Need for Speed: The Run30.11.2011, Michael Krosta
Need for Speed: The Run

Im Test:

Auf 360, PS3 und PC hat The Run enttäuscht. Doch es besteht Hoffnung: Sowohl mit der 3DS-Premiere als auch der fast identischen Wii-Fassung liefert EA ein komplett neues Spiel, das auf den ersten Blick nicht viele Gemeinsamkeiten mit der Vorlage aufweist. Wird die rasante Reise quer durch die USA dadurch besser oder geht es noch weiter bergab?

Der andere Jack

Zwei Protagonisten, ein Problem: Musste auf den anderen Plattformen noch Jack dem sicheren Tod in der Schrottpresse entkommen und anschließend im Rennen seines Lebens in Rekordzeit von der West- an die Ostküste der USA brettern, hört der gut synchronisierte

Die Zwischensequenzen sind im Comic-Stil angelegt - auf dem 3DS sogar teilweise interaktiv.
Die Zwischensequenzen sind im Comic-Stil angelegt - auf dem 3DS sogar teilweise interaktiv.
Hauptdarsteller der 3DS und Wii-Version auf den Namen Matt, der sich ebenfalls ein paar Feinde gemacht hat, die ihn unter der Erde sehen wollen. Oder besser gesagt unter Wasser, denn am Anfang wird er von einem aggressiven Fahrer abgedrängt und landet umgehend in der Bucht von San Francisco.

Reifen wechseln am 3DS

Während man auf dem 3DS nur durch panisches Bearbeiten des Touchscreens überleben und die Scheibe einschlagen kann, laufen sämtliche Comic-Zwischensequenzen auf der Wii ohne Interaktionen ab. Schade, denn so werden auch unterhaltsame Minispiele wie der Reifenwechsel der Wii-Gemeinde vorenthalten. Ansonsten sind beide Fassungen weitestgehend identisch: Matt und seine mysteriöse rothaarige Beifahrerin rasen sowohl auf der Konsole als auch dem Handheld auf den gleichen Strecken der Ostküste entgegen und müssen sich den gleichen Herausforderungen wie Verfolgungsjagden sowie frustrierenden Reaktions-Minispielen stellen, bei denen man dem Verkehr oder Hindernissen ausweichen muss. Dabei schaltet das Spiel automatisch in eine Motorhaubenansicht und nimmt dem Fahrer die Kontrolle über Gas und Bremse. Stattdessen gilt es, einzig durch Lenkbewegungen den anderen Fahrzeugen oder herab fallenden Gesteinsbrocken auszuweichen.

Frustmomente

Der Frust kommt hauptsächlich dadurch zustande, dass während dieser Sequenzen schon die kleinste Berührung mit den schwer sichtbaren Hindernissen ausreicht, um eines der anfänglich drei Leben pro Stage zu verlieren. Im normalen Renngeschehen haben dagegen sowohl der eigene Wagen als auch die Gegner eine "Lebensleiste", die sich nach Unfällen und Rempeleinlagen erst schrittweise abbaut. Gerade im Kampf mit den Cops ist man den Attacken meist hilflos ausgeliefert und kann weder rechtzeitig ausweichen noch dagegen halten, ohne dabei selbst Schaden zu nehmen.

Noch furchtbarer sind dagegen die Momente, in denen man auf dem 3DS für einen geskripteten Super-Nitro oder ein Bremsmanöver blitzschnell auf den unteren Bildschirm einhämmern muss. Das Problem dabei: Beim ersten Mal verschwindet die eingeblendete Erklärung so schnell, dass man gar keine Chance mehr hat, die Aufgabe schnell genug zu erfüllen. Doch selbst wenn man nach dem Fehlversuch weiß, was zu tun ist, ist die Reaktionszeit viel zu knapp bemessen, so dass man mit etwas Glück nur ein Leben verliert. Glück? Ja, denn oft genug muss man sogar das komplette Level von vorne beginnen, wenn man diese nervigen Sequenzen verhaut, von denen übrigens auch die Wii-Version nicht verschont wird. Statt auf den Touchscreen muss man hier auf das Digitalkreuz der Remote umgreifen, was zwar besser funktioniert, aber nichts daran ändert, dass die Erklärung auch hier zu schnell

Bei Reaktionstests schaltet das Spiel in die Motorhaubenansicht um.
Bei Reaktionstests schaltet das Spiel in die Motorhaubenansicht um.
ausgeblendet wird und man verdammt schnell reagieren muss. Die Entwickler hätten auf diesen Unsinn besser komplett verzichtet, da er nicht nur für viel Frust sorgt, sondern auch das Renngeschehen allein durch den aufgezwungenen Perspektivwechsel erheblich stört.

Alte Design-Krankheiten

Doch selbst ohne diesen Störfaktor haben die Rennen ihre Macken: Zwar wird mit Takedown-Events, Verfolgungsjagden mit Cops sowie Stunts und Zeitfahren einiges aufgefahren, doch gestalten sich die Positionskämpfe und Rangeleien dank der unsäglichen Gummiband-KI wie schon auf 360 & Co als ziemlich spaßfrei. Es ist einfach ein schlechter Witz, wenn die Gegner teilweise wie Schlaftabletten über den Asphalt kriechen und an anderer Stelle uneinholbar nach vorne preschen, nur um kurz vor der Ziellinie plötzlich eine Vollbremsung hinzulegen, damit man als Spieler doch noch an ihnen vorbeiziehen kann. Zumindest spart man sich auf Wii und 3DS in der Regel den übernatürlichen Geschwindigkeitsschub der anderen Fahrer kurz vor dem Ende. Trotzdem sind die KI-Routinen eine Schande – genau wie auf den anderen Plattformen komme ich mir auch hier einfach nur veräppelt vor!

Schneller als ein Flugzeug

Das kann man auch von der Spielzeit sagen: Schon das "große" The Run war hinsichtlich des Umfangs ein schlechter Witz, der hier noch weniger lustig ist, denn schon nach etwa 40 Minuten hatte ich 13 der insgesamt 26 Level hinter mich gebracht.

Die extreme Gummiband-KI ist ein schlechter Witz.
Die extreme Gummiband-KI ist ein schlechter Witz.
Okay, auch hier wird nur die reale Spielzeit ohne Neuversuche addiert – und von denen gibt es dank der elendigen Reaktions-Test einige. Trotzdem dürfte man auch hier in etwa zwei bis drei Stunden von San Francisco nach New York düsen, wobei auch auf den Nintendo-Plattformen die abwechslungsreichen Kulissen trotz einiger Slowdowns am 3DS überzeugen: Es geht erneut durch die Nationalparks und Städte der USA – und das sowohl bei Tag als auch bei Nacht sowie vereinzelten Alternativrouten innerhalb der Abschnitte. An Actioneinlagen wird ebenfalls nicht gespart, wenn man z.B. den Schüssen eines Hubschraubers ausweichen oder Verfolger in bester Burnout-Manier mit Takedowns ausschalten muss, auch wenn es hier sehr viel zäher abläuft als beim Vorbild. Dem Pass in den Rocky Mountains stattet man ebenfalls einen Besuch ab und hat nicht nur mit rutschigen Straßen, sondern auch üblen Sichtverhältnissen während eines Schneesturms zu kämpfen. Viele der Zutaten stimmen, doch verstehen es die Entwickler nicht, sie zu einem ordentlichen Rennspiel zu verarbeiten, bei dem echter Arcade-Fahrspaß aufkommt.

Schienen-Raser

Ein Grund dafür liegt neben der furchtbaren KI in der simplen Fahrphysik: Auch hier fahren sich die Fahrzeuge wie auf Schienen – erst wenn man die Handbremse zieht oder zu stark in eine Kurve einlenkt, setzen die Autos je nach Wagenmodell zum Drift an, der jedoch die Lässigkeit eines Ridge Racer vermissen lässt. In der Karriere sind die Boliden übrigens streng vorgegeben – ein Wechsel an Tankstellen wie auf den anderen Plattformen ist hier nicht möglich. Dafür schaltet man auf dem Weg nach New York und dem kontinuierlichen Aufstieg im Rangsystem weitere Flitzer frei,

Mit Driften füllt man die Nitro-Anzeige schneller auf.
Mit Driften füllt man die Nitro-Anzeige schneller auf.
die man im Challenge-Modus verwenden kann. Dieser kann die Spielzeit aufgrund des Strecken- und Missionsrecyclings aber auch nicht sonderlich erhöhen. Immerhin kann man seinen Fuhrpark hier durch neue Farben und Teile zumindest optisch aufmotzen – ansonsten spielt das Tuning keine Rolle.

Autolog und Onlinerennen

3DS-Besitzer können sich über eine Onlineanbindung freuen: Sowohl Vergleiche über das motivierende Autolog-System als auch Internet-Rennen sind hier neben Adhoc-Sessions für bis zu vier Spieler möglich. Per StreetPass werden außerdem Zeiten ausgetauscht. Auf Wii ignoriert EA dagegen sämtliche WiFi-Ambitionen – entsprechend fallen Onlinerennen und Autolog hier flach. So bleibt lediglich die Möglichkeit, mit vier Spielern lokal an einer Konsole im Splitscreen um die Wette zu fahren, wobei wie beim 3DS die Modi Rennen und Verfolgungsjagd zur Wahl stehen. Bei Letzterer werden zwei Teams gebildet, wobei sich ein Teil als Raser und der andere als Gesetzeshüter hinters Steuer klemmt.

Fazit

Nach 360, PC und PS3 rast EA mit Need for Speed: The Run auf Wii und 3DS noch tiefer in den Wertungskeller! Die Kombination aus furchtbarer Gummiband-KI, simpler Fahrphysik und einer extrem kurzen Karriere hat ihre Negativ-Qualitäten ja bereits auf den anderen Systemen unter Beweis gestellt. Auf den Nintendo-Plattformen gesellen sich jetzt auch noch die frustrierenden Reaktionstests sowie technische Probleme am 3DS hinzu. Die Darstellung bleibt auf der Wii trotz schickerer Kulissen zwar flüssig, doch bekommt man dort weder die Minispiele noch die Online-Funktionen der 3DS-Fassung. Aber egal, denn sowohl auf der Konsole als auch dem Handheld sollte man selbst die kurze Zeit, die man mit The Run verbringen kann, besser anderweitig investieren.

Pro

lizenzierter Fuhrpark
Autolog inklusive (3DS)
Online-Rennen (3DS)
Splitscreen für bis zu vier Spieler (Wii)
alternative Routen & Abkürzungen
(optisches) Schadensmodell
eingebaute Minispiele (3DS)

Kontra

elendige Gummiband-KI
frustrierende Reaktionstests
vorgegebene Fahrzeuge (Karriere)
kurze Karriere
kein Onlinemodus (Wii)
kein Autolog (Wii)
Einbrüche in der Bildrate (3DS)
simple Fahrphysik
Story kaum der Rede wert
Tuning spielt keine Rolle (mehr)

Wertung

Wii

Abgespeckte Inhalte, keine Onlineanbindung und spaßfreie Rennen: Die Wii-Version hätte sich EA besser gespart!

3DS

Onlinemodus und Autolog können die 3DS-Version nicht vor der Schrottpresse retten: Die Gummiband-KI, frustrierenden Reaktionstests und technischen Schwächen sind eine Zumutung!

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