
Gratis oder Diebstahl?
Eisgeister im Anmarsch: Frostige Schemen mit mächtig Schaden. |
All das ist lobenswert, aber bei den Eigentumsverhältnissen ist Bethesda manchmal schwammig: Eigentlich kann man nicht einfach irgendwo rein und stehlen. Aber manchmal kann man Geschäfte plötzlich einfach so leer räumen; das ist nicht immer und nicht überall möglich, aber es stört das Gesamtbild. Denn Diebstahl wird in Himmelsrand umgehend bestraft und alle fremden Gegenstände werden deutlich sichtbar rot markiert – man muss Hehler finden, um gestohlene Ware abzusetzen; sehr gut! Aber sobald man mal eine Quest für jemanden erledigt hat, werden viele ehemals rot markierte auf einmal weiß dargestellt und sind quasi gratis. Wenn das bei kleinen Dingen wie Lebensmitteln so wäre, wäre das okay und akzeptabel. Aber manchmal hat man gar keine Quest erledigt und kann sich Dinge nehmen. Dabei ist also nicht immer ein logisches System zu erkennen, was man warum nehmen darf. Innerhalb einer Auslage mit zwölf Zutaten wechselt die Anzeige plötzlich zu Diebstahl. Warum?
Das geht so weit, dass man selbst ärmeren oder gerade erst kennen gelernten Leuten auch das Gold vom Tisch fischen kann. Oder dass man einer Alchemistin fast alle seltenen Zutaten sowie Seelensteine und Felle aus ihrem Laden nehmen kann, ohne dass es sie stört. Sprachen nicht gerade noch alle Bewohner von den harten Zeiten und dem schwierigen Handel? Und bei einem der besten Schmiede Winterlaufs, einem misstrauischen alten Kauz, darf man sich auch ohne Quest direkt die herum liegenden Waffen nehmen und sie ihm (!) danach verkaufen – so kann man manchmal die Lücken der Spielwelt ausnutzen. Es wäre glaubwürdiger gewesen, wenn Bethesda konsequenter zwischen Besitz und Geschenken unterschieden hätte und wenn es bei befreundeten Händlern vielleicht einen Preisnachlass, aber keine Selbstbedienung gegeben hätte.
Spannung im Kampf?
Wer als argonische Echse spielt, wird anders behandelt als ein menschlicher Nord. Jedes Volk hat eine Spezialfähigkeit. |
Sobald es in ein Gefecht geht, hat man die Qual der Wahl: Will man schon bei Sichtkontakt zum Bogen oder Zauber greifen, um auf Distanz zu attackieren? Theoretisch kann man in der linken Hand einen Flammenzauber und in der rechten sein Schwert führen, um beidhändig loszulegen. Welche Waffe macht mehr Schaden? Das wird einem sehr komfortabel über die neue Menüstruktur angezeigt. Man kann im Inventar seine Favoriten markieren, egal ob Klinge, Trank oder Zauber, die dann auf Knopfdruck über das Digikreuz erreichbar sind. Leider lassen sich Waffen oder Magie auf Konsole nicht flüssig in Echtzeit wechseln – man muss immer erst pausieren. Nur auf dem PC gibt es Kurzwahltasten, so dass man auf einen Druck wechseln kann.
Auf den ersten Blick wirken die Kämpfe durchaus interessant, wenn man feindliche Hiebe mit dem Schild blockt und dann selbst zuschlägt. Oder wenn man den Feind über einen Schildstoß kurz ins Taumeln bringt. Hinzu kommt die Unterscheidung von leichtem und schwerem Schlag, wobei Letzterer den Feind zurückwerfen kann. Schön ist, dass all das auch Ausdauer verschlingt, so dass man nicht endlos drauflos hauen kann.
Tanz der Klingen
Aber mehr ist taktisch nicht möglich: Es gibt weder eine gezielte Parade inklusive Konter noch große Unterschiede zwischen den Waffen. Zwar schlägt man mit dem Schwert spürbar schneller zu als mit dem Hammer, aber ansonsten fühlt sich jede Klinge gleich an. Außerdem kann man bei gehobenem Schild nicht darüber hinweg schlagen oder daneben zustoßen. Und man merkt den Animationen im Kampf zwar einen Waffenwechsel von leichter Klinge zu schwerem Hammer an, aber es fühlt sich bei weitem nicht so unterschiedlich an wie etwa in Dark Souls.
Man kann auch in Seen tauchen und dort Geheimnisse finden. |
Je nachdem, wie man seine Kampftalente entwickelt, ist immerhin etwa mehr Variation möglich: Man kann sowohl weitere ein- als auch zweihändige Hiebe einstudieren. Der Bogenschütze lernt erst später, wie man näher heran zoomt und beim Zielen sogar die Zeit verlangsamt. Trotzdem sind die Kämpfe zu hektisch. Es ist nicht möglich, den Feind so zu fixieren, dass man bei fester Kamera um ihn herum tänzelt. So kommt es mitunter zu recht chaotischen Gefechten mit einigen Luftlöchern oder wilden Schlagfolgen, die man mit Maus und Tastatur etwas besser vermeiden kann als mit dem Gamepad. Sehr ärgerlich ist die fehlende Präzision, wenn man seinen eigenen Gefährten oder etwaige Verbündete aus Versehen mit einem Schwerthieb trifft – die verstehen das manchmal umgehend falsch. Man vermisst nicht nur die Komplexität, sondern auch die situative Spannung in den unterhaltsamen, aber letztlich zu oberflächlichen Kampf.
Tapfere Gefährten
Die Wachen achten auf Langfinger: Wer das Gesetz bricht, muss mit den Folgen leben. |
Man kann den Schwierigkeitsgrad auch mitten im Kampf in fünf Stufen anpassen: Wer irgendwo nicht durch eine Festung kommt, weil die Feinde zu hart zuschlagen, schaltet sie einfach auf ganz leicht. Leider wird diese komfortable Anpassung nicht in irgendeiner Form bestraft bzw. bei höherem Anspruch belohnt – man bekommt immer dieselbe Erfahrung und Beute. Die Feinde befinden sich beim Betreten eines Gebietes in etwa auf einer Stufe mit dem eigenen Helden: Wer sich als niedrigstufiger Charakter zu den Graubärten begibt, wird beim Aufstieg vielleicht Wölfen begegnen; wer schon mehr Erfahrung hat, vielleicht noch einer Frostspinne und andere gar den gefährlichen Säbelzahntigern. Aber wenn man einmal ein Gebiet betreten hat, bleiben die Feinde auch auf diesem Niveau – sie leveln nicht weiter mit, wenn man sich vielleicht zu unterlegen fühlt und später wieder kommt. Man merkt auch relativ schnell, wenn man für eine Region noch zu schwach auf der Brust ist.
Mehr als ein Hack'n Slay
Die Dungeons überzeugen mit Fallen und Rätseln. |
Außerdem kann man mit ihnen Gegenstände tauschen und ihnen rudimentäre Befehle geben, damit sie irgendwo in Deckung gehen, ein Schloss knacken oder einen Hebel bedienen. Nur zwei Dinge stören: Zum einen versperren sie einem zu oft den Weg, so dass man in engen Korridoren nicht an ihnen vorbei kommt. Zum anderen kann man sich zwar über bestimmte Dinge mit ihnen unterhalten, aber Bethesda nutzt nicht die Chance für tiefere Dialoge oder eine persönlichere Interaktion. Man erfährt schon einiges. Aber warum kann man sich mit ihnen nicht gezielter über ihre Herkunft unterhalten und schrittweise Vertrauen aufbauen, um personalisierte Quests zu erhalten? Da war Dragon Age komplexer und interessanter.
Horizontale und vertikale Verzahnung
Man kann Schläge gezielt blocken, aber keine Konter einleiten. |
Bis zu dieser Stelle wurden viele Kritikpunkte aufgelistet. Bis zu dieser Stelle gäbe es auch genug Gründe, die Wertung niedriger anzusetzen. Es gibt aber trotz allem einen großen, unheimlich wertvollen Unterschied zwischen offenen Welten à la Two Worlds II, Risen oder Arcania und dieser Welt von Bethesda: Skyrim atmet Geschichte. Dieses Spiel ist nicht nur horizontal offen, was die Weite des Landes und die freie Charakterentwicklung angeht, es ist gleichzeitig vertikal verankert in seiner eigenen Mythologie und interaktiven Spielstruktur.
Was heißt das? Das heißt zum einen, dass diese Fantasywelt eine über Jahre gewachsene und glaubwürdigere als viele andere ist. Ihr Putz offenbart keine schnell konstruierte Plastik, wenn man mal etwas unter der Oberfläche kratzt, sondern Knochen – alte Gebeine, die schon etwas länger eine Welt tragen. The Witcher gelang das aufgrund der literarischen Fundamente des polnischen Schriftstellers Andrzej Sapkowski. Skyrim gelingt das aufgrund seiner Vorgänger mit der langen Historie von Kriegen und Katastrophen, von Kaisertum, Unabhängigkeitsbestreben und Geheimorden, von Leid und Vertreibung. Worte wie „Morrowind“, „Dunmer“, „Septim“, „Thalmor“ oder „Oblivion“ haben eine Bedeutung gewonnen, weil sie umgehend Bilder erzeugen.
Integration der Geschichte
Das alleine würde als bloße Erinnerung von Veteranen natürlich noch keinen großen Wert für das Spielerlebnis von Skyrim haben: Aber die Integration der Geschichte in die Spielwelt lässt sie so lebendig, lässt ihre Mythen auch für Einsteiger so greifbar und interessant werden. Bethesda macht die Spuren der Vorzeit nicht nur in der Landschaft sichtbar, in alten Festungen, Ruinen oder eben profanen Mammutknochen, sondern auch in den Biographien der Leute, in Gesetzen wie dem Religionsverbot und Artefakten und vor allem in all den Büchern, die man finden kann. Viele Spiele nutzen derart eingestreute Informationen, um etwas von den Hintergründen zu erzählen. Aber es ist unglaublich, was man hier in welcher Fülle über die Welt, ihre Völker, Intrigen und Herrscher, ihre Pflanzen, Kreaturen und Legenden erfahren kann. Wer sich auf diese Fantasy einlässt, wird mit Tiefe belohnt – Spiele wie Risen oder Two Worlds ermöglichen diese Art der Immersion erst gar nicht, weil sie zu flach konstruiert sind.
Manchmal hilft je nach Feind eine andere Waffe - hier wäre Feuer angebracht. |
Viel wichtiger als viel Information ist: Bethesda schließt den Kreis von der vertikalen historischen Tiefe mit all ihren Herrschern, Verträgen und Intrigen hin zur horizontalen Weite. Das sind nicht zwei getrennt voneinander gefüllte Bereiche: Man beugt sich über eine taktische Karte, klickt auf eine Fahne und eine Festung wird kartiert. Sobald man etwas über eine Sage liest, in der es um einen interessanten Ort geht, wird dieser auf der Karte vermerkt und man bekommt umgehend Lust, in dem betreffenden Buch zu lesen – nicht einfach eine schnöde Questbeschreibung, sondern vielleicht eine akademische Abhandlung oder ein Tagbuch oder einen Lexikoneintrag! Das geht so weit, dass man selbst belanglose Ausführungen über das Liebesleben finden oder sich über den absolut hanebüchenen mystischen Beweis aus der Feder eines Legasthenikers amüsieren darf. Genau so gibt man Rollenspielwelten mehr als Level und Waffenboni, sondern Seele! Ab und zu hat die Lektüre auch praktischen Wert: Sobald man etwas über einen Dieb liest, der über seine Karriere berichtet, wird umgehend die Fähigkeit des Taschendiebstahls verbessert. So entsteht ein harmonischer Kreislauf aus Vergangenheit und Gegenwart, aus Fakten und spielerischem Nutzen.
Die deutsche Lokalisierung
Ein Rollenspiel lebt auch vom Klang der Stimmen und wie oben beschrieben auch vom geschriebenen Wort. Und Bethesda hat endlich mehr Herzblut in die deutsche Version investiert: Im Gegensatz zum enttäuschenden The Elder Scrolls IV: Oblivion, wo sogar Zauber und Quests falsche Namen und damit zur Verwirrung trugen, überzeugt diesmal sowohl die Übersetzung der Texte als auch die professionelle Sprachausgabe. Neben Wolfgang Jürgen (deutsche Stimme von Dennis Quaid) und Bernd Vollbrecht (Brad Pitt) kommen u.a. Marion von Stengel (Angelina Jolie) und Joseline Gassen (Bette Midler) zu Wort – und diese Klasse zahlt sich aus.
Zwar merkt man einigen Sprechern ab und zu an, dass sie mehrere Rollen einspielen und einige weniger wichtige Charaktere nicht so stark akzentuieren konnten. Aber nicht nur die politischen Protagonisten der Story wie etwa die kernigen Jarle, auch die vielen starken Frauen wie die beschwörend flüsterende Priesterin von Azura, die ruppige Kriegerin Uthgerd und so manche Nebenrollen können sich hören lassen – inklusive markantem Akzent wie etwa bei den Katzenwesen. Sehr schön ist zudem, dass man neben prominenten erwachsenen Schauspielern auch Kinder zu Wort kommen ließ; wenn man mit ihnen spielt oder ihnen zuschaut, hört sich das angenehm natürlich an.
Auch die vielen Texte wurden gewissenhaft übersetzt – und Skyrim bietet viele Schriftstücke von der kleinen Notiz bis zum mehrseitigen Lexikoneintrag. All das liest sich gut, zumal man die Ortsnamen der Spielwelt ohne große Ausrutscher eingedeutscht hat: Statt „Skyrim“ heißt die Provinz der Nord „Himmelsrand“; statt „Whiterun“ heißt die erste größere Stadt „Weißlauf“. Man kann darüber streiten, ob das den etymologischen Aufwand wert war, zumal die Ortsschilder innerhalb der Spielwelt immer noch die englische Schreibweise anzeigen, aber es wirkt an keiner Stelle künstlich aufgesetzt.
Fazit
Dieses Rollenspiel hat viele kleine Fehler – technisch, inhaltlich, spielerisch. Aber sie verblassen alle angesichts der unheimlichen Sogkraft, die einen immer tiefer in die Wirren und Geheimnisse dieses nordischen Reiches führt. Bethesda hat sich gegenüber Fallout 3 nochmal gesteigert und inszeniert nicht nur ein episches Abenteuer in offener Welt, das mir die freie Wahl der Route, Karriere und Fraktion lässt. Das können viele, auch wenn keines in den letzten Jahren in so einer prächtigen Landschaft, keines mit so stimmungsvollen Dungeons und keines mit so einem unglaublich dichten Netz aus sehr guten Quests inszeniert wurde. Zusätzlich zu dieser horizontalen Vielfalt und Freiheit kommt eine tiefere Ebene, denn dieses Rollenspiel wird erst dadurch so faszinierend, dass es fest verankert ist in seiner eigenen Geschichte und seinen Legenden. Wer hier ein Buch öffnet, wird nicht nur die nächste Ruine oder Höhle, sondern dazu etwas über ein Schicksal und vielleicht sogar mehr über die brisanten politischen Zusammenhänge erfahren. Wer hier unter der Oberfläche kratzt, wird keine schnell konstruierte Fantasyplastik, sondern gewachsene Knochen finden – alte Gebeine, die schon länger eine Welt tragen. Als Drachenblut hat man verdammt viel Zeit und vor allem Spaß, ihre Rätsel zu entschlüsseln.
Pro
Kontra
Wertung
360
Auch wenn die Texturen hier im Detail schwächer sind: Dieses Abenteuer sollte sich kein Rollenspieler entgehen lassen!
PlayStation3
Episch, prächtig und unheimlich fesselnd: Das ideale Rollenspiel für lange Winterabende!
PC
Etwas ansehnlicher als auf den Konsolen, ansonsten das identische epische Erlebnis!
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