Delta Force: Black Hawk Down07.10.2005, Jens Bischoff
Delta Force: Black Hawk Down

Im Test:

Das Genre der taktisch angehauchten Military-Shooter ertrinkt in WWII- und Vietnam-Szenarien. Da tut es gut, dass Spiele wie Black Hawk Down zeigen, dass es auch andere Krisengebiete gibt bzw. gab. Allerdings hat das PC-Original schon über zwei Jahre auf dem Buckel, was man den Konsolenumsetzungen leider deutlich anmerkt. Dabei hätte man doch genug Zeit gehabt, um alte Fehler auszubessern und die Technik auf den neusten Stand zu bringen. Wir verraten euch, woran die Somalia-Einsätze auf PS2 und Xbox kranken und worüber man sich trotzdem freuen darf.

Drama ohne Dramatik

Black Hawk Down entführt euch als Mitglied eines amerikanischen Sonderkommandos ins krisengeschüttelte Somalia, wo im Oktober 1993 die Abschüsse zweier US-Hubschrauber für politischen Zündstoff sorgten. Euer insgesamt 16 Missionen umspannender Einsatz beginnt jedoch schon etwas früher und führt euch schrittweise an das traumatische Ereignis heran. Allerdings bleibt die Hintergrundgeschichte trotz existierender Roman- und Filmvorlage äußerst blass.

Trügerische Idylle: In dem verschlafenen Dorf hinter euch halten sich Rebellen verschanzt (Xbox).
Statt einer spannenden Story mit tragischen Einzelschicksalen, düst ihr quasi nur, begleitet von austauschbaren Kameraden, von einem Einsatzort zum nächsten und eliminiert scharenweise bewaffnete Rebellen, auf die ihr durch Texteinblendungen oder Funksprüche kurz aufmerksam gemacht werdet.

Auf Schienen durchs Krisengebiet

Zwar führt ihr teilweise auch Schutz-, Aufklärungs- und Eskortierungsmissionen aus, aber der Spielverlauf bleibt aufgrund der völlig stupiden Gegner-KI fast immer gleich: Ihr begebt euch von Wegpunkt zu Wegpunkt, macht planlos heranstürmende Gegnerhorden platt, sprengt gelegentlich irgendetwas in die Luft und macht euch wieder aus dem Staub. Für Abwechslung sorgen eingestreute Flug- und Fahrabschnitte, bei denen ihr die Gegner nicht mit euren eigenen Waffen, sondern mit stationären Geschützen ausradiert, während ihr auf Schienen durch den jeweiligen Spielabschnitt geschleust werdet. Allerdings solltet ihr nicht einfach alles abballern, was auch vor die Flinte kommt, da oftmals auch Zivilisten, UN-Truppen oder Kameraden die Schusslinie kreuzen, was dem teils fast schon arcadegleichen Gameplay zumindest einen gewissen taktischen Anstrich verpasst.

PS2-Soldaten leben länger

Besonders auf der Xbox solltet ihr auch eure lediglich durch drei Farben symbolisierte Gesundheit im Auge behalten, da euch die teils unvermittelt aus dem Nichts auftauchenden Rebellen mit nur wenigen Schüssen niederstrecken können. PS2-Soldaten leben hingegen meist länger, da ihr auf der Sony-Konsole nicht nur zwischen drei Schwierigkeitsgraden wählen dürft, sondern auch Medikits anfordern könnt, eine detaillierte Lebensenergieanzeige zur Verfügung habt und von einem praktischen Checkpoint-System gestützt werdet. Auf der Microsoft-Konsole müsst ihr hingegen selbst den geeigneten Speicherpunkt wählen und seid auf eine bestimmte und zudem niedrigere Anzahl an Saves beschränkt - was vor allem bei Jungferneinsätzen einen entscheidenden und mitunter extrem frustrierenden Nachteil darstellt.        

Exklusive Annehmlichkeiten

Darüber hinaus dürfen PS2-Schützen nach jeder erfolgreichen Mission Skill-Punkte auf verschiedene Fertigkeiten wie Zielgenauigkeit, Geschicklichkeit, Widerstandskraft oder Führungsqualität verteilen, zusätzliche Medikits oder Magazine erwerben und erhalten bei der Wahl der zur Verfügung stehenden Waffen detaillierte Angaben über Reichweite,  Feuerrate, Genauigkeit und Durchschlagskraft der einzelnen Modelle.

Große Kaliber: Schutz- und Aufklärungseinsätze in Helis oder Jeeps sorgen für Abwechslung (PS2).
Xbox-Spieler müssen auf all diesen Komfort verzichten, erhalten im Gegenzug aber früher Zugriff auf spätere Missionen und können meist aus einem umfangreicheren Waffenarsenal wählen. Allerdings gibt es auf beiden Konsolen manchmal bestimmte Vorgaben, an die ihr euch einfach halten müsst, da euer Einsatz sonst schon im Vorfeld zum Scheitern verurteilt wäre.

Hallo, hört mich wer?

Die Missionen sind im Prinzip auf Xbox und PS2 identisch, wobei es jedoch teils merkliche Abweichungen beim Leveldesign und Team-Management gibt. Sony-Feldherren können ihren Kameraden z. B. mehr Befehle geben als Xbox-Kommandanten, wobei letztere auch öfter mal allein auf sich gestellt bzw. mit selbstständig agierenden Kameraden unterwegs sind. Neben einem umständlichen Icon-Befehlssystem, das auf der Xbox kurioserweise sogar nur übers Pausemenü aufgerufen werden kann, sind auch Sprachanweisungen via Headset möglich. Allerdings wirkt die Spracherkennung insbesondere auf der PS2 alles andere als ausgereift.  Zudem unterscheidet sich auch die Art der verfügbaren Befehle: So könnt ihr eure Teammitglieder auf der Xbox zwar anweisen, Räume einzunehmen

Explosive Überraschung: Mit Schüssen auf Spritfässer lässt sich Munition sparen (Xbox).
oder Splitter- und Blendgranaten zu werfen, aber ihr könnt sie nicht alleine an bestimmte Stellen schicken, Feuerschutz anordnen sowie um Munition oder Medikits bitten wie auf der PS2. Befehle wie "Position halten!", "Folgt mir!", "Feuer einstellen!" oder "Feuer frei!" beherrschen hingegen beide Einheiten.

Programmierte Dummheit

Allerdings sind die Unterschiede, außer dem fehlenden "Gehe zu"-Befehl auf der Xbox, nicht so gravierend wie sie vielleicht erscheinen mögen, denn verlassen könnt ihr euch auf eure leicht unterbelichteten Begleiter ohnehin nicht. So schießen sie auf Wände, stehen euch wie angewachsen im Weg herum, haben Probleme mit der Wegfindung oder ignorieren eure Anweisungen einfach komplett. Nur gut, dass eure Gegner noch dämlicher sind und entweder völlig teilnahmslos im im Kugelhagel verharren, wie aufgescheuchte Hühner im Kreis laufen oder unbeirrt anhand gescripteter Marschrouten ins Verderben rennen. Dennoch segnet ihr gerade auf der Xbox öfters das Zeitliche als es euch lieb sein wird, was jedoch nicht auf sporadisch cleveres Gegnerverhalten, sondern einzig auf die schieren Feindmassen und aus dem Nichts herbei gebeamte Gegner zurückzuführen ist.  Wenn ihr euch einem Rebellenstützpunkt nähert und sich hinter euch plötzlich ein Scharfschütze materialisiert, ist das absolut witzlos und bei einem tödlichen Treffer auch noch extrem frustrierend.

Söldner aus Fleisch und Blut

Licht ins Dunkle: Mit dem Restlichtverstärker behaltet ihr auch nachts die Überischt (PS2).
Zum Glück könnt ihr aber zumindest eure dämlichen Kameraden in den vorzeitigen Ruhestand schicken, da die Entwickler beiden Versionen einen Koop-Modus spendiert haben. Dieser beschränkt sich zwar auf sechs (Xbox) bzw. zehn (PS2) der 16 Kampagneneinsätze und lässt sich nur via Splitscreen zocken, stellt aber trotzdem eine willkommene Bereicherung dar - auch wenn es PS2-Spieler ziemlich ärgern dürfte, dass sie im Gegensatz zu ihren Xbox-Waffenbrüdern nur zu zweit und nicht auch zu dritt oder zu viert in die kooperative Schlacht ziehen dürfen. Dafür sind sie jedoch bei den anderen Splitscreen-Modi im Vorteil, denn während auf der Xbox nur Koop und Deathmatch mit geteiltem Bildschirm gespielt werden können, dürfen PS2-User auch die Modi Team-Deathmatch, King of the Hill, Capture the Flag, Flagball, Tag und Team Tag mit bis zu drei Freunden via Splitscreen bestreiten. Auch beim Map-Angebot sind Sony-Spieler im Vorteil, da sie aus insgesamt 25 Karten wählen können, während es auf der Xbox gerade einmal neun gibt. Schade nur, dass in keinem einzigen Multiplayer-Modus zusätzliche CPU-Bots aktivierbar sind - angesichts der katastrophal schlechten Gegner-KI in der Einzelspieler-Kampagne aber wohl kein wirklicher Verlust...     

Klassenunterschiede im Netz

Richtig los geht es mit den Mehrspielerfreuden aber sowieso erst über System-Link (nur auf Xbox verfügbar) oder online, wobei ihr je nach Plattform nicht nur verschiedene Maps und Spielmodi zur Verfügung habt, sondern auch stark abweichenden Teilnehmerzahlen unterliegt. So können sich auf der PS2 maximal 32 Spieler gleichzeitig in serverseitig angebotenen Matchvarianten bekriegen, wobei die Zahl bei selbst angelegten Partien auf gerade einmal acht Teilnehmer zusammenschrumpft. Über Xbox Live tummeln sich hingegen bis zu 50 Spieler in offiziellen Matches,  während bei privaten Online-Partien oder via System-Link immerhin noch 32 User zugelassen sind. Auch bei den verfügbaren Maps legt die Xbox online kräftig zu,

Training der Klonkrieger: Diese Teamkameraden stammen wohl aus dem Genlabor (Xbox).
obwohl viele Karten an Spielmodi gebunden sind oder in mehreren, nur leicht veränderten Varianten vorliegen. Per Content-Download soll es aber ohnehin ständig neuen Nachschub geben - auch wenn sich dieser wohl größtenteils aus bereits veröffentlichten PC-Kreationen zusammensetzen wird.

Schütze oder Sanitäter

Aber schon jetzt freuen sich Xbox-User über ein zumindest komplexeres Kartenangebot, bei dem ihr im Gegensatz zur PS2 sogar Jeeps und Helikopter besteigen könnt, um die dort montierten Geschütze zu bedienen. Allerdings lassen sich die Vehikel weder manövrieren, noch zerstören, so dass das Ganze an eine Bahnfahrt in einem Vergnügungspark erinnert. Trotzdem kann man mit den fliegenden bzw. fahrenden Geschützstellungen einen Heidenspaß haben - zumindest bis ihn ein versierter Scharfschütze jäh beendet. Apropos Scharfschütze: Ein originelles Feature von Black Hawk Down ist die Wahl einer speziellen Charakterklasse wie Scharfschütze,  Nahkampfexperte oder Sanitäter vor Spielbeginn, was nicht nur Auswirkungen auf die zur Verfügung stehenden Waffen hat, sondern auch diverse Spezialaktionen wie das Verarzten verwundeter Teammitglieder

Kurzweiliges Vergnügen: Die Online-Matchs sorgen trotz gewisser Unausgewogenheit für Laune  (PS2).
oder Anbringen von Sprengladungen ermöglicht. Wer mit seiner gewählten Klasse nicht zurecht kommt, kann diese in speziellen Gebäuden, wo man auch Waffen auswechseln darf, jederzeit wieder ändern, was vor allem Einsteigern zu Gute kommt.

Motivierendes Chaos

Insgesamt wirkt die Online-Erfahrung zwar teilweise etwas chaotisch und unausbalanciert, aber doch irgendwie einzigartig. Vor allem die enormen Spielerzahlen und individuellen Charaktermöglichkeiten heben den Titel von der Konkurrenz ab. Auch bei den Spielvarianten findet ihr ausreichend Beschäftigung - insgesamt verfügt jede Konsole über sieben Spielmodi, wobei "Angreifen & Verteidigen" sowie "Suchen & Zerstören" Xbox-exklusiv und "Tag" sowie "Team Tag" PS2-exklusiv sind. Xbox-Besitzer dürfen sich zudem über komfortable Clan-Features und offizielle Turniere freuen. Rang- und Freundeslisten gibt es hingegen auf beiden Konsolen. Die Online-Performance ist trotz der üppigen Spielerzahlen übrigens recht ordentlich,  sofern man keine Partien mit schlechtem Ping wählt. Selbst mit über 40 Spielern waren Lags während unserer Testphase auf beiden Systemen eine Seltenheit.

Grafische Ernüchterung

Limitiertes Miteinander: Der neue Koop-Modus steht leider nur via Splitscreen zur Verfügung (Xbox).
Auf technischer Seite sind Xbox-Schützen bis auf die teils exzessiven Ladezeiten hingegen klar im Vorteil, da die Grafik-Engine wesentlich mehr Objekte und Details auf dem Bildschirm zaubert als ihr PS2-Pendant. Zwar wirkt die Optik auch auf der Microsoft-Konsole alles andere als zeitgemäß, aber im Vergleich zur PS2 sieht sie trotz massiver Detail-Popups um Klassen besser aus. Die Bildrate ist hingegen auf beiden Plattformen ordentlich - auch wenn es keinen 60Hz-Modus gibt. Dafür könnt ihr das Spiel jedoch optional in 16:9 genießen. Die atmosphärische Soundkulisse sogar in Pro Logic II (PS2) bzw. Dolby Digital (Xbox). Allerdings sind die Surround-FX teils schwer zu orten und manche Sound-FX sogar irreführend, denn selbst wenn kein einziger Gegner in der Nähe ist, werden teils trotzdem Schussgeräusche eingespielt. Die deutsche Sprachausgabe und Übersetzung macht eine sehr gute Figur, wobei ihr trotzdem auch dem englischen Originalton lauschen könnt. Schade nur, dass sich der Funkverkehr in der leider etwas kurz geratenen Einzelspielerkampagne nicht auch über Headset abspielen lässt, um ein intensiveres Mittendringefühl zu erzeugen. Da auch die Spracherkennung nicht astrein funktioniert, könnt ihr offline also getrost auf dieses Zubehör verzichten.     

Fazit

Ähnlich wie bei den Konsolenfassungen von Ghost Recon 2 merkt man Black Hawk Down deutlich an, dass verschiedene Entwicklerstudios am Werk waren. Während sich Climax bei der Xbox-Konvertierung sehr nahe an Novalogics PC-Original gehalten hat, ging Rebellion mit der PS2-Version teils ganz eigene Wege: So wurde nicht nur das Leveldesign stellenweise abgeändert, sondern auch neue Features wie ausbaufähige Skills eingebaut. Zudem dürft ihr bei der Sony-Kampagne zwischen drei Schwierigkeitsgraden wählen, euch über deutlich kürzere Ladezeiten freuen sowie ein weniger freies, aber auch weniger frustrierendes Speichersystem nutzen. Allerdings müssen auf technischer Seite deutlich Abstriche gegenüber der ohnehin schon reichlich angestaubt wirkenden Xbox-Fassung gemacht werden. KI und Storyeinbindung sind hingegen auf beiden Konsolen ein Witz. Auch der Umfang der Einzelspieler-Kampagne, die nun zum Teil sogar kooperativ bestritten werden kann, ist nicht gerade üppig. Dafür protzt der Multiplayer-Part mit zahlreichen Maps, Spielmodi und Teilnehmerzahlen die im Konsolenbereich ihresgleichen suchen. Der Spielablauf gestaltet sich mit bis zu 50 Usern zwar trotz weitläufiger Areale teils etwas chaotisch, bietet dafür jedoch individuelle Charakterklassen und interessante Teamaspekte, wodurch der Titel zumindest online seine Daseinsberechtigung hat. Offline gibt es hingegen genug Alternativen mit besser inszenierter Story, ausgeklügelterem Team-Management, anspruchsvollerer KI und zeitgemäßerer Technik.

Pro

neuer Koop-Modus
individuelle Charakterklassen
atmosphärische Soundkulisse
relativ unverbrauchtes Szenario
zusätzliche RPG-Elemente (PS2)
variabler Schwierigkeitsgrad (PS2)
angenehmes Speichersystem (PS2)
Vehikeleinsatz im Multiplayer (Xbox)
zukünftiger Content-Download (Xbox)
freiere Waffen- & Missionswahl (Xbox)
hilfreiche Waffenspezifikationen (PS2)
bis zu 50 (Xbox) bzw. 32 (PS2) Spieler online

Kontra

lächerliche KI
kein System-Link (PS2)
relativ kurze Kampagne
belanglose Storyelemente
massig Detail-Popups (Xbox)
extrem lange Ladezeiten (Xbox)
Koop-Modus nur via Splitscreen
viel Trial & Error (vor allem Xbox)
umständliches Icon-Befehlssystem
Multiplayer ohne Option auf KI-Bots
unzeitgemäße Grafik (vor allem PS2)
Koop-Modus nur für zwei Spieler (PS2)
kein Funkverkehr über Headset (offline)
kein frei konfigurierbares Tasten-Layout
miese Spracherkennung (vor allem PS2)
nur Koop & Deathmatch via Splitscreen (Xbox)

Wertung

XBox

PlayStation2

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.