Im Test:
Mittendrin statt nur dabei
Die Tür schließt sich hinter mir. Ich schaue mich um. Durch den Maschendrahtzaun hindurch jubeln mir tausende Zuschauer zu. Ich fixiere meinen Gegner auf der anderen Seite des Octagons, betrachte meine Handschuhe und registriere, wie Ringsprecher Bruce Buffer erst den Kampf, dann mich und schließlich den Gegner ankündigt. Ich werde nicht mehr viele Chancen bekommen, um den Titel des Leichtgewicht-Champions kämpfen zu können. Es geht um alles. Ringrichter Dan Miragliotta ruft mich und meinen Kontrahenten in die Käfigmitte, er gibt uns noch ein paar Anweisungen und schickt uns dann wieder in unsere Ecke. Nur noch wenige Sekunden, dann geht es los: Der wohl wichtigste Kampf meiner sich bald dem Ende neigenden Laufbahn.
Man ahnt es vielleicht: Der Karrieremodus, der mich in der Vorschau bereits euphorisch werden ließ, hat mich auch in der finalen Version mitgerissen. Mit seiner umfangreichen Personalisierung (bis hin zur Erstellung eigener Highlight Reels, was auch alternativ automatisch stattfinden kann), den im Vergleich zum Vorgänger deutlich verbesserten Trainingsoptionen und dem Fokus auf Aktivität, der gleichzeitig eine Abkehr von der Zahlenschieberei des letzten Teils darstellt, hat man einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Dabei sind zwar Elemente wie Interviews der Schere zum Opfer gefallen, doch da die beim Vorgänger ohnehin bald redundant wurden, vermisse ich sie nicht - zumal mit den immer wieder eingestreuten Interview-Ausschnitten bekannter UFC-Kämpfer zu besonderen Karriere-Punkten wie z.B. erster Kampf oder erste Niederlage eine Verbindung geschaffen wird.
Bei den Zusammenstellungen der so genannten Fight Cards werden die Athleten im Normalfall innerhalb ihrer Position in der Rangliste passend zusammengestellt. Allerdings stellt man sich wie beim Vorgänger die Frage, wieso ich mit meinem Top 10-Fighter in einer Fight Night (einer eher kleineren Veranstaltung) als Main Event gesetzt werde, der Kampf der Schwergewichte Frank Mir und Junior Dos Santos (beide zu dem Zeitpunkt im Spiel in den Top 5) jedoch nur Co-Main-Event ist. Derart merkwürdige Ansetzungen begegnen einem immer wieder, was allerdings nur den Hardcore-Fan stören dürfte. Denn unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass die Karriere hinsichtlich der Zusammenhänge homogener, strukturierter und logischer wirkt.
Trainings-Eifer
Wie z.B. die Entscheidung, die Trainings-Ergebnisse und damit das Ansteigen der jeweiligen Eigenschaftswerte (sie können übrigens nicht mehr wie in Teil 2 automatisch zurückgehen) transparenter zu machen – und mit Aktivität zu verknüpfen, die wie bei EAs MMA deutlich näher an den eigentlichen Kämpfen ist als bislang.
Inklusive Sparrings-Optionen warten über ein Dutzend Trainingsspiele, um die mehr als 20 allgemeinen, offensiven sowie defensiven Eigenschaften zu verbessern. Dazu gehören Übungen zur Takedown-Verteidigung ebenso wie diverse Sparrings-Optionen, die Arbeit am Sandsack oder spezielle Kraftübungen. Bei einigen dieser Elemente ist allerdings Vorsicht geboten, da Krafttraining unter Umständen dazu führt, dass Beweglichkeit oder auch andere Elemente an Effektivität verlieren.
Und so beginnt man seine Laufbahn als Anfänger in der World Fight Alliance WFA, bahnt sich seinen Weg in die UFC, setzt seine Kämpfe an, legt sich ggf. einen Schlachtplan zurecht, der für die Dauer eines Kampfes die Eigenschaften modifiziert, investiert die vor
Das alles klingt auf den ersten Blick vielleicht umständlich und die für mein Empfinden etwas zu trockene Menüpräsentation in der Karriere könnte zusätzlich abschrecken. Doch in der Praxis findet man sich schnell zurecht - vor allem auch, weil Mike Goldberg, einer der Original-Kommentatoren, beim ersten Zusammentreffen mit neuen Elementen erklärt, was es damit auf sich hat.
Einzig das Zuweisen neuer Sponsoren und Ausrüsten neuer Klamotten für die Einmärsche etc. ist dank des unhandlichen Menüs in diesem Bereich ungewöhnlich umständlich.
Was zählt, ist im Ring
Den Variantenreichtum und die wesentlichen Elemente wie Stand-Up, Clinch, Bodenkampf/Ringen oder Jiu-Jitsu/Aufgaben virtuell zu replizieren, war die große Herausforderung, die erstmals von UFC Undisputed 2009 bravourös bewältigt wurde. Die Fortsetzung ein Jahr später hat mechanisch nur verfeinert, ohne ein wirklich neues Spielgefühl hervorzurufen.
Und nun, nach einer etwas längeren Auszeit? Basierend auf dem Grundkonzept der Steuerung von 2009 und der optimierten 2010-Version hat man hier in vielen kleinen Details zugelegt. Mit dem Pride-Regelwerk, bei dem man in einem "normalen" eingeseilten viereckigen Ring kämpft, hat man zusätzlich eine interessante Variante eingebaut, die nicht nur MMA-Nostalgikern schmecken dürfte.
Dabei stelle ich immer wieder erstaunt fest, wie abwechslungsreich und nah an den echten Kämpfen die virtuellen Gefechte liegen. Mal gibt es taktische Auseinandersetzungen, die an Käfigschach erinnern. Dann wiederum kommt es zu einem Blitz-KO, bei dem man fast lauter schreit als die beiden Kommentatoren, bevor das nächste Match zu einem kraftraubenden Bodengefecht wird, bei dem sich die beiden vermeintlichen Jiu Jitsu-Spezialisten mit ihren Aufgabegriffen egalisieren.
Ich geb auf
Weniger schön ist allerdings, dass eine gelungene Abwehr den Verteidiger sehr häufig in eine offensive Position bringt - was nicht unbedingt der Realität entspricht und das Kampfgeschehen mitunter auf den Kopf stellt.
Das wiederum könnte auch für die merkwürdigen Kampfrichter-Entscheidungen verantwortlich sein, die zwar selten vorkommen, aber dennoch für Stirnrunzeln sorgen. Andererseits hat Dana White den Satz "Don’t leave it in the hands of the judges" geprägt, sinngemäß übersetzt etwa „Sorgt dafür, dass die Entscheidung nicht in den Händen der Kampfrichter liegt“. Eventuell haben sich die Entwickler diesen Satz zu sehr zu Herzen gekommen.
Bei den anderen Kampfausgängen, darunter auch neue technische KOs, wenn z.B. die Beine durch ständige Tritte nicht mehr in der Lage sind, den Kämpfer zu tragen, Abbruch durch Verletzung etc. gibt es jedoch kaum Zweifel: Sie sind nahezu immer nachvollziehbar und spiegeln die Geschehnisse der UFC wider. Obwohl gelegentlich kontroverse Entscheidungen wie Punktabzüge oder vorschnelle Kampfabbrüche (wie beim letzten UFC Rio-Event von Mario Yamasaki eindrucksvoll demonstriert) durchaus geeignet wären, um den Realismus-Level zu erhöhen.
As real as it gets
"So echt, wie es nur geht": Das war und ist der Leitspruch der UFC. Und dieses Jahr kommt man diesem Motto auch in punkto Präsentation sehr nah. Denn rückblickend hatte der Vorgänger trotz guter Ansätze gerade in dieser Hinsicht noch Verbesserungsbedarf.
Vor allem die fernsehreife Produktion hat einen Schritt nach vorne gemacht: Die Athleten werden nicht mehr nur im Ring gezeigt, sondern auch auf dem Weg dorthin von der Kamera eingefangen, während die Original-Kommentatoren Joe Rogan und Mike Goldberg etwas über sie erzählen und wissenswerte Statistiken zu ihren Stärken eingeblendet werden. Man wird Zeuge, wie der Cutman sie präpariert und sie vom Ringrichter gecheckt werden, bevor sie unter dem frenetischen Jubel der Zuschauer und von Sprechchören begleitet ins Octagon steigen. Dass die normalerweise mehrere Minuten dauernden Einmärsche hier auf gut eine Minute zurechtgestutzt werden, stört mich in diesem Fall überhaupt nicht. Denn selbst diese Szenen sorgen für ungleich mehr UFC-Atmosphäre als der in dieser Hinsicht staubtrockene Vorgänger, bei dem nur Ringsprecher Bruce Buffer für authentisches UFC-Feeling sorgte - was er im Übrigen auch in dieser Ausgabe wieder mit Bravour, aber im Vergleich zu den echten Veranstaltungen etwas zu zurückhaltend erledigt.
Während der Gefechte setzt sich der gelungene Atmosphäreaufbau fort: Joe und Mike geben zumeist passende Kommentare von sich (die sich allerdings nach ein paar Dutzend Kämpfen abnutzen), die Zuschauer reagieren auf die Aktionen im Ring mit Raunen, Jubel und Kreischen. Wer genau hinhört, kann sogar wahrnehmen, dass die Trainer in den Ecken ihren Schützlingen Lob, Kritik und Motivation zurufen, die meist tatsächlich zu den Aktionen im Octagon passen - schön.
Keine Hilfe
Im Gegensatz dazu hat man sich an den Anmerkungen der Coaches, die man in den Rundenpausen angezeigt bekommt, schnell sattgesehen. Diese Textanalysen sind höchst oberflächlich, nichtssagend und helfen einem im Normalfall nicht wirklich weiter, wenn man seine Taktik für die nächste Runde festlegen möchte - schade.
Karriere und andere Kleinigkeiten
Ungewöhnlich ist, dass trotz eines Hangs zur Oberflächlichkeit in der Karriere viele kleine Details zu finden sind. Man kann nach einer Sieges- oder Niederlagenserie die Gewichtsklasse wechseln. Man kann (in Anspielung auf verletzungsbedingte Ausfälle in der echten UFC) kurzfristig Kämpfe annehmen, die zwar mehr Reputation einbringen, aber weniger Trainingszeit zur Verfügung stellen. Wenn man sein Selbstbewusstsein stärken möchte (oder auch um eine Niederlagenserie zu vermeiden), kann man sogar gegen vermeintlich schwächere Gegner antreten. Wobei auch hier keine Sieggarantie ausgesprochen werden kann - man sollte jeden Kampf ernstnehmen, bevor es ein böses Erwachen am Octagonboden gibt.
Bei den ggf. stattfindenden Einladungen zu einem der Pride-Turniere, die übrigens von den damaligen Kommentatoren Bas Rutten und Stephen Quadraos begleitet werden, wird zwar das entsprechende Regelwerk eingesetzt, das z.B. alternierende Rundenzeiten beinhaltet und auch Tritte gegen den Kopf eines am Boden liegenden Gegners erlaubt, doch beim Austragungsformat bleibt man konventionell: Anstatt einen Turniermodus einzusetzen, bei dem man innerhalb eines Events mehrfach antritt und dort nicht nur mit dem nächsten Kontrahenten sondern ggf. auch mit Konditionseinbußen aus den vorhergehenden Duellen zu kämpfen hat, hat man zwischen den Gefechten Pause. Sogar so lang, dass man zwischendurch seine "normalen" Trainingssitzungen einlegen kann. Das ist schade, da der eigentliche Pride-Turniermodus zusätzlichen Reiz geboten hätte.
Alternative Kampfoptionen
Doch das sind letztlich nur Kleinigkeiten im Umfeld, die sich nur minimal negativ auf die Motivation auswirken. Und wenn man partout keine Lust darauf hat, seinen Kämpfer
Dabei gibt es im Vergleich zum Vorgänger keine Überraschungen. Der Titel-Modus, bei dem man sich eine Offline-Rangliste nach oben kämpft, ist bekannt, ebenso die danach freigeschaltete Titel-Verteidigung. Auch der Event-Modus, bei dem man echte Veranstaltungen nachspielt oder der so genannte "Ultimate Fights"-Modus, bei dem man epische UFC- oder PRIDE-Auseinandersetzungen nachspielt bzw. neu entscheidet, sind Veteranen ein Begriff. Doch vor allem Letzterer wurde generalüberholt: Man muss zwar weiterhin bestimmte Aufgaben erfüllen, so z.B. das Vermeiden eines Takedowns für X Sekunden oder zehn Schläge aus einer offensiven Clinch-Position, diese werden jedoch dynamisch eingeblendet und man bekommt ein mitunter knappes Zeitfenster, bevor die nächste Mini-Mission angekündigt wird. Dadurch erhält dieser Modus eine neue Dynamik, die nur durch die offensichtliche DLC-Thematik wieder gedämpft wird. Denn bereits bei der ersten von fünf Gruppen (Best of Pride) ist ein Kampf dabei, den man herunterladen muss. Die restlichen vier Kategorien (u.a. Ultimate Rivals oder Ultimate Knockouts) gibt es nur als Download, zwei davon sollen ab Release immerhin kostenlos zur Verfügung stehen. Und während ich gegen DLC per se nichts einzuwenden habe, stört mich die Art und Weise, die hier praktiziert wird. Macht UFC Undisputed 3 (ab 36,10€ bei kaufen) deswegen weniger Spaß? Nein!
Ab ins Online-Octagon
Wie bei UFC Undisputed 2010 kann man auch online ins virtuelle Octagon steigen. Inhaltliche Überraschungen gibt es nicht: Neben schnellen Duellen und Ranglisten-Kämpfen kann man abermals ein Fight Camp gründen (oder einem beitreten), um dann mit einer Gruppe Gleichgesinnter die Käfige in aller Welt unsicher zu machen.
Dank einer überschaubaren, aber sinnvollen Auswahl an Filtern kommt man schnell zur Sache. Dabei kann man sowohl Bereiche wie Gewichtsklasse oder Zulässigkeit von selbst erstellten Athleten eingrenzen als auch Vorgaben wie Verbindungsqualität einstellen.
Wie bitte? Lasst mich diesen Widerspruch auflösen: Auf der einen Seite liefen die Server mitunter höchst instabil, so dass es immer wieder zu nervenden Abbrüchen kam. Kommt es hingegen zu einem stabilen Verbindungsaufbau, läuft das Spiel weitgehend flüssig – Lags, die sich jedoch nicht gravierend auf den Kampfausgang auszuwirken, waren nur bei Submissions stärker zu spüren.
Insofern spreche ich Yukes ein verhaltenes Lob aus, da sie auch hinsichtlich der Online-Komponente endlich auf einem guten Weg sind und sie auch daran gedacht haben, den Austausch von selbst erstellten Inhalten zu ermöglichen.
Fazit
UFC Undisputed 3 ist der unumstrittene Herrscher im Kampfkäfig. Herzstück dabei ist die nach wie vor gelungene Mechanik aus Schlägen, Tritten und Griffen. Diese zeigt sich sowohl zugänglicher für Einsteiger, bietet aber auch Veteranen neue Optionen, den Gegner zu dominieren. Dass das Aufgabesystem eine Seite aus EAs MMA Konzeptbuch kopiert und an die eigenen Bedürfnisse angepasst hat, tut dem Spielgefühl nur gut. Zwar ist es für den Verteidigenden mitunter zu leicht, nach einem Takedown wieder auf die Beine zu kommen, doch abgesehen davon ist es egal, wo der Kampf stattfindet - man hat immer viele taktische Möglichkeiten, dem Geschehen seinen Stempel aufzudrücken. Da das kämpferische Fundament stimmt, ist es nicht verwunderlich, dass man sich problemlos in den zahlreichen Modi verlieren kann. Vor allem die in nahezu jeder Hinsicht verbesserte Karriere hat es mir angetan, aber auch das Erstellen und Nachspielen von Events, Gefechte mit Pride-Regelwerk, der Kampf um den Titel oder der überarbeitete Ultimate Fights-Modus (mit seiner ärgerlichen DLC-Politik) locken immer wieder ans Pad. Nicht vergessen sollte man die deutlich gestiegene Atmosphäre mit Einmärschen, neuen Kameraeinstellungen, die die Intensität im Ring erhöhen, sowie den gelungenen Ansagen und Analysen der Original-Kommentatoren. Die Auseinandersetzungen im Käfig sind so dynamisch und spannend wie noch nie. Für Platin reicht es allerdings nicht, da die Technik weitgehend stagniert und vor allem im Umfeld (Ringsprecher, Publikum) kein Fortschritt stattfindet. Seit der ersten Undisputed-Ausgabe finden Verbesserungen nur im Detail statt, so dass das Ergebnis zwar nach wie vor schön anzuschauen ist, aber keine Überraschungen mehr bietet. Der Online-Modus, der inhaltlich ebenfalls Bekanntes abliefert, hat zwar zum Release noch mit Serverproblemen und Verbindungsabbrüchen zu kämpfen, doch ist die Verbindung einmal stabil, bleibt das Geschehen von schwerwiegenden Lags verschont.
Wertung
360
Dynamische Auseinandersetzungen, eine verbesserte Präsentation und ein weitgehend lagfreier Netzcode: UFC Undisputed 3 ist der Meister aller Kampfsport-Klassen.
PlayStation3
Dynamische Auseinandersetzungen, eine verbesserte Präsentation und ein weitgehend lagfreier Netzcode: UFC Undisputed 3 ist der Meister aller Kampfsport-Klassen.
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