Goblin Commander: Unleash the Horde18.06.2004, Jörg Luibl
Goblin Commander: Unleash the Horde

Im Test:

Ach, die Goblins! Was mussten sie nicht alles einstecken: Hohn und Spott, Orkgelächter und Zwergenäxte begleiteten die kleinen Prügelknaben der Fantasy. Aber damit ist jetzt Schluss: In Goblin Commander schlagen die spitzohrigen Kobolde zurück! Fünf bis an die Zähne bewaffnete Clans wollen auf PS2, Xbox und GameCube ein Echtzeit-Taktikfest à la WarCraft feiern. Wir waren eingeladen und haben die Party getestet!

Strategie-Friedhof Konsole

Wenn es ein Genre gibt, das in der Konsolenwelt ein tristes Schattendasein pflegt, dann ist es die Echtzeit-Strategie. Ohne Maus und Tastatur scheint das Feldherrendasein westlicher Prägung am Fernseher nicht begeistern zu können. Man denke an die Umsetzung von Age of Empires 2 für die PS2! Was auf dem PC Millionen fesselte, wirkte auf der Konsole technisch unausgegoren und spielerisch verkrampft. Die Welt von WarCraft 3 & Co schien einfach nicht gemacht für Controller und Couch. Doch jetzt ist Umdenken angesagt: Das Team von Jaleco Entertainment hat es tatsächlich geschafft, den taktischen Spielspaß Blizzard`scher Prägung auf die Konsole zu übertragen. Zwar nicht so pompös wie auf dem PC, aber als erster Schritt respektabel.

Vielleicht ist das kein Wunder, wenn man bedenkt, dass hinter der Spielidee die Millar-Brüder stecken, die schon fleißig Diablo-, Star- und WarCraft-Erfahrung sammeln konnten. Goblin Commander ist nach Pikmin das zweite Beispiel dafür, wie man mit einer intuitiven Steuerung auch am Fernseher gute Echtzeit-Strategie inszenieren kann.          

Giftgrün und aggressiv - die Goblins kommen!
Direkte & indirekte Kontrolle

Wie hat das Team die Maus und das komfortable Drag&Drop ersetzt? Mit einer zweigeteilten Steuerung: Entweder, ihr bewegt eure aus bis zu zehn Goblins bestehenden Kampfgruppen indirekt mit dem Analogstick dorthin, wo euer glimmender Cursorball hinzeigt – quasi per Point&Click. Oder ihr verlasst die isometrisch entfernte Feldherrensicht und schlüpft auf Knopfdruck in die Haut eines kleinen Kriegers oder gar die eines mächtigen Riesen: Jetzt steuert ihr ihn in der Schulterperspektive durch die 3D-Welt und könnt dem Rest befehlen, zu folgen. Erstere Methode ist ideal, wenn man später bis zu drei Clans gleichzeitig befehligen und koordinierte Angriffe starten muss - selbst Wegpunkte und Schnellsprünge sind möglich. Letztere Methode sorgt natürlich für weitaus mehr Mittendringefühl, denn wie in einem Actionspiel könnt ihr in der Haut der Goblins auch auf Knopfdruck deren Waffen nutzen. Auch als stampfender Riese lässt sich die erfrischend interaktive Umgebung mit all ihren Kisten, Apparaturen und Türmen z.B. wunderbar zerstören, um Gold einzuheimsen.              

Gold- & Seelenjagd

Mit dem funkelnden Metall könnt ihr in eurer Basis neue Ausrüstung und Upgrades kaufen, um z.B. die Angriffskraft der Krieger in drei Stufen zu erhöhen. Jeder der fünf Clans hat andere Fähigkeiten: Die Stonecrusher sind die idealen Nahkämpfer, die Stormbringer mögen es blitzend und magisch, die Hellfire-Schergen geben am liebsten aus der Entfernung Zunder, die Plaguesplitter sind dem Gift in all seinen Facetten zugeneigt und die Nighthorde frönt dem dunklen Okkultismus.

Auch große Boss-Einheiten dürfen nicht fehlen!
Neben fünf verschiedenen Goblinkriegern verfügt jeder Clan über eine größere Spezialeinheit wie z.B. ein Riesenwildschwein mit aufgepflanztem Katapult oder eine explosive Schlachtkugel. Der Technologiebaum hält sich im Vergleich zu PC-Spielen zwar in Grenzen, aber ist dafür schnell verinnerlicht. Da es keine Erfahrungspunkte gibt, ist das Überleben und Entwickeln einer Mini-Armee nicht entscheidend. Viel wichtiger ist die effektive Jagd nach Seelen: Immer, wenn ihr Gegner tötet oder bestimmte Quellen findet, könnt ihr euer Seelenkonto aufstocken. Erst damit lassen sich neue Rekruten in den Kasernen ausheben, die praktischerweise automatisch zu eurem Anführer marschieren.

Kleiner WarCraft-Bruder

Die Missionen sind zunächst sehr einfach gestrickt und beschränken sich auf das Erkunden der Umgebung, das Sichern von Brunnen und den gezielten Turmbau. Orientierung bietet die interaktive Minikarte mit ihren hilfreichen Icons. Den aktuellen Auftragsstatus kann man jederzeit per Druck auf das rechte Steuerkreuz abrufen. Sehr komfortabel und übersichtlich ist auch die interaktive Hilfe in Form von Fragezeichen, die euch immer wieder in die Steuerungsfinessen einweiht.

Der Schwierigkeitsgrad zieht eher sanft an, obwohl es später durchaus knifflige Aufträge gibt, die eine kluge Koordination erfordern. Die Story entfaltet sich in kleinen Zwischensequenzen, die in Spielgrafik dargestellt werden. Sie kann zwar nicht die epische Wucht eines WarCraft 3 einbringen, ist aber durchaus unterhaltsam: Als der mächtige Zauberer Fraziel plötzlich stirbt, der das Volk der Goblins geschaffen hat, brechen die Clankriege aus. Ihr führt Stonecrusher-Grommel ins Feld, der den Tod seines Meisters mit ansieht. Als er die anderen informieren will, greifen sie ihn an und beschuldigen ihn des Mordes. Es geht zunächst darum, die Clans der Goblins zu einen, bevor die Story noch einen mysteriösen Joker ausspielt.

          

Actionreiche Gefechte

Auf dem Schlachtfeld geht es allerdings zunächst in überschaubaren Größenordnungen zur Sache: Ihr könnt maximal drei Clans à zehn Mann sowie einen Riesen steuern. Hinzu kommt, dass auch der Gebäudebau arg beschnitten ist: Neben dem Clanschrein, der Halle der Titanen und dem Observatorium lassen sich z.B. nur drei Angriffstürme setzen. Auch die taktische Tiefe bleibt ein wenig auf der Strecke: Obwohl man seine drei Clans durch den klugen Einsatz von Nah- und Fernkämpfern geschickt positionieren oder den Feind mit dem wütenden Angriff eines Riesen aufreiben kann, zeigen die Schlachten eher ein automatisiertes Gesicht.

Wer will als Erster ganz weit fliegen?
Das heißt nicht, dass sie kinderleicht zu meistern sind, denn plumpe Haudraufmethoden bringen viele Verluste. Man vermisst als PC-Stratege jedoch das Ausnutzen von Höhenzügen, Tarnung in Wäldern oder effektive Formationen, die etwas mehr Anspruch in die Kämpfe bringen könnten. Immerhin sorgen Zaubersprüche und Runensteine mitten im Gefecht für partikelfreudige Abwechslung: Egal ob Feuersturm, Säurewolke, Blitz, Erdbeben oder Knochensägen – es gibt genug arkane Gemeinheiten, um den Feind frühzeitig zu dezimieren. Aber auch in der Defensive können Sprüche wie Heilung, Schild oder Sehkraft einen wichtigen Vorteil bringen. 

Bunte Fantasy-Kulisse

Optisch wird Goblin Commander zwar auf keiner Konsole für Furore sorgen, aber insgesamt kann sich die bunte Fantasykulisse mit Comictouch sehen lassen: Es geht ober- und unterirdisch zur Sache. Die Landschaften sind bewaldet und mit Hügeln, Flüssen sowie kleinen Siedlungen bestückt, die Animationen sind flüssig und das Figurendesign kann mit martialisch überzeichnetem Outfit punkten. Trotzdem gibt`s in den Bereichen Spiegelungen und Partikeldichte nur Durchschnittsware. Zudem sind die Polygonfiguren recht grob geschnitzt und vor allem die Boden- und Wandtexturen kochen auf Sparflamme – selbst auf Xbox und GameCube, die der PS2 nur in den Ladezeiten einen Tick voraus sind. Pikmin ist z.B. wesentlich detailverliebter und ansehnlicher.

Musikalisch gibt`s nicht zu meckern,   denn ebenso unaufdringliche wie sphärische Melodien sorgen für einen angenehmen Klangteppich. Akustisch hört man ohnehin nur die fiktive Sprache der Goblins, die sich mit den deutschen Untertiteln entziffern lässt. Das wirkt vielleicht zunächst befremdlich, aber ist atmosphärisch sogar ein Pluspunkt, denn so kann man ein wenig in die tiefkehlige Sprache der Grünhäute hineinhören.

Online? Spieldauer?

Zwei Wermutstropfen bleiben noch: die Spielzeit und der Online-Modus. Das Missionsaufgebot der Kampagne wird erfahrene Feldherren nicht länger als zehn Stunden beschäftigen, danach bleibt nur der Multiplayer-Modus. Aber hier gibt es lediglich Splitscreen-Duelle, die zwar kurzfristig Spaß machen, aber natürlich nicht an den Spielekitzel von Online-Schlachten auf vollem Bildschirm herankommen - alles wirkt sehr klein und fummelig. Immerhin lassen sich in den Gefechten ganz im PC-Stil eine von zwölf Karten, die Entwicklungsstufe, die Clans sowie der Rohstoffvorrat festlegen.         

Fazit

Gut gemacht, Jaleco: Goblin Commander ist WarCrafts kleiner Bruder! Endlich kann man auch am Fernseher den Fantasy-Feldherren spielen. Vor allem das gute Tutorial und die intuitive Steuerung lassen keine Wünsche offen. Auf dem Schlachtfeld ist zwar eher klug eingefädelte Action als tiefgründige Taktik angesagt, aber dafür kann ich auf Wunsch in die Haut eines Steinriesen schlüpfen und die Kettenkeule kreisen lassen! Obwohl die Kampagne der kleinen Clankrieger weder erzählerisch noch vom Umfang her an ihr Blizzard`sches Vorbild herankommt, ist sie abwechslungsreich und knackig inszeniert. Schade jedoch, dass die Grafik teilweise zu grobschlächtig ist und dass es keinen Online-Modus gibt. So kann man sich nach der kurzen Kampagne nur noch auf halbem Bildschirm bekämpfen - und da geht`s optisch bergab. Aber schließlich beweisen die Goblin-Feldherren Grommel, Grax & Co, dass sie zu weitaus mehr taugen als Kanonenfutter!

Pro

fünf Clans
gutes Tutorial
klasse Interface
intuitive Steuerung
zerstörbare Umwelt
jederzeit speicherbar
interaktive Minikarte
gutes Fantasy-Szenario
actionreiche Schlachten
Splitscreen-Duelle möglich
WarCraft-Feeling auf Konsole
Nahkampf, Fernkampf & Magie
direkte Steuerung für Mittendringefühl

Kontra

kurze Kampagne
kein Online-Modus
schwache Texturen
sehr wenig Gebäude
wenig taktische Tiefe
keine Erfahrungspunkte
nur kleine Clans steuerbar
Splitscreen-Duelle grafisch bieder

Wertung

XBox

Gute Echtzeit-Strategie auf Konsolen? Mir fällt neben Pikmin und Kingdom under Fire nur Goblin Commander ein!

PlayStation2

GameCube

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