Im Test:
Hallo, Schwesterherz!
„Jump & Run“, „Springen & Rennen“ - das ist die Quintessenz des Plattformspaßes, der uns über die vielen, vielen Jahre seit den seligen Donkey-Kong-Tagen so viel Spaß, durchzockte Nächte und Gamepad-förmige Löcher in den Wänden beschert hat. Giana Sisters: Twisted Dreams (ab 3,51€ bei kaufen) folgt dieser Prämisse auf dem Fuße, denn das Spieldesign besteht in erster Linie genau daraus.
Und das ist auch gut so, denn diese Fokussierung auf das Wesentliche (angereichert durch Aktivitäten wie das Einsammeln von Edelsteinen bzw. das eine oder andere Kistenverschiebe-„Puzzle“) ermöglicht ungetrübten Hüpfspaß alter Schule: Von links nach rechts, gelegentlich auch nach oben und unten, über Plattformen und Gegnerköpfe. Per Knopfdruck kann man zwischen den beiden Giana-Persönlichkeiten wechseln: Blondchen kann einen hohen Wirbelsprung machen, die Rothaarige sich in einen feurigen Ball verwandeln; schweben können sie beide.
Was die Entwickler aber so richtig vom Spieler verlangen, ist Durchhaltevermögen und stabiles Zahnfleisch. Denn das neue Giana Sisters wird schnell erstaunlich schwer - was dem spirituellen Vorgänger Giana Sisters DS an Anspruch fehlte, wird hier doppelt und dreifach draufgepackt. Dabei geht es nicht um Lebensverlust, denn auf dem normalen Schwierigkeitsgrad hat man unendlich viele Versuche, beim Scheitern wird man sofort wieder an den letzten der vielen Checkpunkte gebeamt. Es geht vielmehr um nach Pixelperfektion verlangende Sprungeinlagen, um fies platzierte Gegner, um perfektes Wechseltiming fordernde Plattformen. Verlorene Leben werden lediglich in der Levelendabrechnung gezählt. Und dort sorgen zu viele dafür, dass man eine weniger gute Note (ausgedrückt in mehr oder weniger Sternen) kassiert.
Wi-Wa-Wunderwelten!
Es dürfte nur wenige Sekunden nach dem Starten des ersten Levels dauern, bis dieser oder ein ähnlicher Laut aus dem Mund des Giana-Sisters-Spielers dringt: „Geiiiiiil!“ Der Wechsel zwischen den Schwestern bewirkt nämlich nicht nur eine veränderte Haarpracht - sondern den Sprung zu einem komplett neu gestalteten Level! Auf einmal erstrahlt die Welt in sattem Grün statt in düsterem Braun. Plötzlich sprießen riesige Blumen aus dem Boden, wo vorher knorrige Stämme waren. Aus den watschelnden und fliegenden Teufeln werden ebenso watschelnde und fliegende Eulen. Bissige Piranhas verwandeln sich in entspannte Schildkröten, fiese Dornenbüsche in kleine Wiesen. Der Effekt ist einfach sagenhaft - er ist nicht neu, andere Spiele haben sich bereits eines ähnlichen Stilmittels bedient. Dennoch wirkt er hier frisch und wunderschön. Die farbenfrohen Welten verzücken auch auf der PS3, doch technisch wird weder das Niveau der PC-Vorlage noch der 360-Umsetzung erreicht: Die Bildrate ist generell niedriger als auf den beiden anderen Plattformen und unschöne Zeilenverschiebungen ("Tearing") zerreißen oft die Kulisse. Wenn die Giana als rasanter Feuerball durch enge Schächte rast, wird die Darstellung wie schon auf der 360 noch ruckelanfälliger. Kurzum: Technisch macht Giana auf der PS3 die schlechteste Figur.
Mehr nur ein optischer Effekt
Außerdem hat er mehr als nur grafische Auswirkungen. Denn durch den Sprung in die andere Traumwelt verändert sich auch das Leveldesign leicht. Der generelle Aufbau bleibt gleich, aber mit einem Mal erscheinen Plattformen, die vorher nicht da waren. Tore öffnen sich, Brücken werden errichtet, Fahrstühle setzen sich in Bewegung. Wenn man mal nicht weiter weiß: Wechsel zur anderen Dame! Schon nach kurzer Zeit muss die Metamorphose punktgenau sitzen - etwa wenn man sich über variabel anwesende Plattformen nach oben kämpfen oder verschiedenfarbige Edelsteine in ihrer Gesamtheit aufsammeln muss.
Da rockt das Blondchen!
Besondere Aufmerksamkeit hat an dieser Stelle der Soundtrack verdient. Nicht nur, weil er an sich super ist; die Namen Chris Hülsbeck und Fabian Del Priore sollten für sich selbst sprechen.
Vom teilweise ziemlich fiesen Anspruch abgesehen ist Giana Sisters: Twisted Dream kein sonderlich umfangreiches Spiel - ein Durchflitzen der drei Welten sollte den Könner am Gamepad nur ein paar Stunden kosten. Klar kann man alle Edelsteine aufsammeln und möglichst wenig Leben verlieren, um am Ende möglichst strahlend da zu stehen. Außerdem werden mit „Score Attack“ und „Time Attack“ über die Zeit auch weitere Spielvarianten freigeschaltet. Die Bonus-Level zu Halloween oder Weihnachten, die PC-Spieler als kostenlose Dreingabe bekommen haben, glänzen auf der Konsole leider durch Abwesenheit. Aufgrund des langwierigen Zertifizierungsprozesses ist es auch unwahrscheinlich, dass Konsolen-Besitzer jemals in den Genuss solcher Spontanaktionen kommen werden.
Fazit
Genau wie damals Kollege Paul hat mich schon am PC die Wiederauferstehung von Giana Sisters gepackt. Es ist schön zu sehen, dass man mittlerweile keinen hüpfenden Klempner mehr klonen muss, sondern auch mit eigenen Ideen ein wunderschönes Jump'n'Run kreieren kann, bei dem einem das Herz aufgeht. Auch auf der PS3 ist die Kulisse einfach traumhaft und der stylische Umschalt-Effekt immer wieder ein Hingucker. Allerdings geht auf der Konsole die Bildrate bei den Dash-Aktionen immer wieder in die Knie und das Tearing stört mitunter massiv. Auf die kostenlosen Bonuslevel, welche die Entwickler zu Halloween und Weihnachten der PC-Gemeinde spendiert haben, muss man aber verzichten. Zudem hätte ich mir eine 5.1-Abmischung gewünscht, aber die Melodien von Hülsbeck & Co laden auch im etwas leisen Stereo zum Mitwippen ein. Trotz dieser kleinen Einbußen ist Giana Sisters: Twisted Dreams auch auf der PS3 ein charmantes Hüpfspiel, das technisch aber leider nicht an die beiden anderen Plattformen heran reicht!
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation3
Technisch ist die PS3-Giana deutlich schwächer unterwegs als ihre PC- und 360-Schwestern. Trotzdem bleibt Twisted Dreams immer noch ein guter Plattformer.
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