Fehlgeleitete Zeitreise?
Das klassische Action-Rollenspiel wurde in den letzten Jahren von Diablo 3 und der Torchlight-Serie definiert. Doch es gab noch eine weitere Serie, die im Independent-Bereich gewachsen und sich mittlerweile eine stattliche Fangemeinde gesichert hat: Neocores „The Incredible Adventures of Van Helsing“. Die Anfänge vor zwei Jahren waren zwar vor allem technisch noch etwas spröde, doch mit jedem Teil der Trilogie wurden sowohl Technik als auch Mechanik verfeinert. Als Höhepunkt erschien am PC vor kurzem der so genannte „Final Cut“, der die Inhalte aller drei Teile mit den ausgefeilten Mechanismen und Figurenklassen der letzten Episode verfeinert. Das Ergebnis im Test waren satte 84% - es fehlten nur Kleinigkeiten am Gold-Award. Daher hatte ich mich enorm auf die schon länger gemutmaßte sowie hinter vorgehaltener Hand bestätigte Konsolenfassung gefreut.
Etwa zweieinhalb Jahre nach der PC-Premiere macht der Monsterjäger Van Helsing die Xbox One unsicher.
Dass die Pad-Steuerung überzeugen würde, hat Van Helsing bereits am PC gezeigt. Dort konnte man schon mit Controller spielen, die Menüführung wurde automatisch angepasst. Dementsprechend gut funktioniert das Action-Rollenspiel auch hier: Die Menüs sind zwar vor allem im Inventar unübersichtlich, das eine Info-Anzeige über neu hinzugekommene Gegenstände vertragen könnte. Doch im Wesentlichen kommt man schnell und unkompliziert in die entsprechenden Bereiche und kann mit wenigen Klicks sowohl die Ausrüstung als auch die Fähigkeiten usw. pflegen. Allerdings frage ich mich auch, wann die Entscheidung für die Konsolenversion gefallen ist. Ausgehend von dem, was man hier bekommt, in etwa zwischen der Entwicklung von Teil 1 und Teil 2 der Rechnerversion. Denn absolut alles, was mit Teil 3 sowie vor allem mit dem Final Cut an Inhalten, Verbesserungen und Verfeinerungen ergänzt wurde, fehlt hier.
Enttäuschung oder Freude?
Steuerung und Benutzerführung wurden sauber an die Konsole angepasst.
Und das ist vor allem initial eine Enttäuschung. Denn statt des halben Dutzends abwechslungsreicher Klassen mitsamt jeweils ausufernder Fähigkeitenbäume bekommt man hier sage und schreibe eine einzige spielbare Klasse, den "Hunter". Zwei weitere, den "Arcade Mechanic" sowie den Thaumaturgen muss man wie seinerzeit bei der Premiere auf Steam zusätzlich im Store kaufen – für jeweils etwa vier Euro! Das ist ein starkes Stück. Ja: Zum Testzeitpunkt sind Van Helsings Abenteuer für Xbox-Live-Gold-Mitglieder kostenlos. Doch die Konsolenspieler werden sich zu Recht gegängelt fühlen, wenn sie wie vor zwei Jahren die PC-Spieler die anderen Klassen teuer nachkaufen und für ein vollständiges Spielerlebnis mitsamt der durchaus interessanten Alternativfiguren beinahe 25 Euro hinlegen müssen. Hier hätte Neocore durchaus großzügiger sein dürfen. Wenn man die PC-Veröffentlichungen als Basis nimmt und damit jetzt schon absehen kann, dass mit Teil 2 diese Klassen von Beginn an zur Verfügung stehen und mit Teil 3 ad acta gelegt werden, ist dies zumindest das falsche Signal. Dass es wohl schon zu spät war, um den ersten Teil des Final Cut konsolengerecht umzusetzen, ist sehr wahrscheinlich, wäre aber die bessere Entscheidung gewesen. Doch abseits des Kuddelmuddels, das angesichts der Qualität des Final Cut umso unverständlicher scheint, liefert der Konsoleneinstand des Monsterjägers inhaltlich genau das, was sein PC-Pendant Mitte 2013 zu einer Wertung von 76% geführt hat.