Resident Evil 604.04.2016, Mathias Oertel
Resident Evil 6

Im Test: Action-Brei jetzt auch in HD

Während die Anhänger von Survival-Horror auf die offizielle Ankündigung von Resident Evil 7 und das damit verbundene Versprechen Capcoms warten, man werde zu den Wurzeln der Serie zurückkehren, lässt der Publisher sein Zombie-Archiv von der Leine. Den Anfang macht der bislang letzte, spielerisch ernüchternde Ableger aus dem Jahr 2012. Ob Resident Evil 6 (ab 4,79€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) in voller HD-Pracht die Mankos abfedern kann, verrät der Test.

Das Beste zum Schluss

Dass Capcom bei der HD-Wiederveröffentlichung der Resident-Evil-Teile 4, 5 und 6 den spielerisch enttäuschenden sechsten Teil zuerst veröffentlicht und sich dann in den nächsten Monaten bis zu dem grandiosen Teil 4 vorarbeitet, hat etwas Positives. Denn damit hat man den „Schandfleck“ der Hauptserie abgehakt und als Spieler kann man sich auf die nächsten Monate freuen, in denen definitiv bessere Resident Evils als HD-Versionen veröffentlicht werden. Da Capcom spielmechanisch natürlich nicht Hand anlegte, sondern sich auf Inhalte und Kulisse konzentriert hat, werde ich hier keine weitreichende Analyse der Mechanik vornehmen, sondern stattdessen auf den "alten" Test verweisen, der in diesen Punkten immer noch Bestand hat - die ausgedrückte Enttäuschung ist nicht verflogen.

Die Kulisse wurde vor allem hinsichtlich der Figuren aufgehübscht. Aber man findet auch immer wieder "alte" Texturen, so dass ein uneinheitlicher Eindruck entsteht.
Denn es gilt noch immer, dass die auf vier Kampagnen (plus Prolog-Tutorial) angelegte Story mit ihren etwa 35 bis 40 Stunden Spielzeit mindestens 20 Stunden zu lang ist. Auch die unterschiedliche Qualität dessen, was man als Evolution des "Survival-Horror" zu verkaufen versuchte, ist gleich geblieben. Die viel versprechend anfangende, aber dann deutlich nachlassende Kampagne um Leon kann nur in Ansätzen mit Horror-Elementen und Spannung punkten. Die anderen verlassen sich zu sehr auf Action bzw. versuchen wie die Ada-Missionen sogar, Stealth-Elemente einzubringen - scheitern aber an den eigenen Ansprüchen bzw. der Konkurrenz. Die Kampagne um Chris z.B. bezieht ihre Inspiration scheinbar bei der Gears-of-War-Serie, kann aber nicht einmal ansatzweise deren Intensität replizieren. Dass Epic seinerzeit Resident Evil 4 als eine der Haupt-Inspirationen für die Locust-Saga angab, ist eine Geschichte, wie sie nur die Videospielwelt schreiben kann. Zudem zieht sich eine oberflächliche Charakterzeichnung sowie ein generell schwaches Drehbuch durch alle Kapitel.

Besser in HD?

Dass das Geschehen auf PlayStation 4 und Xbox One mit sauberen 60 Bildern in 1080p-Auflösung dargestellt wird, hilft auch der Schussmechanik.
Sieht Resident Evil 6 auf PS4 und One immerhin besser aus als auf den Vorgänger-Konsolen? Klar – in erster Linie dank nativer 1080p-Auflösung sowie jederzeit runden 60 Bildern pro Sekunde, die sich auch positiv auf die Schussmechanik auswirken. Doch auch im Detail hat man ein bisschen gefeilt. Die Figuren sehen besser aus als seinerzeit auf den alten Systemen und auch einige Texturen wurden überarbeitet. Allerdings nicht alle, womit ein weiteres Problem auftaucht. Denn manche Grafiken sehen so schwach aus wie damals oder in der PC-Version, die Anfang 2013 erschien. Vor allem in der Jake-Kampagne rennt man immer wieder an den alten, schwach aufgelösten Texturen vorbei, die seinerzeit vor allem die 360-Version plagten. Sprich: Es läuft zwar durchweg flüssig, bleibt aber dennoch uneinheitlich. Zur Ehrenrettung muss allerdings erwähnt werden, dass Capcom hinsichtlich der grundsätzlichen visuellen Qualität schon 2012 ordentlich gearbeitet hat: Stellt man die Versionen für die letzte und die aktuelle Konsolen-Generation gegenüber (siehe auch Grafikvergleich), fällt zuerst die stabile Bildrate auf und erst dann die eine oder andere verbesserte Textur. Unter dem Strich könnte dieses Resident Evil auch als sauberer, wenngleich durchschnittlicher Starttitel für PS4 oder Xbox One durchgehen.

Inhaltlich schöpft Capcom hier natürlich aus dem Vollen und bietet bei der Wiederveröffentlichung nicht nur die Grundinhalte der damaligen Version an, sondern packt auch alle Download-Inhalte an, die es entweder gratis oder kostenpflichtig für Resident Evil 6 gab. So ist z.B. der Dezember-Patch 2012 integriert, der u.a. den neuen Schwierigkeitsgrad "No Hope" sowie die Möglichkeit bot, Adas Kampagne zu spielen, ohne vorher die anderen bewältigt haben zu müssen. Auch die damit eingebaute Option, diese Kampagne ebenfalls kooperativ spielen zu können, ist hier von Beginn an vorgesehen. Die auf PS3 und 360 nachträglich hinzugefügten (kostenpflichtigen) Multiplayer-Modi Predator, Survivors und Onslaught stehen hier ebenfalls zur Verfügung, so dass sich die Gesamtzahl auf insgesamt sieben erhöht. Interessanterweise steht hier auch der ehemals PC-exklusive Modus "The Mercenaries: No Mercy" zur Auswahl - allerdings ohne die im Rahmen des "Left-4-Dead-2"-Crossovers zur Verfügung gestellten Figuren aus Valves Zombie-Ballerei.

Fazit

Auch wenn die Charaktermodelle und Teile der Umgebung jetzt besser aussehen als bei der Erstveröffentlichung Ende 2012 und in sauberen 60 Bildern pro Sekunde in einer 1080p-Auflösung ablaufen: die spielmechanischen Probleme bleiben fatal. Die Anbiederung an die Call-of-Duty-Fraktion und die damit verbundene Abkehr vom klassischen Survival-Horror ist wie vor dreieinhalb Jahren ein Dorn im Auge von Fans klassischer Zombie-Spannung. Natürlich weiß man mittlerweile, was man von Resident Evil 6 erwarten kann, wo es enttäuscht und in welchen raren Momenten es seine Sache gut macht. Doch das Wissen um die Problematik macht die HD-Neuauflage nicht zu einem besseren Spiel - auch wenn alle Inhalte integriert wurden, die seinerzeit entweder über Patches oder als kostenpflichtige Downloads verfügbar waren, inklusive des zu Beginn PC-exklusiven "Mercanaries:-No-Mercy"-Modus. Aber dieses Wissen hilft vielleicht, um dieses Fast-Food-Resident-Evil als biedere Alternative zu ähnlich drögen, wenngleich hierzulande nicht offiziell erhältlichen Untoten-Hetzjagden aus dem Hause Techland einzustufen. Und für Capcom sollte auch diese Wertung ein Hinweis sein, in welche Richtung sich der offiziell noch nicht angekündigte siebte Teil nicht entwickeln sollte.

Pro

alle Patches und Download-Inhalte integiert
aufgehübschte Kulisse mit sauberen 60 Bildern pro Sekunde in 1080p
Story aus vier Perspektiven
stimmungsvoller Einstieg mit Leon
Kampagne kooperativ spielbar (online/offline)
gut inszenierte Zwischensequenzen
bizarre Monster und Mutationen
Charaktere mit über 30 Fähigkeiten verbessern
faire automatische Speicherpunkte
solide deutsche Lokalisierung
einige gute Unterzahlpaniksituationen
ausschaltbare optionale Hilfen (Zielort etc.)
einige böse Fallen
guter Soundtrack

Kontra

kein Survival-Horror mehr
zu wenig gut aufgebaute Spannung
vorhersehbare Geschichte
dämliche Dialoge, kaum Hintergründe
viel zu viel gewöhnliche 08/15-Action
künstliche Levelgrenzen, meist lineare Wege
wenig klassische Zombies, teilweise lächerliches Monsterdesign
KI-Partner als Kugelfang missbrauchen
keine aktive Kommunikation mit Partner
künstlich gestreckte Bosskampforgien
Türöffnungen retten unrealistisch in der Not
übertriebene Aneinanderreihung von Höhepunkten
inkonsequentes Knopfdrücken für Sprünge/Hechten
einige extrem nervige Reaktionstests (Seilklettern)
zu leichte Bosskämpfe, zu viele Waffen
Türen nicht verschließbar, keine Verbarrikadierung
Stealth-light mit Ada (Lärm spielt keine Rolle)
zu wenig gute Rätsel
Checkpunkte sind nicht immer Speicherpunkte
umständliches Inventar (Kräuter mischen, dann verschieben)
vollkommen überflüssige Befehle
häufige Ladeunterbrechungen

Wertung

PlayStation4

Eine aufgehübschte Kulisse und die Integration aller seinerzeit veröffentlichten Download-Inhalte reicht nicht, um die massiven spielmechanischen Schwächen zu übertünchen.

XboxOne

Eine aufgehübschte Kulisse und die Integration aller seinerzeit veröffentlichten Download-Inhalte reicht nicht, um die massiven spielmechanischen Schwächen zu übertünchen.

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