Of Orcs and Men26.10.2012, Jens Bischoff
Of Orcs and Men

Im Test:

Orks und Menschen: Ein Konflikt so alt wie Mittelerde. Auch in Of Orcs and Men (ab 1,35€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) von Focus Home Interactive liegen die beiden Völker im Clinch. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Menschen hier skrupellose Tyrannen und die Orks die Unterdrückten sind. Was der interessante Rollentausch sonst noch zu bieten hat, verrät der Test.

Aufstand der Grünhäute

In der Welt von Of Orcs and Men sind Orks und Goblins eine aussterbende Rasse, die von den Truppen des Imperators und der Inquisition gejagt, versklavt oder hingerichtet werden. Viele fügen sich in ihr Schicksal oder verraten ihre eigenen Brüder, um nicht ganz so hart geschunden zu werden. Die aktiv Widerstand leistenden werden immer weniger. Auch die Ork-Krieger des berüchtigten Blutkiefer-Clans formieren sich zu einem letzten verdeckten Einsatz, dessen Ziel der Tod des Kaisers höchstpersönlich ist.

Dieser Todesschwadron gehört auch Arkail an, dessen Aufgabe es ist, mithilfe des Goblin-Assassinen Styx einen Weg in den Turm des Imperators zu finden. Doch nicht nur der Weg dorthin ist eine Gratwanderung, auch das Vertrauen zueinander wird ständig auf die Probe gestellt. Da wird verdächtigt, gedroht und beschimpft, was das Zeug hält. Trotzdem spürt das ungleiche Duo immer wieder, dass man ohne den anderen aufgeschmissen ist und so beißt man halt die Zähne zusammen und macht weiter.

Ungleiches Paar

Während Koloss Arkail natürlich der Mann fürs Grobe ist und selbst Dutzende von Angreifern in Schach halten kann, operiert Schleichmeister Styx viel lieber im Verborgenen. Dank Tarnfunktion kann er nahezu ungesehen herumtigern und einzelne Wachposten lautlos aus dem Weg räumen. Zudem passt er dank seiner geringen Größe auch durch schmale Löcher und Gänge. Schade ist nur, dass man in den ungemein kompakten und linearen Spielabschnitten so selten Gelegenheit hat, diesen Vorteil überhaupt anzuwenden und teils auch noch von unsichtbaren Barrieren zurückgehalten wird...

Ork-Krieger Arkail geht keiner Konfrontation aus dem Weg.
Ork-Krieger Arkail geht keiner Konfrontation aus dem Weg.
Auch sonst gibt es leider so gut wie keine Interaktionsmöglichkeiten mit der Spielumgebung. Hin und wieder öffnet man mal eine unumgängliche Tür, eine schimmernden Kiste oder einen glitzernden Sack - das war's. In den gerade mal gut zwei Dutzend funkelnden Behältnissen, die es im gesamten Spiel gibt, finden sich entweder neue Ausrüstungsgegenstände oder so genannte Handelspunkte, mit denen man bei verbündeten Schmieden und Händlern seine Ausrüstung verbessern oder wechseln kann.

Zwar werden Waffen- und Rüstungswechsel auch optisch berücksichtigt, die Vielfalt ist aber sehr begrenzt: Einkaufsgelegenheiten sind rar, das Sortiment trotz wechselnder Geschäftspartner überschaubar, sämtliche Ausrüstungsgegenstände nur einmal verbesserbar, was sich in der Regel in einem leichten Anstieg der Angriffs- oder Abwehrkraft niederschlägt. Was sich genau verändert, weiß man leider immer erst im Nachhinein und die dafür ausgegeben Handelsmarken sind dann natürlich längst unwiederbringlich verloren...

Die Qual der Wahl

Styx erledigt seine Widersacher am liebsten auf heimtückische Weise.
Styx erledigt seine Widersacher am liebsten auf heimtückische Weise.
Immerhin kann man abseits von Kämpfen und Sequenzen jederzeit speichern. Manchmal sind aber selbst Shop-Besuche Teil einer Dialogsequenz. Hier hat man dann, wie in anderen Gesprächen auch, oft mehrere Antwortmöglichkeit, die zu unterschiedlichen Ereignissen führen können. Die Unterschiede sind jedoch meist minimal, die Ausgänge oftmals gleich. Trotzdem kann man hin und wieder Kämpfe vermeiden oder forcieren, Verbündete gewinnen oder verlieren sowie Nebenaufgaben erhalten oder spezielle Fertigkeiten erlernen.

Sowohl Styx als auch Arkail verfügen über knapp zwanzig eigenständige Kampffertigkeiten, die sich nach einem Stufenanstieg individuell erlernen und aufwerten lassen. Upgrades sind wie beim Verbessern der Ausrüstung auch hier nur ein einziges Mal möglich. Allerdings hat man dabei stets die Wahl zwischen zwei verschiedenen Varianten. Mal kann man einer Attacke entweder einen Schadensschub oder Blutungseffekt verpassen, mal die Reichweite oder Trefferwahrscheinlichkeit erhöhen. So kann man sein Kampfteam nach ganz persönlichen Vorlieben formen, einmal getroffene Entscheidungen können jedoch nicht wieder rückgängig gemacht werden.

Rhythmischer Wechsel

Die Auseinandersetzungen laufen grundsätzlich in Echtzeit ab. Beim Aufruf des Kampfmenüs wird das Geschehen jedoch stark verlangsamt, fast pausiert. Hier kann man dann bis zu vier Aktionsbefehle geben, die anschließend sukzessiv ausgeführt werden. Auch zwischen den beiden Protagonisten kann man jederzeit via Knopfdruck wechseln, neue Angriffsziele wählen, Aktionsbefehle wieder rückgängig machen und neu erteilen oder Spezialmanöver wie Heilungen und Wiederbelebungen in Auftrag geben. Klassische Gebrauchsgegenstände gibt es keine.

In den Kämpfen kann man jederzeit zwischen den beiden Helden wechseln.
In den Kämpfen kann man jederzeit zwischen den beiden Helden wechseln.
Dafür sind die anwendbaren Kampffertigkeiten in offensive und defensive Künste unterteilt, die nur in entsprechender Haltung möglich sind. Während man offensive Manöver einsetzt, richtet man zwar mehr Schaden an, ist aber auch selbst verwundbarer. Bei defensiven Kräften verhält es sich umgekehrt. Hinzu kommt, dass manche von Styx' Aktionen Konzentrationsenergie verbrauchen, deren Regenerationszeit es zu beachten gilt, während Arkail je nach Kampfverlauf immer wütender wird, bis er irgendwann einen Tobsuchtanfall erleidet, bei dem er sich nicht mehr steuern lässt und auch vor Gefährte Styx nicht halt macht.

Arkails Wutausbrüche sind jedenfalls Fluch und Segen zugleich, lassen sich mit zunehmendem Skill-Repertoire aber immer besser timen und dosieren. Auch an die ständigen Kampfunterbrechungen, um neue Befehlsketten einzugeben, gewöhnt man sich immer besser. Was anfangs oft nervt und den Spielfluss stört, entwickelt schon bald einen harmonischen Rhythmus mit immer weniger Unterbrechungen. Vor allem PC-Spieler mit Maus und Tastatur kommen dank üppigerer Shortcut-Möglichkeiten immer häufiger ohne Menüaufrufe aus.

Man bekommt es sowohl mit menschlichen als auch tierischen Gegnern zu tun.
Man bekommt es sowohl mit menschlichen als auch tierischen Gegnern zu tun.
Konsolenspieler müssen sich hingegen mit gerade mal zwei frei belegbaren Hotkeys abfinden, wobei die am PC ebenfalls mögliche Pad-Steuerung ansonsten tadellose Dienste leistet. Das automatische Ausführen haltungsabhängiger Standardattacken sorgt zudem auch unabhängig von der Plattform- oder Steuerungswahl für willkommene Entlastung. Gegen besonders schwache oder stark angeschlagene Widersacher kann man sich da ruhig auch mal entspannt zurücklehnen.

Licht und Schatten

Der normale Schwierigkeitsgrad liefert unter dem Strich eine ordentliche Herausforderung. Wer's härter oder lockerer mag, kann jederzeit zwischen vier Stufen wechseln, so dass weder Frust noch Langeweile aufkommen sollten. Ärgerlich ist hingegen, dass die Entwickler versäumt haben, einen Koop-Modus einzubauen, der sich angesichts des unzertrennlichen Heldenduos doch geradezu angeboten hätte - selbst die verdienten Erfahrungspunkte werden stets brüderlich geteilt.

Aber vielleicht hätte der Goblin-Spieler ein Problem damit gehabt, hin und wieder als Wurfgeschoss missbraucht zu werden. Dabei trägt man davon im Gegensatz zum unglücklichen Ziel doch keinerlei Verletzungen davon - ganz zu schweigen vom Überraschungsmoment, den man genießt, wenn man plötzlich mitten in einer Feindesgruppe vom Himmel fällt und bei entsprechender Skill-Verbesserung alle ins Wanken bringt...

Die detaillierten Figuren und stimmungsvollen Schauplätze gefallen.
Die detaillierten Figuren und stimmungsvollen Schauplätze gefallen.
Der Humor kommt dabei auch nicht zu kurz. Nicht nur zwischen Styx und Arkail gibt es immer wieder süffisante Konflikte und Reibereien, auch im Umgang mit anderen ist vor allem Zyniker Styx nicht aufs Maul gefallen. Die deutsche Übersetzung ist bis auf wenige unglückliche Patzer gut gelungen, die Synchronisation sogar exzellent. Auch die Handlung sorgt für Spannung und so manche Überraschung - ein monumentales Epos darf man während des gut zwanzigstündigen Abenteuers der beiden Grünhäute jedoch nicht erwarten.

Grafisch kann sich die von der hauseignen Silk-Engine inszenierte Reise aber durchaus sehen lassen. Vor allem die oft sehr detaillierten Figuren und stimmungsvollen Kulissen wissen zu gefallen. Allerdings gibt es auch einige Schönheitsfehler wie von Geisterhand getragene Ausrüstungsgegenstände. Auch die Kamera macht nicht immer die beste Figur und ist während der Kämpfe oft viel zu nah am Geschehen dran. Hinzu kommen gelegentliche KI-Aussetzer und Wegfindungsprobleme. Doch nichts davon tritt so vehement oder regelmäßig auf, dass es sich gravierend auf das Spielvergnügen auswirkt.

Fazit

Of Orcs and Men hat mich nicht nur wegen seines angenehm verdrehten Szenarios, in dem man sich als unterdrückte Grünhäute gegen eine tyrannische Menschenherrschaft auflehnt, gut unterhalten. Auch das zänkische Heldenduo aus stolzem Ork-Krieger und hinterfotzigem Goblin-Attentäter gefiel mir. Schade nur, dass man sich nicht auch als Spieler zu zweit zusammentun konnte, um den schier aussichtslosen Meuchelauftrag zu meistern. Auch die Spielwelt hätte sich ruhig etwas weitläufiger und interaktionsfreudiger präsentieren können. Bei Charakterentwicklung und Dialogführung hatte man doch schließlich auch mehr Freiheiten. Nichtsdestotrotz will ich die gemeinsamen Stunden mit Arkail und Styx nicht missen und empfehle sie auch jedem anderen Abenteurer mit einem Faible für ungewöhnliche Helden und Situationen.

Pro

interessantes Szenario
stimmungsvolle Inszenierung
diverse Entscheidungsfreiheiten

Kontra

sehr lineares Leveldesign
nur wenige Interaktionsmöglichkeiten
leider kein Koop-Modus

Wertung

360

Süffisantes Fantasy-Abenteuer in etwas zu enger Level-Korsage.

PC

PC-Spieler genießen leichte Grafik- und Bedienungsvorteile.

PlayStation3

Süffisantes Fantasy-Abenteuer in etwas zu enger Level-Korsage.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.