Viele Vorschriften
Michael Schumacher beim Versuch, seinen Gegner außen zu überholen.
In der Vergangenheit hat Codemasters den Spielern viel Freiheit gegeben, wie sie sich ihr Formel Eins-Erlebnis gestalten wollen. Wer kein Qualifying und lediglich Rennen über drei Runden fahren wollte, bekam genauso die Gelegenheit dazu wie nur bei schönstem Sonnenwetter an den Start zu gehen. Damit ist es jetzt vorbei, denn hinsichtlich der Karriere macht man ungewöhnlich viele Vorschriften: Erst wer bei jeder Strecke eine Mindestdistanz von 25% absolviert, darf überhaupt antreten. Möglichen Wetterkapriolen kann man in den Einstellungen ebenfalls nicht mehr aus dem Weg gehen. Der Qualifikationslauf wird außerdem zur Pflichtveranstaltung, doch haben sich die Entwickler immerhin eine zeitsparende Alternative überlegt. Wer keine Lust auf die drei vollen Qualifying-Sessions oder die verkürzte Variante hat, bekommt hier mit der Blitz-Qualifikation eine weitere Möglichkeit, bei der nur eine schnelle Runde gegen den Geisterwagen des Führenden absolviert wird - ein schöner Zusatz. Trotzdem fühle ich mich hier zu sehr von Codemasters dazu gegängelt, die Karriere so zu spielen, wie sie es für richtig halten. Ich vermisse viele der Freiheiten aus den letzten Jahren.
Das gilt auch für das Thema Reifenverschleiß, das dank Pirelli von größerer Bedeutung ist als jemals zuvor. Von daher kann ich es nachvollziehen, dass die Entwickler den Abbau der Pneus als einen wichtigen Bestandteil der aktuellen F1 auch im Spiel umsetzen wollen. Aber ist es tatsächlich ein Grund, das Deaktivieren der Abnutzung komplett zu verbieten? Ich denke nicht, aber genau das wurde getan. Hinzu kommt, dass der Abbau des Gummis nicht so unberechenbar wirkt wie in der Realität, in der die Piloten mit einem plötzlichen Verlust der Bodenhaftung konfrontiert werden. Im Spiel lässt das Grip-Niveau dagegen nur in kleinen Schritten nach. Dem Spielverlauf kommt das sicher entgegen, realistisch ist es aber nicht, denn laut Fahrern wie Michael Schumacher kann man aufgrund der Reifenproblematik in der heutigen Formel Eins kaum noch am Limit fahren. Im Spiel ist es dagegen selbst auf angefahrenen Reifen immer noch locker möglich. Hardcore-Fans dürften sich daran stören; mir gefällt der gewählte Kompromiss, da ich zwar den Reifenverschleiß spüre, aber nicht dazu gezwungen werde, so vorsichtig zu fahren wie die realen F1-Piloten. Dass ich aber nicht selbst darüber entscheiden kann, ob ich die Abnutzung aktivieren will oder nicht, gefällt mir weniger.
In höheren KI-Stufen geht es eng, aber meistens fair zu.
Mechanische Defekte sind ebenfalls ein Punkt, auf den man in den Optionen keinen Einfluss nehmen darf. So kann es durchaus passieren, dass KERS über einige Runden ausfällt oder DRS nicht richtig funktioniert. Schwere Zwischenfälle wie Motorenplatzer oder Getriebeprobleme traten während meiner vielen Testkilometer allerdings nicht auf - weder bei mir noch bei der Konkurrenz. Bisschen inkonsequent, oder? Was mich ebenfalls nervt: Warum schafft es Codemasters nicht, endlich einen Editor zum Erstellen einer eigenen Spielfigur zu integrieren, so dass ich nicht länger mit der leicht schielenden Vorlage Vorlieb nehmen muss? Auch beim Design der Helme würde ich mich lieber selbst kreativ austoben anstatt gezwungen zu werden, auf vorgefertigte Exemplare zurückzugreifen. Das Rangsystem habe ich außerdem immer noch nicht durchschaut und es ist mir ein Rätsel, warum und für was ich die entsprechenden Punkte nach dem Rennen bekomme.
Die Neuzugänge
Lange Geraden eignen sich hervorragend, um sich im Windschatten an den Vordermann heran zu saugen.
Die neue Season-Challenge richtet sich vor allem an Leute, die nicht die geforderte Zeit in die klassische Karriere investieren wollen. Hier besteht eine Saison aus gerademal zehn Rennen zu jeweils fünf Runden inklusive Qualifying - selbstverständlich wird wieder alles streng vorgeschrieben, genau wie das dynamische Wettersystem, das neuerdings auch nur Teilbereiche der Strecke unter Wasser setzen kann. Der Clou am neuen Modus: Anstatt klassisch um WM-Punkte zu kämpfen, kann der Spieler hier jeden beliebigen Fahrer zu einem Duell herausfordern - und das in drei Schwierigkeitsgraden. Setzt er sich in mindestens zwei der drei folgenden Rennen gegen seinen Rivalen durch, darf er dessen Cockpit übernehmen. Und das führt zu einem Punkt, der mir sauer aufstößt, denn besiege ich z.B. Fernando Alonso und nehme in seinem Ferrari Platz, wird der Spanier aus den folgenden Läufen ausgeschlossen, bis ich sein Cockpit wieder freigebe. Klar, dass bei diesem Reglement die Fahrertabelle total verfälscht wird, wenn ich einen Piloten meiner Wahl einfach aus der Wertung herausnehmen kann. Zudem gibt es eine weitere Kuriosität, denn meine Figur wird nicht nur in den Boliden, sondern auch in den Rennanzug des besiegten Fahrers gesteckt. Es sieht lächerlich aus, wenn mein eigener Pilot nach einem Sieg feiert, aber auf dem Overall groß der Schriftzug „M. Schumacher“ prangt. Zudem ist die nüchterne Aufmachung an den Karrieremodus angelegt - entsprechend wirkt die Präsentation auch bei dieser abgespeckten Variante sehr trocken.