Im Test:
Die Frage aller Fragen
Was wäre euch lieber? Jung zu sein, Anführer einer mächtigen Mafia-Familie, reich, machtvoll, skrupellos, mit wallenden dunklen Locken gesegnet? Gleichzeitig mit einem Dämon verflucht, der nicht nur dafür sorgt, dass einem bissige Tentakelarme aus den Schultern schießen, sondern auch dafür, dass man alles, was einem im Leben lieb und teuer ist, früher oder später schonungslos verliert. Oder bildet ihr euch dieses Leben nur ein, in einer Gummizelle, kahlrasiert, von den Menschen umgeben, die in euren Träumen vorkommen - nur dass sie hier Wärter, Ärzte, Schwestern und komplett bekloppte Patienten sind. Was ist Traum, was ist Realität? Oder ist sogar schon diese Trennung ein erheblicher Denkfehler?
Eine Sache, die im Vorfeld schon für viel Aufregung sorgte und mittlerweile zu Tode diskutiert wurde, ist der neue Grafikstil: Vorher war The Darkness (TD) eher realistisch gehalten, jetzt dominiert der Comic-Look. Ränder umgeben die Figuren, die Texturen sind handgemalt, die Pinselstriche sind dick, die Farben intensiv, die Schraffuren elegant. Machen wir es kurz: Ich finde es super! Es passt hervorragend zum Spiel, das
Hello Darkness, my old friend
The Darkness war ein wichtiges Spiel. Nicht, aufgrund seines Artdesigns oder weil es den Shooter an sich irgendwie voran gebracht hätte. Nein, im Gegenteil - die Ballermechanik gehörte zu seinen Schwächen, was übrigens im Nachfolger nicht anders ist. Nein, das Wichtige war die Tatsache, dass sich die Entwickler von Starbreeze einfach immer wieder Zeit ließen mit der Regie. In einem Moment zersäbelte man Dutzende Feinde mit seinen grimmigen Tentakeln, verwandelte andere in zuckende Kugellager - und im nächsten kuschelte man mit seiner gepiercten Freundin vor dem Fernseher, um den 1962er Gregory-Peck-Film »To Kill a Mockingbird« anzusehen. In voller Länge, wenn man das wollte. In heutigen Zeiten, in denen man im normalen Shooter von seinem Sergeant oder einem mysteriösen Strippenzieher im Hintergrund von einem Schlauchlevel voller getriggert auftretenden Feinde zum nächsten gehetzt wird, war das einfach… anders. Ungewohnt. Schön. Und dann wurde einem die kreischende Bohrmaschine ins Gesicht gedrückt.
Wer nix wird, wird (Finsternis-)Wirt!
Für jeden Kill gibt es mehr oder weniger »Essenz«, die man an bedrohlich leuchtenden Stationen in »Talente« investieren darf. Diese sind in vier große, sehr unterschiedliche Bereiche unterteilt: Mal geht es um Waffen (da erhält man u.a. größere Magazine oder die sehr praktische »Waffenkanalisierung«, dank der man mehr Schaden in kürzerer
Das Licht ist der Feind der Dunkelheit
Was wie ein Glückskeksspruch klingt, ist hier essentieller Spielbestandteil: Denn wenn Jackie in den Strahl einer Lampe tritt, dann verschwinden die Tentakel, das Bild wird gleißend hell, ein ekliger Fiepssound bestimmt den Ton. Geht man ganz entspannt vor und kümmert sich gezielt um potenziell störende Lichtquellen, übersteht man die
Man arbeitet sich nach oben…
Selbst wenn man sich Zeit lässt, ist die lineare Kampagne nicht besonders lang: Sechs, vielleicht sieben Stunden, dann ist Schluss mit lustig. Danach kann man das Ganze nochmal von vorn auf einem höheren Schwierigkeitsgrad angehen (wobei man die bereits freigeschaltete Ausrüstung übernehmen darf), übersehene Reliquien suchen oder übrig gebliebene Talente freischalten. Oder man schnappt sich drei Freunde und kümmert sich um die »Blutrache«: Das sind kooperativ spielbare Mini-Aufträge, die parallel zur Haupthandlung laufen, aber nicht von Jackie, sondern anderen Mafiosi ausgeführt werden. Jede Figur hat eine andere Hauptwaffe (vom Katana bis zum Zauberstab) und eigene Talente, aber keine Tentakel - hier laufen die Gefechte größtenteils simpel ab.
In Sachen Soundkulisse gibt es nicht allzu viele Worte zu verlieren: Es rummst und kracht sehr ordentlich aus den Boxen, der Soundtrack tut nicht weh, bleibt aber auch nicht länger als unbedingt nötig im Gehörgang. Auffällig ist eigentlich nur der deutsche Jackie. Der macht seinen Job zwar im Großen und Ganzen gut, aber immer wieder passt das Gesprochene nicht so richtig zur Szene oder wird überbetont. Außerdem hört man ab und zu, wie Monologteile zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen wurden - zwischen zwei Sätzen springt die Stimmlage auf einmal herum. Kein großes Problem, denn Fans der englischen Zunge können die Original-Sprachausgabe entweder durch Umstellen der Konsole oder direkt vom Sound-Menü aus wählen.
Fazit
Es gibt immer diese Fraktion, die mit Comicgrafik im Shooter nix anfangen kann. Der rate ich: Dann lasst es einfach. Euch sind schon so großartige Spiele wie XIII oder Borderlands durch die Lappen gegangen. Ich liebe den Grafikstil! Die handgepinselten Texturen, die lässigen Schraffuren - der realistische Stil war fraglos cool, aber jetzt hat die Finsternis mehr mit ihren Wurzeln zu tun als vorher. Schön auch, dass die neuen Entwickler die Idee der ruhigen Momente weiter führen: Der Tritt aufs Bremspedal verleiht dem Spiel und seinen Figuren spürbar mehr Tiefe, was wiederum der guten Handlung zugutekommt: Das ständige Hin und Her zwischen Fiktion und Wirklichkeit, die dreckigen Illusionen der Finsternis, Jackies stetes Trudeln in den Wahnsinn - sehr cool! Man kann sich auch einfach durch das Spiel ballern, erlebt in dieser Variante aber einen eher normalen Shooter mit schlaffer KI. Besonders wird er erst durch seine Tempowechsel, den kreativen Umgang mit den Tentakeln und der Umgebung, nicht aufgrund der durchschnittlichen Action, die so typisch für Digital Extremes ist. Schade auch, dass uns die deutsche Version wieder mal einen großen Teil des morbiden Schnetzelvergnügens vorenthält. Aber auch so bleibt The Darkness 2 ein ebenso unterhaltsamer wie kreativer Shooter - im Gegensatz zu seinem markanteren Vorgänger wird er allerdings wohl keine tiefen Spuren hinterlassen.
Wertung
360
Wie schon der erste Teil ein sehr ungewöhnlicher Shooter, mit einer verführerischen Mischung aus mächtiger Action und wunderbar ruhigen Momenten. Das Ballern an sich ist aber ziemlich durchschnittlich.
PlayStation3
Wie schon der erste Teil ein sehr ungewöhnlicher Shooter, mit einer verführerischen Mischung aus mächtiger Action und wunderbar ruhigen Momenten. Das Ballern an sich ist aber ziemlich durchschnittlich.
PC
Die PC-Version bietet von allen Fassungen die schönste Grafik, ist aber sonst inhaltsgleich.
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