Im Test:
Prügel-Rollenspiel?
Moment mal. Ein Rollenspiel, das als Grundlage für einen Prügler dient? Das gab es doch schon einmal? Richtig: Square hat 2008 und 2010 mit den Dissidia-Spielen versucht, die Welt von Final Fantasy in einem Beat'em-Up zu verpacken - und das durchaus vielversprechend. Das Konzept kann also aufgehen. In Persona 4 Arena (P4A) geht Atlus sogar einen Schritt weiter, entsagt sämtlicher Rollenspiel-Elemente und macht mit der Auslagerung der Entwicklung an die Prügelexperten von Arc Systems (Guilty Gear, Blaz Blue, Arcana Heart 3) zusätzlich deutlich, wie ernst man den Schritt über die Genregrenze hinweg nimmt.
Besonders bemerkenswert dabei ist, mit welcher Leichtigkeit die beiden Nischen, die sowohl von den Arc-Systems-Prüglern als auch von der Persona-Serie in ihrem jeweiligen Bereich gefüllt werden, hier zusammenkommen. Dabei werden Spieler, die auf Arena aufmerksam geworden sind, weil sie auf die bewährte, aber nicht immer leicht zu erlernende Kampfspiel-Mechanik der Entwickler schwören, ebenso bedient wie diejenigen, die auf PS2 oder Vita das RPG kennengelernt haben und nun die Chance wahrnehmen, sich (vielleicht erstmalig) an einem klassischen 2D-Beat'em-Up zu versuchen.
Gewöhnungsbedürftig?
Nutzt man die "Auto-Read"- Funktion (es gibt übrigens keine deutschen Texte), bei der die verschiedenen Sequenzen ohne eigenes Zutun kontinuierlich ineinander übergehen, kann es durchaus mal 40 Minuten dauern, bis man ins Kampfgeschehen eingreifen kann.
Viel drin
Mit unterschiedlichen Enden für die einzelnen Charaktere, die mitunter durch minimal vorhandene Dialogentscheidungen beeinflusst werden, wird das Fundament für einen gehobenen Wiederspielwert gelegt - ich wollte als Spieler des Rollenspiels ein möglichst umfassendes Bild davon haben, wie es mit den Figuren weitergeht. Doch auch wer daran kein Interesse hat und sich nur auf die Kampfmechanik stürzen möchte, wird umfassend bedient. Um sich sowohl für den Kampf gegen die KI als auch gegen menschliche Gegner zu wappnen, empfehlen sich der Trainingsmodus mit seinen zahlreichen Modifikatoren hinsichtlich des CPU-Verhaltens sowie der Herausforderungs-Modus.
Und dann gibt es natürlich noch den Online-Modus, der bei den bisherigen Titeln von Arc Systems dank unglaublich sauberen Netzcodes stets zu Jubel führte. Diese Tradition wird auch in P4A aufrecht erhalten. Zwar kann es in der Vorstellungsphase der Kämpfer zu beängstigenden Rucklern und Slowdowns kommen - doch nachdem beide Spieler erfolgreich "gesynct" wurden, ist davon nichts mehr zu spüren. Das Ergebnis sind Auseinandersetzungen, die sowohl innerhalb der Ranglisten-Matches als auch "zum Spaß" hinsichtlich der Kollisionsabfrage ebenso penibel und akkurat ablaufen wie Offline-Duelle oder Kämpfe gegen die CPU. Und es wird sehr schnell deutlich, wer versucht, mit Knopfhämmern durchzukommen und wer sich mit den Eigenheiten der Figuren auseinander gesetzt hat. Im Zweifelsfall werden sich persönliche Fähigkeiten immer gegen Zufallstreffer und Buttonmasher durchsetzen.
Schick, schnell, sauber
Zugegeben: Dem Prügler von Arc Systems fehlt das Glattgebügelte, das z.B. das Artdesign von 2D-Konkurrenten wie Street Fighter 4 auszeichnet. Doch der etwas grobere Charme, der auch hier von den geschmeidig animierten zweidimensionalen Figuren ausgeht, verfehlt seine Wirkung nicht.
Denn die Kollisionsabfrage ist typisch akkurat. Mitunter hat man zwar das Gefühl, dass ein Schlag als Treffer gewertet wird, obwohl man doch geblockt hat - doch ein Studium der online zur Verfügung stehenden "Replays" beweist das Gegenteil und untermauert den Status von Arc Systems als geheimer Meister des 2D-Prüglers.
Fazit
Persona 4 Arena räumt mit zwei Vorurteilen auf: 1.) Arc Systems produziert nur 2D-Prügler für absolute Genießer, die gewillt sind, sich in die komplexe Kampfmechanik einzuarbeiten. 2.) Beat'em-Ups und Erzählkunst schließen sich aus. Egal, ob Anfänger oder Profi, ob man vom Rollenspielvorgänger herübergeschwappt ist oder sich als hartgesottener Fan der Entwickler outet: Arena bietet für jeden etwas. Während Anfänger sich über den trotz staubtrockenen Tutorials leichten Einstieg freuen, werkeln Profis am framegenauen Timing ihrer Kombos oder fordern im sehr guten Online-Modus die weite Welt heraus. Darüber hinaus passt die bekannt gute zweidimensionale Kulisse mit handgezeichneten sowie schick animierten Figuren, wie man sie auch aus BlazBlue kennt, wunderbar zum markanten Artdesign der Persona-Rollenspiele - ein beinahe himmlisches Pärchen. Die für einen Prügler erstaunlich tiefsinnige sowie umfangreiche Geschichte hingegen stürzt mich in ein moralisches Dilemma: Sie überzeugt mich thematisch, ist aber mitunter derart langatmig sowie uneinheitlich erzählt, dass es graust. Doch man kann sie ja im Schnellverfahren wegklicken und sich auf die Kämpfe konzentrieren - und die machen deutlich, dass weder Netherrealm noch Capcom oder Namco sich auf ihren Lorbeeren ausruhen können. Persona 4 Arena zeigt, dass die Prügler von Arc Systems den Geheimtipp-Status langsam aber sicher hinter sich lassen.
Pro
Kontra
Wertung
360
Die Kampfmechanik ist off- und online über jeden Zweifel erhaben, das 2D-Artdesign überzeugt. Der Umfang könnte allerdings üppiger und die Erzählung straffer sein.
PlayStation3
Kampfmechanik und Kulisse lassen sowohl on- als auch offline kaum Wünsche offen. Die langatmige Erzählung erweist sich ein ums andere Mal als Stolperdraht.
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