Air Conflicts: Pacific Carriers25.09.2012, Paul Kautz
Air Conflicts: Pacific Carriers

Im Test:

Das dritte Spiel eines Genres im gleichen Szenario innerhalb eines Monats - das kennt man eigentlich nur von Shootern, und da normalerweise auch nur zum Weihnachtsgeschäft. Aber nein, es ist der WW2-Flugsimulator im Pazifik-Szenario, der mittlerweile Besorgnis erregend häufig Konsolen und PC beglückt.

Nihongo desu ne.

Damage Inc. - Pacific Squadron WWII war Dreck. Dogfight 1942 war ordentlich. Und Air Conflicts: Pacific Carriers (ab 9,94€ bei kaufen) ist... gar nicht übel. Im Grunde seines Herzens -dem Herumfliegen über den blauen Gewässern Ostasiens, den Ratatata-Dogfights- macht es auch nichts anders als seine beiden unmittelbaren Konkurrenten. Aber es erweitert das jetzt schon ausgelutschte Szenario nicht nur um bislang kaum beackerte Schlachtfelder, sondern vor allem auch um einige interessante neue Ideen.

Das geht schon damit los, dass man nicht nur die obligatorischen Amerikaner, sondern auch mal Maschinen der Kaiserlich Japanischen Marine steuern darf. Und schau einer an: Da hat doch tatsächlich mal ein Entwickler herausgefunden, dass die Japaner im Zweiten Weltkrieg gar nicht ausnahmslos alle Kaugummi-Englisch von sich gaben! Resultat: Wer auf Glaubwürdigkeit Wert legt, darf die Kampagne unter dem Banner der aufgehenden Sonne mit durchgehender japanischer Sprachausgabe in Angriff nehmen. Mit deutschen Untertiteln, logischerweise.

Man steuert nicht nur einen Piloten, sondern kommandiert eine ganze Staffel - zwischen deren Mitgliedern man wechseln darf, wenn einem die Munition zur Neige geht.
Man steuert nicht nur einen Piloten, sondern kommandiert eine ganze Staffel - zwischen deren Mitgliedern man wechseln darf, wenn einem die Munition zur Neige geht.

Mein Kameradenheld, wo bist du?

Die Kampagne besteht aus je zwei sehr umfangreichen Aufträgen auf amerikanischer und japanischer Seite. Die man sich auch verkürzen kann, denn ein Teil der Aufträge ist optional: Immer wieder bekommt man die Möglichkeit, sich auf Patrouille zu begeben - entweder am Knüppel eines Flugzeugs oder mit dem Feldstecher in der Hand aus dem Krähennest eines Schlachtschiffes. In beiden Fällen hält man Ausschau nach Feinden, seien es Flugzeuge, Schiffe oder U-Boote. Ortet man Widersacher, liegt es meist an einem selbst, sich mit Schiffs-MG oder gut platzierter Fliegerbombe um dieses Problem zu kümmern. Diese Aufträge sind grundsätzlich sehr unterhaltsam, da durch das Zeitlimit auch mit wohliger Hektik und im Falle der Fernglas-Sucherei auch mit gesunder Paranoia gewürzt - war das jetzt ein entspannt lümmelnder Wal oder ein getarntes japanisches U-Boot? Allerdings stellt man schnell fest (nämlich wenn man mal etwas zu lang gebraucht hat), dass die Missionen schnell an Reiz verlieren, da sie bei Wiederholung immer völlig identisch verlaufen. Ein auflockerndes Zufallselement hätte hier die Spannung aufrechterhalten.

Das Zerlegen von Schlachtschiffen ist hier eine aufwändige Angelegenheit: Zum einen vertragen die Pötte das eine oder andere Bömbchen, zum anderen schießen sie mächtig hart zurück.
Das Zerlegen von Schlachtschiffen ist hier eine aufwändige Angelegenheit: Zum einen vertragen die Pötte das eine oder andere Bömbchen, zum anderen schießen sie mächtig hart zurück.

In erster Linie hakt man die Patrouillen ab, um neue Piloten zu rekrutieren. Denn wie in Birds of Steel ist man auch hier nie allein unterwegs, sondern immer in der Staffel. Das hat schon seinen Sinn, denn dadurch kann man nicht nur schnell zum nächsten wechseln, wenn man abgeschossen wurde. Auch hat man dadurch fortlaufend Waffen zur Hand. Denn im Gegensatz zu Damage Inc. & Co. Ist hier die Bewaffnung begrenzt: Ein paar Bomben, ein Torpedo, ein paar hundert Schuss Munition, das war‘s - wenn’s alle ist, muss es nachgeladen werden, was einige Zeit dauert. Währenddessen schaltet man einfach zum nächsten, voll beladenen Piloten, und verbreitet mit ihm Schrecken über den Wolken. Und dann zum nächsten. Und dann weiter. Das geht allerdings nur, wenn derjenige noch verfügbar ist, gerade nicht repariert oder just beladen wird. Das wird gerade in späteren Schlachten ein taktisch interessantes Spiel: Schwirrt man allein durch die Weiten des Pazifiks, verfolgt von drei kreischenden Japanern, im Visier der Abwehrgeschütze von drei Schlachtschiffen, während die Flügel mehr und mehr an Borkenkäferbefall erinnern, dann betet man hektisch die Sekunden bis zur Rückkehr der Kameraden herunter.

Alles meine Freunde

Die Einsätze spielen nicht nur über Wasser, sondern befördern einen auch über Festland - u.a. fliegt man den amerikanischen Vergeltungsschlag gegen Tokio.
Die Einsätze spielen nicht nur über Wasser, sondern befördern einen auch über Festland - u.a. fliegt man den amerikanischen Vergeltungsschlag gegen Tokio.

Allerdings lohnt es sich auch, möglichst lang an einem Piloten festzuhalten. Denn mit jedem Abschuss gewinnt der Flieger an Erfahrung, was ihm in erster Linie etwas Prestige sowie Spitznamen wie „Überlebenskünstler“ einbringt. Einen echten Sinn hat das System nicht, aber dennoch ist es ein interessanter Kniff: Denn dadurch werden aus den gesichtslosen Namen auf einmal Persönlichkeiten, die einem irgendwie ans Herz wachsen - jeder Verlust wird spürbar, auch wenn die Lücken in den Reihen schnell wieder gefüllt werden.

Keine Pazifik-Fliegerei ohne die obligatorischen Standards: Da rattern die MGs, pfeifen die Bomben und zischen die Torpedos. Pacific Carriers ist weit von einer Simulation wie Birds of Steel entfernt, erweitert den geringen Anspruch eines Arcade-Shooters allerdings deutlich. So ist z.B. das gute alte Schiffe-Versenken hier harte Arbeit: Wenn man nicht gerade den einen oder anderen gut gezielten Torpedo auf den Weg schickt, dauert es einige Bombenanflüge, bis ein dicker Kahn nicht nur qualmt, sondern auch die Titanic macht. Der Dogfight dagegen ist einfach: Zwar gibt es keine Zeitlupen-Superheldenfähigkeiten, aber dafür ein halbautomatisches Ins-Visier-Nehmen des Feindes, sobald man nah genug an ihm dran ist. In vielen Maschinen sitzt ein Heckschütze, der normalerweise ganz ordentliche Arbeit abliefert - man kann seine Rolle allerdings auch selbst übernehmen, muss dabei aber trotzdem noch die Maschine steuern.

Die Konsolenversionen leiden an flimmernden Kanten und gelegentlichen Ruckeleien, sehen aber auch gut aus. Die PC-Fassung hat technisch die Nase vorn.
Die Konsolenversionen leiden an flimmernden Kanten und gelegentlichen Ruckeleien, sehen aber auch gut aus. Die PC-Fassung hat technisch die Nase vorn.
Vier Schwierigkeitsgrade stehen zur Wahl, schon der zweite bietet eine ordentliche Herausforderung. Wer sich das Leben etwas härter machen möchte, kann darüber hinaus noch zum Flugmodell "Simulation" greifen, das aber in erster Linie mit einem ordentlichen Flightstick Sinn ergibt - aber nie so weit geht, dass man ernsthaft von einer Simulation sprechen kann.

Ramtamtam-Ramtam!

Der Vorgänger Air Conflicts: Secret Wars hatte seine deutlichen Schwächen, aber gleichzeitig auch eine interessante Erzählstruktur. Die fehlt hier leider völlig: Das bisschen Handlung wird zwischen den Einsätzen via Text und ein paar Bildern vermittelt, den Fokus auf Persönlichkeit gibt es nicht. Dafür aber die üblichen Verdächtigen von Pearl Harbor bis Wake Island - allerdings auch mit der Schlacht im Korallenmeer oder dem Bombardement von Tokio eher selten gespielte Einsätze. Noch interessanter wird’s auf Seiten der Japaner, die sich nicht nur mit den Amerikanern, sondern auch Briten und Australiern anlegen, und mit den Kämpfen um Rabaul oder New Britain frischen göttlichen Wind ins Szenario pusten.

Die PC-Version

...bietet nicht nur die beste Grafik aller Versionen, sondern auch das größte Rätselpotenzial: Auf der Packung fällt das Wörtchen "Steam" kein einziges Mal, trotzdem wird das System zur Installation benötigt. Genau wie ein 15-stelliger Code, der in der ersten Auslieferung des Spiels aufgrund eines Produktionsfehlers allerdings nicht enthalten ist. Falls ihr zu den Käufern dieser Fassung gehört: Über die Bitcomposer-Hotline kann der Code natürlich nachgefordert werden. Das gar nicht mal schlecht aussieht: Zwar mangelt es den Konsolenversionen überdeutlich an Anti-Aliasing (Treppchen hier, Treppchen da, Treppchen überall!), außerdem gibt es immer wieder Rollrasen und unschöne Slowdowns zu sehen - aber das Gezeigte ist der aktuellen Konkurrenz deutlich überlegen, auch wenn Birds of Steel immer noch die Propellernase vorn hat. Ebenfalls bemerkenswert: Der heftig auf die Gehörgänge des Spielers einprasselnde Soundtrack. Auch wenn der Komponist kaum ein Geheimnis daraus machen könnte, dass er ein Riesenfan von Hans Zimmer, Philip Glass und Clint Mansell ist.

Neben der Kampagne warten weitere Modi, von denen zwei interessant sind: In "Survive!" schlüpft man hinter die Griffe eines dicken Schiffsgeschützes und holt Welle um Welle angreifender Feindflugzeuge aus dem Himmel - nett, wenn auch etwas langatmig. Und dann wäre da noch der Mehrspielermodus, der bis zu acht Piloten Platz in vier Spielvarianten bietet. Was sich genauso unspektakulär spielt wie es sich anhört.

Fazit

Ich hatte mir unter Air Conflicts eigentlich nur Stopfmaterial für meinen ohnehin schon übersättigten Pazifikfliegermagen vorgestellt - ganz besonders angesichts der Tatsache, dass der Vorgänger „Secret Wars“ noch höchst durchschnittliche Pilotenkost war. Das Schöne an in Richtung Erdmittelpunkt gekurbelten Erwartungen: Sie können leicht übertroffen werden! Pacific Carriers ist wahrlich kein leuchtender Punkt am Himmel der Arcade-Flieger. Aber das, was es macht, macht es gut: Die Präsentation ist im Großen und Ganzen ordentlich, die Missionen bieten neben den obligatorischen Genrestandards auch frische Ideen und vor allem ein paar unverbrauchte Szenarien. Schön ist außerdem, dass man hier die Japaner nicht nur spielen, sondern auch endlich mal hören darf. Allerdings ist außerhalb der Kampagne nicht viel los, so dass das Träger-Vergnügen ein eher kurzes ist - aber ein vergnügliches.

Pro

schönes Team-Konzept
motivierender Erfahrungsaufstieg
interessante Patrouillen-Aufträge...
solide Präsentation
wuchtige Musik
abwechslungsreiche Missionen
optionale japanische Sprachausgabe

Kontra

nervendes Kantenflimmern (Konsolen)
gelegentliches Ruckeln und Tearing
...die aber immer gleich verlaufen
kaum Handlung
uninteressanter Mehrspielermodus
gelegentliche Monotonie im Missionsdesign

Wertung

360

Die Grafik leidet an flimmernden Kanten und gelegentlichen Rucklern - aber sonst gibt es hier solide Pazifik-Ballereien in gelegentlich frischen Szenarien.

PlayStation3

Die Grafik leidet an flimmernden Kanten und gelegentlichen Rucklern - aber sonst gibt es hier solide Pazifik-Ballereien in gelegentlich frischen Szenarien.

PC

Die PC-Version bietet die beste Grafik, ist aber sonst inhaltlich identisch.

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