Skylanders: Spyro's Adventure25.10.2011, Mathias Oertel
Skylanders: Spyro's Adventure

Im Test:

Activisions Skylanders ist ein ambitioniertes Projekt. Mit seinen in die Spielwelt importierbaren Spielzeug-Figuren möchte man die Tür in die Kinderzimmer aufstoßen und vor allem die Sparschweine der sammelwütigen Kids plündern. Doch was hat das Abenteuer, für das auch der Heldendrache Spyro reaktiviert wurde, auf dem Kasten?

Nur Bares ist Wahres

Man stelle sich bitte folgende Situation vor: Nintendo veröffentlicht ein Pokémon-Spiel, bei dem insgesamt 150 Taschenmonster zur Verfügung stehen. Von diesen 150 Viechern sind aber nur maximal 15 aus dem Spiel heraus freischaltbar. Alle anderen müssen erst gegen bare Münze freigekauft werden. Doch nicht nur das: Ohne den Kauf von wenigstens ein paar zusätzlichen Monstern kann man nicht einmal in bestimmte Gebiete vordringen. Ich vermute, Zeter und Mordio würden neue Dimensionen erreichen.

Was anfangs noch klingt wie eine düstere Videospiel-Utopie, ist mittlerweile wahr geworden. Denn Activisions Skylander - Spyro's Adventure setzt genau auf dieses System: Man bekommt ein Grundpaket mit drei Figuren, darunter auch der sprunggewaltige Drache, der dem Untertitel seinen Namen leiht. Weiterhin befindet sich im Starterpack auch eine zusätzliche Hardware, das so genannte "Portal". Die anderen derzeit erhältlichen 29 Figuren, die sich auf insgesamt acht Elementar-Gruppen verteilen, muss man nachkaufen, um sie im Spiel einsetzen zu können.

Das alles würde mich ja nicht einmal stören wenn A) die zusätzlichen Charaktere nicht mit ca. acht bis zehn Euro pro Stück zu Buche schlagen würden und B) ich auch ohne diese Investition das Spiel in seiner Gesamtheit erleben dürfte.

Unterhaltsame Weltenrettung

Denn das Wiederherstellen des Lichtkerns und damit der Ordnung im Reich der Skylander ist ein durchaus unterhaltsames Unterfangen. Die stereotype Gut-Böse-Geschichte wird dabei immer wieder mit witzigen Dialogen gewürzt, doch ebenso häufig sind die Gespräche zu langatmig - was auf Dauer nervt.

Mechanisch baut man dabei auf bekannte Elemente: Mit dem Skylander seiner Wahl, der als Spielzeugfigur auf der per Kabel (360) bzw. drahtlos (Wii, PS3) mit der Konsole verbundenen Portal-Hardware platziert wird und daraufhin in virtueller Form auf dem Birldschirm auftaucht, marschiert man unterstützt von einer festen Kamera durch weitgehend schlauchige Gebiete, die trotz einem Hang zur Linearität auch Forscher belohnen. Wer die Levels bis in den letzten Winkel durchsucht, wird nicht nur Schatzkisten finden deren Inhalt den Goldvorrat aufstockt (wichtig für Upgrades),

Activisions Edel-Hüpfdrache Spyro hat ebenfalls einen Gastauftritt in den Skylands.
Activisions Edel-Hüpfdrache Spyro hat ebenfalls einen Gastauftritt in den Skylands.
sondern u.a. auch Seelensiegel entdecken, die Verbesserungen für die verschiedenen Skylander ermöglichen oder auf Kopfbedeckungen stoßen, die den jeweiligen Charakter mit Boni versehen.

Auf dem Weg dorthin warten allerdings auch zahlreiche Widersacher, die einem das Leben schwer machen wollen und denen in den nur selten fordernden Kämpfen mit den zwei zur Verfügung stehenden Angriffsmöglichkeiten der Garaus gemacht werden kann.

Zusätzlich werden immer wieder Rätsel eingestreut, die von einfachen Schlüsseltransporten zur nächsten Tür über Umgebungspuzzles bis hin zu cleveren Kopfnüssen in Form von Verschieberätseln reichen.

Und es gibt leider viel zu selten auch Bosskämpfe, die nach bekanntem Muster mehrstufig ablaufen und in denen man die Angriffsschemata lesen sowie darauf reagieren und im richtigen Moment seine Attacke anbringen muss.

Zutritt verboten

Die Action geht in Ordnung, die Kulisse kommt nur selten über biedere Durchschnittswerte.
Die Action geht in Ordnung, die Kulisse kommt nur selten über biedere Durchschnittswerte.
Dass man nicht aktiv springen kann, stört nach einer kurzen Gewöhnungsphase nicht mehr und wird durch strategisch platzierte Sprungfelder wett gemacht, die den Weg zu versteckten Gebieten offenbaren. Zusätzlich haben bestimmte Charaktere die Möglichkeit, durch Upgrades z.B. Schwebefähigkeiten zu erlangen, so dass der fehlende Aktivsprung irgendwann nicht mehr vermisst wird.

Zusätzlichen Reiz erhalten sowohl Erforschung als auch Gefechte durch Gebiete, in denen bestimmte Elementarformen Angriffsvorteile genießen oder besondere Tore öffnen, die nur sie durchschreiten können. Und genau hier beginnt das Problem: Mitunter verstecken sich hinter diesen Toren Extras für andere Figuren und in jedem Fall gilt ein Level nur dann als einhundertprozentig abgeschlossen, wenn man jede Schatzkiste geplündert, jedes Areal erkundet und jede Tür geöffnet hat. Und das ist mit dem Starter-Trio sehr schnell nicht mehr möglich, was ich sehr schade finde. Denn letztlich bleibt hier ein schaler Beigeschmack zurück. Es wirkt, als ob es Activision wichtiger sei, die (vermutlich) eher jüngeren Spieler um ihr Taschengeld zu erleichtern, anstatt ihnen ein ausgereiftes und komplettes Spielerlebnis zu bieten, bei dem sie nachgelagert gerne Geld für neue Figuren ausgeben, um komplett neue Gebiete zu entdecken. Quasi das Add-On aus dem Spielzeugladen. Oder das Bonusleben, denn die Anzahl der verfügbaren Skylander entspricht der Anzahl an "Leben", die man hat, bevor die Mission gescheitert ist.

Doch in dieser Form kommt man sich vor wie der sprichwörtliche Esel, dem mit Teasern, Videos und Toren für bestimmte Skylander die Karotte vor die Nase gehalten wird, damit er doch irgendwann der Versuchung erliegt. Immerhin kann man die Geschichte auch mit dem anfänglichen Trio bis zum Schluss (üb)erleben und ärgert sich nur immer wieder, dass man vom Konzept genötigt wird, sich eigentlich auf der Disc ausgelieferte Abschnitte zu erkaufen. Dies ist mehr als ein "Project 10 Dollar". Denn will man für alle Eventualitäten gewappnet sein, benötigt man mindestens eine Figur jeder Klasse. Sprich: Zusätzlich zu den 60 Euro für das Starterpack muss man ca. 50 Euro ausgeben, um sich fünf weitere Figuren anzuschaffen. Will man das komplette Set, werden die Eltern die vermutlich berechtigte Frage stellen, ob man sich nicht lieber eine neue Konsole kaufen möchte - das wäre immerhin günstiger.

Biedere Kulisse

Aber ich muss ganz offen zugeben: So sehr mir dieses Konzept missfällt, so sehr musste ich mich auch beherrschen, nicht in den Einkaufswahn zu verfallen. Denn die dahinter stehende Technik ist durchdacht und funktioniert erstaunlich gut. Und damit meine ich nicht die für die Kulisse zuständige Engine, deren Unterschiede von Wii zu den HD-Systemen nicht so groß ausfallen, wie ich es mir wünschen würde, so dass unter dem Strich eine maximal durchschnittliche Optik mit teilweise höchst schwammigen Texturen wartet. Das gelungene Artdesign erinnert in Grundzügen an Kameo, die Mechanik der kontinuierlichen Hubwelt-Erweiterung um neue Gebiete und damit zu erforschende Abschnitte an Spiele à la Super Mario 64 & Co.

Man darf sich auch an Rätseln wie dem Verschieben von Riesen-Schildkröten versuchen.
Man darf sich auch an Rätseln wie dem Verschieben von Riesen-Schildkröten versuchen.
Wenn ich in diesem Fall von "Technik" spreche, meine ich die zusätzliche Hardware und die damit verbundenen Annehmlichkeiten und Spielmechaniken. Denn anstatt wie bislang üblich, über Menüs oder per Tastendruck die Figur zu wechseln, setzt man einfach den Skylander auf das Portal, mit dem man sich ins Abenteuer stürzen möchte.

Will man die aktive Figur ändern, nimmt man sie einfach vom Portal und setzt den neuen Charakter drauf - schwusch: Der neue Held taucht auf dem Bildschirm auf und kann fortan kontrolliert werden.  Und das ist noch nicht alles: Die Ausrüstung, die gekauften Fähigkeiten und alles, was an erspielten Daten mit der jeweiligen Figur zusammenhängt, wird nicht lokal auf der Konsole, sondern innerhalb des Spielzeugs gespeichert. Was wiederum bedeutet, dass man seinen persönlichen Helden mit zu einem Kumpel nehmen kann, um ihn entweder dort zu präsentieren oder im kooperativen Spiel zu nutzen. Der Clou: Es ist vollkommen egal, welches System der Kumpel besitzt. Man spielt selbst die Xbox 360-Version, der Freund hat aber nur eine PS3 oder zockt auf Wii? Kein Problem! So lange er das Spiel und die Portal-Hardware hat, kann der Charakter-Migration unkompliziert übertragen werden. So fortschrittlich dieses System ist, so antiquiert ist der Koop-Modus: Beide Spieler müssen sich einen Bildschirm teilen, Splitscreen wird ebenso wenig unterstützt wie Online-Spiel. Immerhin kann man seinen Freund aber auch zu einem Duell herausfordern.

Fazit

Sowohl das mechanische als auch des geschäftliche Konzept von Skylanders sind für sich allein betrachtet weder schlecht noch verdammenswürdig. Das Sammeln von Figuren, die man über das "Portal" ins Spiel bringen und dort einsetzen kann, um sie dort zu verbessern, wobei der Status nicht auf der Konsole, sondern in der Figur gespeichert wird, so dass man sie sogar auf einem anderen System einsetzen kann, ist verdammt clever - und technisch einwandfrei umgesetzt. Dass man allerdings als Besitzer des Starterpacks hinsichtlich des Spielerlebnisses beschnitten wird, ist bedenklich und stößt mir sauer auf. Das wurmt insbesondere, da die Mischung aus simplen, passablen Rätseln sowie Gebietserforschung trotz durchwachsener Technik motivieren kann. Doch anstatt dem Spieler mit jeder gekauften Figur weitere Erzählstränge als Add-On zu spendieren und ihm das Gefühl zu geben, etwas dazu zu bekommen, hält einem Activision wie einem Esel die Karotte vor die Nase: Hier findet man Verstärkungen, dort ist ein Gebiet versperrt, hier ist eine Figurenklasse besonders stark - natürlich häufig eine, die nicht im Starterpack war. So bekommt man letztlich für den vollen Preis nur einen Teil des Spiels. Das kann zwar mit den drei Grundfiguren beendet werden, aber man hat immer das Gefühl, künstlich beschnitten zu werden. Schade, dass nur die mehr Spaß haben werden, die mehr Geld ausgeben.

Pro

Figuren können plattformübergreifend genutzt werden
32 Figuren in acht Klassen
Charakterfortschritt wird in der Figur gespeichert
gelungenes Art- und Figurendesign
viel zu entdecken
gute Bosskämpfe...
passable Schalter-, Schiebe- und Umgebungsrätsel

Kontra

biedere Kulisse
feste Kameraposition
nur selten fordernd
keine Online-Duelle
kein Splitscreen-Koop
... aber zu wenige
vollständiges Spielerlebnis fordert mind. eine Figur jeder Elementklasse

Wertung

360

Viele interessante Ideen und eine gelungene Hardware werden der Gewinnmaximierung geopfert, anstatt für ordentlichen Spielspaß zu sorgen.

Wii

Die positiven Aspekte der unterhaltsamen Sammelfiguren-Action und der gelungenen Hardware-Technologie werden vom all zu deutlichen Ziel der Gewinnmaximierung überschattet.

PlayStation3

Das Sammelfigurenkonzept ist ebenso gelungen wie die systemübergreifende Portaltechnik. Doch dass nur der mehr Spaß hat, der mehr Geld ausgibt, nagt neben der biederen Kulisse an der Motivation.

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