Babel Rising13.06.2012, Jörg Luibl
Babel Rising

Im Test:

Hilfe, wer schlachtet denn da die arglosen Babylonier wie Vieh? Wer lässt Steine, Feuer und Tod vom Himmel regnen? Ein Gott. Ein überaus zorniger Gott, der den anmaßenden Bau eines gewaltigen Turmes verhindern will. Warum er dafür nicht in alttestamentarischer Tradition eine Flutwelle entfacht, könnte mit seinem morbiden Spieltrieb zusammen hängen.

Die architektonische Gotteslästerung

In der Mitte der Spielwelt steht also das Fundament eines Turmes, der irgendwann mal gen Himmel ragen soll. Man kann die Kamera drehen, um sich die ersten Wege und Baugerüste anzusehen – wahlweise per Gamepad oder Move-Controller. Warum baut man so ein Gemächt? Laut dem Alten Testament eigentlich nicht, um Gott architektonisch oder gar phallisch zu erzürnen, sondern einfach nur damit all die Sintflut-Flüchtigen schon aus weiter Distanz erkennen, wo sich die Reste der fast ausgerotteten Menschheit ansiedeln – quasi wie eine Rettungsboje aus Stein.

Und warum ist Gott dann mal wieder sauer? Er mag diese zentralisierte Metropole der Babylonier nicht, denn seine Schöpfung soll sich über die gesamte Erde ausbreiten. An dieser Stelle verlässt Ubisoft allerdings die Geschehnisse der Genesis, denn statt zur Strafe für eine allgemeine Sprachverwirrung und verdammt viele Synchronisationsprobleme zu sorgen, schmeißt er recht primitiv über 15 Missionen der Kampagne mit Steinen und Feuer um sich. Man bewegt ein Fadenkreuz auf die von links heran wuselnden Menschen und macht sie platt. Heraus kommt ein überaus langweiliges Gemetzel, das von einem überpathetischen Soundtrack karikiert wird.

"Tower Prevention" - oder was?

Zwischendurch ansehnlich, aber über weite Strecken nicht mehr als eine plumpe Zerstörungsorgie.
Zwischendurch ansehnlich, aber über weite Strecken nicht mehr als eine plumpe Zerstörungsorgie. Egal ob man mit Move, Kinect oder Gamepad loslegt: Man vermisst mehr Taktik und Kreativität.
Ziel ist es, die fleißigen Babylonier daran zu hindern, den Turm fertig zu stellen. Das Spiel wurde unter iOS samt Touch-Funktionen bereits veröffentlicht, allerdings mit weniger Kräften und Funktionen. Auf den Konsolen hat man in technisch aufgebohrter Variante bis zu vier Angriffsarten zur Verfügung. Die werden wahlweise über Kinect-Gestik, Move-Gefuchtel oder am präzisesten über die Knöpfe eines Gamepads, mal gedrückt, mal länger gehalten, ausgelöst: Felsen für den einzelnen Steineschlepper, kleine Erdspalten für ihn und seine Freunde dahinter, Feuerbälle für die nächste Gruppe oder ganze Flammenwände, in die die Babylonier wie blöd hinein laufen. Hinzu kommen Blitze, Fluten und so weiter. In den meisten Missionen muss man lediglich eine bestimmte Zahl an Menschen töten, um weiter zu kommen. Ob Gott ein gieriger Trophäenjäger war?

Hier ist jedenfalls schrecklich wenig Taktik oder gar planerische Vorbereitung nötig wie in guten Tower Defense-Spielen, zumal sich im Hintergrund auch noch Spezialkräfte aufladen, mit denen man Bildschirm füllend Meteoriten und andere Vernichtungsplagen hageln lassen kann. Das sieht manchmal etwas zu steril, aber zwischenzeitlich ansehnlich aus, ist jedoch trotz gewisser Ähnlichkeiten der Marschkolonnen weit entfernt vom Charme eines Lemmings. Wer einigermaßen aufmerksam das Fadenkreuz schwenkt und rechtzeitig Knöpfe drückt, kann eigentlich nicht verlieren - okay, auch die Holztürme sollte man frühzeitig verbrennen. Falls trotzdem mal Leute durchkommen, wächst der Turm um

Babel Rising bleibt offline:

Man kann es aber kooperativ und kompetitiv lokal im Splitscreen spielen. Dann wählt man zwischen drei Turmarten sowie den vier Elementen. eine Ebene. Aber das ist kein Grund zur Veranlassung von Spannung.

In späteren Missionen, wenn nicht nur gewöhnliche Menschen, sondern auch Priester und Krugträger heran marschieren sowie Schiffe für Stein-Nachschub sorgen, wird es ein wenig interessanter: Denn Erstere sind immun gegen bestimmte göttliche Angriffe – das wird in Form von farbigen Schutzschilden symbolisiert; ein rotes Wabern deutet also auf Feuerwiderstand. Hört sich gut an, aber dann schmeißt man dem Priester einfach eine andere Macht auf die Birne. Und die Krugträger sorgen immerhin dafür, dass sich die göttlichen Kräfte etwas langsamer aufladen. Auch der leichte Hauch von Strategie im Vorfeld einer Mission verfliegt zu schnell: Man muss sich nämlich vorher für zwei von vier Elementen entscheiden; man kann also Pech haben und genau jenen göttlichen Konter nicht auf der Hand haben, den ein geschützter Priester verlangt. Wer die Kampagne hinter sich gebracht hat, kann auch noch im Endlosmodus oder in Multiplayervarianten loslegen.

Fazit

Wie langweilig ist das denn? Und wie dämlich ist das, wenn man dabei auch noch Kinect-Pantomime macht oder Move-Gefuchtel inszeniert? Selbst wenn ich auf der Couch mit dem Gamepad sitze, wird es nicht besser: Ich ziele mit einem Fadenkreuz und lasse es regnen. Die Babylonier haben ohnehin keine Chance, wenn ich ihnen als zorniger Gott zig Felsen auf die Birne schmeiße. Wenn sie im Dutzendpack aufmucken, kommt halt die Flammenwand oder ich jage Meteoriten vom Himmel. Wenn sie mit ihren Priestern magische Schilde aktivieren, dann kontere ich eben mit einer anderen Macht. Nur aufgrund der Hektik entsteht so etwas wie Anspruch. Aber wenn das eine kreative Variante der „Tower Defense“ sein soll, so eine Art „Tower Prevention“, dann ist sie voll in die Hose gegangen. Es gibt so viele sehr gute Alternativen in diesem Genre.  Sollten Move und Kinect nicht mal eine Zukunft des Spielens einleiten? Auch wenn man mal für fünf Minuten seinen Feuerspaß haben kann: Diese plumpe Zerstörungsorgie katapultiert einen zurück in die Steinzeit. Da spiele ich lieber eine Runde Lemmings auf dem Amiga.

Pro

ansehnliche Türme
Widerstände gegen Elemente
kooperativ & kompetitiv im Splitscreen spielbar

Kontra

plumpes Spielprinzip
viel zu einfache Konter
kaum taktische Abwechslung
langweilige Missionsziele
überpathetischer Soundtrack
kein Online-Multiplayer

Wertung

360

Lust auf göttliche Pantomime mit Explosionseffekt? Schrecklich banale Zerstörungsorgie.

PlayStation3

Diese plumpe Zerstörungsorgie katapultiert einen zurück in die Spiele-Steinzeit.

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