Dabei ist die Kontrolle über Mondo mitunter etwas hektisch, was vor allem der Kameraführung zuzuschreiben ist, die mit der schnellen Action nicht mithalten kann. Immer wieder muss nachjustiert werden. Und dazu hat man nur selten Zeit.
Es weht auch ein mystischer Fantasy-Hauch durch die facettenreiche Geschichte.
Ärgerlich wird es, wenn auf einen schießende Gegner außerhalb des Kamerasichtfeldes liegen und man zwar hört, wenn sie sich bereit machen, aber einem die visuellen Signale fehlen, um rechtzeitig das Weite zu suchen. Doch abgesehen davon hinterlassen die blutigen Schlachten einen durchweg guten Eindruck und werden durch Rail- oder Geschützpassagen abgerundet. Das Adrenalin pumpt im Takt der treibenden Beats durch den Körper. Die Zusammenstellung der Gegner-Gruppen ist von Anfang bis Ende fordernd, ohne zu frustrieren und die ohnehin sparsam eingesetzten Wellen finden rechtzeitig ein Ende. Bei den Bossen verhält es sich ähnlich. Stimmungsvoll in Szene gesetzt, stehen sie sinnbildlich für die japanische Tradition vielstufiger Endgegner, ohne jedoch den Bogen zu überspannen - alles bleibt fair, zumal man nach und nach neue oder Aufwertungen bestehender Fähigkeiten freischalten kann.
American Gigolo
Ganz im Gegensatz zu seinem knallharten Arbeits-Ich steht der Mondo, der in seiner Freizeit versucht, in Bars mit Frauen anzubandeln. In diesen so genannten "Gigolo"-Missionen ist das Ziel, die holde Weiblichkeit an der Bar mit kostspieligen Geschenken zu einem Techtelmechtel zu überreden. Doch bevor Mondo ihr das Präsent überreichen und ihr Herz gewinnen kann, muss er erst all seinen Mut zusammenbringen und sich an ihr "berauschen". Und um das zu erreichen, muss er auf sein Gegenüber reagieren. Schaut sie Mondo an, sollte man einen tiefen Blick in ihre Augen riskieren.
In den "Gigolo"-Missionen muss man das Herz seines Gegenübers erobern.
Ist sie jedoch mit dem Nippen an ihrem Getränk beschäftigt oder schaut schüchtern zu Seite, muss Mondo die Gunst der Stunde nutzen und ihre Oberweite bzw. ihre Hüften und Beine taxieren. Doch wehe, wenn er erwischt wird - dann ist das Rendezvous schneller vorbei, als er "Rechnung bitte" sagen kann.
Diese Minispiele sind sogar mit der Hauptgeschichte verbunden, da Mondo über erfolgreiches Flirten zusätzliche Funktionen für seinen bionischen Arm freischalten kann - ein Schelm, wer Unzüchtiges dabei denkt. Obwohl dies alles sehr sexistisch klingt und man durch eine besondere Brille sogar bis auf die knappe Seiden- oder Spitzen-Unterwäsche blicken kann, ist die Umsetzung so überzogen, so gnadenlos karikiert, dass man dies eigentlich schon nicht mehr ernst nehmen kann. Was sich übrigens auch an der auf einer überdimensionierten Spritze reitenden, knapp bekleideten Krankenschwester Scarlett zeigt. Diese hält kampffokussierte Nebenmissionen für einen bereit, die man allerdings erst dadurch freischalten muss, indem man Scarletts Verstecke in den Abschnitten findet.
Lebendiger Comic
Sudas Hang zum Außergewöhnlichen lässt sich nicht nur an der Erzählstruktur oder dem augenzwinkernd betrachteten Frauenbild festmachen, sondern vor allem am visuellen Stil, den er hier gewählt hat: Im Gegensatz zu Shadows of the Damned oder Lollipop Chainsaw, die vergleichsweise realistische Ansätze verfolgen, wird die Unreal Engine hier genutzt, um einen animierten Comic auf den Bildschirm zu bringen, der immer wieder an Killer 7 erinnert. Starke Kontraste, grelle Farben, deutliche Konturen: Viele Stilmittel aus Grafik-Novellen bis hin zur gelegentlich eingesetzten monochromen Darstellung, die nur vom Rot des gegnerischen Blutes aufgebrochen wird, sorgen für ein sehr stimmungsvolles Gesamtbild.
Was hat es mit der geheimnisvollen "Moon River" auf sich?
Leider hat Kadokawa trotz der reduzierten Details die Engine nicht so weit im Griff, um das immer wieder störende Zerreißen des Bildes zu verhindern. Den sehr guten Artdesign-Gesamteindruck kann das Tearing allerdings nicht gefährden.
Übrigens hat man sich auch bei der Akustik ins Zeug gelegt: Die englische Sprachausgabe (alternativ lässt sich auch Japanisch einstellen) ist gelungen, die deutschen Untertitel passen. Doch das alles verblasst neben dem ungewöhnlichen Soundtrack von Akira Yamaoka, der auch für die düsteren Klänge der Silent Hill-Serie verantwortlich zeichnete und bereits an Sudas letzten Spielen beteiligt war. Von ruhigen Piano-Passagen über japanischen Dancepop bis hin zu Jazz und Industrial Metal findet er immer den richtigen Ton, um die düster-stimmungsvollen Bilder zu verstärken.