Lego Harry Potter: Die Jahre 5-725.11.2011, Paul Kautz
Lego Harry Potter: Die Jahre 5-7

Im Test:

Vor gut einem Jahr feierte Harry Potter seinen Einstand als Lego-Figur in interaktiver Form - und gesellte sich damit zu dem illlustren Kreis, in dem schon Star Wars, Batman und Indiana Jones die Klötze schwangen. Allerdings war das Abenteuer nur eine Halbzeit, kümmerte es sich doch nur um die ersten vier Schuljahre des Zauberlehrlings. Jetzt werden die restlichen Schulbänke gedrückt.

Die unerträgliche Leichtigkeit des Spiels

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Es gibt kaum ein Szenario, das besser zu Lego passt als das Harrypotterversum. Eine Welt voller Magie, voller Abenteuer, mächtiger Zauberer, dem abgrundtief Bösen - hier gibt die Phantasie genau so Vollgas wie vor einer Kiste Legosteine. Dem entsprechend groß war die Freude, als im Juli 2010 die beiden Welten auf höchst spaßige Art und Weise verbunden wurden; Entwickler Traveller’s Tales steht seit Jahren für Klotzspaß auf hohem bis sehr hohem Niveau. Der Nachfolger knüpft nahtlos an den ersten Teil an, kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass der Handlungsspielraum sehr vorhersehbar ist.

Spielerisch hat sich im Vergleich zu Lego Harry Potter: Die Jahre 1-4 nicht viel getan: Nach wie vor liegt der Schwerpunkt auf den meist sehr leichten Puzzles; die Action, die z.B. bei Lego Star Wars deutlich im Mittelpunkt steht, muss hier zurücktreten. Klar wird ab und zu der Zauberstab für ein gut gezieltes Wingardium Leviosa gezückt, aber meist nur noch für die gegen Spielende etwas zu oft bemühten Duelle. In denen bewegt man sich zusammen mit dem Gegner in einem abgegrenzten Kreis und muss ihm mit dem richtigen Zauberspruch eins überbraten - der benötigte Zauber wird mittels einer Färbung überdeutlich angezeigt. Generell ist der Anspruch des Spiels extrem niedrig: Nach wie vor gibt es keine Möglichkeit eines Game Over und die Lösung der Puzzles ist meist offensichtlich - wenn man mal festhängen sollte, dann liegt das grundsätzlich daran, dass man einen benötigten Gegenstand noch  nicht gefunden hat. Meist liegt der aber in offener Sicht. Und falls nicht, zeigt oft genug ein Pfeil in die Richtung.

Allein in Hogwarts

Im Gegensatz zu anderen Lego-Abenteuern ist Lego Harry Potter: Die Jahre 5-7 (ab 4,19€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) (LHP2) ein lineares Vergnügen, zumindest was die Handlung betrifft. Folgt man der erwünschten Erzählweise (sprich: lässt sich vom Hausgeist immer zum nächsten Einsatzgebiet bugsieren), wird man stringent durch die letzten drei Bücher geschleust - wobei die Handlung wieder mal sehr sprunghaft ist und sich nur Schlüsselstellen der Bücher zur Brust nimmt. Es gibt keine Möglichkeit, wie bei anderen Lego-Spielen, frei zwischen den Büchern zu wechseln. Aber natürlich hat man immer die Wahl, einfach vom vorgeschriebenen Pfad abzuweichen und Hogwarts auf eigene Faust zu erkunden: Das Schloss ist wirklich gigantisch, es gibt an jeder Ecke und in jedem Raum viel zu entdecken. Allerdings sind einem gerade anfangs die Magierhände stark gebunden, da man viele Bereich erst mit fortgeschrittener Zauberei betreten darf. Man hat zwar die Wahl, sich die entsprechenden magischen Formeln zu kaufen, statt sie im Laufe der Handlung gratis zu erhalten, aber das kostet zum Teil extrem viele Lego-Steine. Und da man anfangs noch keine Stein-Multiplikatoren hat, dauert auch das ewig. Die sinnvollste Vorgehensweise ist also nach wie vor: Kampagne durchspielen und danach alle freigeschalteten Levels als voll ausgestatteter Magier erneut erkunden - dann aber richtig!

Wie gesagt sollte man mit der Handlung der Bücher oder wenigstens der Filme vertraut sein, um den Geschehnissen einigermaßen folgen zu können. Die Zwischensequenzen sind teilweise wunderbar absurd inszeniert, der Traveller’s Tales-typische Humor ist in voller Fahrt - aber natürlich taugen die brabbelnden und summenden Figuren nicht dazu, eine komplexe Geschichte zu erzählen. Die Missionen beschränken sich auf wichtige Punkte der Geschichte wie das Erlernen des Patronus-Zaubers oder die Occlumency-Sitzungen mit Professor Snape (die in rauschigem Sepia präsentiert werden).

Die Zwischensequenzen sind wieder mal das Highlight des Spiels - der Humor ist wieder mal höchst albern.
Die Zwischensequenzen sind wieder mal das Highlight des Spiels - der Humor ist wieder mal höchst albern.
Unverändert hat man anfangs nur wenige Zauber im Portfolio, die werden nach und nach über Unterrichtsstunden erweitert, wodurch man auch neue Bereiche in Hogwarts betreten kann. Serientypisch kann man immer wieder seine Magierfüße schonen und in dem einen oder andere Vehikel Platz nehmen - wobei selten klassische Fahrzeuge, sondern vielmehr abgefahrener Kram wie Mini-Lokomotiven, ein Rad mit gigantischer Glocke oder ein Flummikürbis warten.

Alles unklar, oder was?

Inhaltlich sind alle Fassungen identisch; auf PC, 360, PS3 und Wii gibt es die gleichen Missionen und Figuren. Technisch gibt es natürlich erhebliche Unterschiede, wobei die PC-Fassung traditionsgemäß den Shader vorn hat: Hier gibt es optionales Anti-Aliasing, volle Effekte und VSync. Diese Version sollte man sich allerdings nur mit einem Gamepad gönnen - die Tastatursteuerung ist ein Ausbund an Schwammigkeit. 360 und PS3 befinden sich auf einem Niveau, die Unterschiede zur PC-Fassung sind marginal: Auch hier gibt es super-knuddelige Figuren, schöne Effekte und eine tolle Tiefenunschärfe. Die Kulisse mag auf den ersten Blick simpel aussehen, aber gerade im Bereich der Schatten und der Klotzdetails in Hogwarts wird zum Teil sehr Beeindruckendes geboten. Allerdings gibt es einen sehr merkwürdigen Effekt, den man sieht, wenn sich Figuren in Nahaufnahme schnell bewegen: Das Ganze sieht aus wie schlechte Kompressionsartefakte, die wie ein Schleier um die Klotzhelden schweben. Zwar nicht direkt störend, aber trotzdem bizarr. Ganz und gar nicht bizarr, sondern eine gute, wenn auch längst überfällige Nachricht: Der Motion Blur heißt jetzt »Bewegungsunschärfe« - die Tage der »Unklaren Bewegungen« sind vorbei.

Die Wii-Fassung bildet naheliegenderweise das Technik-Schlusslicht: Hier gibt es keine Unschärfen, die Welt-Details sind zurückgekurbelt, es gibt deutlich weniger Grafikeffekte. Nichtsdestotrotz sieht das Spiel auch hier gut aus, die auf Nunchuk und Remote verteilte Steuerung geht nach einiger Eingewöhnung gut von der Hand, das Ganze läuft meist flüssig. Wie gewohnt darf ein zweiter Spieler jederzeit einsteigen, der variable Splitscreen ist ungeschlagen - aber leider gibt es auch dieses Mal keinen Online-Modus.

Fazit

Klar schließen die Jahre 5-7 direkt an den Vorgänger an - aber muss sich das Spiel deswegen unbedingt wie ein Add-On anfühlen? Die Atmosphäre ist unverändert zauberhaft, Hogwarts ein gigantischer Spielplatz mit massenhaft Austobmöglichkeiten für Pfadfinder und Freischalter. Der Humor ist unverändert großartig bis hochgradig albern, die nicht-lineare Struktur des Spiels lädt zum Experimentieren ein, der Umfang ist beeindruckend, der Splitscreen-Modus unverändert vorbildlich. Und dennoch bleibt die Faszination etwas auf der Strecke: Die Lego-Piraten waren spielerisch fortgeschrittener und vor allem auch anspruchsvoller - wie schon der erste Lego Harry ist auch der zweite sehr einfach, der Schwerpunkt des Designs liegt auf einfachen Puzzles, weniger auf Kämpfen. Wer das Szenario mag, wird auch dieses zauberhafte Abenteuer in sein Herz schließen - aber ein wenig ernüchtert bin ich trotzdem.

Pro

schöne Präsentation
teilweise herrlich alberner Humor
präzise Steuerung
beeindruckender Umfang
vorbildlicher Splitscreen
zauberhafte Soundkulisse
sehr viel zu erkunden und freizuschalten
liebevolles Design

Kontra

sehr niedriger Schwierigkeitsgrad
merkwürdiger Flimmer-Effekt
kaum spielerischer Fortschritt zum Vorgänger
bruchstückhafte Erzählung
kein Online-Modus
ungenaue Tastatursteuerung (PC)

Wertung

360

Der neue Klotz-Harry bietet frischen Knobel- und Erkundungsspaß - aber leider kaum Anspruch und wenig Neues.

PlayStation3

Der neue Klotz-Harry bietet frischen Knobel- und Erkundungsspaß - aber leider kaum Anspruch und wenig Neues.

Wii

Die Wii-Version ist die technisch schwächste von allen, spielerisch aber auf Par mit den anderen.

PC

Die PC-Fassung bietet den gleich Inhalt wie die anderen Fassung, darüber hinaus auch noch die beste Technik.

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