Dead Block21.07.2011, Mathias Oertel
Dead Block

Im Test:

Tower Defense-Spiele bzw. Varianten davon sind ein Motivationsgarant. Und mit Zombies als Gegnern liegt man immer gut. Und wenn man jetzt noch einberechnet, dass das junge Team von Candygun Games einige weitere interessante Ideen in ihr Erstlingswerk Dead Block (ab 9,99€ bei kaufen) gepackt hat, könnte sich hinter dem Download-Titel für PlayStation 3 und Xbox 360 ein kleiner Geheimtipp verstecken.

Klein, aber fein

Erst gestern hatten wir mit Bastion ein Spiel im Test, bei dem ein relativ kleines Team mit Variationen bekannter Mechaniken (in jenem Fall aus dem Action-Rollenspiel) ein  frisches Erlebnis geschaffen hat. Bei Dead Block (DB) verhält es sich ähnlich: Das frisch gegründete Team von Candygun Games aus Hamburg, das sich zu einem Großteil aus Ex-Replay Studios-Mitgliedern (Velvet Assassin) zusammensetzt;  orientiert sich bei seinem Erstlingswerk an bekannten Versatzstücken: Zombies, Action und Tower Defense. Die Mischung klingt viel versprechend und wird durch weitere Elemente wie Anleihen aus dem Rhythmusspiel ergänzt. Um den jeweiligen Abschnitt zu beenden, muss man eine Gitarre, eine Lautsprecherbox sowie einen Verstärker finden und daraufhin ein Guitar Hero-iges Minispiel siegreich bestehen, damit die Kraft des Rock’n’Roll die untote Bedrohung ein für allemal besiegt

In der Rolle von drei Figuren muss man sich in verschiedenen abgeschlossenen Arealen gegen die Zombiefizierung zur Wehr setzen. Im Gegensatz zu anderen Untoten-Titeln wie Left 4 Dead oder den Dead Risings ist der Spielverlauf jedoch deutlich gemächlicher und taktisch geprägt. Sowohl der Bauarbeiter Jack als auch die Polizistin Foxy oder der fettleibige Pfadfinder Mike (erinnert vom Design leicht an Russell aus Pixars Oben) sollten sich vorrangig auf ihre Fähigkeiten als Fallenbauer konzentrieren, da das direkte Duell gegen die Untoten spätestens dann zu einem Problem wird, wenn man von einem Dutzend in die Enge getrieben wird. Da man aber sowohl Türen als auch Fenster entweder verriegeln oder mit Fallen versehen kann, sind die Reihen der schlurfenden Gehirnbeißer schnell ausgedünnt.

Drei Freunde müsst ihr sein

Für die Fallen und Barrikaden braucht man jedoch Baustoffe, die man durch Zerstören des Mobiliars oder  Durchsuchen von Kisten etc. bekommt. Jede Figur hat bestimmte Stärken: Jack z.B. ist hervorragend geeignet, um die Möbel zu zerlegen, während Mike wie der Wind durch die durchsuchbaren Gegenstände pfeift.

Da man später zumeist mit KI-Kameraden das Unternehmen "Überleben" in Angriff nimmt, ist es erfreulich, dass sich die CPU-gesteuerten Freunde nicht nur im Kampf gut verhalten, sondern auch ihren Stärken und Fallenfähigkeiten entsprechend (jede Figur hat Zugriff auf andere Stolpersteine für die Zombies) ihr Möglichstes tun, um den Sieg zu gewährleisten. Und wenn alle Stricke reißen, kann man auch unkompliziert direkt in jede Figur schlüpfen und die Kontrolle übernehmen.

Zusätzlich zu den aufstellbaren Fallen kann man die Zombies auch durch andere Interaktionen mit der Umgebung der ewigen Ruhe zuführen. Musikboxen können mit Münzen angeworfen werden und verleiten alle Untoten im Raum zum Tanzen bis zum bitteren Ende. Ein Steak (das ebenso wie die Münzen gefunden werden kann) auf einer Heizung sorgt für ein blitzsauberes Ende des hungrigen Schlurfers.

Eine der Spezialfähigkeiten ist der Elektroschocker.
Eine der Spezialfähigkeiten ist der Elektroschocker.
Weiterhin kann jede Figur noch mit einer besonderen Aktion für Tote oder zumindest Ablenkung sorgen, etwa wenn Mike einen Hamburger auf den Boden schmeißt, sich alle darauf stürzen und man diese Zeit der Futteraufnahme nutzen kann, um zu fliehen.

Verschenktes Potenzial

Bis hierhin klingt alles unterhaltsam? Ist es auch. Zumindest in Ansätzen. Und wird von einem Comic-Design sowie einer 50er-Jahre-Präsentationen gut transportiert. Sicher: Die genutzte Unreal-Engine hat mehr drauf und die Clipping-Fehler, die sich immer wieder offenbaren, hätten sich sicherlich auch vermeiden lassen. Doch der ungehobelte Charme, der vom Artdesign ausgeht, passt wunderbar.

Doch beim Zusammenfügen der wesentlichen Spielelemente scheint der Fokus etwas verrückt zu sein. Da vor allem die später auftauchenden Widersacher mit Anfälligkeiten und Schutzmechanismen für bestimmte Fallen ausgestattet sind, kommt der richtigen Fallenfall bzw. unter Umständen sogar der Reihenfolge, in der man versucht, die Zombies durch Türen und Fenster zu schleusen, eine besondere Bedeutung mit taktischer Note zu.

Doch anstatt sich eben auf diese taktischen Elemente zu konzentrieren, ist man einen Großteil der Zeit damit beschäftigt, den Zombies so gut es geht auszuweichen und dabei das Mobiliar zu zerlegen, damit man Türen und Fenster verbarrikadieren oder Fallen bauen kann.

Und dafür, dass man im Vergleich zum Fallenbau derart viel Zeit mit Zerstörung und Durchsuchen verbringt, hat sich die Mechanik in dieser Hinsicht schnell erschöpft. Zu schnell.

Das geht sogar so weit, dass man vor lauter Knopfhämmerei nicht einmal die Zeit hat, die Früchte seiner Fallen stellenden Arbeit zu betrachten. Und dass, obwohl die einfallsreichen Gerätschaften mit zumindest kurzzeitig unterhaltsamen Ergebnissen warten. So z.B.  die "Klofalle", die die Gegner von oben mit von Krankheitserregern durchtränkten Exkrementen begießt und sie nun kontinuierlich Lebensenergie verlieren. Ebenfalls nützlich: Die Kartonfalle, die den Zombies einen Karton auf den Kopf stülpt, so dass nie nichts mehr sehen und sich gegenseitig angreifen, wenn es sich ergeben sollte. Auch einer meiner Favoriten: Die Bombenfalle von Foxy, die erst dann ihre

Das Artdesign mit seinem Comic-Ansatz ist grob, aber eigentümlich charmant.
Das Artdesign mit seinem Comic-Ansatz ist grob, aber eigentümlich charmant.
volle Spreng-Wirkung entfaltet, wenn die sich vor der Barrikade stauenden Zombies sich gerade durchgekaut haben und dabei sind, den Raum zu betreten - Kabumm. Doch die Freude über all diese kleinen Erfolgserlebnisse währt nur kurz, da man allzu schnell wieder in den "Entrümpelungsmodus" gezwungen wird.  

Überstrapaziert

Auch die eigentlich gelungene und optimal passende Musikuntermalung von Vampyre State Building mit ihrem Tarantinoesken Flair wird so lange ohne Abwechslung wiederholt, bis sie ihren Coolness-Faktor verloren hat.

Und damit hat sie leider viel mit der Mechanik gemeinsam. Auch nur kurzzeitig Abhilfe kann der Mehrspielermodus schaffen, der leider offline und damit Splitscreen-Zockern vorbehalten bleibt. Maximal zu viert kann man sich abseits der Kampagne (die kein Koop unterstützt) durch die Abschnitte prügeln und gegenseitig helfen, die Zombiebedrohung einzudämmen. Nett, kurzweilig, aber auf Dauer mit ebenso viel verschenktem Potenzial wie der Solomodus.

Wesentliche Unterschiede zwischen den Konsolenversionen ließen sich nur in einem Punkt festmachen: Die PS3 scheint von groben Bugs verschont, während das Spiel auf der 360 auf zwei Geräten in einer bestimmten Situation die Biege macht und sich die Konsole nur noch durch einen Neustart zum Weitermachen bewegen lässt.

Fazit

Das kleine Hamburger Team von Candygun Games macht konzeptionell einiges richtig: Zombies sind gerade mal wieder in, mit gut umgesetzten Tower Defense-Anleihen kann man nie viel falsch machen und ein Comic-Artdesign kommt auch gut an. In den ersten Abschnitten hinterlässt die grobe, aber dennoch charmante Mischung aus diesen Elementen, angereichert mit Action und einem Hauch Taktik einen entsprechend gelungenen Eindruck. Doch kurz danach setzt spielmechanische Ernüchterung ein: Das Verhältnis der einzelnen Bauteile verschiebt sich recht schnell Richtung Möbel-Zerstörung.  Der Fallenbau sowie der direkte Kampf gegen die Untoten mit ihren Schutzmechanismen und Anfälligkeiten als taktisches Merkmal verlieren an Bedeutung, obwohl genau diese Elemente die interessantesten sind. Und der prinzipiell coole Soundtrack wird leider überstrapaziert. Daher sollte man Dead Block sowohl solo (mit meist clever agierender Partner-KI) als auch mit mehreren Zombie-Vernichtern, die allerdings nur lokal ins Gefecht eingreifen können, nur in kleinen Häppchen zu sich nehmen. Bei länger dauernden Untoten-Jagden nagt das oberflächliche Spieldesign zunehmend an der Motivation. Schade: Hier wäre insgesamt mehr möglich gewesen. Dass zudem die 360-Version in mindestens einer replizierbaren Situation die Konsole zum Absturz bringt, sorgt für zusätzliche, eigentlich unnötige Sorgenfalten.

Pro

coole Musik-Untermalung...
interessante Fallen
netter Mehrspielermodus...
grobes, aber interessantes Comic-Artdesign
zufällig verteilte Gegenstände
Zombies mit Anfälligkeiten und Schutzmechanismen
Kumpel-KI verhält sich passabel und baut auch selbstständig Fallen

Kontra

... an der man sich aber irgendwann satt gehört hat
Abstürze (replizierbar, 360)
... der sich jedoch auf Sofa-Koop beschränkt
gute Ideen erschöpfen sich schnell
zu starker Fokus auf (schn)öde Mobiliar-Zerstörung

Wertung

360

Konzeptionell interessanter Genre-Mix mit Tower Defense-Anleihen, bei dem die eintönige Action überwiegt. Auf der 360 trübt ein Freeze-Bug den Eindruck zusätzlich.

PlayStation3

Das Konzept stimmt, das Artdesign passt, doch in der Mechanik wurde zu stark auf eintönige Action als auf Taktik und die Tower Defense-Inhalte Wert gelegt. Schade, hier war mehr möglich...

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