Counter-Strike: Global Offensive31.08.2012, Paul Kautz
Counter-Strike: Global Offensive

Im Test:

Bomben werden gelegt und entschärft, Geiseln entführt und befreit, Gut gegen Böse, Terroristen gegen Sicherheitskräfte. Punkt. Genau wie vor 13 Jahren, als das Phänomen als hilflose kleine Half-Life-Mod das Licht der Monitore erblickte. Und danach nicht nur die Shooter-Welt im Sturm nahm, sondern vor allem hierzulande für den größten Teil des Übels der Welt verantwortlich gemacht wurde. Jetzt steht "Global Offensive" in den Läden. Und was macht man damit? Man lässt sich einmal mehr zeigen, wie n00big man wirklich ist.

Party like it’s 1999!

Fangen wir mit dem Offensichtlichsten an: Counter-Strike ist immer noch hässlich. Zugegebenermaßen war das Spiel noch nie eines der Kategorie "Eye Candy", und Global Offensive hat im Vergleich zu CS: Source deutliche Sprünge gemacht. Aber einen Vergleich mit echter Hochglanzware wie Battlefield 3 oder Modern Warfare 3 sollte man sich ersparen. Der Fokus lag schon immer auf Skill, und dem steht Blingbling nur im Weg - viel wichtiger ist, dass die Simpelgrafik nicht nur aussieht wie 2000, sondern auch entsprechend niedrige Hardwareanforderungen hat, wodurch es auch auf Mittelklasse-Hardware mit Frameraten im dreistelligen Bereich flitzt.

Nicht ohne meine P-90!

Auch spielerisch bleibt Valve bei seinen bewährten Leisten - CS ist und bleibt CS: Anvisieren über Kimme und Korn gibt es nicht, man kann nur etwas genauer zielen, indem man in die Hocke geht. Mit dem Messer in der Hand läuft man schneller.

Tradition ist Tradition: Die Terroristen bomben, die Sicherheitskräfte versuchen, genau das zu verhindern. Das alte Katz-und-Maus-Spiel.
Tradition ist Tradition: Die Terroristen bomben, die Sicherheitskräfte versuchen, genau das zu verhindern. Das alte Katz-und-Maus-Spiel.
Je nach gewählter Seite (Terrors oder Anti-Terrors) werden Bomben gelegt oder entschäft, Geiseln befreit oder bewacht. Und das auf neun altbekannten Karten, von Dust und Dust 2 über Aztec und Office bis Train und Italy. Das Wichtigste ist aber nach wie vor: Counter-Strike ist nichts für Anfänger. Wer Battlefield-Entspannung sucht, wird hier spätestens nach der 20ten Wiederholung von "Kurz nach vorn laufen, Kopfschuss kassieren, frustriert auf die nächste Runde warten" die M4 ins Korn werfen. Zwar gibt es ein launig geführtes Tutorial, das einem mit unterhaltsamen Sprüchen vom Headshot über das Wegdrehen beim Anflug von Flashbangs bis hin zur fachgerechten Entschärfung von Bomben alles beibringt. Und man kann auch probeweise gegen ziemlich gut spielende Bots antreten. Aber all das kann einen nicht auf den Counter-Strike-Alltag vorbereiten. Und der lautet: Du bist schlecht. Spiel gefälligst wieder und wieder und immer wieder, vielleicht wirst du dann irgendwann weniger lausig!

Mit den neuen Feuergranaten bzw. Molotowcocktails kann man ganze Gänge kurzzeitig in ein Flammenmeer tauchen - was ganz neue Taktiken ermöglicht.
Mit den neuen Feuergranaten bzw. Molotowcocktails kann man ganze Gänge kurzzeitig in ein Flammenmeer tauchen - was ganz neue Taktiken ermöglicht.
Aber es ist nicht alles alt im Lande Counter-Strike: Es gibt jetzt, eine Verbeugung vor dem Zeitgeist, einen Haufen Awards, die man freischalten kann. Wofür? Nix. Schmuck halt. Ganz ähnlich auch der "Zeus"-Elektrobratzer, der nur ein Mal im Nahkampf abgefeuert werden kann, aber dann auf jeden Fall tödlich ist. Grundsätzlich eine prima Idee, aber wie oft benutzt man schon das Messer im CS? Vermutlich immer noch häufiger als der Zeus zum Einsatz kommen wird. Viel sinnvoller sind da die neuen Feuergranaten (bzw. Molotowcocktails auf Terror-Seite): Sie setzen einen Teil des Bodens für kurze Zeit in schmerzhaften Brand, wodurch sie zu einem enorm effektiven Mittel zur Rush-Verhinderung bzw. Laufwegskontrolle werden. Ebenfalls wichtig, wenn auch in erster Linie für Profis: Die Trefferzonen an den neuen Spielerfiguren sind detaillierter und etwas kleiner als gewohnt, was nach noch mehr Headshot-Zielgenauigkeit als zuvor verlangt. Ansonsten sind die Veränderungen oberflächlich: Ein paar Waffen wurden durch neuere Modelle ersetzt, die Scharfschützenvisiere sind leicht verschwommen (was in der Praxis aber kaum einen Unterschied macht), es gibt jetzt Punkte für Kill Assists - und ein neues Ringmenü für die Waffenwahl.
In den Standard-Modi kommen klassische Karten zum Zuge, die behutsam verbessert wurden.
In den Standard-Modi kommen klassische Karten zum Zuge, die behutsam verbessert wurden.
Das ergibt in erster Linie auf der Konsole Sinn, auf dem PC hat der fortgeschrittene Spieler seine Tasten-Shortcuts ohnehin verinnerlicht.

Und da hoppeln sie wieder

Die Standard-Spielmodi ("Classic Casual" und "Classic Competitive") könnten auch “Für Einsteiger” und „Für Profis“ heißen: In Ersterem hat man immer Kevlar und Helm dabei, es gibt kein Friendly Fire, nach dem Ableben darf man auch dem Gegner bei der Ballerarbeit zusehen - in Zweiterem gilt all das nicht. Die bekannten Karten wurden behutsam verändert, zum Teil etwas verkleinert und um sinnvolle Details erweitert - so gibt es auf Dust z.B. eine neue Treppe im Tunnel sowie eine Brücke zwischen den beiden Balkonen, was das bisherige Ungleichgewicht zugunsten der Anti-Terrors spürbar ausgleicht. Es gibt auch neue Karten, allerdings nur in den beiden zusätzlichen Spielvarianten.

Wie immer ist Counter-Strike ein Teamspiel - wer allein losziehen möchte, ist hier an der falschen Adresse.
Wie immer ist Counter-Strike ein Teamspiel - wer allein losziehen möchte, ist hier an der falschen Adresse.
Der erste nennt sich "Wettrüsten" und ist schon eine Weile unter dem Namen "Gungame" bekannt: Alle beginnen mit den gleichen Waffen, ein Kill gibt sofort die nächste in die Hand - Sieger ist, wer mit jeder Knarre einen Frag macht. Fieses Detail: Die Waffen werden aufsteigend schlechter, man braucht mit fortschreitender Spieldauer also immer mehr Geschick, um die Nase vorn zu behalten. Das Ganze spielt sich rasend schnell, auch und gerade weil es nur hier sofortige Wiederbelebung gibt, nachdem man erwischt wurde. Aber gleichzeitig leider nur zwei Karten. Mehr Abwechslung wartet in der "Zerstörung"-Variante: Das Waffenprinzip des Wettrüstens kommt auch hier zum Tragen, wird aber mit dem Bombenziel des normalen CS-Spiels auf kleinen Karten kombiniert. Resultat: Ein ebenfalls sehr hektisches und unterhaltsames Ballererlebnis.

Konsolen-Terror

Inhaltlich ist die 360-Fassung (die PS3-Version stand zum Testzeitpunkt nicht zur Verfügung) im Großen und Ganzen identisch zur PC-Version: Alle Spielmodi sind drin, alle Waffen, selbst die aufdringliche (und dankbarerweise abschaltbare) Musik. Schaut man allerdings genauer hin, offenbaren sich eklatante Unterschiede, die dem Konsolen-CS fast die Existenzberechtigung entziehen.

Die neuen Spielmodi sind zwar nicht so richtig neu, fügen sich aber gut ins Spiel - besonders "Zerstörung" macht sehr viel Spaß.
Die neuen Spielmodi sind zwar nicht so richtig neu, fügen sich aber gut ins Spiel - besonders "Zerstörung" macht sehr viel Spaß.
Es geht los mit der Spielerzahl: Auf dem PC dürfen bis zu 24 Teilnehmer gegeneinander antreten - auf der 360 sind es maximal fünf gegen fünf. Die Grafik ist deutlich abgespeckter, läuft aber trotzdem nur mit 30 Bildern pro Sekunde. Dass man im Gegensatz zum PC keinen Serverbrowser, sondern nur Matchmaking hat, ist man ja gewohnt. Neu ist, dass nach dem Ableben der Partychat stumm geschaltet wird - das soll wohl verhindern, dass man seinen Leuten die Position der Gegner mitteilt, nervt aber nur, weil so laufende Gespräche ständig gestört werden. Okay, Partychat aus, normaler Chat an - und was ist nun gewonnen? Schwachsinn!

Allerdings nicht so schwachsinnig wie die Steuerung - der größte Knackpunkt des Konsolen-Global-Offensive. Natürlich darf man nicht erwarten, die Präzision der Kombination Maus/Tastatur hundertprozentig auf die Analogsticks zu bekommen. Aber es gibt mittlerweile wahrlich mehr als genug Shooter, die eindrucksvoll beweisen, wie punktgenaue Steuerung auf dem Gamepad auszusehen hat. Auch aus dem Hause Valve. Bei Global Offensive ist aber nichts präzise, im Gegenteil: Die Standardbewegungen sind träge, schwammig und lassen sich nur sehr oberflächlich nachkorrigieren. Zwar gibt es sinnvolle Erleichterungen (wie eine 180°-Drehung auf Knopfdruck), aber dennoch hat das normale Spielen nicht mehr viel mit dem rasanten Counter-Strike zu tun. Von den gehäuften Lags ganz zu schweigen.

Fazit

Wahnsinn, wie alt das mittlerweile aussieht! Spielt man direkt davor Battlefield 3, spürt man den Sprung zurück zum Jahrtausendwechsel. Mit viel Phantasie und noch mehr zugekniffenen Augen könnte man die Technik von Global Offensive in die Nähe des ersten Modern Warfare rücken - aber das wäre auch schon das Maximum. Mit Prachtstücken der Neuzeit darf man das Spiel also nicht vergleichen, Counter-Strike ist nun mal ein Relikt aus simpleren Ballerzeiten, das Serious Sam der Mehrspielershooter, ein Anachronismus - aber ein nach wie vor sehr unterhaltsamer. Hier gibt es keine Perks, keinen Rangaufstieg, keine Boni, keine Killstreaks, keine Fahrzeuge - sondern nur perfekt ausbalancierte Levels, wirkungsvolle Waffen und das endlose Verlangen nach Skill, Skill, Skill. Skill über alles. Wer ein Problem damit hat, anfangs zehntausende Tode zu sterben, der ist bei den üblich verdächtigen AAA-Shootern besser aufgehoben. Counter-Strike ist unverändert eine höchst frustrierende Angelegenheit, bei der das Erfolgserlebnis allerdings umso größer ist, wenn man einen guten Lauf hat - ganz zu schweigen davon, dass das Arrrrrrrgh-verdammter-Dreck-elender-Cheater-Camper-Lucker-nur-noch-eine-Runde-wirklich!-Syndrom sehr ausgeprägt ist. Die Frage ist: Brauche ich Global Offensive, wenn ich das Original oder CS: Source schon habe? Nein, wenn es dir nur um den gewohnten CS-Spaß geht. Ja, wenn du Wert auf die intelligenten Design-Veränderungen in den klassischen Levels sowie die unterhaltsamen Sondermodi legst. Deutliche Worte der Warnung finde ich dagegen für potenzielle Besitzer der Konsolenversion: Mit der schlechteren Kulisse habe ich grundsätzlich kein Problem - mit der deutlich geringeren Spielerzahl schon. Das Schlimmste an dieser Fassung ist allerdings die träge und schlecht konfigurierbare Steuerung; da sind 360-Spieler wesentlich Besseres gewohnt!

Pro

fesselndes Katz-und-Maus-Spielprinzip
enorm herausfordernd
rasante Gefechte
im Vergleich zu früher deutlich verbesserte Grafik
intelligente Veränderungen der Karten
unterhaltsame Zusatzmodi
gute Bots
sinnvolle Erweiterungen im Waffenlager

Kontra

technisch hoffnungslos veraltet
gelegentliche Lags
aufdringliche Musik
sehr einsteigerunfreundlich
deutlich eingeschränkte 360-Version (schlechtere Grafik, weniger Spieler)
träge, schlecht konfigurierbare Steuerung (360)
größtenteils altbekannter Inhalt

Wertung

360

Lahme Technik, abgespeckte Spielerzahl und eine lausige Steuerung trüben den Konsolen-Ballerspaß deutlich.

PC

Counter-Strike bleibt sich treu - technisch knapp an der Schmerzgrenze, spielerisch für Shooter-Profis ein unverändert großer Spaß.

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larry123

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Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 12 Jahren