Ninja Gaiden 3 - Razor's Edge08.04.2013, Mathias Oertel
Ninja Gaiden 3 - Razor's Edge

Im Test:

Die Premiere von Ninja Gaiden 3 fand auf Sonys und Microsofts HD-Systemen statt - mit magerem Erfolg. Die erweiterte Version mit dem Untertitel "Razor's Edge" auf Wii U konnte schon besser abschneiden. Und die gibt es jetzt auch für PS3 und 360.

Der x-te Meuchelmörder

Ganz ehrlich: Langsam habe ich genug von Ryu Hayabusa. Naja, nicht von dem Meisterninja per se, mit dessen älteren Auftritten ich immer noch einige meiner anspruchsvollsten Erlebnisse auf Xbox, Xbox 360 und PS3 verbinde. Doch nach dem ursprünglichen Ninja Gaiden 3 (NG3, März 2012) sowie der darin enthaltenen Enttäuschung (4P-Wertung 50%), der Anfang 2013 erschienenen überarbeiteten sowie erweiterten Wii U-Version "Razor's Edge", die mit einem Wertungssprung zumindest wieder ein paar Frustwogen glätten konnte, steht nun die Umsetzung eben dieser Version auf 360 und PS3 auf dem Programm.  Sprich: Innerhalb von etwa einem Jahr wartet jetzt der dritte Text auf mich. Doch ich nehme mir eine ähnliche Freiheit heraus wie Tecmo Koei und passe den Test der Wii U-Version an, der selbstverständlich in Grundzügen auf dem zum Original Ninja Gaiden 3 beruht.

Einer der Unterschiede zum ein Jahr alten Original ist die visuelle Verstümmelung der Gegner. Dieses Merkmal hat bei den ungeschnittenen Vorgängern auf Xbox bzw. Xbox 360 dazu geführt, dass die USK eine Kennzeichnung verweigerte. Vom ersten Teil gibt es eine leicht zensierte Version mit USK-Freigabe. Und die Sigma-Ableger für Sony-Systeme wurden ebenfalls leicht entschärft, damit sie mit dem begehrten Siegel versehen werden konnten. Doch mit der Rückkehr zu "alter" Härte gab es auch die "alte" Konsequenz. Sprich: Razor’s Edge ist nur als Import erhältlich. Doch inhaltlich gewinnt NG3 nicht an Reiz. Man kann Körperteile abtrennen... na und? Bereits in den Ursprungs-Versionen wurden die Arenakämpfe gegen eine gegnerische Übermacht auch ohne diese Option wuchtig inszeniert - zumal die Action ohnehin häufig so schnell an einem vorüberzieht, dass man kaum Gelegenheit hat, die Hektoliter roten Pixelblutes oder die Überreste der Gegner auf sich wirken zu lassen. Von einer emotionalen Wirkung ganz zu schweigen. Leider wird visuelle Gewalt zum Selbstzweck verpulvert, anstatt die erzählerische Komponente zu unterstützen.

Dunkler Held mit scharfer Klinge

Erzählerisch und visuell hat sich seit der Ur-Fassung vor einem Jahr nichts getan. Neu ist die überhöhte Gewalt, die dafür sorgt, dass Razor's Edge nur als Import erhältlich ist.
Erzählerisch und visuell hat sich seit der Ur-Fassung vor einem Jahr nichts getan. Neu ist die überhöhte Gewalt, die dafür sorgt, dass Razor's Edge nur als Import erhältlich ist.
Denn selten hätte es sich so angeboten wie hier: Der Held wird mit dem Ansatz des "Japanese Dark Hero" gezeichnet, der "Böses" tun muss, um das Gute zu erreichen. Dies ist aber letztlich kaum mehr als ein magerer erzählerischer Vorsatz für das bei den Kämpfen imposant inszenierte, aber letztlich banale Katana-Gemetzel, das Ryu von London über Russland, die Antarktis oder ein Atoll im Indischen Ozean bis nach Tokyo führt.  Auch das Bild des slawischen Fluches, mit dem Ryu belegt wurde, erschöpft sich schnell und wird banal. Der "Griff des Mordes" (im Original "Grip of Murder") breitet sich von seinem rechten Arm aus und soll sinnbildlich die Qualen darstellen, die die von ihm Getöteten erdulden mussten und die er nun in sich aufsaugt. Der Fluch breitet sich in seinem Körper aus und droht ihn zu töten.

Damit hat man in der Theorie ein interessantes Thema. Wie wäre es denn, wenn Ryu an Schlüsselstellen vor die Wahl gestellt würde, ob er weiter mordet oder doch versucht, einen anderen Weg zu finden? Doch wie viele andere Stilmittel ist auch der Fluch nur ein oberflächliches Element - er wird nur genutzt, um für billige Dramatik zu sorgen. So etwa, wenn der Schmerz in seinem Arm in regelmäßigen Abständen so gewaltig wird, dass Ryu nur noch schleichend zum Levelausgang gehen kann. Wohl wissend, dass jeder weitere Feind den Fluch nur verstärkt, muss man weiter metzeln - schwach.

Neu ist besser?

Abseits der frischen Möglichkeit, jetzt abgetrennte Körperteile hinter sich zurückzulassen, gibt es noch weitere inhaltliche Änderungen: So bekommt man im Lauf der Zeit stets neue Waffen wie z.B. mörderisch scharfe Klauen, die an Hände und Füße geschnallt die Gegner zerkleinern.

Neue Klingen schneiden gut: Ayane in Aktion.
Neue Klingen schneiden gut: Ayane in Aktion.
Man kann in speziellen Abschnitten mit der Heldin Ayane (bekannt aus Team Ninjas anderer Serie Dead or Alive) ein Doppelkatana sprechen lassen. Und es gibt ein Aufwertungssystem: Je nach Leistung erhält man Karma-Punkte. Diese kann man für neue Bewegungen und Upgrades eintauschen. Dadurch hat man zwar mehr Freiheit, um Ryus Kenntnisse an die persönlichen Vorlieben anzupassen. Doch auch dieses Element reicht nicht aus, um aus einem biederen Abenteuer einen adäquaten Nachfolger zu einer der fordernsten Action-Serien aller Zeiten zu machen - auch wenn der Schwierigkeitsgrad zugelegt hat und vor allem bei den Bossen fast "alte" Standards erreicht.

Zwar zeigen die Verbesserungen und Verfeinerungen in Razor's Edge, dass sich Tecmo die Kritik der Fans zu Herzen genommen hat und versucht, das Spielerlebnis zu verbessern. Doch es gilt weiterhin, dass Team Ninja nach dem Weggang von Itagaki-san weitgehend kopflos durch das Designkonzept eiert und nach wie vor Schwierigkeiten hat, die Essenz der Vorgänger zu erfassen. Anstatt wie früher intensive Gefechte gegen wenige, dafür aber umso gefährlichere Gegner zu inszenieren, kennt man hier meist nur ein Rezept, um Spannung zu entfachen: Welle auf Welle auf Welle an Gegnern - und ein paar nervige Trial & Error-Sequenzen. Und genau wie vor etwa einem Jahr verpasst man es immer noch, rechtzeitig ein Ende zu finden, so dass man weiterhin das Gefühl hat, kein Ninja Gaiden, sondern einen modifizierten Dynasty Warriors-Ableger zu spielen.  

Online? Ja!

Immerhin: Hat man die Geschichte bewältigt oder möchte abseits der Kampagne metzeln, kann man sich an den optional kooperativen "Ninja Trials" oder dem Mehrspielermodus für bis zu acht Online-Meuchelmörder versuchen. Hinter Ersterem verbergen sich meist fünf bis zehn Minuten dauernde Arena-Kämpfe mit kleinen Sonderaufgaben, die man auch solo angehen kann, um Erfahrung zu sammeln.

Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, seine Figuren mit Karmapunkte aufzurüsten.
Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, seine Figuren mit Karmapunkte aufzurüsten.
Diese führt zum Levelaufstieg und damit zu neuer Ausrüstung sowie Fähigkeiten, wobei man hier nicht einmal ansatzweise den Tiefgang und den Umfang einschlägiger Shooter erreicht. Die Clan-Kriege wiederum sind Duelle von maximal vier Meuchlern großen Gruppen, wobei auch hier zusätzlich zu den Deathmatch-Regeln Aufgaben warten.

Während man den Herausforderungen einen gewissen Unterhaltungswert und Anforderungsgrad nicht absprechen kann, wirken die Online-Duelle draufgestülpt: Hektisch, unübersichtlich und größtenteils spaßfrei habe ich wie damals nach ein paar Sessions die Segel gestrichen.

Nach wie vor biedere Technik

Dass man sich auf inhaltliche Änderungen konzentriert hat, ist nicht verwerflich. Doch es hätte nicht geschadet, die biedere Kulisse an einigen Stellen anzuhübschen. Bereits bei der Erstveröffentlichung von Ninja Gaiden 3 konnten die Abschnitte maximal Durchschnittswerte erreichen. Und daran hat sich nichts geändert - auch die mitunter zickige Kamera findet sich wieder.

Das Figurendesign geht abgesehen von der immer wieder altbacken wirkenden Mimik in Ordnung. Die Kampfanimationen passen und werden von einigen Effekten (z.B. Unschärfe, "Flirren")  unterstützt, so dass die Action geschickt in den Fokus gerückt wird. Allerdings ist sie nie so opulent, dass sie die nicht so aufwändigen Kampfarenen vergessen lassen könnte;  immerhin gibt es keine Bildraten-Einbrüche zu beklagen.

Fazit

Die Veränderungen und Verbesserungen die "Razor's Edge"  zuerst auf Wii U und jetzt auch auf den Ursprungs-Systemen im Vergleich zum Original erfahren hat, tun Ninja Gaiden 3 weitgehend gut - und zeigen, dass Team Ninja sich die Kritik der Fans zu Herzen genommen hat. Mit dem Karma-System und den daraus resultierenden Charakter-Aufwertungen bekommt man ein bisschen Freiheit sowie die Option, den Ninja an seine Spielweise anzupassen. Auch die schon früh zur Verfügung stehenden Alternativwaffen sowie der  modifizierte Schwierigkeitsgrad wissen zu gefallen und werten das Action-Adventure auf. Doch viele Kernprobleme, die auch die Urfassung geplagt haben, sind weiterhin allzu sichtbar wie z.B. bei der hanebüchen konstruierten, oberflächlichen Geschichte, dem Fokus auf nicht enden wollende Gegnerwellen oder den nach wie vor nervenden Trial&Error-Momenten. Am deutlichsten ist dies jedoch weiterhin am Verlust der Ninja Gaiden-Seele festzumachen, die auch in Razor's Edge höchstens als Spurenelement enthalten ist. Mit dem Abschied des Serienschöpfers von Team Ninja wurde die Reihe in eine neue Richtung gedrängt und musste auf dem Weg dorthin zu viele massentaugliche Kompromisse hinnehmen - und davon hat sich auch diese überarbeitete Neuauflage nicht erholt.

Pro

schnelle Action
Upgrade-System
diverse Waffen zur Auswahl
optional japanische Sprachausgabe
neue spielbare Figuren
gut reagierende Steuerung
gelungene Bosskämpfe

Kontra

erzählerisch schwach
visuell bieder
draufgetackerter Online-Modus
wenig Gegnerabwechslung
nervige Trial&Error-Sequenzen
Ninja Gaiden-Essenz nur rudimenmtär vorhanden

Wertung

360

Mehr Inhalte, mehr Gewalt und einige Verbesserungen können nicht verschleiern, dass Ryu Hayabusa nicht an die Klasse alter Zeiten anknüpfen kann.

PlayStation3

Mehr Inhalte, mehr Gewalt und einige Verbesserungen können nicht verschleiern, dass Ryu Hayabusa nicht an die Klasse alter Zeiten anknüpfen kann.

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vor 4 Jahren