Lightning Returns: Final Fantasy 1320.02.2014, Jens Bischoff

Im Test: Ein Abenteuer, sie zu ernüchtern...

Mit Lightning Returns: Final Fantasy 13 (ab 35,50€ bei kaufen) schließt Square Enix das dreizehnte Kapitel der seit über 25 Jahren bestehenden Rollenspielreihe ab und macht damit endlich wieder Platz für neue Gesichter, Geschichten und Abenteuer. Warum uns der Abschied von Lightning & Co. nicht besonders schwer gefallen ist, verrät der Test.

Mürrischer Messias

500 Jahre sind seit dem Ende von Final Fantasy 13-2 vergangen. 500 Jahre, die Protagonistin Lightning schlafend in Walhalla verbracht hat, während die Welt langsam vom Chaos verschlungen wurde. Die nur mehr aus einer Insel namens Nova Chrysalia bestehende Oberfläche des Planeten Grand Pulse hat sich seither stark verändert. Ganz im Gegensatz zu den darauf noch lebenden Menschen, deren biologische Uhr die ganze Zeit über stillstand. Niemand ist gealtert, niemand hat Kinder zur Welt gebracht, niemand ist eines natürlichen Todes gestorben.

Doch damit wird schon bald Schluss sein, denn in spätestens 13 Tagen wird Schöpfergott Bhunivelze die Welt untergehen lassen und eine neue schaffen. Um dieser später auch Leben einhauchen zu können, hat er Lightning nicht nur dazu auserkoren eines Nachts mit pseudo-coolem Sonnenbrillen-Gepose auf die Erde zurückzukehren, sondern auch als Erlöserin die Seelen der verbliebenen Menschen einzusammeln. Als Belohnung wolle er sogar die verstorbene Schwester der gewohnt mürrischen Einzelgängerin wiederbeleben.

Nichts könnte sich Lightning mehr wünschen. Doch von Anfang an erfüllt sie ein Unbehagen, dass sich in Form einer ihrer Schwester wie aus dem Gesicht geschnittenen Geistergöre namens Lumina immer wieder zu Wort meldet und ihr Rätsel aufgibt.

Von Bord der Arche aus bricht Lightning jeden Morgen aufs Neue auf, um Seelen zu sammeln.
Man kann sich denken, wo das hinführt, auch wenn sich Lumina noch so geheimnisvoll gibt und Lightnings einstiger Weggefährte Hope Estheim in göttlicher Mission assistiert...

Bröckelnde Faszination

Die stichelnden Auftritte Luminas haben zwar einen gewissen Charme, die eigentliche Handlung plätschert aber erschreckend belanglos vor sich hin, woran auch das apokalyptische Setting sowie konfliktgeladene Wiedersehen mit alten Bekannten wie Snow oder Noel nicht viel ändern. Geht es im Intro noch gewohnt opulent zur Sache, verflachen Dramaturgie und Inszenierung danach merklich.

Technisch präsentiert sich Nova Chrysalia zum Teil in wirklich beschämender Form: Während die detaillierten und perfekt lippensynchron agierenden Hauptcharaktere noch gefallen, wirken die klobig modellierten und hölzern animierten Randfiguren wie aus einem PS2-Titel importierte Marionetten bzw. Porzellanpuppen, da alles so übertrieben glänzt. Hinzu kommen teils bis zur Unkenntlichkeit vermatschte Texturen, Pop-Ups, Kantenflimmern und Bildstottern. Auch Sprung- und Kletteraktionen wirken eher holprig und unausgereift.

Dafür hat man aber jede Menge Zeit in unnötigen Ballast wie sinnbefreite, aber vergleichsweise detaillierte Kostümierungen sowie spaßbefreites, aber glücklicherweise deaktivierbares Social-Media-Tamtam investiert. Nach dem Motto: Scheiß auf Engine-Optimierung, Hauptsache man kann sich mit Facebook und Twitter verbinden. Auch die glücklicherweise optionale Spieldateninstallation auf Festplatte macht angesichts nur weniger Ladeunterbrechungen und verschwindend geringer Zeitersparnis kaum Sinn. Wer japanischen Originalton bevorzugt, muss die entsprechende Tonspur hingegen erst herunterladen, was später sogar Geld kosten soll...

Große weite Welt

Die wenigen, aber angenehm weitläufigen und abwechslungsreich gestalteten Areale stimmen mit ihren dicht bevölkerten Städten zwar wieder versöhnlich, wirken abseits menschlicher Siedlungen aber ähnlich leergefegt wie im Vorgänger. Dessen anachronistische Zufallskämpfe wurden zwar etwas zurückgefahren, aber noch immer erscheinen lediglich einzelne Angreifer in direkter Nähe aus dem Nichts, denen man schon vor Kampfbeginn durch einen Erstschlag Leben abzwacken oder versuchen kann, aus dem Weg zu gehen.

Nach wie vor kein Vergleich zum Erstling, wo zumindest in den Weiten der Steppe noch schnaubende Raubtierrudel durch die Gegend jagten, angriffslustige Greifvögel am Himmel kreisten oder haushohe Ungetüme schon von Weitem die Erde erzittern ließen.

Auf den zoombaren Landkarten darf man neuerdings auch eigene Markierungen setzen.
Dafür überzeugt die neuerdings sogar mit eigenen Markierungen versehbare Kartenfunktion, während man im Datenlog jederzeit Wissenswertes über bisherige Ereignisse, besiegte Gegner, besuchte Orte oder getroffene Personen nachschlagen kann.

Die in separaten Arenen bestrittenen Echtzeitkämpfe setzen nach wie vor auf dynamische Rollenwechsel in ATB-Manier (Active Time Battle). Wer's in den beiden Vorgängern nicht mochte, wird auch dieses Mal nicht bekehrt, obwohl man dank direkter Bewegungen sowie Blocks, Kontern und Ausweichmanövern nun deutlich mehr zu tun hat. Statt einer bis zu dreiköpfigen Party, dirigiert man jetzt aber nur noch eine einzeln Person: Lightning. Zwar erhält man im weiteren Spielverlauf hin und wieder Unterstützung von temporären Weggefährten, deren KI-Geschicke sich aber nur sehr begrenzt oder gar nicht beeinflussen lassen.

Vollautomatischer Stresstest

Keinerlei Einflussnahme mehr gibt es auch bei der mittlerweile vollautomatisch verlaufenden Charakterentwicklung.

Die gefiederten Chocobos dürfen natürlich in keinem Final Fantasy fehlen.
Durch das Erfüllen von Quests verbessern sich Charakterattribute wie Lebenspunkte sowie magische und physische Angriffskraft. Welche Aufgabe welche Verbesserungen mit sich bringt, kann man vorab nicht sehen. Je schwieriger oder aufwändiger die Quests, umso höher in der Regel die Belohnung.

Am Ende läuft aber ohnehin fast jedes Hilfsgesuch auf generische Hol- und Bringdienste hinaus. Und wenn doch mal etwas Originelleres wie Schafe hüten oder Gartenarbeit ansteht, machen einem miese KI bzw. Kollisionsabfrage einen Strich durch die Spielspaßrechnung. Für den Abschluss von Storyeinsätze erhält man hingegen so üppige Wertesteigerungen und andere Extras wie zusätzlichen Raum für Heilobjekte und Spezialaktionen, dass alle anderen Quest-Vergütungen plötzlich völlig belanglos erscheinen. Auf Dauer macht Kleinvieh aber bekanntlich auch Mist.

Zeit ist allerdings ein Luxus, den es in Lightning Returns nicht gibt, denn der Countdown bis zum Weltuntergang tickt gnadenlos herab - egal, was man tut. Selbst wenn man tatenlos im Zug sitz, um zwischen den vier Hauptregionen hin und herzureisen, geht wertvolle Zeit verloren. Zwar kann man die Uhr nicht nur zwecks zeitbezogener und -begrenzter Ereignisse per Chronostasis-Fähigkeit für wenige Minuten anhalten. Das kostet aber wiederum kostbare Energie, die sich nur langsam im Kampf wieder auflädt.

Kleine Verschnaufpausen

Die Auseinandersetzungen selbst sind erfreulicherweise von jedem Zeitverlust befreit. Auch während Gesprächen und Menüaufrufen steht die Zeit still. Wer im Kampf stirbt und fliehen muss, verliert auf normalem Schwierigkeitsgrad hingegen jedes Mal eine ganze Stunde, während Leicht-Spieler nicht nur straflos entkommen, sondern auch noch einfachere Gegner serviert kriegen und mit automatischer Lebensregeneration zwischen den Kämpfen verhätschelt werden. Auf dem Schlachtfeld müssen sich aber alle Heiltränke & Co. einteilen, was zumindest in den längeren Bosskämpfen für Spannung sorgt.

Neben dem Finalkampf hat mich aber lediglich ein Story-Gegner mehrere Versuche gekostet und erstmals grundlegende Anpassungen an der Struktur meines sonst allzwecktauglichen Skill-Layouts erfordert.

Gelegentlich erhält Lightning in den Kämpfen auch Unterstützung.
Zwar kann man dieses Mal lediglich zwischen drei aktiven Fertigkeiten-Sets im Kampf wechseln, die wurden dafür aber noch enger miteinander verzahnt. Pro Set hat man vier Slots, die man bis auf ausrüstungsabhängige Ausnahmen frei mit erbeuteten Fertigkeiten belegen kann. Das können konventionelle Angriffe, Zauber, Abwehrmanöver oder Spezialattacken sein.

Auf jeden Fall verbraucht jede ausgeführte Aktion einen Teil der set-spezifischen Energie, die sich nur langsam wieder regeneriert. Es sei denn, man wechselt zu einem anderen Set, wodurch sich die beiden übrigen schneller wieder regenerieren. Ähnlich wie in den Vorgänger ist man so zu ständigen Rollenwechseln gezwungen, obwohl es nur noch eine steuerbare Kombattantin gibt.

Mehr Dynamik

Auch Kombos lassen sich wieder über Setwechsel hinaus verketten, was bei entsprechender Energieversorgung fulminante Angriffsserien erlaubt. Ziel ist es wieder die gegnerische Abwehr durch gezielte Ausnutzung von offen gelegten Schwachstellen zu brechen und dann verheerenden Schaden anzurichten. Esper-Beschwörungen und vorgefertigte Reaktionstests (Quick-Time-Events) gibt es dieses Mal keine. Dafür kann man aber mithilfe spezieller Energiepunkte eine Reihe von Sonderaktionen starten. Eine der ersten ist das Einfrieren des Gegners, um z. B. zeitlich begrenzte Schwachstellen noch länger ausnutzen zu können. Mit entsprechender Energie kann man aber auch Köderpuppen aufstellen, flächendeckende Erdbeben auslösen oder von den Toten auferstehen.

Interessant ist auch die Möglichkeit sich während des Kampfs frei über das Schlachtfeld zu bewegen. Gegenüber den Tales-of- oder Star-Ocean-Kollegen bewegt sich Lightning zwar wie eine sterbende Schnecke, aber sobald man Ausweichmanöver und Konterschläge beherrscht, legt sie die Akrobatik einer paarungswilligen Meerkatze an den Tag. Auch Blocks und andere Abwehrmanöver können mit entsprechend ausgerüsteten Fertigkeiten ausgelöst und mit dem richtigen Timing sogar in Gegenangriffe oder Abwehrbrüche umgemünzt werden. Auch die Effizienz von Offensivfertigkeiten lässt sich mit entsprechendem Rhythmusgefühl zusätzlichsteigern.

Schade ist nur, dass es mit mehreren, zum Teil sehr unterschiedlichen Gegnern schnell hektisch und trotz zweier Zoomstufen auch ziemlich unübersichtlich werden kann. Zudem laufen die meisten Kämpfe immer nach demselben Schema ab. Einzig Boss- und Bonusgegner können einen hin und wieder auf Trab halten. Schade nur, dass man seine Skill-Sets nicht auch während eines Kampfs an den Gegner anpassen kann, sondern erst fliehen und dann wieder neu angreifen muss.

Gegängelte Experimente

Im Gegensatz zu ausrüstungsabhängigen Fertigkeiten, lassen sich selbst verbaute Skills auch durch Synthese stärken und weiterentwickeln. Auch sonst sorgt das Basteln und Testen eigener Ausrüstungs-Sets, so genannter Kampfgarnituren, für Motivation und Freiräume, die man sonst teils schmerzlich vermisst. Dabei waren genau solche Freiheiten einst das Aushängeschild der Final-Fantasy-Reihe. Vor allem das Spielen unter Zeitdruck nötigt einen immer wieder seinen Forschungs- und Erkundungsdrang zu unterjochen, um ja rechtzeitig alle Pflichtmissionen abzuschließen. Gelingt das nach spätestens 13 Spieltagen nicht, heißt es eiskalt "Game Over" und man muss einen alten Spielstand reaktivieren oder wieder ganz von vorn anfangen.

Entscheidet man sich für Letzteres, darf man zumindest einen Großteil seiner bisherigen Errungenschaften wie gestiegene Charakterwerte, Kampferfolge und einen Großteil der Ausrüstung behalten.

Manchen Gegnern sollte man anfangs lieber noch aus dem Weg gehen.
Auch wer alles fristgerecht geschafft hat, sich aber am Endgegner die Zähne ausbeißt, kann von dieser Neustartfunktion gebrauch machen. Doch selbst wenn der Abspann erreich ist, lohnt sich für ambitionierte Jäger und Sammler ein Neubeginn mit Datentransfer, denn manche Quests wie das zweischneidige Ausrotten sämtlicher Gegnerarten, die dann auch partout nicht mehr auftauchen, scheinen unmöglich auf Anhieb zu bewältigen.

Jedenfalls gibt es abseits der Haupthandlung und -wege überraschend viel zu tun und zu entdecken, wofür man aufgrund des Zeitdruck beim ersten Mal einfach zu wenig Zeit hatte. Ob man dafür aber auch sämtliche Storymissionen nochmals durchkauen möchte, halte ich für fraglich. Ich hatte nach einem Durchgang jedenfalls genug und mich an die Zeiten zurückgesehnt als man noch vor dem letzten Gefecht in Ruhe allen losen Enden nachgehen, seine Charaktere perfektionieren und auch die letzte Herausforderung knacken konnte. Aber vielleicht bin ich da auch zu altmodisch...

Fazit

Die Demontage als Rollenspiel setzt Square Enix mit Lightning Returns konsequent fort: Aus zu Beginn noch drei aktiven Charakterrollen in Final Fantasy 13, wurden erst zwei mit Pokémon-Wanderbegleitung, während man jetzt mit Lightning die meiste Zeit mutterseelenallein zu Werke geht. Statt Gruppendynamik und Teamwork zelebriert man lieber Fetisch-Modeschauen und Social-Media-Gedöns, während Story und Technik sträflich vernachlässigt wurden. Auch die Charakterentwicklung wurde noch weiter automatisiert und mittlerweile um jede noch so kleine Richtungsbeeinflussung erleichtert. Dabei hatte man nach dem Mehr an Freiheit und Experimentierfreudigkeit in Final Fantasy 13-2 eigentlich gedacht, dass die Entwickler die Kurve noch gekriegt und sich wieder auf alte Tugenden besonnen hätten. Doch stattdessen zwingen sie einen durch künstlichen Zeitdruck nur noch mehr zu einem bestimmten Spielstil: Mit Terminplaner und Scheuklappen zum Ziel galoppieren. Dabei hätten die vielen Einzelschicksale und angenehm weitläufigen Areale doch perfekt zum Erforschen und Erkunden eingeladen. Nur dank interessanter Kampf- und Ausrüstungsoptionen sowie entsprechender Herausforderungen rettet sich Lightning zum Abschied noch knapp auf befriedigendes Niveau.

Pro

individuell konfigurierbare Kampfgarnituren
abwechslungsreiche, weitläufige Schauplätze
dynamische Echtzeitgefechte...
viele optionale Aufgaben und Herausforderungen
praktische Karten- & Nachschlagefunktionen
anpassbarer Schwierigkeitsgrad
perfekt lippensynchrone Sprachausgabe

Kontra

ständiger Zeitdruck
lahme und vorhersehbare Story
...die aber meist nach Schema F ablaufen
ödes Questdesign
enttäuschende Technik
unvermittelt auftauchende Gegner
vollautomatische Charakterentwicklung

Wertung

360

Ernüchternder Abschluss des wohl schwächsten Kapitels der altehrwürdigen Rollenspielsaga.

PlayStation3

Ernüchternder Abschluss des wohl schwächsten Kapitels der altehrwürdigen Rollenspielsaga.

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