Family Guy: Zurück ins Multiversum06.12.2012, Jan Wöbbeking
Family Guy: Zurück ins Multiversum

Im Test:

Alternative Universen: der Traum eines jeden Cartoon-Autors. Hier können all die beim Brainstorming ersponnenen Ideen untergebracht werden, für welche sonst kein Platz ist. Ob gigantische Rollstuhlkampfroboter, politisch korrekte Piraten, nukleare Katzenwerfer: Fürs aktuelle Family Guy-Spiel war offensichtlich keine Idee zu bekloppt. Schöpft der Shooter auch spielerisch aus dem Vollen?

Wahnsinnig lustig

Verantwortlich für das Chaos vor der Flinte ist Stewies bastlerisches Talent. Das diabolische aber trotzdem liebenswerte Kleinkind der Familie Griffin hat eine Fernbedienung gebastelt, mit welcher Hund Brian und er durch alternative Universen reisen. Anlass für die Reise ist Stewies noch böserer Antagonist Bertram, welcher ebenfalls Weltherrschaftspläne schmiedet. Bevor er also eine Armee universeller Freaks zusammenstellen kann, jagen ihn Brian und Stewie ihn durch die Portale und schießen alles über den Haufen, was sich ihnen in den Weg stellt. Man kann jederzeit zwischen beiden wechseln, um mit einem Auswahlrad auf käufliche Waffen wie einen Phaser, einen knisternden Elektrostrahl, ein Flammenwerfer oder eine Pumpgun zuzugreifen.

Man hört auf Anhieb, dass beim kalifornische Entwickler-Team Heavy Iron (gehörte früher zu THQ) nicht nur räumliche Nähe zu Hollywood besteht. Die englische Synchronisation klingt erstklassig und der Soundtrack sprüht vor Abwechslung und lustigen Variationen des Hauptthemas. Manchmal wummert das Lied zum Beispiel als Breakdance-Version aus den Boxen, kurz danach wird es mit fernöstlichen Instrumenten interpretiert. Manchmal klimpert auch das Klavier dramatisch im Stil alter Actionfilme, während man sich mit dem Sniper-Gewehr über Dächer und durch Hotelflure schleicht. Deutsch gibt es leider nur in Textform und Untertiteln.

Wahnsinnig altbacken

Im Nahkampf greift der vierbeinige Alkoholiker Brian zur Flasche - oder genehmigt sich einen ausgiebigen Schluck.
Im Nahkampf greift der vierbeinige Alkoholiker Brian zur Flasche - oder genehmigt sich einen ausgiebigen Schluck.
Stealth-Missionen bleiben die Ausnahme, meist geht es um stupides Ballern aus der Schulterperspektive. Bei Figuren wie Mort Goldman oder dem bösen Zwilling von Bürgermeister West hole ich mir Aufträge ab, welche aber linear nacheinander abgearbeitet werden. Im Piraten-Universum stürmen Unmengen von Freibeutern das Gefängnis, nachdem Stewie sich durch beständiges Nerven der Wachen befreit hat. Die mit Säbeln bewaffneten Feinde sind so dämlich, dass man sich einfach zurück in die Zelle stellen und das Feuer eröffnen kann. Der Großteil postiert sich stupide vor dem Gitter, statt durch die Tür zu rennen. Die KI-Macken sind bei weitem nicht so gravierend wie in Call of Duty Black Ops - Declassified aber trotzdem ein herber Kritikpunkt. Neben der Steinzeit- KI nervt auch der sich ähnelnde Aufbau der Levels. Das Ballern durch Unmengen von Kanonenfutter erinnert oft an steinalte Titel wie Serious Sam.

Manchmal wird einfach alles aus dem Weg geräumt, an anderer Stelle eine Stellung vor den anrückenden Horden verteidigt. Mal schieße ich mit fetten Kanonen auf Piratenschiffe, welche mit Beibooten zum Entern ansetzen, später mit Haubitzen auf den gigantischen „Crippletron“. Dabei handelt es sich um einen grotesken, aus Rollstuhlfahrern zusammengesetzten Transformer-Roboter, welcher vom bösen Zwilling von Joe Swanson gesteuert wird. Zu Gute halten muss ich dem Spiel, dass es oft genug Raum für alternative Wege lässt. Wenn ich Schützengräben und andere Deckung geschickt nutze und mich clever an zu hackende Panzer heranschleiche, komme ich deutlich schneller ans Ziel als mit einem Frontalangriff. Auch die steigende Zahl an Extrawaffen bringt immerhin ein wenig Abwechslung ins Spiel. Zuerst schleiche ich mich mit dem Schalldämpfer an der Security vorbei, dann puste ich ein paar Agenten im Hotelflur mit der Schrotflinte weg und schließlich geht es ab aufs Dach, wo das Scharfschützengewehr zum Einsatz kommt.

Angriffslustige Riesenvögel

In diesem Universum haben Behinderte die Macht ergriffen. Mit einem Sprung auf ein Auto lassen sich die Rollstuhlfahrer aber recht einfach austricksen.
In diesem Universum haben Behinderte die Macht ergriffen. Mit einem Sprung auf ein Auto lassen sich die Rollstuhlfahrer aber recht einfach austricksen.
Trotz spielerischer Mängel merkt an allen Ecken und Enden, wie viel Liebe in den küntlerischen Teil eingeflossen ist. Das Spiel quillt praktisch über vor lustigen Ideen und Gegnern. Besonders cool sind z.B. Extrawaffen wie das beliebte Kampfhuhn oder der als mobiles Geschütz einsetzbare Rollstuhlfahrer Joe Swanson. Politisch korrekt sind hier nur die Piraten: „It’s African American Beard, not Blackbeard!“, klärt mich ein erzürnter Gegner auf, bevor er den Krummsäbel gegen mich erhebt. Für Atmosphäre sorgt auch, dass Brian und Stewie ununterbrochen sarkastische Kommentare ablassen: Über die schlechte Haut der Gegner, ihre Instinkte als Hund bzw. Kleinkind und diverse andere lustige Nebensächlichkeiten. Die Technik schindet dagegen keinen Eindruck: Die grobschlächtigen Polygone sehen nicht besonders hübsch aus, der Cartoon-Stil wird damit aber trotzdem gut getroffen. Außerdem tauchen viele liebgewonnener Charaktere aus der Serie auf. Meg ist im Piraten-Universum z.B. eine monströse Seeschlange.

Vier alberne Mehrspielermodi wie „Fang den eingeölten Gehörlosen“ dürfen nur im Splitscreen und nicht online gespielt werden. Bis zu vier Teilnehmer bekriegen sich mit Lois, Peter & Co, welche jeweils spezielle Waffen mitbringen. Wer möchte, kann sich außerdem ein paar Arcade-Herausforderungen stellen, welche sich mangels guter KI aber öde gestalten. Dazu gehört z.B. die Berfreiung von Gieseln vor endlos nachströmenden Feinden. Auf der Xbox 360 läuft das Spiel ein wenig flüssiger als auf der PS3 – dort liegt die Framerate nur auf geschätzen 30 Bildern pro Sekunde. Auf Sonys Konsole gibt es außerdem seltene Ruckler und längere Ladezeiten. Darüber hinaus klingen die Sprachsamples hier oft kratzig, auf der Xbox 360 tritt das Problem nur selten auf.

Fazit

In Family Guy: Zurück ins Multiversum prallen zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite glänzt das Spiel mit Unmengen haarsträubender Ideen, bizarren Gegnern und professioneller Vertonung. Auf der anderen Seite nerven das meist altbackene Missionsdesign, eine schwache Technik, öde Fließband-Kämpfe sowie die schwache KI. Stewie nimmt die Probleme sogar selbst auf die Schippe: „Again! Again! I love repetition!“. Andererseits sorgen das wachsende Waffenarsenal, lustige Bosskämpfe und alternative Laufwege wenigstens manchmal für Abwechslung. Wer nur bedingt kompatibel mit Seth MacFarlanes überdrehtem Humor ist, sollte also einen großen Bogen um das meist monotone Spiel machen, als Fan hat mich die geballte Ladung Irrsinn aber trotzdem zum Weiterspielen motiviert.

Pro

grotesker Family Guy-Humor
hochgradig alberne Wummen, Gegner und Fähigkeiten
Unmengen lustiger Sprüche und Dialoge
gelungenes Zeichentrick-Design
schwungvoller und abwechslungsreicher Soundtrack
professionelle englische Synchro

Kontra

oft monotones Dauergeballer
dämliche Gegner-KI
fade Sammelaufgaben
Deutsch nur in Untertiteln
technisch schwache Kulissen
mitunter kratzige Soundqualität (vor allem auf PS3)
seltene Ruckler (PS3)
Mehrspieler-Modus nur offline spielbar
Lange Ladezeiten (vor allem auf PS3)
Steuerung nicht konfigurierbar

Wertung

360

Irre komisch aber spielerisch altbacken: Der Trip durchs Multiversum besteht zum Großteil aus stupider Dauer-Action.

PlayStation3

Die PS3-Version leidet unter kleinen technischen Problemen wie die niedrigere Framerate.

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