Men of War: Condemned Heroes28.06.2012, Bodo Naser
Men of War: Condemned Heroes

Im Test:

1C Company kommt scheinbar über den Zweiten Weltkrieg nicht hinweg. Anders ist es nicht zu erklären, dass die russischen Macher erneut zum taktischen Echtzeit-Gefecht an die Ostfront blasen, wo in Men of War: Condemned Heroes (ab 1,48€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) sowjetische Strafgefangene gegen die Deutschen kämpfen.  Will das überhaupt noch jemand spielen?

Strafdienst an Ostfront

1C hält nix von schmucker Aufmachung. Wer was über die Strafeinheiten wissen will, muss selber suchen.
1C hält nix von schmucker Aufmachung. Wer was über die Strafeinheiten wissen will, muss selber suchen.
Strafbataillone waren Einheiten, in denen früher verurteilte Soldaten verschärften Dienst tun mussten. Solche Truppen gab es im Zweiten Weltkrieg auf beiden Seiten, wobei man in Condemned Heroes im Einzelspieler nur die Sowjets spielen kann. Die Strafbataillone waren meist für die Drecksarbeit zuständig, die sonst keine regulären Einheiten machen wollten. Bei der Wehrmacht waren das brutale Einsätze hinter den Linien, so z.B. im Partisanengebiet, während Genosse Stalin seine ungehorsamen Kämpfer an vorderster Front verheizte. Waren doch in der Roten Armee Deserteure Volksverräter und Kapitulation bei Todesstrafe verboten. Selbst für kleinere Vergehen konnte man schon ins Arbeitslager verbannt oder eben zum Dienst in einem Strafbataillon abkommandiert werden.

Leider spürt man im Add-On eigentlich nicht, dass man nun in einer berühmt-berüchtigten Strafeinheit seinen Dienst verrichtet. Die russischen Einheiten sind genauso aufgestellt, bewaffnet und organisiert wie bei Men of War üblich. Auch die Schlachten gegen die Deutsche sind nicht härter als im Grundspiel, das für Ungeübte ohnehin schon hart genug ist. Immerhin kann man die Schwierigkeit runterschrauben -  auf der leichtesten Stufe bleibt man deutlich länger am Leben. Das Weltkriegsszenario wirkt also durchaus vertraut, auch wenn man erst ab 1942 kommandiert. Die viergeteilte Kampagne beginnt in der Ukraine, führt über die russische Sommer-Offensive 1944 und Warschau bis an die deutsche Reichsgrenze.

Gewusst wie

Eigene Fahrzeuge sind die Ausnahme, weshalb man die des Feindes nimmt.
Eigene Fahrzeuge sind die Ausnahme, weshalb man die des Feindes nimmt.
Wer sich darin verbeißt, bekommt all das, wofür schon das Hauptspiel bekannt war, das man jedoch nicht braucht, um das nüchtern inszenierte Condemned Heroes zum Laufen zu bringen. In erster Linie ist das ein taktisch anspruchsvolles Spiel, bei dem man selbst entschieden kann, wie man genau vorgeht. Zwar gibt‘s dieses Mal  weniger Raum zum Manövrieren als etwa beim Vietnam-Ableger, aber dennoch werden einige Möglichkeiten geboten. Die Ziele stehen allerdings immer fest: Einmal muss man einen Panzer reparieren, um die Deutschen abzuwehren. Aber wie genau man vorrückt und wo man Stellung bezieht, wird zum Glück nicht vorgeschrieben. Für Anfänger ist das trotz Tipps eher frustrierend, da man die Missionen mehrmals in Angriff nehmen muss, bis man es endlich schafft.

Einmal mehr kommt es eher darauf an, die historischen Waffen möglichst klug einzusetzen. So muss man etwa Handgranaten werfen, um MG-Stellungen des Feindes auszuheben. Um für den Wurf auch die richtige Position zu haben, muss man sich erst nach und nach an das Ziel heran tasten. Eine Anti-Panzergranate zu platzieren, ist wieder was ganz anderes. Auch sonst wollen innerhalb eines Zuges viele Spezialisten wie Scharfschützen, Flammenwerfer oder Panzerjäger richtig eingesetzt sein. So bekommt man z.B. Soldaten mit Panzerbüchsen, die die Kette eines jeden Panzers ausschalten können. Derart unbeweglich wird selbst ein schwerer Tank zur leichteren Beute für die Infanterie.

Dreht die Geschütze!

Manche Stellung kann man nur dank gefunderer Austrüsung halten.
Manche Stellung kann man nur dank gefunderer Ausrüstung halten.
Viele der Waffen hat man nicht von Anfang an, sondern muss sie erst erobern. So kann man jedes Geschütz, Granatwerfer oder MG nicht nur zerstören, sondern übernehmen, indem man einen Mann dafür abstellt. Dann noch schnell in Richtung Feind gedreht und schon leistet es gute Dienste. Die Fahrzeuge kann man nicht nur übernehmen, sondern Wracks sogar ausschlachten. So baut man das deutsche MG raus, stielt die Munition und nimmt es gegen die Landser. Ohne die richtigen Patronen ist aber selbst die schönste Waffe wertlos. Dann bleibt einem nur noch die Alternative, den Feind mit blanken Fäusten anzugreifen.

Fürs Vorrücken ist auch die Deckung wichtig, um dem Feindbeschuss aus dem Weg zu gehen. Es gibt wieder mannigfaltige Möglichkeiten zum Tarnen, die von einem einfachen Baum über Steine bis zum echten Schützengraben reichen. Wie ihm Grundspiel kann man sich auch hier alle Möglichkeiten anzeigen lassen und sich dann für die Beste entscheiden. Mindestens ebenso effektiv ist die Tatsache, dass man sich auch niederknien oder hinlegen kann, denn es ist kaum möglich, einen Feind zu treffen, der am Boden liegt. Zudem stehen Schützen oft unvermutet auf, wenn sie den Graben verlassen, was ihr Todesurteil ist. Denn wer in Men of War dumm rumsteht, beißt bald ins Gras.

Verhalten der Feinde

Leider schaffen es die eigenen Schützen nicht, selber mal die Knarre zu wechseln.
Leider schaffen es die eigenen Schützen nicht, selber mal die Knarre zu wechseln.
Die KI eines Strategiespiels besteht bekanntlich aus eigenen und feindlichen Soldaten, wobei man gegen Letztere kaum etwas sagen kann. Die Deutschen kommen im Singleplayer anmarschiert, wenn das Skript sie ruft und tun ihr Bestes, um einen in Schwierigkeiten zu bringen. Trotz einer gewissen Vehemenz sind deren Attacken nicht immer wirkungsvoll, da sie oft unkoordiniert oder wenig clever vorgehen. Richtig dumm wird es, wenn man mit seinen leichten Panzern vor die Reihen fährt, wo sie zum Futter der Feinde werden. Aber immerhin entsteht durch die Übermacht der Eindruck, es mit einem harten Gegner zu tun zu haben, der einem schon auf mittlerer Schwierigkeit alles abverlangt.

Leider kann man das von den eigenen Schützen nicht unbedingt behaupten, da sie nicht immer tun wie geheißen. Hier besteht dasselbe Problem wie schon im Grundspiel, da man schon sehr vertraut mit der Steuerung sein muss. Denn ansonsten klickt man mit seinem Soldaten einfach auf den Panzer und wundert sich, warum man abgeschossen wird. Man muss seine Befehle stets aufschlüsseln, um schrittweise vorzugehen. Erst in Deckung vorrobben und dann erst den Angriff befehlen. Ein weiteres Manko ist, dass die Soldaten zwar automatisch feuern, aber eben nicht die Waffe wechseln. Da kann es vorkommen, dass jemand mit der Pistole auf den Feind schießt, obwohl er noch eine bessere Waffe hätte.

Schlacht zu mehreren

Abseits des Singleplayers mit seinen 13 Missionen kann man auch  noch im LAN oder Internet gegeneinander kämpfen, wozu ein GameSpy-Account benötigt wird. In der nicht sehr vollen Lobby können bis zu acht Spieler gegeneinander antreten, wobei auch Teamwork gefragt ist. Es gibt zwei Modi namens Flaggeneroberung und Siegesflagge, wobei man Zone erobern soll, die nur von Fußsoldaten besetzt werden können. Das Team mit den meisten Zonen gewinnt. Der größte Unterschied ist, dass man hier auch die Deutschen auswählen kann.

Fazit

Eigentlich sollte man die immer gleichen Schlachten an der ewigen Ostfront längst abstoßend finden, auch weil das Echtzeit-Taktikspiel in etwa so einladend ist wie ein ukrainischer Schützengraben. Aber es ist wie immer in der Men of War- Reihe: Hat man sich erst mal durch das beinharte Spielprinzip mit seiner anfangs bescheuerten Steuerung und teils unfairen Schlachten gewurstelt, will man plötzlich weitermachen. Schließlich hat man - warum auch immer - das erste Kapitel geschafft! Gerade weil einem nichts geschenkt wird, spricht es eine bestimmte Art von Strategie-Cracks an. Freilich besitzt es nicht den Schwung des Vietnam-Teils der Reihe, auch weil es die Welt der sowjetischen Strafgefangenen nicht mal ansatzweise streift und mal wieder nur im Zweiten Weltkrieg spielt, was aber durch die authentischen Gefechte zum Teil wieder ausgeglichen wird. Unterm Strich ist es aber nicht so schwach wie der Red Tide, weshalb er irgendwo zwischen Dschungelhölle und Schwarzmeerflotte rangiert.              

Pro

Deckung wieder elementar
taktisches Vorgehen gefragt
authentische Kämpfe
Schwierigkeit einstellbar

Kontra

praktisch dasselbe wie im Hauptspiel
abgedroschenes Weltkriegsszenario
gewöhnungsbedürftige Bedienung
im Singleplayer keine Deutschen spielbar

Wertung

PC

Eigentlich immergleiches Ostfront- Add-On, das am Ende aber doch wieder fordert.

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