Schere, Stein & Alkohol
Es gibt immer wieder Zoff zwischen den Charakteren: Die Dialoge wirken angenehm natürlich.
Auch das Aufsammeln von Materialien zum Basteln von Waffen oder Heilmittel ist nichts Neues. Aber die Art wie es inszeniert wird, ist zumindest erfrischend und verlangt Planung. Denn selbst wenn man in der Deckung etwas herstellt, gibt es keine Unterbrechung: Joel geht in die Hocke, wühlt in seinem Rucksack und das schlanke Menü mit den verwertbaren Gegenständen wird eingeblendet, während um ihn herum weiter Feinde nach ihm suchen - so bleibt die Spannung eines Überfalls erhalten. Sehr schön: Ellie kommentiert das Basteln und fordert Joel auf, schneller zu machen. Dann muss man sich entscheiden, was man aus den wenigen Teilen von Scheren, Klebeband bis hin zu Alkohol herstellen will. Auch hier kann man sich nahtlos an die Situation anpassen und sowohl offensiv als auch defensiv handwerken: Von der Nagelbombe über den schweren Nahkampf mit Brechstangenschere bis hin zur Rauchbombe.
Da man manchmal Zutaten für zwei unterschiedliche Dinge, aber nicht genug für mehrere einer Sorte hat, muss man sich festlegen: Medikamente oder Molotow-Cocktail? Und man sollte die Umgebung immer absuchen. Vor allem die vielen Häuser, von denen manche verschlossen, aber zugänglich sind. Aber will man das kostbare Messer wirklich zerbrechen, nur um ein Schloss zu knacken? Bei der Suche kann man zwar auch Schubladen und Schränke öffnen, aber meist blinken die verwertbaren Dinge schon aus der Distanz und man ertappt sich dabei, dass man sie irgendwann gar nicht mehr anschaut, sondern einfach alles schnell in seinem Rucksack verstaut - allerdings ist die Anzahl der Materialien begrenzt, man muss sie irgendwann verarbeiten. Außerdem blinkt nicht alles aus der Ferne, manchmal erkennt man Dinge erst, wenn man nah genug ran geht oder die Taschenlampe anmacht. So findet man neben Sammelkram (Firefly-Anhänger, Comics etc.) auch erzählerische Hinweise wie Tagebucheinträge oder Notizen. Wer darin stöbert, bekommt ein Gespür für die Chronologie der Katastrophe sowie die frühe Verzweiflung und spätere Verrohung der Gesellschaft. Sobald man diese Texte liest, kann es sein, dass Joel die Geschehnisse kommentiert und mit Ellie darüber spricht. Klassische Audiologs kommen erst später hinzu.
Im Angesicht der Feind-KI
Auch Pfeil und Bogen kommen zum Einsatz - nicht nur, wenn man mit Ellie alleine unterwegs ist.
Die KI der Feinde hinterlässt manchmal einen sehr guten, manchmal einen schwachen Eindruck. Schön ist, dass sie tote Kameraden entdeckt und darauf reagiert. Man wird gezielt gesucht, flankiert und überwältigt - vor allem, wenn man an einem Fleck verharrt und von dort lediglich aus der Deckung heraus schießt, hat man ohne schwere Kaliber keine Chance. Man muss also in Bewegung bleiben und an sichere Flecken huschen. Andererseits lassen auch menschliche Jäger manchmal die nötige Aufmerksamkeit vermissen; vor allem die Paramilitärs wirken nicht in allen, aber in einigen Situationen gegen Ende wie ein unkoordinierter Hühnerhaufen – da wird es einem zu leicht gemacht, da gibt es richtige Aussetzer. Schön ist, dass Ellie & Co meist instinktiv das Richtige tun und in Deckung gehen oder mir aktiv im Kampf über Ablenkungen helfen.
Ellie ist manchmal vielleicht zu eigenständig. Wenn ich mit Joel in die Hocke gehe, um mich leise einem Hauseingang zu nähern, läuft sie weiter aufrecht hinterher. Und als ich das Haus erstmal von außen erkunden will, ist sie in einer Situation schon mittendrin. Natürlich kann auch diese Unberechenbarkeit die Spannung erhöhen. Glaubwürdiger wäre es, wenn sie nicht nur im Angesicht von Feinden oder direkt im Kampf, sondern auch schon vorher so vorsichtig agieren würde wie Joel es vormacht, wenn sie sich also meiner Spielweise anpassen würde. Man kann ihr ja keine direkten Befehle geben, man kann sie nicht einmal zu sich rufen, so dass man auf ihre Intelligenz bzw. ihren Instinkt angewiesen ist. Die mitlaufenden Charaktere agieren ansonsten glaubwürdig, aber ganz unterschiedlich: Die Frauen treten nicht immer wie aufgetakelte Kampfmaschinen um sich, während Joels Söldnerfreunde ordentlich mit der Machete austeilt.
Rätsel, Akrobatik & Co
Noch ein abschließender Satz zur Technik: Naughty Dog spendiert der PlayStation 3 das bisher schönste Spiel - die Kulisse ist teilweise traumhaft.
Manchmal kann man Gegenstände in seinem Rucksack näher per Zoom oder Kameradreh untersuchen, aber das wird leider nicht für Inventarrätsel genutzt. Man findet einige verschlossene Safes, die sich erst nach dem Fund der Notiz öffnen lassen - das war‘s. Anstatt den Spieler aktiv mit dem Schloss herum spielen zu lassen oder den Code zumindest so zu verstecken, dass eine kleine Suche daraus wird, findet man die entsprechenden Zettel meist ein paar Meter weiter. Ansonsten beschränkt sich das Rätseln eher auf mechanische Umgebungsprobleme, wenn man mal Leitern oder Holzplanken aufnehmen und an der korrekten Stelle als Brücke platzieren muss, um von einem Dach auf das andere zu kommen.
Joel muss auch des Öfteren schwimmen und tauchen, um für die Nichtschwimmerin Ellie hölzerne Plattformen zu besorgen, auf denen er sie von A nach B bringt; auch ein paar simple Schalter- bzw. Generator-Aufgaben sind dabei. Gerade die Unterwasserabschnitte sind eine willkommene Abwechslung angesichts der fehlenden Akrobatik, zumal es klasse aussieht, man die Luft anhalten muss und auch einiges finden kann. Obwohl sich überall zwischen Hausetagen und schiefen Bodenplatten auch Kraxelei anbieten würde, muss man nur selten über Abgründe springen. Joel ist kein herum turnender Athlet: Er kann sich lediglich an hüft- bis schulterhohen Hindernissen hinauf ziehen; manchmal müssen ihm sogar Ellie oder Tess helfen. Das ist allerdings kein Dämpfer für das Spielerlebnis, denn die eingeschränkten Bewegungen passen zum Charakter.