Unter Druck
In Kurven reagiert die KI oft noch zu vorsichtig.
Allerdings spürte ich erst ab dem Profi-Level einen echten Druck, der jedoch je nach Strecke stark schwankt. Auf manchen Pisten muss man sich jeden Meter hart erkämpfen, auf anderen fährt man der Konkurrenz auf und davon. Das dürfte vor allem daran liegen, dass die KI an scharfen Kurven und Schikanen immer noch zu vorsichtig agiert - und das selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad „Legende“, bei dem die Piloten die Messlatte eigentlich verdammt hoch legen. Beim Start lassen sie es aber ebenfalls zu gemütlich angehen, so dass man auf den ersten Metern problemlos viele Positionen gutmachen kann. Das gilt vor allem dann, wenn früh nach der Start-/Ziellinie die erste Kurve folgt.
Es fällt auf, dass die KI nicht mehr so verbissen agiert wie früher und ihre Abschussmentalität zurückgefahren hat – gut so! Als Folge dessen fühlen sich viele Überholmanöver fairer, aber gleichzeitig spannender an. Allerdings neigen die anderen Fahrer immer noch dazu, sich bei Überholversuchen den Frontspoiler zu beschädigen; ein Problem, unter dem schon der Vorgänger gelitten hat. Hin und wieder konnte ich außerdem seltsame Manöver der KI beobachten, die fast schon an Zickzack-Fahren erinnerten. Das Stauproblem in der Boxengasse wurde ebenfalls noch nicht ganz beseitigt. So kann es weiterhin passieren, dass man nach einem Stopp nicht sofort losfahren kann, weil man erst eine Karawane passieren lassen muss. Ich mache es einfach so wie im letzten Jahr und verlagere meine Boxenstopps eine Runde vor oder nach dem ursprünglich geplanten Besuch. Bei längeren Renndistanzen löst sich das Problem dagegen meist von alleine. Es ist schade, dass Codemasters zwar einige Kritikpunkte hinsichtlich der KI verbessern aber nicht vollständig eliminieren konnte. Trotzdem überwiegt das Positive: Ich habe in den zwei höchsten KI-Stufen viele fordernde Rennen und großartige Positionskämpfe erlebt, die meinen Puls in die Höhe getrieben und die Faszination Formel Eins klasse rübergebracht haben.
Die Augen der Stewards
Einen so zuverlässigen Silberpfeil wie im Spiel hätte sich auch Pechvolgel Schumacher für die laufende Saison gewünscht.
Das überarbeitete Strafsystem trägt ebenfalls seinen Teil dazu bei: Endlich brummen mir die Stewards bei der kleinsten Berührung nicht länger eine Durchfahrtsstrafe auf. Verschaffe ich mir einen Vorteil und überhole unerlaubt, bekomme ich jetzt außerdem die Gelegenheit, den Fehler auch ohne die Rückspulfunktion rückgängig zu machen, indem ich den Konkurrenten innerhalb eines Zeitlimits wieder passieren lasse - prima! Trotzdem ist das System noch nicht perfekt: Ich habe z.B. KI-Fahrer erlebt, die mich trotz Gelbphase überholt haben, für die Aktion aber nicht bestraft wurden. Auch hinsichtlich der Bewertung von Abkürzungen zeigen sich Schwächen bei der Erkennung. Auf manchen Kursen kann man sich ungestraft abseits der regulären Piste einen gewaltigen Vorteil verschaffen, während man auf anderen schon eine Verwarnung bekommt, wenn man mit zwei Reifen die Strecke verlässt. Wie in den Jahren zuvor lassen sich die Flaggenregeln in den Optionen auch einschränken oder sogar ganz ausschalten. Schön: Zum ersten Mal wird auch das Überfahren der weißen Linie am Boxenausgang geahndet. Schade nur, dass die Boxenstopps zum großen Teil immer noch automatisiert ablaufen. Ab der Boxeneinfahrt hat man keine manuelle Kontrolle mehr über sein Fahrzeug - nicht mal den „Pit Limiter“ darf man selbst betätigen.
Schwaches Schadensmodell
Die Sichtverhältnisse bei Regenrennen sind übel - vor allem, wenn man in die Gischt des Vordermanns gerät.
Während die Entwickler das Strafsystem verbessert haben, bleibt hinsichtlich des Schadensmodells leider alles beim Alten. Kosmetische Schäden wie Verformungen, Kratzer und Beulen sehen zwar gut aus, doch Auswirkungen auf die Fahrphysik lassen sich kaum wahrnehmen. Hinzu kommt, dass das Schadensmodell so inkonsequent bleibt wie eh und je: Oft bleiben heftige Einschläge ohne große Folgen, beim nächsten Mal wartet dagegen der Totalschaden, den man nur mit Hilfe der optionalen Rückspulfunktion ungeschehen machen kann. Gerade bei Beschädigungen am Fahrwerk oder den Flügeln müssten die Entwickler die Auswirkungen auf die Fahrphysik besser und feinfühliger abbilden.