Gotham City Impostors10.02.2012, Mathias Oertel
Gotham City Impostors

Im Test:

Die letzten Batman-Abenteuer haben die Lizenz sehr gut genutzt und den dunklen Ritter wieder salonfähig gemacht. Weil Multiplayer-Shooter ohnehin ein fester Bestandteil der Szene sind, liegt die Idee nahe, beide Elemente zu verbinden. Braucht die Spielwelt nach diversen Battlefields und Call of Duties überhaupt noch eine weitere Massen-Ballerei? Oder haben die Gotham City Imposters ein paar Überraschungen auf Lager?

Trittbrett-Fahrer

Ein Mehrspieler-Shooter im Batman-Universum? Cool. Ich wollte schon immer mal mit Batman, Robin & Co. (natürlich alle von menschlichen Spielern verkörpert) dem Joker und seinen Schergen den Hintern aufreißen - natürlich nur virtuell. Doch wie es aussieht, muss ich mich damit noch ein wenig gedulden. Denn auch wenn Monolith bei Gotham City Impostors (GCI) auf den Bekanntheitsgrad der DC Comics-Lizenz rund um den dunklen Rächer setzt, ist die Grundvoraussetzung hier etwas anders.

Hier bekämpfen sich nicht die allseits bekannten Helden mit ihren Antagonisten. Stattdessen schlüpfen Leute wie du und ich in entweder den Joker oder Batman symbolisierende Kostüme und machen sich das Leben schwer. Und wie beim "Eisernen Vasquez" oder den "Söhnen Batmans" aus Frank Millers "Die Rückkehr des dunklen Ritters" finden diese Verkleidungsversuche irgendwann ein jähes Ende.

Keine großen Überraschungen

Auch wenn die erzählerische Basis mit den Nachahmern des Vigilanten sowie seines Antagonisten eher ungewöhnlich ist, ist GCI im Kern nur ein weiterer Titel, der auf die Formel setzt, die von einschlägig bekannten Mehrspieler-Shootern wie Battlefield 3 und vor allem den letzten Call of Duty-Teilen definiert wurde: Mehr oder weniger taktisches Ballern, was die Magazine hergeben auf der einen und mit einem Erfahrungssystem verbundene Personalisierung auf der anderen Seite.

Das ist doch nicht Bruce Wayne? Richtig! Hier kämpfen Batman-Nachahmer mit Joker-Fans um die Vorherrschaft in Gotham City.
Das ist doch nicht Bruce Wayne? Richtig! Hier kämpfen Batman-Nachahmer mit Joker-Fans um die Vorherrschaft in Gotham City.
Zwar gibt es einen Herausforderungsmodus für Solisten, doch der ist im Prinzip nur eine mit Erfahrungspunkten vergütete Verlängerung des Tutorials. Man kann hier die Feinheiten einzelner Waffen und Gimmicks sowie das allgemeine Kartenlayout kennenlernen. Wobei man das ohnehin schnell verinnerlicht hat. Zum einen, weil die Schauplätze nahezu optimal auf die maximal zulässige Spielerzahl von zwölf Teilnehmern abgestimmt wurde und entsprechend klein sind. Zum anderen, weil es insgesamt nur eine Hand voll Karten gibt, die für jeden der drei teambasierten Spielmodi genutzt werden können.

Auch hier braucht man nicht auf Außergewöhnliches hoffen: Team Deathmatch ist selbsterklärend. Hinter Ausräucherung verbirgt sich eine Domination-Variante und die "Psychologische Kriegsführung" beherbergt einen Capture-The-Flag-Mechanismus.  

Hektischer Spaß in der Vertikalen

Sicher kann man monieren, dass sich Monolith hier wahrlich keine kreativen Beine ausreißt und unter dem Strich auch hinsichtlich des Umfangs den Eindruck hinterlässt, dass man nur das Nötigste macht. Doch auf den wenigen zur Verfügung stehenden Karten und mit den nach und nach freizuschaltenden Personalisierungsoptionen kommt schnell ein nicht zu verachtender Unterhaltungswert auf.

Mit dieser Brille kann man die Gegner auch durch Wände hindurch erkennen und für das eigene Team markieren.
Mit dieser Brille kann man die Gegner auch durch Wände hindurch erkennen und für das eigene Team markieren.
Wer schon seit Wochen und Monaten auf den großen Schlachtfeldern unterwegs ist oder dem Ruf der Ehre folgt, wird vermutlich sagen, dass er den "Comichelden-Müll" nicht braucht. Selbst schuld, würde ich dem entgegen halten: Denn wo die Military-Vertreter unter den Mehrspieler sich häufig viel zu ernst nehmen, regiert in Gotham City der Humor sowie kurzweiliger und unkomplizierter Spaß. Viele Waffen und ihre Modifikationen, die sich selbstverständlich alle auf die Werte wie Genauigkeit, Durchschlagskraft etc. auswirken, basieren zwar auf realistischen Modellen. Aber es gibt auch Ausnahmen wie die schwere Kanone, die am ehesten an ein mit Nägeln gefülltes Maschinengewehr erinnert.

Doch es sind nicht die Ausrüstungs- oder Personalisierungsmöglichkeiten, die die Teamausflüge nach Gotham City so interessant machen. Es ist vielmehr der gut umgesetzte Versuch, das immer wieder in Shootern unterschätze Element der vertikalen Action einzusetzen. Dahinter verbergen sich hier verschiedene Gimmicks, mit denen man schnell auf der jeweiligen Karte nach "oben" kommt, sei es nun, um an erhöhte Positionen (sehr geeignet für Sniper) zu kommen. Oder einfach nur, um schnell von einem Ende zum anderen zu kommen.

Dazu gehören z.B. Rollschuhe, mit denen man nicht nur im Allgemeinen etwas schneller ist als zu Fuß, sondern mit denen man bei besonderen Rampen auch gewaltig Fahrt aufnimmt und "in die Luft geht". Auch die verrostete Seilrutsche, die natürlich an Batmans Greifhaken angelehnt ist, aber elend lange benötigt, bis sie nach Benutzung wieder aufgeladen ist, gehört in diese Kategorie. Oder auch die Sprungfeder-Schuhe, die einen je

Schau mir in die Augen, Kleiner: Die Gefechte auf der Hand voll Karten sind schnell, hektisch und unterhaltsam.
Schau mir in die Augen, Kleiner: Die Gefechte auf der Hand voll Karten sind schnell, hektisch und unterhaltsam.
nach Dauer des Tastendrucks in die Höhe schnellen lassen. Mit diesen Gimmicks und die dadurch forcierte Umstellung der Herangehensweise gewinnt die Teamschlacht um Gotham eine besondere Qualität, die man in anderen Team-Shootern so nicht findet.

Mein Held

Bei den zahlreichen Ausrüstungsmöglichkeiten, die sich nicht nur auf primäre und sekundäre Bewaffnung ausdehnen, wird der Humor ebenfalls deutlich. Hier warten u.a. ein Kastenteufel (eine Minenvariation), eine Bärenfalle, aber auch Bumerangs, Shurikens, ein Unsichtbarkeitstrank (dann sind allerdings keine Offensiv-Aktionen möglich) oder eine Brille, mit der man Feindespositionen durch Wände hindurch bestimmen und sie sogar markieren kann - wird der markierte Feind abgeschossen, erhält man natürlich Punkte für die Hilfe.

Mit den zur Verfügung stehenden Perks oder Boni, die man freischaltet und die sich automatisch aktivieren, so z.B. wenn man fünf Mal hintereinander abgeschossen wurde, ohne einen eigenen "Kill" landen zu können, wird das Personalisierungskarussell abgerundet. Insgesamt hat man ein umfangreiches Arsenal an Goodies, Gimmicks und Schießprügeln zur Verfügung, mit denen man sich zusätzlich zu den Standardklassen (u.a. Sniper, Medic usw.) mühelos einen Charakter erstellen kann, der seine ganz speziellen Fähigkeiten in den Dienst des Teams stellen kann. Oder natürlich einen, der der eigenen Spielweise in die Karten spielt.

Die Vertikale spielt eine besondere Rolle in Gotham City und sorgt für frische Angriffsoptionen.
Die Vertikale spielt eine besondere Rolle in Gotham City und sorgt für frische Angriffsoptionen.
Doch alle Personalisierung, alle normalen und gewöhnlicheren Waffentypen und selbst der gute "Vertikal-Einsatz" können nicht verbergen, dass mechanisch wenig mehr als ein "ganz normaler" Mehrspieler-Shooter mit letztlich geringem Kernumfang angeboten wird - das allerdings zu einem fairen Preis von 14,99 Euro auf Steam und im PSN sowie für 1200 Punkte auf dem Xbox Live Marktplatz.

Kleine große Ärgernisse

Doch das Spielerlebnis Gotham City Impostors hätte noch eindringlicher sein können. Denn immer wieder stolpert man über Kleinigkeiten, die für Frust sorgen und die nicht immer von den zweifellos vorhandenen Qualitäten beiseite gewischt werden können.

Dazu gehört z.B. das Matchmaking, das sich immer wieder Schnitzer erlaubt. Zwar findet man mittlerweile auf allen Systemen in allen Spielmodi bereits nach kurzer Zeit genügend Teilnehmer. Doch Ausgewogenheit scheint im gegenwärtigen Zustand noch ein Fremdwort zu sein. Wenn die Joker bis auf eine Ausnahme nur aus hochstufigen Spielern rekrutiert werden, die Flattermänner aber maximal Level 15 haben, nimmt der Frust zu. Nicht nur, weil man mehr Gimmicks und Freischaltungen zur Verfügung hat, je mehr Stufen man hat. Sondern auch, weil die Kartenkenntnis ungleich höher liegt als bei einem Spieler, der gerade mal Level 4 oder 5 erreicht hat. Wenn Monolith hier keine besseren Such- bzw. Zusammenstellungsalgorithmen einsetzt, wird der Frust zunehmend für leere Server und mehr Spielabbrecher sorgen. Wobei ich generell nichts dagegen habe, wenn erfahrene Spieler mit Neulingen in eine Gruppe geworfen werden. Doch wenn der akkumulierte Gruppen-Level z.B. einen Unterschied von mehr als 30 Punkten (bei sechs Spielern) ausmacht, ist das ein auch auf dem Schlachtfeld spürbares Missverhältnis.

Hinsichtlich der Personalisierung braucht sich Gotham City Impostors nicht hinter den Battlefields und Call of Duties dieser Welt verstecken.
Hinsichtlich der Personalisierung braucht sich Gotham City Impostors nicht hinter den Battlefields und Call of Duties dieser Welt verstecken.
Dass bereits zum Start haufenweise kostenpflichtige Zusatzinhalte zur Verfügung stehen, stößt ebenfalls leicht sauer auf. Zwar betreffen diese zu einem Großteil nur kosmetische Teile, die man sich im Lauf der Zeit auch ohne Geldeinsatz freispielen kann. Doch der temporäre Erfahrungspunkt-Bonus ist exemplarisch für die Möglichkeit, seine Spielerfahrung durch monetäre Aufwendung angenehmer zu gestalten.

Die PC-User bekommen die visuell schönste Fassung mit den besten Texturen, wobei die Kollegen auf Konsolen ebenfalls gut aussehen und alle Versionen weder Probleme mit der Bildrate bekommen noch serverseitig mit Lags kämpfen. Allerdings zahlen die Nachwuchs-Flattermänner am Rechenknecht gleich mit einem doppelten Kopierschutz für den letztlich minimalen Grafik-Vorsprung, den sie genießen: Außer Steam (für Download und Start des Spiels, Origin und GfW Marktplatz werden ebenfalls unterstützt) ist auch eine Anbindung an das Games for Windows Live-Konto nötig.

Fazit

Ich hatte mit Gotham City Impostors mehr Spaß als ich ursprünglich erwartet hatte. Auch wenn das Ballern mit Personalisierungs- sowie Ausrüstungsmöglichkeiten wahrlich nicht neu ist, sorgen kleine Ideen für eine angenehme Frische. Vor allem die bislang häufig ungenutzte Einbindung der Vertikalen sorgt auf den gut designten und von der Größe nahezu perfekt auf die maximal zwölf Spieler abgestimmten Karten für Abwechslung: Man kann nie sicher sein, aus welcher Richtung die Gegner einen jetzt angreifen. Etwas umfangreicher hätten sich die Erben Batmans jedoch zeigen können. Gerade mal fünf Karten und drei Spielmodi stehen zur Verfügung, auf denen sich das Matchmaking häufig Fehltritte mit unbalancierten Gruppen erlaubt. Zusätzlich stört mich die zu starke Einbindung der so genannten Micro-Transactions, also das Kaufen zusätzlicher Inhalte aus dem Spiel heraus. Vieles davon kann man zwar auch mit der Zeit freischalten, doch die Förderung einer Zweiklassen-Gesellschaft steht der Unterhaltung im Weg. Und wieso müssen PC-User zusätzlich zu Steam mit Games for Windows Live durch Gotham ziehen? Trotz dieser Ärgernisse wird hier Multiplayer-Action auf solidem Niveau erreicht.

Wertung

360

Prinzipiell gelungene Mehrspieler-Action mit umfangreicher Personalisierung und ein paar netten Ideen, aber geringem Kernumfang und unzureichendem Matchmaking.

PC

Eigentlich eine interessante Alternative zu Battlefield oder Modern Warfare - wenn nur mehr Karten und Modi zur Verfügung stünden. Das Matchmaking hat ebenfalls Luft nach oben.

PlayStation3

Die Action ist schnell und angenehm hektisch, die Personalisierung ist umfangreich. Mit fünf Karten und drei Spielmodi ist der Umfang aber knapp bemessen, während das Matchmaking sich immer wieder Aussetzer leistet.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.