Luftrausers25.03.2014, Jan Wöbbeking

Im Test: Overkill am Pixelhimmel

Vlambeer krempelt den Arcade-Shooter um: In ihrem kleinen Titel Luftrausers mogelt man sich zwar wie anderswo durchs Projektilchaos, doch hier muss man gleichzeitig das Flugverhalten seines „Rausers“ und die Erdanziehungskraft  einkalkulieren. Ein erfrischend anderes Spielgefühl?

Eigenwilliger Mix

Auf den ersten Blick weckt Luftrausers Erinnerungen an Wings of Fury sowie zahlreiche andere Dogfight- und Gravity-Shooter vom Amiga. Ähnlich wie damals gleite ich in einem nur wenige Pixel kleinen Flieger durch die Luft, um feindliche Jäger und Schiffe zu attackieren. Im Gegensatz zum gemächlichen Spieltempo der alten Vorbilder brennt hier aber die Luft: Statt koordinierte Einsätze zu fliegen, geht es hier lediglich ums Überleben und den Highscore. Ich mogle mich durch blitzschnell attackierende Schwärme feindlicher Jäger und attackiere zwischendurch ein paar fette Kriegsschiffe, damit sie die Luft nicht dauerhaft mit ihren Flaksalven verpesten. Nachdem ich ein paar herumwuselnde Störenfriede in der Luft zerbröselt habe, ist mein Multiplikator auf den Höchstwert angestiegen. Also wage ich mich an die fetten Brocken, um viele Punkte einzustreichen. All zu lange warten darf ich damit allerdings nicht: Schon nach wenigen Sekunden ohne Kill fällt der Zähler gnadenlos zurück auf Null.

Ein hektisches Match dauert meist nur wenige Minuten. Im Laufe einer Runde lande ich meist doch irgendwann vor einer Salve eines fetten Bombers. Zum Glück haben die Entwickler sich eine clevere Energieanzeige ausgedacht: Je mehr mein „Rauser“ Schaden nimmt, desto enger schließt sich ein Kreis um ihn herum, bis er schließlich explodiert. Mit ein paar geschickten Haken mogle ich mich aber meist noch rechtzeitig aus der Gefahrenzone. Wenn ich ein Weilchen lang keinen Schub gebe oder das Feuer einstelle, lädt sich die Energie wieder auf – ähnlich wie bei der automatischen Regeneration in Egoshootern.

Hitziger Kampf gegen den Schwarm

Auf sie mit Gebrüll: Fette Kriegsschiffe geben erst nach mehreren Sturzflügen nach.
Zwischendurch schalte ich neue Flugzeugteile frei, welche Handhabung und Durchschlagskraft stark verändern: Ein Laser z.B. durchschneidet die Luft mit einem kräftigen Strahl, schränkt im Gegenzug aber die Beweglichkeit ein. Im Waffenarsenal befinden sich auch ein Streuschuss und eine mächtige Granate, die alles in der Umgebung ins Verderben reißt – im Gegenzug lässt sie sich nur alle paar Sekunden abfeuern.

Die eigenwillige Steuerung mit nur einem Knopf erweist sich als Schwachpunkt; auch nach ein paar Stunden fühlte sie sich noch zu fummelig an. Anders als in Wings of Fury oder ähnlichen Flugzeugspielen gibt es hier keinen Schubhebel. Stattdessen kennt der Flieger nur Vollgas oder Stillstand. Das ist vor allem deshalb problematisch, weil er durch die starke Anziehungskraft schnell im Meer landet, wenn ich nicht ab und zu Schub gebe. Anders als in modernen Zweistick-Shootern kann ich außerdem nicht frei in alle Richtungen sondern lediglich nach vorne schießen. Das ergibt zwar im Kontext eine Flugzeugspiels Sinn, doch anders als in Wings of Fury lassen sich nicht einmal Bomben oder Torpedos gezielt abfeuern. Eines der Upgrades wirft zwar automatisch Bomben ab, in der ist in der Hitze des Gefechts ist das aber viel zu unpräzise.

Schon früh ist die Luft raus

Auch am Himmel ist immer die Hölle los!
Also muss ich ständig in den Sturzflug gehen, zwischendurch lästige Jäger-Schwärme aus der Luft pflücken und aufpassen, dass ich nicht im Wasser lande. Ein paar Upgrades entschärfen das Problem immerhin ein wenig: Mit einem Extra z.B. tauche ich ohne Energieverlust ins Meer ein, springe wie ein Fisch über die Schiffchen und zersäge sie während einer eleganten Drehbewegung mit dem Laser. In solchen Momenten habe ich richtig Spaß daran, die Gegner an der Nase herumzuführen. Doch oft wirkt die Dauerattacke der Feindschwärme einfach nur ermüdend. Mit koordiniert angreifenden Gegnerwellen hätten die Entwickler das Spiel deutlich spannender gestalten können - stattdessen fühlte ich mich oft wie auf der Flucht vor einem lästigen Wespenschwarm.

Schade auch, dass die kleinen Extra-Herausforderungen (z.B. erledige ein U-Boot mit Max-Combo) so lieblos wie in einem Handyspiel aufgelistet werden. Allgemein wird die Action schnell monoton – schließlich gibt es nur einen Modus, keinen Multiplayer und  sogar die Musik wird durch den Schiffsaufbau nur leicht variiert. Die pixelige Retro-Kulisse wirkt ebenfalls trostlos: Das ausgeblichene Sepia-Design besitzt zwar eine eigene Note und erinnert an uralte Kriegsfilme, mir gefällt die kontrastarme Kombination aus Rotbraun und Ocker aber ganz und gar nicht. Auch die alternativen Farbpaletten wie Violett mit Rosa sind überhaupt nicht mein Fall.

Die Crux der Ein-Knopf-Steuerung

Das Freischalten von Flugzeugteilen verändert Handling, Widerstandskraft und Bewaffnung.
Ein anderes Upgrade verringert die Schwerkraft stark, so dass ich etwas entspannter durch die Luft schweben kann. Das Spielgefühl erinnert dann etwas mehr an klassische Asteroids-Kopien wie Super Stardust auf dem Amiga. Damals mussten die Entwickler noch mit einer Ein-Knopf-Steuerung klarkommen, weil mit dem Standard-Joystick nicht mehr möglich war; doch warum beschränkt sich auch Vlambeer auf nur einen Knopf und digitalen Schub? Klar, es ist ein Update eines einfachen Flash-Spiels. Trotzdem hätte man die Handhabung mit mehreren Knöpfen massiv verbessern können. Schade auch, dass es keinen Mehrspieler-Part gibt: Auf dem Amiga zählten Gravity-Shooter wie Turbo Raketti 2 oder Bratwurst schließlich zu den spannendsten Mehrspieler-Titeln.

Vorbildlich wirkt die Präsentation der weltweiten Bestenlisten: In einem Untermenü sieht man auf einen Blick die Weltspitze, seine Freunde und direkte Konkurrenten. Auf dem PC kann man wahlweise mit der Tatstatur oder dem 360-Controller spielen, auf PS3 und Vita je nach Vorliebe mit Stick oder Steuerkreuz. Davon abgesehen gibt es kaum Unterschiede: Die Vita-Version kommt in hektischen Situationen manchmal ins Stottern, was aber fast immer erträglich bleibt.

Fazit

Schade um das Potential: Luftrausers mischt viele unterschiedliche Mechaniken und gute Ideen miteinander, die den blitzschnellen Luftkampf von anderen Arcade-Shootern abhebt. Trotzdem bin ich auch nach Stunden nicht richtig damit warm geworden. Schuld daran ist vor allem die Steuerung: Die Kombination aus starker Anziehungskraft, dem digitalen Schub und nur einem Feuerknopf macht die Hetzjagd unnötig fummelig. Auch der unnachgiebig attackierende Gegnerschwarm  und ein Mangel an Modi sorgen schnell für Ermüdungserscheinungen. Es mangelt einfach an spannend orchestrierten Gegnerwellen wie in Geometry Wars, Super Stardust oder anderen Genre-Highlights. Für ein paar Highscore-Versuche zwischendurch ist Luftrausers trotzdem gut.

Pro

blitzschnelle und fordernde Arcade-Action
unkonventionell gemischte Spielmechaniken
motivierendes Mixen von Flugzeugteilen
clever visualisierte Energieanzeige

Kontra

unnötig vereinfachte und schwerfällige Ein-Knopf-Steuerung
monotoner Dauerbeschuss statt koordinierter Gegner-Wellen
nur ein Modus
hässlich ausgeblichene Pixelgrafik
Musikthemen wiederholen sich häufig
kein Mehrspieler-Part

Wertung

PS_Vita

Auf der Vita leidet die blitzschnelle Arcade-Action unter leichten Slowdowns, die aber stets erträglich bleiben.

PC

Gute Ideen, schwache Umsetzung: Eine holprige Steuerung und wenig Abwechslung verderben schnell den Spaß an den erfrischend anderen Luftkämpfen.

PlayStation3

Gute Ideen, schwache Umsetzung: Eine holprige Steuerung und wenig Abwechslung verderben schnell den Spaß an den erfrischend anderen Luftkämpfen.

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