Im Test:
Messimania: Kleine Löwen und andere große Tiere
Der kleine argentinische Löwe, der Bayer Leverkusen quasi im Alleingang aus der Champions League geschossen hat, ist die Idealbesetzung fürs Cover. Der Fußballer vom anderen Stern ist sympathisch, torgefährlich und er kann am Ball eigentlich alles - vor allem tricksen.
Doch nicht nur Lionel Messi ist von der Partie. Man hat Zugriff auf über 100 lizenzierte Teams mit je 13 Spielern, darunter 20 Nationalteams (natürlich neben England oder Argentinien auch die DFB-Auswahl) sowie sechs komplette erste Ligen u.a. aus Spanien, Deutschland und Italien. Zusätzlich gibt es ein Dutzend All-Star- bzw. Sonder-Mannschaften, die man freispielen kann. Es ist allerdings nicht möglich, die Kader der Lizenzteams zu bearbeiten. Wer sehen möchte, wie z.B. Messi, Christiano Ronaldo und Mario Götze zusammen mit Bastian Schweinsteiger die Gegner aufmischen, wird keine Gelegenheit dazu bekommen - schade.
Tunnel statt Salto: Wie FIFA 12, nur anders...
Bundesliga (Deutschland)
Barclays Premier League (England)
Major League Soccer (USA)
La Liga BBVA (Spanien)
Ligue 1 (Frankreich)
Serie A (Italien)
Dazu gibt es 20 Nationalmannschaften sowie ein Dutzend Allstar-, Klassic- und Spezialteams - plus die adidas Allstars als Vorbesteller-Bonus. Schaut man sich den vier Jahre alten Vorgänger zum Vergleich an, fallen zwei Sachen auf: Zum einen verlässt man sich beim Grafikstil nicht mehr auf einen Comic-Ansatz, sondern setzt auf realistische Darstellung. Wobei nicht alle lizenzierten Spieler absolut akkurat getroffen scheinen, allen voran der Coverstar, dessen Haarfarbe und -Schnitt nicht korrekt sind. Zum anderen –und das ist wesentlich wichtiger- bewegt man sich weg von vollkommen überzogenen Tricks und Gamebreakern à la "dreifache Schraube mit Fallrückzieher, der einen Feuerschweif nach sich zieht". Stattdessen nutzt man realistische Tricks wie Übersteiger, Tunnel oder Lupfer in unterschiedlichen Variationen, die unter dem Strich dafür sorgen, dass sich FIFA Street deutlich bodenständiger anfühlt.
Von Zeit zu Zeit wirkt es zwar noch immer so, als ob der Ball serientypisch etwas zu sehr am Fuß klebt. Doch die Verwendung einer modifizierten FIFA-Engine samt Kollisions- sowie Ballphysik reduziert diese Momente auf ein Maß, das dem Arcade-Charakter gerecht wird. Der Ball verspringt nicht bei der kleinsten Kollision, aber die Tricks sind auch weit davon entfernt, eine Erfolgsgarantie zu versprechen.
Hinsichtlich der Kollisionen trifft man aber wie beim großen Bruder immer wieder auf Probleme: Körper verkeilen sich unglücklich und obwohl es eigentlich nur ein harmloses Aufeinandertreffen war, liegen beide am Boden und brauchen einige Sekunden, bis sie sich wieder aufrappeln. Das ist vor allem dann ärgerlich, wenn man eigentlich ein gelungenes Tackling absolvierte, dann aber den Ball verliert, weil man über den am Boden liegenden
Dauerläufer und Übertrickser: Ich mach dich nass
Ansonsten funktioniert der spielerische FIFA 12-Unterbau sehr gut. Passen, Schießen, Laufen, Verteidigen (klassische Grätschen gibt es übrigens keine, hier ist alles etwas fairer), die Laufwege der Mitspieler: Alles fühlt sich gut an – bis auf die Abwürfe der Torhüter, die öfter als nötig das Ziel verfehlen und im Aus oder an der Bande landen.
Allerdings muss man auf der Fußball-Straße keine Ausdauer beachten. Im Prinzip kann man ständig auf der Sprinttaste verweilen. Zwar wird man dadurch weniger wendig und hat im Zweifelsfall Probleme, den Ball unter Bedrängnis unter Kontrolle zu bringen. Doch theoretisch kann man die Straße auch als Dauerläufer beherrschen, wobei die Figuren einen Hang zur Trägheit haben, wenn es darum geht, vorzeitig die Animationen zu beenden.
Um die Dribblings gezielt einzusetzen sowie die insgesamt über 40 zur Verfügung stehenden Tricks, Finten, Kabinettstückchen sowie das Jonglieren vom Stapel zu lassen, ist jedoch etwas mehr Ruhe nötig. Über die linke Schultertaste bzw. L2 aktiviert man die enge Ballführung. Nun kann man über den linken Stick quasi den Ball mit dem bevorzugten Fuß annähernd 360 Grad führen und so versuchen, den Verteidiger zu einer Abwehraktion hinzureißen. Garniert man das mit einem über die Bumper bzw. L1/R1 in Kombination mit
Keine Chance: Stammspieler und Bankdrücker
Im Gegenzug muss man als Verteidiger ähnlich dem großen Bruder das Timing für den Angriff auf den Ball gut setzen, da man dem Stürmer ansonsten sehr viel Freiraum und vielleicht die entscheidenden Zehntelsekunden überlässt. Mit A bzw. X geht man in eine Lauerstellung und läuft parallel zum Tor mit dem gegnerischen Spieler mit. Die Möglichkeit, wie bei FIFA 12 einen zweiten Spieler auf den Ballführenden zu ziehen, sucht man vergebens. Und hier vermisse ich sie auch nicht. Denn zum einen ist die Spieleranzahl deutlich geringer, so dass ein zusätzlicher automatischer Verteidiger zu große Lücken an anderer Stelle reißt. Zum anderen ist das Abwehrverhalten der KI-Kollegen durchaus ansprechend. Sie decken den Raum zumeist clever, so dass man im richtigen Moment umschaltend gezielt den Angriff unterbinden kann.
Seltsam ist allerdings, dass man auf die bei Anpfiff auf dem Feld stehenden Spieler beschränkt ist. Selbst bei Nationalmannschaften oder Club-Teams mit ihren entsprechend großen Kadern kann man weder während des Spiels noch in der Halbzeitpause Kader- oder Taktikänderungen durchführen. Stellt man erst während des Kicks fest, dass die eher auf Angreifer und Dribbler ausgerichtete Mannschaftsaufstellung gegen die einen überrollende Gegnermacht wenig auszusetzen vermag - tja, dann ist das so. Die Möglichkeit, einen robusten Verteidiger für einen schmächtigen Mittelfeldmann zu bringen, gibt es nicht.
Von Kindergarten bis Barcelona: Intelligenz auf dem Platz
Bei Tempogegenzügen hat man jedoch meist das Nachsehen, was allerdings in der Natur der Dinge liegt. Der eigene Erfolg ist selbstverständlich auch vom gewählten Schwierigkeitsgrad abhängig. Auf "Leicht“ erinnert die Gegner-KI ein wenig an den HSV
Auf "Normal" sieht das schon anders aus: Nun beginnen die Gegner, die Räume gut zuzustellen, der Torwart wächst immer wieder über sich hinaus und sowohl Passspiel als auch Torschussausbeute werden deutlich effektiver. Doch mit etwas Übung sollte man auch hier wenig bis keine Probleme haben. Auf "Hart" schließlich sollte man sich auf dem Trainingsplatz mit den zur Verfügung stehenden Tricks vertraut machen, um sie aus dem Effeff zu beherrschen, da die KI einem hier sowohl in der Abwehr als auch im Angriff alles abverlangt. Noch besser wäre aber ein interaktives Tutorial statt der Videos gewesen, das einem die Tricks erklärt und die Ausführung überprüft.
Die KI leistet sich aber trotz aller Vorzüge auch immer wieder Aussetzer - ungeachtet der Schwierigkeitsstufe. Vor allem bei Ecken im so genannten "Futsal"-Modus (Fünf-gegen-Fünf auf einem Hallenfeld ohne Bande) reagiert die CPU-Abwehr häufig zu langsam auf den sich frei laufenden Stürmer, der den Ball zu oft volley Richtung Tor dreschen kann, bevor jemand reagiert. Die Verteidigung lässt sich auch gerne (auf "Hart" nicht ganz so häufig) mit einem schnellen Passspiel an der Strafraumgrenze über mehrere Stationen
Von Kiel bis Rio: Die Welt ist meine Bühne
Offline-Herzstück ist der World Tour-Modus: Hier startet man mit einem Team unbekannter Kicker sowie einem selbst erstellten Kapitän und muss versuchen, sich erst lokal, dann national, europäisch (abhängig vom gewählten Startland) und schließlich im Kampf gegen die besten Teams der Welt beweisen. Leider bleibt der Editor größtenteils oberflächlich. Meist steht ein gutes Dutzend vorgegebener Augenpaare, Nasen usw. zur Verfügung. Schieberegler, wie man sie aus vielen anderen Sportspielen von EA kennt, gibt es hier keine. Nur bei den Frisuren geht man in die Vollen: Sortiert nach Haarlänge steht jeweils eine enorme Auswahl zur Verfügung.
Sehr schön: Ich hatte mich für den Norden Deutschlands als Startgebiet entschieden und musste in Kiel, Hamburg, Bremen und Hannover um Ruhm, Ehre und Punkte kämpfen. In der zweiten Stufe ging es dann in den Rest der Republik und erst dann durfte ich in Europa meine Tricks zum Besten geben. Der Clou hierbei: Bei Verbindung zum Internet setzen sich die Gegner-Teams aus von anderen Usern erstellten Mannschaften und Spielern zusammen. Ähnlich wie bei SSX findet hier ein asynchroner Wettbewerb statt, der die Globus-Tournee mit Überraschungen würzt. Man weiß nie genau, gegen welche Teams man jetzt antreten muss. Und auch die Belohnungen sind ungewiss: An bestimmten
Fähigkeiten und Tricks: Die Qual der Wahl
Der Reiz der Weltumkickung liegt jedoch nicht nur darin, gegen andere User-Teams und die besten Lizenz-Clubs anzutreten. Denn die Figurenentwicklung spielt eine sehr große Rolle. Jede gelungene Aktion auf dem Feld, sei es ein Tor, eine Vorlage, ein geglückter Trick oder auch eine Parade seitens des Torwarts bringt Stilpunkte, die entsprechend angesammelt die nächste Stufe und damit Fähigkeitspunkte freischalten. Und hier steht man jetzt vor der Qual der Wahl: Setzt man diese Punkte für die Entwicklung der sieben Grundeigenschaften (u.a. Schießen, Passen, Geschwindigkeit oder Athletik) ein oder nutzt man sie, um sich nach und nach die Tricks anzueignen?
Denn anfangs kann man gerade mal auf dem Ball stehen oder mit ihm jonglieren - alle anderen Spezialbewegungen müssen erst freigeschaltet werden.
Das ist eigentlich eine gute Idee. Weniger gelungen ist allerdings, dass man bei den vergleichsweise häufig stattfindenden Aufstiegen ausnahmslos aller Mannschaftskameraden manuell eingreifen und entsprechende Entscheidungen treffen muss. Man hat keine Wahl, eine Auswahl zu treffen und festzulegen, dass sich Spieler X mehr oder weniger automatisch zu einem Verteidiger entwickelt. Durch dieses etwas
Zusätzlich zu den Fähigkeitspunkten gibt es je nach gewählten Schwierigkeitsgrad neue Ausrüstung in Form von Trikots, Shorts, Stutzen oder Schuhen, die keinerlei Auswirkung auf die Balance haben, sondern nur kosmetischer Natur sind. Wobei man sogar die Möglichkeit hat, alternativ zu Gold (der höchsten Stufe) auch online antreten kann - schön.
Halle, Bande, Punkte: Abwechslung ist Trumpf
Was die Spielmodi und –Variationen betrifft, schöpft man aus dem Vollen: Neben klassischen 5-gegen-5-Duellen bzw. -Turnieren gibt es Spiele von Sechserteams bis hin zum Kampf 2-gegen-2. Doch nicht nur hier wird in der World Tour Abwechslung
Beim Panna-Wettbewerb werden Punkte auf ein Konto gutgeschrieben: Ein Tunnel gibt drei Punkte, ein "Lufttrick" zwei und ein normaler Trick wird mit einem Punkt belohnt. Die auf dem Konto befindlichen Punkte werden erst dann "gewertet", wenn der Ball eingenetzt wurde. Dieser Modus birgt eine Menge Spannung: Mit einer gelungenen Trickkette kann man einen Rückstand schnell aufholen und sogar umkehren - aber ein Fehler kann richtig böse bestraft werden. Wenn man gierig wurde und statt den sicheren fünf Punkten noch einen oder zwei dran hängen möchte, den Torwart geschickt ausspielt, nur um dann den Pfosten zu treffen und die Kontrahenten mit dem Gegenangriff zwar nur einen, aber dafür den entscheidenden Punkt einfahren und die Konten daraufhin genullt werden, möchte man ins Pad beißen. Mit Last Man Standing (wer das Tor erzielt, muss vom Platz, Sieger ist die Mannschaft, die zuerst in der Kabine ist), wird ebenfalls Abwechslung vom normalen Kicker-Alltag geboten.
Chauvinistisch und cool: "Das ist ja wie Frauenfußball"
Sondern vor allem, um die ggf. multilingualen Einwürfe und Kommentare der Mitspieler genießen zu können. Klar nutzen die sich nach einer gewissen Zeit ab. Doch wenn man nach einem misslungenen Dribbling "Mit deinen Tricks solltest du lieber Tischkicker spielen!" zu hören bekommt oder nach dem x-ten verfehlten Torschuss "Ist ja schlimmer als Frauenfußball" das Ego angekratzt wird, ist das zwar chauvinistisch und auch ein wenig prollig. Aber es passt und ist ein gelungener Ersatz für den fehlenden Kommentar, der bei dieser Art von Fußballspiel vermutlich grandios in die Hose gegangen wäre. Denn Ansätze gibt es bereits bei der schriftlichen Übersetzung: Eigentlich zwar korrekt aus dem Englischen ("wins") übersetzt, wirkt das "Siege!" der deutschen Fassung unglücklich - meint FIFA Street doch eigentlich die Verbform "siegt". Diese Detailfehler sind jedoch die Ausnahme.
Sobald man in die Turniere der dritten Stufe kommt, gibt es zusätzlich noch einen Hallensprecher (von Land zu Land unterschiedlich und in der Heimatsprache), der die Teams vorstellt und sich als Ereigniskommentator ("Der Ball ist im Aus", "Das Tor zählt")
Straßenkampf: Ich gegen die Welt
Für den Online-Modus, in dem man ebenfalls Erfahrungspunkte gutgeschrieben bekommt, stehen leider nicht alle Modi zur Verfügung, die Solisten sowie Spieler im lokalen Multiplayer erleben dürfen. Dem Spaß schadet dies jedoch nur geringfügig. Denn nicht nur bei Physik und der visuellen Gestaltung orientiert man sich am großen Bruder FIFA 12. Auch der primäre Online-Modus zeigt starke Anleihen: Man ist über zehn Spieltage einer Saison hinweg unterwegs, um die Gegner aus aller Welt zu schlagen und so weiter innerhalb der 15 vorhandenen Ligen aufzusteigen. Zusätzlich darf man Turniere in 5-vs-5, 6-vs-6 sowie Futsal bestreiten.
Und wem das nicht reicht, kann versuchen, mit sieben Freunden (die alle ihr digitales Alter Ego steuern) so etwas wie Koordination auf den Platz zu bekommen. Vor allem der bewährte Saisonmodus dürfte helfen, die Langlebigkeit von FIFA Street zu sichern. Die Qualität des Netzcodes zeigt bekannte FIFA-Stärken, so dass man hier nur in seltenen Fällen Lags zu sehen oder zu spüren bekommt. Und für die ganzen Abbrecher und schlechten Verlierer kann EA ja nichts, zumal man als zum Abbruch-Zeitpunkt Führender den Sieg zugesprochen bekommt, allerdings auf die errungenen Style-Punkte verzichten muss. Wieso allerdings manche gewonnene Spiele nicht gewertet werden, obwohl die Matches von beiden Seiten regulär beendet wurden, ist für mich nicht ersichtlich und mindert die Motivation etwas – vor allem bei knappen Entscheidungen. Interessant: Man bekommt für eine Golden Goal-Niederlage in der Verlängerung immerhin noch einen Punkt.
Fazit
Die lange Pause hat FIFA Street gut getan. Mit der Engine des großen Bruders FIFA 12 als Unterbau wirkt der arcadige Ansatz mit seinen realistischen Tricks sowie dem schnellen Hin und Her zwischen den Toren deutlich bodenständiger als im überkandidelten Vorgänger. Zwar hat die Physik einige Probleme bei Spieler-Kollisonen und die Trick-Abläufe sind mitunter schwer zu unterbrechen. Dennoch kommt sowohl gegen die KI, die allerdings erst auf "Hart" anspruchsvoll agiert, als auch vor allem gegen menschliche Trickkicker eine Menge Spaß auf. Die Solo-Welttournee mit ihrer Halbonline-Anbindung (es werden Userteams heruntergeladen) ist abwechslungsreich und sorgt mit ihren Upgrades für die Ballkünstler sowie haufenweise freispielbaren Material für Motivation. Online setzt man hauptsächlich auf den Saisonmodus, der bereits FIFA 12 veredelte. Schade ist allerdings, dass nicht alle Spielvarianten im globalen Mehrspielermodus zur Verfügung stehen. Dafür kann man abseits der selbst erstellten Spieler und Teams auch über 100 Lizenz-Mannschaften aus Klub- und National-Ebene wählen. Nach SSX ist dies der zweite gelungene Versuch von EA, eine schal gewordene Serie mit neuem Leben zu füllen.
Wertung
360
Ein gelungener Neuanfang: Der FIFA 12-Unterbau sorgt für ein angenehmes Spielgefühl, das Trickrepertoire ist umfangreich. Die KI- und Physikprobleme stören jedoch.
PlayStation3
Ein gelungener Neuanfang: Der FIFA 12-Unterbau sorgt für ein angenehmes Spielgefühl, das Trickrepertoire ist umfangreich. Die KI- und Physikprobleme stören jedoch.
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