Soulcalibur 531.01.2012, Paul Kautz
Soulcalibur 5

Im Test:

Wenn Schwerter klirren und Haare dramatisch im Wind wehen, wird entweder ein neuer »Pirates of the Caribbean«-Film gedreht - oder ein neues Soul Calibur steht ins Haus! Was kann der fünfte Teil, was der vierte nicht vermochte? Und wie weit kann noch gepumpt werden, bevor Ivys Oberteil platzt?

Wo ein Schwert ist, ist auch ein Weg!

Handlung. Geschichte. Erzählung. Schöne Wörter. Die in gedruckter Form, auf Zelluloid gebannt oder in Bits und Bytes gepresst moderne Magie sind - uns fesseln, bannen und bewegen. Oder uns, wenn sie den Händen unfähiger Autoren entspringen, anöden, langweiligen oder die Augen schlimmer rotieren lassen als die von typischen Psychokindern in Horrorfilmen. Und nun ratet mal, in welche Kategorie die Handlung von Soul Calibur 5 (SC5) fällt…

Eines muss man den Entwicklern lassen: Die Präsentation der Geschichte ist gefällig. Zum einen gibt es seltene, aber zum Teil sehr hochwertige Echtzeit-Filmchen, zum anderen handwerklich gute Zeichnungen (die an Kohleschraffuren erinnern) auf Sepia - alles untermalt von einem wieder mal vorzüglichen orchestralen Soundtrack sowie wahlweise englischer oder japanischer Sprachausgabe, optional auch deutsch untertitelt. Das Ganze dreht sich natürlich wieder um die beiden Schwerter »Soul Calibur« (gut) und »Soul Edge« (böse) sowie die Geschwister Patroklos und Pyrrha - die Kinder von Sophitia. Beide sind furchtbare Unsympathen: Patroklos ist nervend arrogant, Pyrrha so blond wie hohl in der Birne. Später übernimmt man auch kurz das Schwert des mysteriösen Werwolf-Kämpfers »Z.W.E.I.«, aber die beiden sind der Mittelpunkt der Erzählung, die 17 Jahre nach den Geschehnissen des Vorgängers in Europa spielt. Die 20 Kapitel halten einen etwa drei bis vier Stunden beschäftigt, währenddessen schaltet man u.a. weitere Kämpfer sowie sehr viel Material für den Editor frei.

Mehr Brust geht immer!

So liebt man es: Mann gegen Mann, Frau gegen Frau, Sphärenmonster gegen Sphärenmonster. Es gibt viele neue Kämpfer, die sich aber größtenteils an alten Helden orientieren.
So liebt man es: Mann gegen Mann, Frau gegen Frau, Sphärenmonster gegen Sphärenmonster. Es gibt viele neue Kämpfer, die sich aber größtenteils an alten Helden orientieren.
Der Editor war bereits im Vorgänger ein gewaltiges Stück Bautechnik - und er ist nochmals gewachsen! Zwar gelten die üblichen Limitationen (die Kampftechnik muss man sich von einem bestehenden Fighter leihen, allzu dick werden sie außerdem nicht), aber davon abgesehen kann man sich wirklich bis ins bekloppte Detail austoben. Dazu gehören die verschiedenen Stimmen, deren Tonhöhe und Verzerrung man bestimmen kann. Oder die Klamotten, bei denen man jedem einzelnen Objekt Farben oder zig vorgefertigte Muster (die zum Teil aus 70er-Jahre-Pornos zu stammen scheinen) zuweisen kann. Kämpfer mit Pferdeköpfen, riesige rosa Afros, natürlich die obligatorische Brustpumpe für die weiblichen Kämpfer, mehrere Kleiderschichten - alleine hier kann man sich problemlos stundenlang verlieren. Und dann kommt noch die Fotositzung mit ihren Posen, Rahmen, Perspektiven… wenn das kein Spiel im Spiel ist, dann weiß ich auch nicht. Und nur hier gibt es den Tekken-Bonus: Man darf seinem neu erschaffenen Superfighter nämlich auch den Kampfstil von Devil Jin aus Tekken Tag Tournament 2 verleihen.

Der Editor ist ein mächtiges Werkzeug, mit dem man seine Lieblingskämpfer detailliert zusammenschrauben kann - ob glaubwürdig, sexy, völlig bizarr oder irgendwas dazwischen, alles ist möglich.
Der Editor ist ein mächtiges Werkzeug, mit dem man seine Lieblingskämpfer detailliert zusammenschrauben kann - ob glaubwürdig, sexy, völlig bizarr oder irgendwas dazwischen, alles ist möglich.
Wer keine Lust auf das Geschraube hat, kann auch den Zufallsgenerator anwerfen (und sollte auf Zirkusfreaks gefasst sein) - oder einfach zu den bereits fertigen Kämpfern greifen. Von denen gibt es 28, wobei ein Drittel erst freigeschaltet werden muss und ein großer Teil bekannt ist: Mit Maxi, Mitsurugi, Tira, Ivy, Siegfried oder Astaroth macht man nie etwas falsch. Unter den Bonusnasen befinden sich Klassiker wie Kilik, Edge Master oder Sophitia (hier unter dem Namen »Elysium«), die aber ihren individuellen Kampfstil verloren haben - stattdessen kloppen sie in jeder Runde wie ein anderer. Auch einige von der alten Garde fühlen sich so an, als wären sie ganz neu dabei, es gibt zum Teil drastische Stil- und Balanceveränderungen. Zwar nicht so krass wie bei Jin Kazama in Tekken 4, aber z.B. bei Maxi überdeutlich: Der früheren Kombomaschine des Schreckens wurde deutlich Reichweite und Verknotungsmöglichkeit der Angriffe genommen - da ist wieder Tutorialbankdrücken angesagt. Was aber kein Problem sein sollte, denn der Trainingsmodus ist erstklassig und macht einen auch mit Neuerungen wie den schnellen Ausweichschritten vertraut, dank dener man Reichweitenmonstern wie Ivy noch effektiver als mit dem normalen Schritt in den Raum ausweichen und somit schnell den Zahn ziehen kann. Eine wichtige Empfehlung an dieser Stelle: Wie immer ist Soul Calibur nur so gut wie seine Eingabemethode. Zwar lässt es sich prima mit Pads spielen, aber gerade schnelle Doppeleingaben machen nur mit einem guten Stick wirklich Spaß!

Signore Ezio schlägt zurück

Die Handlung ist gefällig präsentiert, aber inhaltsleerer als eine Kiste Vakuum.
Die Handlung ist gefällig präsentiert, aber inhaltsleerer als eine Kiste Vakuum.
Einige Kämpfer sind brandneu. Neben Patroklos und Pyrrha sind da noch Z.W.E.I., Viola, Xiba osder Natsu. Die beiden Erstgenannten treten außerdem nochmal in Alpha- bzw. Omega-Form auf, was ihren Kampfstil deutlich verändert. Doch vom Äußeren abgesehen sind die Newcomer gar nicht so neu, denn die meisten davon variieren nur den Stil ihrer Eltern bzw. Meister: Pyrrha erinnern an Sophitia, Xiba ist Kilik in Jung, Natsu die Schülerin von Taki. Zwei Figuren, namentlich Z.W.E.I. und Viola, haben zudem einen sehr mystischen Kampfstil, der auf einen flugs herbei gebeamten Werwolf bzw. eine Mondsphäre setzt - zwar interessant, aber doch sehr gewöhnungsbedürftig und passt weniger zu Soul Calibur als vielmehr zu BlazBlue.

Wurde im Vorgänger noch die Star Wars-Karte gezückt, was zu Gastauftritten von Darth Vader, Starkiller und Yoda führte, gibt es dieses Mal (vorläufig) nur einen Todesdozenten: Ezio Auditore da Firenze, bekannt aus Assassin’s Creed. Der ist den Designern so wichtig, dass ihm gleich zwei Achievements bzw. Trophäen gewidmet wurden, mit ihm zu kämpfen ist allerdings eher fortgeschrittenen SC-Spielern zu empfehlen - er kombiniert mehrere Waffenformen mit eher gemütlichen Manövern, hat aber einige aus seinen Abenteuern bekannte Angriffe sowie einen heftigen italienischen Akzent.

Ezio Auditore aus der Assassin's Creed-Reihe ist der Stargast von Soul Calibur 5 - und passt sehr gut in die Reihe. Allerdings kein Fall für Einsteiger.
Ezio Auditore aus der Assassin's Creed-Reihe ist der Stargast von Soul Calibur 5 - und passt sehr gut in die Reihe. Allerdings kein Fall für Einsteiger.
Der Vorgänger führte einige neue Angriffsmöglichkeiten ein, u.a. »Soul Crush« oder berstende Rüstungen. Ein Teil davon, nämlich der, den die meisten Spieler ohnehin nie nutzten, wurde wieder über Bord geworfen. Geblieben ist eine mehrteilige Energieleiste (der »Critical Meter«): Füllt sich diese mit erfolgreichen Angriffen und Blocks, lassen sich mächtigere Angriffe starten - zuerst »Brave Edge« (verstärkte Varianten normaler Attacken), dann das durchschlagskräftige »Critical Edge«, das mit etwas Pech mal eben die halbe Energieleiste schluckt und das Kampfgeschehen dadurch bis zum Rundenende spannend hält. Und natürlich lassen sich auch die Rüstungen weiter sprengen. Wer meint, sich hinter einem Dauerblock verstecken zu können, bekommt seinen Irrtum von einem fortgeschrittenen Spieler sehr schnell sehr deutlich demonstriert. Für diese ist auch das neue »Just Guard«-System gedacht, das keine Blockenergie verbraucht und schnelle Reaktionen ermöglicht, aber exzellentes Timing voraussetzt.

Seht her! Ich habe die Macht!

Technisch ist SC5 wieder einmal sehr gelungen - allerdings ist der grafische Abstand vom vierten zum fünften Teil nicht mehr ganz so groß.
Technisch ist SC5 wieder einmal sehr gelungen - allerdings ist der grafische Abstand vom vierten zum fünften Teil nicht mehr ganz so groß.
Auch wenn die Kampagne eingangs auf die Mütze bekommen hat, sollte man sie sich nicht entgehen lassen - führt sie einen doch entspannt an das Spielprinzip heran und schaltet viel frei. U.a. den »Legendäre Seelen«-Modus, der woanders schlicht »Boss Rush« heißen würde: Hier bekommt man es mit sehr starken CPU-Widersachern zu tun, eine beeindruckende Herausforderung für Pad- oder vorzugsweise Stick-Könner. Ansonsten haben Solisten noch die Wahl zwischen »Arcade« (sechs Kämpfe auf Zeit) und »Schnellkampf«, wo man gegen zufällig zusammengewürfelte Einzelfeinde antritt. Das war’s, zumindest für Einzelkämpfer. Hat man einen Kloppkumpel zur Hand, darf man sich natürlich lokal bekämpfen. Aus irgendeinem Grund ist die maximale Rundenzeit allerdings nicht mehr »unendlich«, sondern beträgt 60 Sekunden? Wer hatte denn diese blöde Idee?

Auch in der weiten Welt ist man nicht allein, der Online-Modus macht’s möglich. Und zwar besser als erwartet, denn selbst USA-Verbindungen mit zwei von fünf Qualitätsbalken waren noch prima spielbar. Man darf auch fleißig filtern, nach Region, ungefährem Spielerlevel und eben besagter Verbindung. Oder man macht sich das Leben leicht und betritt das »Kolosseum«: Das ist nur eine etwas größere, regional unterteilte Lobby, auf der die Spieler als Karten herumlungern. Man kann mit ihnen ein Schwätzchen oder ein Kämpfchen starten sowie drei von ihnen als Rivalen markieren - dadurch behält man ihren Spielfortschritt immer im Auge. Es gibt Ranglisten- und freie Spiele, außerdem darf man die Wiederholungen beeindruckender Kämpfe speichern und mit der Welt teilen.

Der große Kader hält Kämpfer und Waffen für jeden Geschmack bereit.
Der große Kader hält Kämpfer und Waffen für jeden Geschmack bereit.
Schon SC4 war ein wirklich schönes Spiel: Edle, liebevoll designte Levels, anmutige Animationen, flüssige Kampfeffekte, wild flatterndes Haar. Die gute Nachricht: All das gilt auch und noch mehr für SC5. Die schlechte: Allerdings nicht sehr viel mehr. Im direkten Vergleich sehen beide Spiele sehr ähnlich aus, sehr viel scheint man aus der grundsätzlichen Thematik (und der aktuellen Konsolengeneration) nicht mehr raus holen zu können. Macht nichts, SC5 ist auch so einer der schönsten 3D-Prügler der Gegenwart. Neu sind die mehrteiligen Arenen, die nach einigen Runden wechseln - so springt man auf einem Schiff von einem Deck zum nächsten, oder eine himmlische Arena verwandelt sich in ein düsteres Untergangsszenario. Einige Levels sind räumlich begrenzt (und meist von Wasser bzw. tiefen Gräben umgeben, in die man die Gegner kicken kann), andere bieten die u.a. aus der Tekken-Serie bekannten unendlichen Felder.

Fazit

Ich weiß nicht, woran es lag, aber Soul Calibur 4 habe ich seinerzeit recht schnell aus der Hand gelegt - und das, obwohl ich die Serie seit seligen PSone-Tagen liebe und verehre. Irgendwas hat einfach nicht Klick gemacht. Das ist beim offiziellen fünften Teil anders, wenngleich aus unerwarteten Gründen: Maxi, mein Favorit, wurde deutlich verändert, viele Bewegungen sind neu, sein Timing anders - der Lernprozess hat quasi von vorn begonnen. Was gar nicht dumm ist, denn viele Überraschungen bietet SC5 nicht: An ein »Weapon Master«-Pendant traut sich Project Soul scheinbar gar nicht mehr ran, die Kampagne ist hohl wie eh und je (und mit höchst unsympathischen Figuren besetzt). Dafür gibt es mehr vom Bekannten, was man gerade am mächtigen Editor oder dem fabelhaften Online-Modus sieht. Immerhin haben dadurch alle etwas davon: Der Fan bekommt genau das, was er erwartet (und etwas mehr), der Einsteiger wird nicht verschreckt. Und warum sollte er auch? Das Kampfsystem ist nach wie vor eines der besten weit und breit, die Präsentation exzellent, die Steuerung vorbildlich!

Wertung

360

Immer noch eines der schönsten 3D-Beat-em-Ups - mit tollem Kampfsystem, abwechslungsreichem Kader und wenigen Spielvarianten.

PlayStation3

Immer noch eines der schönsten 3D-Beat-em-Ups - mit tollem Kampfsystem, abwechslungsreichem Kader und wenigen Spielvarianten.

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