Quantum Conundrum21.06.2012, Paul Kautz
Quantum Conundrum

Im Test:

Eine beschauliche Weise tröpfelt durch das Hauptmenü, leise und harmlos. Sie könnte auch in den Fahrstühlen dieser Welt zuhause sein. Sie ist einlullend, entspannend - und sendet ein falsches Signal. Denn Quantum Conundrum (ab 7,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) ist zum Teil haarsträubend knifflig. Und verdammt gut!

Ihr mit euren drei lächerlichen Dimensionen…

Die Vergleiche mit Portal lassen sich einfach nicht vermeiden. Wie denn auch, ist doch nicht nur die Chefdesignerin dieselbe (hier im Interview), sondern auch der Grundgedanke sehr ähnlich. Hier wie da knobelt und hüpft man aus der Ego-Perspektive durch immer kniffligere Puzzle-Kammern. Nur während man da mit Portalen hantierte, jongliert man hier mit verschiedenen Dimensionen. Das Prinzip ist ganz einfach: Die Raumstruktur bleibt in jeder der vier Dimensionen identisch - es ändern sich lediglich die Umgebungsbedingungen sowie die allgemeine Darstellung. In der „Fluffy Dimension“ wird alles strahlend hell und kitschig, als hätte eine Horde Spitzen- und Daunen-Fanatiker die Weltherrschaft übernommen. Und gleichzeitig werden alle losen Objekte sehr leicht; Sofas, Safes oder massive Tische lassen sich hier problemlos aufnehmen und durch die Gegend schmeißen. Das genaue Gegenteil tritt ein, sobald man die Dimension der erhöhten Schwerkraft aktiviert: Auf einmal wird die Umgebung düster und stählern, alle Objekte wiegen weitaus mehr als zuvor - selbst ein Buch wird damit zum unbeweglichen Hindernis. Der Vorteil: Die molekulare Struktur der Objekte ist so dicht, dass nicht mal messerscharf

Mit einem mächtigen WUSCH wechselt man die Dimension - und auf einmal ist alles anders. Daraus ergeben sich ganz hervorragende Puzzles.
Mit einem mächtigen WUSCH wechselt man die Dimension - und auf einmal ist alles anders. Daraus ergeben sich ganz hervorragende Puzzles.
züngelnde Laser ihnen noch etwas anhaben können. In der nächsten Dimension spielt die Schwerkraft ebenfalls eine große Rolle: Hier allerdings insofern, als dass sie gedreht wird - aus unten wird oben und umgekehrt, was Quantum Conundrum langsam in Richtung Gravity Rush rutschen lässt.

Am interessantesten fand ich die Zeitverlangsamer-Dimension. Was in ihr passiert, sollte relativ klar sein. Aber es ist nicht nur so, dass sich hier nach der Aktivierung alles mit der Geschwindigkeit eines durch Leim tauchenden Faultieres bewegt (selbst Laserstrahlen können bei der gemächlichen Entstehung beobachtet werden), man muss auch immer wieder durch die Luft geworfene (und da fast still stehende) Gegenstände als temporäre Treppen und Brücken benutzen - alles in einem von Sepia-Tönen, Unschärfen und Filmflimmern herrlich unruhigen Bild präsentiert. Speziell in dieser Dimension zeigt Quantum Conundrum, wie viel Kreativität in ihm steckt: Wenn man sich selbst Gegenstände von einer Ecke des Raumes in die andere zuwirft oder waghalsige Sprünge durch verschiedene Zeitzonen macht, dann ist die Freude zum Teil riesengroß! Wichtig in diesem Zusammenhang: Man selbst ist das einzige, was nicht von den

Erhöht man die Schwerkraft, macht man damit gleichzeitig auch alle Objekte massiver. Man kann sie dann zwar nicht mehr anheben, aber sie schützen einen auch vor tödlichen Laserstrahlen.
Erhöht man die Schwerkraft, macht man damit gleichzeitig auch alle Objekte massiver. Man kann sie dann zwar nicht mehr anheben, aber sie schützen einen auch vor tödlichen Laserstrahlen.
Dimensionswechseln beeinflusst wird. Man bewegt sich also immer mit gleicher Geschwindigkeit durch das Haus des Wahnsinns. Man kann immer nur einen Gegenstand vor sich her tragen und ein bisschen springen - mehr nicht.

Das arme Kind!

Das Geheimnis der Puzzles ist, dass man oftmals alle verfügbaren Dimensionen kombinieren muss, um weiter zu kommen. Anfangs nicht, klar - zu Beginn hat man gerade mal die „Fluffy Dimension“ zur Verfügung, die Herausforderungen sind da noch ein Klacks. Später muss man nicht nur ein funktionierendes Hirn, sondern auch schnelle Klickfinger haben; die Herausforderungen erfordern dann teilweise millisekundenschnelle Reaktionen - das war auch schon in Portal nicht anders. Und genau wie da kann diese Hektik auch hier schnell zu Frustration führen. Im späteren Spielverlauf wird sogar ab und zu mal zugunsten von ausführlichen Sprungeinlagen ganz auf Puzzles verzichtet.

Das ist DOLLI. DOLLI spuckt pausenlos Gegenstände aus. Sagt Hallo zu DOLLI.
Das ist DOLLI. DOLLI spuckt pausenlos Gegenstände aus. Sagt Hallo zu DOLLI.
Man hat nicht immer alle Kräfte zur Verfügung: Zum einen müssen die Dimensionen erst freigeschaltet werden, was einige Zeit dauert (das ganze Spiel ist etwa sieben Stunden lang, was die Herausforderungen und den Sammelkram noch nicht einschließt), zum anderen können sie erst genutzt werden, wenn Dimensions-Maschinen mit entsprechenden Batterien gefüttert werden - und um diese zu erhalten, muss man Rätsel lösen. Puzzles, die zu Puzzles führen, welche schließlich in Puzzles münden. Auf sowas muss man gefasst sein, wenn man Quantum Conundrum startet.

Die Herausforderung besteht nicht nur im geschickten Verquirlen der Dimensionen, auch die Umgebung selbst macht einem das Leben gern zur Hölle: Mächtige Ventilatoren pusten alle zu leichten Gegenstände sofort weg, Sprungplattformen müssen in schneller

Es gibt nicht nur Rätsel, sondern auch viele Sprungeinlagen und sonstige Reaktionstests. Die nicht immer gut zum Spiel passen.
Es gibt nicht nur Rätsel, sondern auch viele Sprungeinlagen und sonstige Reaktionstests. Die nicht immer gut zum Spiel passen.
Abfolge beschwert und erleichtert werden, um zu funktionieren, bratzelige Laser zersäbeln alles und jeden, der ihren Weg kreuzt. Generell ist das Haus von Professor Quadwrangle (der irgendwo zwischen den Dimensionen verschwunden ist, wodurch man sich als sein Neffe aufmacht, ihn zu suchen) ein architektonischer Irrsinn, in dem ich nicht wohnen wollen würde: Gigantische, unendlich tiefe Gräben, in denen bedrohlich gefärbte Wolken wabern, pausenlos ins Nirgendwo fahrende Laufbänder, wild glotzende Maschinen namens DOLLI, die ohne Unterlass Sofas, Safes und sonstige Möbel ausspucken - da will man ein ruhiges Wochenende mit dem Verrückter-Wissenschaftler-Onkel erleben, und dann sowas…

Ich will eine Ike-Kuschelfigur!

Dieser verdrehte Oheim steht übrigens pausenlos mit einem in Kontakt: Irgendwie hat er es geschafft, aus seiner Falle eine Verbindung zu einem aufzubauen, außerdem

Der Humorgehalt des Spiels ist ebenso hoch wie gut - besonders die Gemälde und Bücher sind super!
Der Humorgehalt des Spiels ist ebenso hoch wie gut - besonders die Gemälde und Bücher sind super!
verfolgt er jeden Schritt, den man macht. Das nutzt er nicht nur für teilweise schweinekomische Beschreibungen der Umgebung („The best part about travelling in the future is coming back with the clothes and going to sci-fi conventions“), sondern auch für mal mehr, mal weniger hilfreiche Tipps („The worst that can happen is that you fail miserably“). Das Ganze übrigens ausschließlich in Englisch, jedenfalls was die Stimme angeht. Die Texte dürfen in verschiedenen Sprachen angezeigt werden, aber der Sprecher bleibt immer im Original. Und das ist auch gut so, denn John de Lancie (den Trekker als „Q“ in hervorragender Erinnerung haben dürften) leistet einen wunderbar zynischen Job. Zwar ist der Humor von Prof. Quadwrangle subtiler als der von GlaDOS oder Wheatley, aber nichtsdestotrotz gibt es viel sehr viel zu lachen.

Verlangsamt man die Zeit, hat man mehr als genug davon, um sich temporäre Brücken zu bauen.
Verlangsamt man die Zeit, hat man mehr als genug davon, um sich temporäre Brücken zu bauen.
Generell merkt man Quantum Conundrum an allen Ecken und Enden an, dass die Entwickler sehr viel Spaß hatten: Da gibt es absurde Ideen wie den „Awkward Noise Generator“ (eine kleine Sammelfigur, die pausenlos doofe Geräusche von sich gibt), höchst alberne Gemälde überall (wie „Joan the Jett Pack“), jede Menge Bücher mit Titeln wie „The Half-Life of the Baskervilles“ oder „Of Mice and Mandelbrot“), eine Auflistung von Dingen, die man nicht mehr erleben wird, nachdem man draufgegangen ist („Watching your favorite childhood TV shows getting turned into horrible movies“) - und natürlich Ike. Ike ist ein fluffiges, niedliches, kleines Knuddelwesen, das nichts macht außer irre süß zu sein, benötigte Batterien zu halten, immer wieder mal ums Eck zu grinsen und sich bei Annäherung von einem Lichtblitz begleitet sofort in eine andere Dimension zu verziehen. Soooo süüüüüüß!
Richtig hübsch ist das Spiel nicht, aber es hat seine ansehnlichen Momente.
Richtig hübsch ist das Spiel nicht, aber es hat seine ansehnlichen Momente.

Willkommen im Haus, das Verrückte macht!

Wie auch Portal besteht Quantum Conundrum aus vielen einzelnen „Testkammern“, die in diesem Fall einfach teilweise sehr große Zimmer des nach und nach freigeschalteten Herrenhauses von Prof. Quadwrangle sind. Zwischen ihnen wird der Spielstand automatisch gesichert, außerdem gibt es innerhalb der Räume auch Checkpunkte (die aber nur für die aktuelle Spielsitzung aktiv sind) - freies Speichern ist nicht gestattet. Wer Interesse an Statistiken hat, kann für jeden einzelnen Raum nachsehen, wie gut er sich im Vergleich zu den Vorgaben der Entwickler geschlagen hat. Es gibt auch Online-Ranglisten, aber leider keinen Mehrspieler- oder Koop-Modus - das ganze

Ike ist super! Wie könnte man ihn nicht mögen? Guckt ihn euch doch mal an!
Ike ist super! Wie könnte man ihn nicht mögen? Guckt ihn euch doch mal an!
Abenteuer ist nur für Solisten.

Die noch nicht mal einen besonders dicken PC ihr Eigen nennen müssen, denn die Hardwareanforderungen sind sehr gemütlich. Was kein Wunder ist, denn die Präsentation ist auch eher zweckmäßig als hübsch: Die Räume sind simpel gestaltet, aber mit vielen liebevollen Details gespickt - meine Highlights sind die coolen Veränderungen der Umgebung beim Dimensionswechsel, was auch und gerade die vielen Gemälde betrifft. Ansonsten besticht Quantum Conundrum in erster Linie durch seine exzellente Physikengine. Die Konsolen-Versionen unterscheiden sich von der PC-Fassung in erster Linie dadurch, dass sie auf jeden Fall mit Pad gesteuert werden - was völlig problemlos funktioniert. Inhaltlich und technisch sind die Fassungen identisch.

Fazit

Eigentlich ist es unfair. Aber Quantum Conundrum hat so viel mit Portal gemeinsam - von der vergleichbaren Thematik über die ähnliche Präsentation bis hin zur Lead Designerin - , dass ein Vergleich unvermeidlich ist. Und leider stinkt es in nahezu jedem Punkt gegenüber dem großen Bruder ab: Der Humor ist toll, John de Lancie ein wirklich großartiger Sprecher - aber GlaDOS und Wheatley sind einfach unerreichbar. Die immer wieder wunderbar verknoteten Puzzles sind nicht nur clever, sondern auch teilweise sehr fies - genau genommen so fies, dass man problemlos stundenlang an ihnen kauen kann. Das Schöne daran: Wenn man schließlich auf die Lösung kommt, ist sie meist so entwaffnend einfach, dass sich ein „Maaaaaaaaaaaaaaaaann!“-Stirnklatscher kaum vermeiden lässt. Aber oft genug ist die Lösung auch sehr offensichtlich. Wie bei Portal braucht’s auch hier nicht nur Hirnschmalz, sondern auch sehr gute Reaktionen, um die gelegentlichen Sprungeinlagen zu meistern. Zu denen gesellen sich aber auch fummeliges Türmchenbauen sowie unnötig hektische Reaktionsspielchen, die nicht zum entspannten Rest passen wollen. Und schlussendlich ist die Präsentation simpel, angenehm und übersichtlich - aber wirklich nicht schön. Das ergibt unterm Strich einen der derzeit besten 3D-Puzzler, den man für Geld bekommen kann. Die schiere Genialität der Portals wird nicht erreicht, aber Quantum Conundrum liegt nur knapp dahinter.

Pro

clevere Puzzles
intelligentes Spielprinzip
sehr viel Um-acht-Ecken-Denken gefordert
putzige Präsentation...
einfache Steuerung
angenehmer Humor
entspannte Musik
guter Umfang (etwa sieben Stunden)

Kontra

teilweise fummelige Bedienung
immer wieder mal unnötig hektisch
gelegentliche Übersichtsprobleme
...die aber eher zweckmäßig als hübsch ist
nur englische Sprachausgabe

Wertung

360

Technisch und inhaltlich entspricht die 360-Version der PC-Fassung - und ist damit ebenfalls höchst empfehlenswert!

PlayStation3

Technisch und inhaltlich entspricht auch die PS3-Version der PC-Fassung - und ist damit ebenfalls höchst empfehlenswert!

PC

Kreativ, verdreht, intelligent und verdammt motivierend: Quantum Conundrum ist ein ebenso cleverer wie unterhaltsamer 3D-Puzzler à la Portal.

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