Space Hulk16.08.2013, Eike Cramer
Space Hulk

Im Test:

Das Brettspiel Space Hulk (ab 4,99€ bei kaufen) ist eine Legende. Das erste Spin-Off des Warhammer-40.000-Universums inszenierte den spannenden Kampf zwischen schwer gepanzerten Terminatoren der Blood Angels  und Tyranid-Symbionten. In drei Editionen und mehreren Erweiterungen wurde der Space Hulk „Sin of Damnation“ erkundet. Nun kehrt der Titel als Umsetzung für den PC und iOS zurück. Kann das Regelwerk von 1989 noch überzeugen?

Für den Imperator und Sanguinius!

Aufgrund der Lizenzpolitik von Games Workshop sind es dieses Mal allerdings nicht die Blood Angels, die sich auf den Rachefeldzug in die finsteren Gänge der Sin of Damnation begeben. Stattdessen sind es die Blood Ravens, die eine 9000 Jahre zurückliegende Niederlage sühnen wollen und den im System der Heimatwelt erschienenen Space Hulk entern. Ihr Ziel: Säuberung, Sieg und Vergeltung des Unrechts. Ihre Mittel: Sturmbolter, Kettenschwert und unerschütterliches Vertrauen in den Gottimperator.

Rundenweise tasten sich die genmanipulierten Kämpfer durch die engen Gänge des Raumkolosses. Dabei wurde das Regelwerk der Brettspielvorlage  eins zu eins umgesetzt: Jeder Terminator hat vier Aktionspunkte, die er für Bewegung und Beschuss nutzen kann. Auch die Drehungen der schwerfälligen Krieger benötigen dabei AP, sodass die genaue Positionierung zum zentralen Element der Taktik wird. Schnelle Bewegungen, Ducken oder Deckung gibt es nicht; die Bewegungsoptionen der Terminatoren sind stark limitiert. Zusätzlich können meine Mannen sowohl eine Fernkampf-, als auch eine Nahkampf-Verteidigungshaltung annehmen. Bei Ersterer wird automatisch auf jeden Feind im Sichtbereich gefeuert,  bei Letzterer dürfen verlorene Nahkampf-Würfe wiederholt werden.

Sieg über Tod!

Die Kulisse ist solide, das Artdesign wird vorbildlich umgesetzt.
Die Kulisse ist solide, das Artdesign wird ordentlich umgesetzt.
Würfe? Ja! Space Hulk simuliert nämlich im Hintergrund das Würfelsystem mit sechsseitigen Würfeln der Brettspielvorlage.  Ein Sturmbolter trifft etwa auf 6+, den Nahkampf gewinnt der, der den höchsten Wurf landen kann. Problem dabei: Lebenspunkte wie etwa im 40k-Tabletop gibt es nicht. Es zählt nur der Treffer. Ein Symbiont kann so mit einem Treffer einen Terminator töten, was aufgrund der Hintergrundgeschichten des Spieleuniversums zunächst etwas befremdlich wirkt.

Zudem entsteht durch diese, sehr präzise Umsetzung der Brettspielvorlage zugleich das größte Problem des Videospiels Space Hulk: die Unberechenbarkeit der Kämpfe.  Ich nenne das daraus resultierende Phänomen inoffiziell „Random and Error“. Ein Beispiel: Ich muss eine Stellung halten und habe mir nach zwei Fehlversuchen eine ordentliche Taktik zurechtgelegt.  

Zufällige Frustration

Die schweren Flammenwerfer füllen ganze Korridore mit der Höllenglut
Die schweren Flammenwerfer füllen ganze Korridore mit der Höllenglut.
Terminator A deckt hier im Überwachungsmodus einen längeren Korridor, hat also zwei mal zwei W6, bei denen er auf einer 6 trifft, um einen Symbionten auszuschalten. Der Symbiont greift an, die Würfel sind nicht auf meiner Seite, er kommt in den Nahkampf. Diesen verliere ich ebenfalls, da ich den Monstren auf kurze Distanz ohnehin unterlegen bin. Der folgende Tod ist schnell und hart – und meine Taktik zerstört, obwohl sie bei einem Treffer meinerseits perfekt funktioniert hätte. Ich lade also neu, nur um den Kampf sofort zu gewinnen.  Einen Taktikfehler habe ich also nicht begangen, stattdessen ist es die Zufallsautomatik, die mir den Sieg verhagelt hat.

Dieses Prinzip mag in einem Brettspiel, in dem man gegen reale Gegner antritt in Ordnung sein, in einem Videospiel mit Kampagne ist es das für mich nicht. „Random and Error“ sorgte bei mir für Speicher- und Ladeorgien, Fluchkaskaden und Resignation. Insbesondere die Nahkämpfe sind selbst auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad frustrierend, da sich kaum abschätzen lässt, wer das Gefecht für sich entscheidet.

Fehlender Mehrwehrt

Den Symbionten sollte man am besten nicht im Nahkampf begegnen.
Den Symbionten sollte man am besten nicht im Nahkampf begegnen.
Die direkte Umsetzung bringt zudem weitere Probleme mit sich, die erst im Rahmen des Videospiels für Unmut sorgen. So wirkt es befremdlich, dass die Terminatoren in einer Mission den Tod finden, aber in der nächsten wieder einsatzbereit sind. Auch das Fehlen von kampagnenübergreifenden Chrarakterentwicklungen, Erfahrungspunkten oder Rängen wirkt heutzutage veraltet, auch wenn deren Implementierung ein Abweichen von der Vorlage bedeutet hätte.

Zudem haben sich die Entwickler auf die Einbindung der Brettspiel-Kampagne beschränkt. Die inklusive Prolog 15 Missionen umfassende Kampagne „Sin of Damnation“ entspricht der ersten Edition des Originals, sowie des ersten Erweiterungspaketes „Deathwing“. Hier hätte man sich durchaus zu einer zweiten Kampagne durchringen können, die abseits bereits betretener Pfade stattfindet und es nicht nur bei einer Umsetzung bereits bekannten Materials belassen können.

Gelungene Atmosphäre und die Entdeckung der Langsamkeit

Der Scriptor besitzt mächtige Psi-Fähigkeiten.
Der Scriptor besitzt mächtige Psi-Fähigkeiten.
Das ist schade, denn die klaustrophobische Atmosphäre des Raumkolosses wird in Space Hulk gut eingefangen. Die stimmige, wenn auch etwas spröde Kulisse, setzt das Artdesign der Space Marines und Tyraniden gut um, während nette Details wie die Einblendung der Terminator-Helmkameras und auch die passende Musikuntermalung für ein gelungenes Warhammer-40.000-Feeling sorgt. Leider bleiben Animationen und Kampfsequenzen etwas dahinter zurück, hier wirkt alles zu statisch und langatmig. Auch dass sich die sehr langsamen Bewegungsanimationen der Figuren nicht abbrechen lassen, stört nach einiger Zeit merklich, da die Gefechte so unnötig in die Länge gezogen werden.

Schön hingegen ist, dass es alle Truppentypen in das Spiel geschafft haben. So findet sich neben der Standardvariante Sturmbolter/Energiefaust z.B. der Sturmhammer mit Schild, die Maschinenkanone sowie der mächtige Scriptor mit starken Psi-Fähigkeiten. Jeder Truppentyp hat vor und Nachteile (reine Nahkämpfer vor allem Nachteile), die bei der Platzierung und dem Einsatz genau bedacht werden müssen. Schade ist in diesem Zusammenhang, dass ich meine Squads nicht  selbst zusammenstellen kann und immer auf die vorgefertigten Kampfgruppen zurückgreifen muss.

Schwarmintelligenz und fehlende Online-Gegner

Die Maschinenkanone macht schnell Kleinholz aus den Xenos, hat aber auch begrenzte Munition und kann im schlimmsten Fall explodieren.
Die Maschinenkanone macht schnell Kleinholz aus den Xenos, hat aber auch begrenzte Munition und kann im schlimmsten Fall explodieren.
Die KI der Gegner agiert in der Kampagne durchweg ordentlich und vor allem schlüssig. Da die Symbionten nur den Nahkampf beherrschen stürmen sie zumeist in großen Horden auf mich ein. Ich muss also meine Marines strategisch klug platzieren und bin die meisten Zeit damit beschäftigt überlappende Feuerbereiche zu schaffen, um die Biester aufzuhalten, bevor sie meine Truppen im Nahkampf in kleine Stücke hacken können.

Der Mehrspielermodus bietet sowohl einen Online- als auch einen Hotseat-Modus. Der Hotseat bietet am ehesten das echte Brettspiel-Feeling, da sich zwei Spieler abwechselnd an einem PC bekämpfen. Der Online-Modus bietet im Grunde die gleiche Gefechtserfahrung, war aber aufgrund scheinbar sehr geringer Spielerzahlen zum Testzeitpunkt nicht spielbar, da keine Partie zustande kam. Schade ist, dass der Mehspielermodus ausschließlich auf die 15 Karten aus der Kampagne setzt. Es gibt keine weiteren, vielleicht anders balancierten Mehrspielerkarten und keinen Editor, der das Erstellen neuer Welten ermöglichen würde.

Fazit

Als Umsetzung des Brettspiels macht Space Hulk durchaus eine ordentliche Figur. Deren Nähe zum Original war auch das Hauptziel der Entwicklung. Die präzise Integration des Regelwerkes und die Einbindung der aus dem Brettspiel bekannten „Sin of Damnation“-Kampagne wird die Herzen der Fans sicher höher schlagen lassen, da die solide Kulisse und die stimmige Atmosphäre das Konzept von Space Hulk unterstreichen. Als Videospiel fehlt es jedoch an einem Mehrwert gegenüber der fast 25 Jahre alten Vorlage. Die fehlende Charakterentwicklung, das zufällig-frustrierende Kampfsystem, eingeschränkte Bewegungsoptionen sowie Designschwächen wie nach Missionen wiederbelebte Space Marines lassen die Rundentaktik oft veraltet wirken. Die statischen Animationen, ein Mangel an Abwechslung und bereits aus der Kampagne bekannte Mehrspielerkarten versetzen meiner Begeisterung als 40k-Fan einen gehörigen Dämpfer. Space Hulk ist solide – mehr aber leider nicht

Pro

taktische Kämpfe ...
präzise Umsetzung der Brettspiel-Vorlage
die Atmosphäre aus Warhammer 40k wird gut eingefangen
ordentliche Kulisse, teils stimmungsvolle Beleuchtung
Hotseat und Online-Mehrspielerpartien möglich

Kontra

... die aber unter der zu stark betonten Zufallskomponente leiden
nur eine Kampagne mit bekannten Szenarien
statische, zu langwierige Animationen
fehlende Einheitenentwicklung
tote Marines sind in der nächsten Mission wieder dabei
umständliches Laden von Speicherständen in Missionen

Wertung

PC

Als reine Brettspiel-Umsetzung solide, als Videospiel mit zu wenig Mehrwehrt gegenüber der Vorlage.

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