007 Legends17.10.2012, Paul Kautz
007 Legends

Im Test:

50 Jahre James Bond! 50 Jahre lasche Drinks, laberfreudige Bösewichter, schneller als Redshirts draufgehende Models, absurd-kreative Gadgets, in Einzelteile zerlegte Sportwagen - und natürlich Spiele. Ein paar wenige wirklich gute, ziemlich viele mittelmäßige. Welcher Kategorie 007 Legends (ab 9,99€ bei kaufen) wohl zugehören wird?

Nicht ohne meinen Martini!

Man kann von der James-Bond-Reihe halten, was man will - aber kaum einer wird ernsthaft anzweifeln, dass sie zu den Wegbereitern des modernen Actionkinos gehört. Fünf Namen wurden im Laufe der Jahrzehnte durch die Serie unsterblich und untrennbar mit Martinis und Walther PPK - okay, eigentlich sechs, aber George Lazenby zählt innerhalb des Bondversums wohl eher zur Kategorie „Kuriosum“. Aber gut, zurück zur Gegenwart. Und da vertritt Daniel Craig einen neuen Bond-Typ: Wortkarg, weniger verflirtet, schnell mit Faust und Waffe, nachdenklicher. Und im Falle von 007 Legends auch omnipräsent.

Denn während man durch fünf klassische Bond-Filme aus allen Ären springt (eine sechste Episode, basierend auf dem aktuellen Film „Skyfall“, wird als kostenloser DLC nachgereicht), bleibt eines immer gleich - Daniel Craig ist James Bond. In Gesicht, Stimme (zumindest in der deutschen Fassung) und Zeitrahmen. Denn obwohl man in Fort Knox gegen Oddjob antritt und Blofeld durch die Alpen jagt, spielt alles immer in der heutigen Zeit. Das Ganze findet im Kopf als Erinnerung des im Vorspann angeschossenen James Bond statt - was den Designern in erster Linie eine Entschuldigung dafür gibt, moderne Gadgets wie die Superuhr, aktuelle Sportwagen oder das allgegenwärtige Smartphone einzubauen.

Die Action könnte mit Stangen-Geballer und teilweise endlosen Gegnerwellen generischer kaum sein. Hier der Sturm auf Fort Know aus "Goldfinger".
Die Action könnte mit Stangen-Geballer und teilweise endlosen Gegnerwellen generischer kaum sein. Hier der Sturm auf Fort Knox aus "Goldfinger".

Der Tod kommt aus der Hüfte

Jedes Kapitel bietet wenige, dafür meist ziemlich lange Missionen, die auf Schlüsselszenen der Filme basieren - wie den Sturm auf Fort Knox (Goldfinger), die Ski-Verfolgungsjagd (Im Geheimdienst ihrer Majestät) oder das Rasen über den Eissee (Stirb an einem anderen Tag). Allerdings gibt es keine echte Verbindung zwischen den Streifen: Wenn einer abgehakt ist, wird einfach der nächste rangehebelt. Am Ende des fünften Films ist einfach Schluss, ein echtes Ende gibt es nicht - die Entwickler vertrauen offenbar sehr auf die Magie des DLC. All das in Kombination mit den größtenteils schlauchartigen, linearen Levels ergibt eine Kampagne von etwa fünf Stunden Dauer. Vielleicht sogar sechs, was der Verdienst der erschreckend langen Ladezeiten sowie der teilweise nervend weit auseinander platzierten Checkpunkten sein dürfte.

Nette Idee: Neben den drei gewohnten Schwierigkeitsgraden hat man auch die Möglichkeit, zum „modernen“ oder „klassischen“ Spieldesign zu greifen. Ersteres entspricht dem Zeitgeist, der vollautomatische Heilung aller Blessuren vorschreibt. Letzteres setzt ganz oldschool auf das Sammeln von Heilpäckchen und Panzerung.

Nur selten wird die monotone Action aufgelockert - die Ski-Verfolgungsjagd aus "Im Geheimdienst ihrer Majestät" zählt da schon zu den Highlights.
Nur selten wird die monotone Action aufgelockert - die Ski-Verfolgungsjagd aus "Im Geheimdienst ihrer Majestät" zählt da schon zu den Highlights.
Sehr ideenlos dagegen das Missionsdesign, das die Checkliste für Wald-und-Wiesen-Ego-Shooter Punkt für Punkt abhakt: Ballerballer, alternativ auch über Kimme und Korn - check. Nahkampf-Takedowns (die sogar tödlich sind, wenn Bond nur dem Hintern seines Feindes einen Klaps verpasst) - check. Simples Deckungssystem - check. Gelegentlicher Sammelkram, um damit Informationen und Spielermodelle freizuschalten - check. Kurze Autoeinlage mit bedrückend schlechter Fahrphysik - check. Oftmals endlos spawnende Gegner, bis man einen Triggerpunkt überschreitet - natürlich. Minigun-Einsatz vom Helikopter aus - wie könnte ein Shooter nur ohne auskommen? Dumpfbacken-KI, die große Freude daran hat, einem direkt vor die Flinte zu springen oder beharrlich eine stabil aussehende Wand zu beballern - aber immer, aber gern. Immerhin hat man oft genug die Wahl der Vorgehensweise: Lässt man das heiße Blei sprechen und muss man dafür mit deutlich mehr Gegnern hantieren? Oder bewegt man sich im Gänsemarsch durch die weiten Levels, behält die Position der Feinde via Superuhr im Auge und schaltet sie per Takedown oder Knarre mit Schalldämpfer lautlos, um bloß keine Aufmerksamkeit zu erregen? Geht grundsätzlich. Allerdings reagieren die Schergen auf leblos herumliegende Kollegen mit fragenden Blicken und schnell gedrückten Alarm-Schaltern - insofern ist es idiotisch, dass man deren Körper nicht aus dem Sichtbereich zerren darf. Kurz gesagt: Das Schleichen ist größtenteils sinnlos.

Aufs Maul! Leberhaken! Und gleich noch einen!

Die Bosskämpfe laufen immergleich an: Über die Analogsticks verdrischt man die überdeutlich markierten Schwachstellen der Übelwutze.
Die Bosskämpfe laufen immergleich an: Über die Analogsticks verdrischt man die überdeutlich markierten Schwachstellen der Übelwutze.

Abseits des „Ich bin generisch! Sieh, wie uninspiriert ich bin!“ schreienden Shooter-Designs gibt es tatsächlich einige interessante Ideen. Oder zumindest interessant wirkende wie den Nahkampf: Immer wieder gerät man an einen Gegner (alle Bosse, aber auch einige Otto-Normal-Schurken), der die Waffen ruhen und die Fäuste sprechen lassen will. Resultat: Über die Analogsticks kann man den Feind verdreschen, immer dahin schlagend, wo er gerade nicht deckt - wer nicht sieht, wo das sein kann, wird mit überdeutlichen Eingabeaufforderungen darauf hingewiesen. Wie gesagt, die Idee ist nett. Die Ausführung allerdings derart einschläfernd träge, dass es keinen rationalen Grund dafür gibt, jemals auch nur ein Mal daneben zu hauen.

Interessanter ist da schon das Smartphone. Klar, heute läuft kaum noch einer ohne die Mischung aus Telefon, Handheld, Kamera, Musikplayer und Saftpresse durch die Gegend. Aber Herr Bonds Xperia-Phone (die Werbung könnte kaum weniger subtil sein) legt dann doch noch mal eine Kohle drauf - denn mit ihm kann man Computer hacken und nach Fingerabdrücken oder Nervengas scannen.

Die Autos steuern sich grässlich. Gut, dass es nur wenige motorisierte Ausflüge gibt.
Die Autos steuern sich grässlich. Gut, dass es nur wenige motorisierte Ausflüge gibt.
Wobei gerade das „Hacken“ ebenfalls eher der Kategorie „nett gemeint“ entspringt - denn hier warten lediglich zwei simple Synchronisierungsspielchen.

Wirklich interessant ist eigentlich nur das Erfahrungspunkte-System: Jeder Kill, ob mit Waffe oder Bonds energischem Karate-Finger, arbeitet auf zusätzliche Erfahrungspunkte hin, genau wie das Erledigen von Nebenmissionen sowie Dinge wie eine gute Trefferquote - die Gesamtliste ist jederzeit einsehbar. Die errungenen Punkte darf man nun in Waffen-, Ausrüstungs- oder Bond-Verbesserungen investieren - und auf einmal haben die Knarren Rotpunktvisiere oder dickere Magazine, James heilt sich schneller oder verträgt mehr Treffer. Beim besten Willen keine neue Idee, aber eine nach wie vor motivierende.

Die Rückkehr des Bond-Zombies

Neben der Kampagne darf man sich die Zeit mit dem Meistern der „Herausforderungen“ vertreiben: Zehn an der Zahl, die nach und nach freigeschaltet werden. Und jedem Spieler von Goldeneye 007: Reloaded bekannt vorkommen dürften, denn das gleiche Konzept hieß dort einfach „MI6 Ops“. Darüber hinaus gibt es natürlich noch den Online-Modus: Vier Spieler dürfen lokal im Splitscreen loslegen, dreimal so viele online gegeneinander das Goldauge schwingen.

Ratatatatatatatatatatatata...
Ratatatatatatatatatatatata...
Die wenigen Matches, die bislang online möglich waren, sprachen eine belanglose, immer wieder von Lags durchsetzte Sprache - aber der Splitscreen-Modus ist erstaunlich unterhaltsam.

Spätestens bei der Kulisse ist allerdings Schluss mit lustig: Mann, ist 007 Legends hässlich! Grobe, detailarme Levels, die immer wieder unvermittelt von Ruckel-Attacken überfallen werden, angereichert mit fiesem Tearing und in alle Richtungen flimmernden Kanten. Gefüllt mit abwechslungsarmen, emotionslosen Figuren, deren Gesichter aussehen, als hätte Oddjob ein paar Stunden lang draufgesessen. Das Beste an der Grafik ist noch das putzige Ragdoll-System, das gelegentlich für unterhaltsame Todesposen sorgt. Oh, und das Hauptmenü ist gut gelungen - von geschmeidiger Musik begleitet wird sanft über klassische Bond-Bösewichter herum geschwenkt. Apropos Musik: Der Soundtrack kann wirklich was, im Gegensatz zur betonungsfreien deutschen Sprachausgabe.

Fazit

Wird es jemals wieder ein richtig gutes Bond-Abenteuer geben? GoldenEye Reloaded war okay, Blood Stone und Ein Quantum Trost nicht übel - aber richtig aus den Socken hauen kann der Herr Superagent schon seit vielen Jahren nicht mehr. Das ändert sich auch mit 007 Legends nicht, ganz im Gegenteil - denn damit werden neue Qualitätstiefen ausgelotet, die man sowohl der Marke als auch dem Entwickler Eurocom nicht zugetraut hätte. Alles an 007 Legends wirkt schludrig, gehetzt und unfertig: Angefangen bei der jämmerlichen Grafik über die nutzlose Schleichmechanik, die träge Ballersteuerung und die einschläfernden Faustkämpfe bis hin zum nicht vorhandenen, auf den Skyfall-DLC bauenden Ende, das deutlich macht, unter welchem Zeitdruck die Designer standen. Eine verdammte Schande, denn das vorhandene Potenzial blitzt immer wieder durch: Ich mag den kreativen Handlungsansatz, das motivierende EP-System und das freie Aufrüsten, auch der Mehrspielermodus ist zumindest nicht furchtbar. Aber Potenzial allein macht noch kein gutes Spiel - und davon ist diese lahme Bond-Suppe so weit entfernt wie Blofeld vom Mister Universe.

Pro

interessanter Handlungsansatz
viel Freischaltkram
guter Soundtrack

Kontra

jämmerliche Grafik
emotionslose deutsche Sprachausgabe
träge Steuerung
simples, ideenarmes Missionsdesign
dumpfe Gegner-KI
einschläfernde Bosskämpfe
endlose Feindeswellen
krümelige Videos
lange Ladezeiten
kurze Kampagne ohne Abschluss
kein echter Handlungsfaden
sinnloses Schleichen

Wertung

360

Dumpfes, ideenloses, generisches Action-Blabla, in dem nichts richtig funktioniert - das hat James Bond nicht verdient!

PlayStation3

Dumpfes, ideenloses, generisches Action-Blabla, in dem nichts richtig funktioniert - das hat James Bond nicht verdient!

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