Botanicula25.04.2012, Benjamin Schmädig
Botanicula

Im Test:

Ich möchte Amanita Design knuddeln. Sämtliche Entwickler, die da arbeiten. Lange. Fest. Knuddeln! Denn so viel Liebe habe ich ganz, ganz selten erlebt. Charme, Witz, Leichtigkeit - Botanicula (ab 29,90€ bei kaufen) ist die wahr gewordene Herzlichkeit von allem, das mit keuchender Lunge über den feuchten Waldboden kreucht und fleucht.

Der Wald lebt!

Ein Leuchten hier, ein Rascheln da: Der Wald reagiert dort, wo ich meine Maus bewege. Mal kann ich einen Wurm aus seinem Versteck scheuchen, wenn ich das Blatt anklicke, hinter dem er hockt. Mal ziehe ich eine Spinne von dem Ast, an dem sie hängt und zersteche die Blase, an der sie sich mit ihrem Faden dann noch festhält - arme Spinne. Eine Schnecke pufft wie eine Dampflock durchs Bild, Blütensamen streifen gemächlich durch die Luft, die Musik trödelt vergnügt nebenher. Die Geräusche klingen, als hätte sie der Sound-Designer eigenmündig gehaucht, geschmatzt, gepustet, gegrunzt. Manches hat überhaupt keinen spielerischen Sinn, macht die Welt mit seinem Quieken und Grunzen einfach nur lebendig. Hinter manchem versteckt sich aber auch ein Rätsel.

Nahrhaft furzen

Wenn ich eine äsende Raupe anklicke, furzt sie Dünger - schon wächst dort etwas. Wenn ich den Stachel eines Miniigels unter eine hüpfende Laus biege und ihn loslasse, sobald sie sich gesetzt hat, wird die Laus quietschend aus dem Weg geschleudert. Ich kann winzige Fingerhüte in einen Trichter schnipsen und in der richtigen Reihenfolge eine Bande tschirpender Kehlköpfchen anklicken, damit bald alle im Chor singen. Sogar Drogentrip und das Dirigieren eines Wurmorchesters gehören dazu.

Die eigentlichen Kopfnüsse sind allerdings kaum der Rede wert - das Schwierigste ist das

Verfügbarkeit

Während das Spiel auf GOG und Steam sowie im Rahmen des aktuellen Humble Bundle bereits erhältlich ist, erscheint Botanicula am 27. April auch im Handel. Die Erstauflage wird nicht nur ein Poster, sondern auch den Soundtrack enthalten. Aufspüren dessen, was dreh-, zieh-, schubs- oder dehnbar ist. Ein paar Kombinationsrätsel, ein oder zwei knifflige Labyrinthe, mehr ist es leider nicht. Die Lösung liegt eher im Ausführen, nicht im Austüfteln. Ist z.B. die besondere Fähigkeit eines meiner Helden gefragt, klicke ich sie lediglich der Reihe nach an.

Wer, wie, was?

Ich muss zugeben, ich habe keine Ahnung, welche Tierchen für den quirligen Mikrokosmos alle Pate standen. Meine Helden sind ein "Zweig", ein Pilz, ein winziger Kerl mit einer Feder, vielleicht ein Käfer und... etwas, das wie eine Haselnuss aussieht. Sie sollen ihren Baum vor einer Art Spinnenwesen retten, die alles Leben einfach aufsaugen. Während die Fünferbande deshalb ihr Biotop einen Ast nach dem anderen durchstreift, entdeckt sie sogar Grausiges: ausgesaugte Kumpel, farblose Einöde - wer sich dazu berufen fühlt, der

Die ganze Welt raschelt, brummt, leuchtet - in jedem Bild steckt Leben.
Die ganze Welt raschelt, brummt, leuchtet - in jedem Bild steckt Leben.
möge eine ökologische Botschaft in die Bilder deuten.

Das Klicken, Ziehen, Rütteln und Drüberfahren habe ich übrigens komplett im Spiel gelernt. Kein einziges Wort hat Botanicula verloren, nur durch das Anstacheln meines "Was passiert wohl, wenn..." habe ich entdeckt, wie das Abenteuer funktioniert. Nicht einmal seine Geschichte oder die Aufgaben hat es erklärt. Würmer, Schnecken oder Pilze quasseln zwar in einem Zug, verstehen kann ich sie aber nicht. Nur ihre knatschigen Tränen haben  gesagt: Finde meine ausgebüchsten Kinder! Ausführliche Beschreibungen werden in Comiczeichnungen erzählt. Daher wusste ich, dass ich einmal sieben Schlüssel, ein andermal ein gutes Dutzend Hähnchen (!?) finden musste. Botanicula muss sich nicht erklären - es lebt und atmet vollständig in seiner ganz eigenen wundervollen Welt.

Fazit

Es ist nicht das große Abenteuer für den Kopf - dafür sind die Rätsel zu durchschaubar: Sobald ich wusste, wohin meine Helden krabbeln konnten, war die Lösung schon in Reichweite. Das Besondere ist das Entdecken, das Anfassen: Jedes Haar, jedes Tierchen reagiert, wenn ich die Maus drauf zu bewege. Manchmal muss ich noch erraten, ob klicken, ziehen oder drücken zum Ziel führt. Es ist ein cleveres Rätselraten mit der Maus - eigentlich ein perfekter Kandidat für Touch-Oberflächen. Es ist charmanter Quatsch jenseits alberner Witze. Ohne dem Kitsch zu verfallen oder mit dem Zeigefinger zu warnen, ist Botanicula eine herzerwärmende Liebeserklärung an bunte Lebensfreude!

Wertung

PC

Ein quirliges und kunterbuntes Abenteuer in einem farbenfrohen Mikrokosmos mit etwas zu leichten Rätseln.

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